TE OGH 1991/4/10 3Ob12/91

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Veröffentlicht am 10.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G***** Gesellschaft m. b.H., ***** vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Hans G***** Handelsgesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch DDr. Walter Barfuss und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 14. Dezember 1990, GZ 5 R 231/90-16, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19. September 1990, GZ 17 Cg 151/89-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen und der betreibenden Partei die mit S 12.247,20 (darin S 2.041,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

In dem Wettbewerbsprozeß auf Unterlassung einer unrichtigen und irreführenden Behauptung und auf Beseitigung jeder dem Verbot widerstreitenden Ankündigung wurde der beklagten Partei mit der einstweiligen Verfügung vom 10. Jänner 1990 zur Sicherung des Untersagungsanspruches ab sofort bis auf weiteres verboten, im geschäftlichen Verkehr mit Brausen die unrichtige und irreführende Behauptung "H***** - Nr. 1 in Brausen!" aufzustellen; das weitergehende Begehren dagegen abgewiesen, der beklagten Partei aufzutragen, jede diesem Verbot widerstreitende Ankündigung zu beseitigen, soweit ihr noch die Verfügung darüber oder diese ermöglichender Einfluß auf den unmittelbar Verfügungsberechtigten zusteht. Das Erstgericht war dabei der Ansicht, daß das Beseitigungsbegehren durch § 24 UWG nicht gedeckt sei.

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei die Exekution nach § 355 EO auf deren Antrag vom 11. April 1990, in dem behauptet wurde, die verpflichtete Partei habe auch nach Zustellung der einstweiligen Verfügung (18. Jänner 1990) dem Verbot zuwider in der Zeit vom 7. März 1990 bis 13. März 1990 bei bestimmten Wiederverkäufern den beanstandeten Prospekt mit der verbotenen (alleinstellungswerbenden) Behauptung aufliegen lassen und so die zu unterlassende Verletzungshandlung fortgesetzt und den geschaffenen Dauerzustand nicht beseitigt.

Gegen diesen Exekutionsbewilligungsbeschluß vom 19. September 1990 erhob die verpflichtete Partei Rekurs.

Das Rekursgericht, das die einstweilige Verfügung am 4. September 1990 im stattgebenden Teil bestätigt und den erstgerichtlichen Beschluß dahin abgeändert hatte, daß der beklagten Partei auch aufgetragen wird, jede dem Verbot widerstreitende Ankündigung zu beseitigen, insbesondere aus dem Verkehr zu ziehen, soweit ihr noch die Verfügung darüber oder diese ermöglichender Einfluß auf den unmittelbar Verfügungsberechtigten zusteht, wies den Exekutionsantrag ab. Zur Zeit des von der betreibenden Partei behaupteten Zuwiderhandelns sei das Beseitigungsgebot nicht wirksam gewesen. Der Antrag sei damit begründet worden, daß die verpflichtete Partei Prospekte mit der ihr untersagten wettbewerbswidrigen Behauptung im März 1990 aufliegen und nicht beseitigen ließ. Da das Erstgericht bei seiner Entscheidung über den Provisorialantrag von zwei zu unterscheidenden Verlangen nach Unterlassung und Beseitigung ausgegangen und auch das Rekursgericht dieser Auffassung gefolgt sei, handle es sich um verschiedene Ansprüche, und der Beseitigungsanspruch sei nicht vom Unterlassungsanspruch umfaßt. Es fehle allerdings an einer einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, weil einerseits gesagt wurde, daß ein Unterlassungsgebot auch die Verpflichtung zur Beseitigung andauernder Störungen beinhalte (SZ 12/312; JBl 1937, 103; ÖBl 1976, 27), andererseits die Zuerkennung eines eigenen Beseitigungsanspruches neben dem Unterlassungsanspruch gebilligt worden sei (ÖBl 1980, 97; ÖBl 1982, 69). Ein Beseitigungsanspruch nach § 82 UrhG sei nach § 353 EO zu vollstrecken (SZ 26/131; ÖBl 1959, 15), und dies gelte auch für den gleichgearteten Anspruch nach § 15 UWG (JBl 1937, 103), doch sei auch vertreten worden, daß die Beseitigung fortwirkender Störungen nach § 355 EO durchzusetzen sei. Das Rekursgericht meinte, es müsse zwischen dem umfassenden auch das Beseitigungsrecht einschließenden Unterlassungsanspruch einerseits und dem Unterlassungsanspruch ohne Beseitigungsanspruch im engeren Sinne unterschieden und verlangt werden, daß dann, wenn ein Beseitigungsgebot nicht gefordert oder nicht erlassen wurde, die Beseitigung auch nicht exekutiv erwirkt werden könne. Da das Erstgericht im Provisorialverfahren nur ein Unterlassungsgebot erließ und eine Sicherung des Beseitigungsanspruches verweigerte, der inhaltlich einen Schadenersatzanspruch darstelle, könne der durch einen Titel zum maßgebenden Zeitpunkt der Erlassung der Exekutionsbewilligung nicht gedeckte Beseitigungsanspruch nicht mittels Exekution durchgesetzt werden.

Das Rekursgericht sprach aus, daß es über einen an Wert S 50.000 übersteigenden Gegenstand entschieden habe und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es trifft allerdings zu, daß erst das Rekursgericht mit seinem nach der Entscheidung des Erstgerichtes über den Exekutionsantrag erst am 25. September 1990 zugestellten Beschluß über den Rekurs der klagenden Partei mittels einstweiliger Verfügung den ausdrücklichen Beseitigungsauftrag erteilte, die verbotenen Ankündigungen im Umfang einer noch möglichen Verfügung aus dem Verkehr zu ziehen, während das Erstgericht nur das Verbot der Alleinstellungswerbung durch die Behauptung "H***** - Nr. 1 in Brausen !" auferlegt hatte.

Der Beseitigungsanspruch bildet aber jedenfalls einen Bestandteil des Unterlassungsanspruches und dient der Abwehr bereits erfolgter noch fortdauernder Störungen. Soweit dem Verpflichteten noch die Verfügung über den Zustand zusteht, sind mit dem Unterlassungsanspruch nach § 15 UWG auch die Beseitigungsansprüche mitgemeint (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, AT 58 f; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, II, 273; ÖBl 1976, 27; SZ 54/77 = ÖBl 1982, 132 ua). Der aus einem Unterlassungstitel Verpflichtete hat grundsätzlich das Zuwiderhandeln gegen das ihm erteilte Verbot hintanzuhalten und es auch zu verantworten, wenn jemand, der von ihm in eine wettbewerbswidrige Handlung eingeschaltet wurde, sich nicht - außer geradezu gegen eine erteilte Weisung - an das Unterlassungsgebot hält (vgl SZ 45/84; SZ 55/59; zuletzt etwa 3 Ob 64 bis 67/90). Ein Zuwiderhandeln gegen ein Unterlassungsgebot liegt auch vor, wenn der Verpflichtete einen verbotenen Zustand nicht behebt, soweit ihm die Verfügung zusteht (ÖBl 1976, 27; ÖBl 1990, 134 ua), denn die Pflicht zur Beseitigung folgt aus dem vorangegangenen Verhalten, das eine weitere Störung bewirkt, wenn es sich um einen Dauerzustand handelt, der im Verfügungsbereich des Störers beendet werden kann (ÖBl 1978, 28; SZ 54/77; ÖBl 1990, 132). Soweit die Nichtbeseitigung gleichlautend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist, läuft der Beseitigungsanspruch mit dem Unterlassungsanspruch parallel. Wenn der Verpflichtete einen dem Verbot widersprechenden Zustand nicht behebt, handelt er auch schon dem bloß auf Unterlassung (und nicht auch auf Beseitigung) lautenden Gebot zuwider (SZ 12/312; ÖBl 1976, 27; ÖBl 1990, 132 - "Die wärmste Wäsche der Welt" = JBl 1990, 119). Der Verletzte kann auf Grund des nur auf Unterlassung lautenden Titels wegen Zuwiderhandelns gegen die Unterlassungspflicht Exekution nach § 355 EO führen, wenn der Verpflichtete bereits vor Schaffung des Titels vorhandene Störungsquellen nicht beseitigt, sondern sie beläßt. In der Entscheidung ÖBl 1990, 132 wurde die gegenteilige Ansicht von Jelinek, Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen 39 abgelehnt, weil § 15 UWG nicht eine reine Vorschrift des materiellen Rechts darstellt, deren Bedeutung sich nur im Titelverfahren erschöpft, sondern durch die Wortwahl auch ein Bezug zur Zwangsvollstreckung hergestellt ist ("Verpflichteter"). Der Fall war in mancher Weise ähnlich: es ging dort darum, ob das Belassen vor der einstweiligen Verfügung angebrachter Plakate mit dem verbotenen Werbespruch ein die Bewilligung der Unterlassungsexekution rechtfertigendes Zuwiderhandeln gegen den Titel bildet. In allen Instanzen wurde die gegen die Exekutionsführung erhobene Impugnationsklage der verpflichteten Partei abgewiesen und vom vierten Senat mit eingehender Erörterung von Lehre und Rechtsprechung dargelegt, daß die Unterlassungsexekution geführt werden kann, wenn der Verpflichtete ein die verbotene Behauptung enthaltendes, schon vor der Schaffung des Exekutionstitels angebrachtes Plakat nicht entfernen ließ, weil sich dann das widerrechtliche Verhalten des Störers nicht in einer vorübergehenden, abgeschlossenen Handlung erschöpft und gegen den herbeigeführten Dauerzustand auch allein auf Grund des Unterlassungsanspruches die Beseitigung gefordert werden kann, soweit dem Verpflichteten die Verfügung darüber zusteht. Dies wurde im Fall einer vom Verpflichteten in Auftrag gegebenen Plakatierungsaktion angenommen, weil er dann auch die Abnahme der Plakate veranlassen konnte (ÖBl 1990, 132).

Hier stützte die betreibende Partei ihr Exekutionsbewilligungsbegehren auf die konkreten Behauptungen, der von der verpflichteten Partei aufgelegte und im geschäftlichen Verkehr verwendete Katalog mit der ihr nun verbotenen Werbeaussage sei auch noch rund acht Wochen nach Wirksamkeit des Verbotes bei sechs Wiederverkäufern, die mit Namen und Ort bezeichnet wurden, aufgelegt belassen worden. Es ist der verpflichteten Partei zumutbar, ihre Werbekataloge, die sie beim Vertrieb ihrer Produkte Wiederverkäufern überließ, zurückzurufen oder zumindest aus dem Verkehr zu nehmen, sobald ihr verboten war, die beanstandete Behauptung aufzustellen.

Daß ihr eine Einflußnahme auf die Unternehmer, die diesen Prospekt aufliegen ließen, nicht zukam und sie deshalb den durch sie veranlaßten Dauerzustand nicht beenden und das Belassen der wettbewerbswidrigen Behauptung nicht beseitigen konnte, mußte nicht die betreibende Partei widerlegen. Dies müßte die verpflichtete Partei im Wege einer nach § 36 EO zu erhebenden Einwendung beweisen (3 Ob 64 bis 67/90).

Es schadet daher nicht, daß zur Zeit des Verstoßes des Exekutionsantrages und der Entscheidung des Erstgerichtes darüber das von der betreibenden Partei im Provisorialverfahren gleichfalls angestrebte Beseitigungsgebot nicht erlassen war - dieses wurde erst nach dem Zeitraum des behaupteten Verstoßes vom Rekursgericht hinzugefügt - weil dieser Anspruch nicht nach § 355 EO durchsetzbar wäre, wohl aber im Rahmen der Unterlassungsexekution auch gegen die Beibehaltung einer verbotenen Aussage eingeschritten werden konnte, selbst wenn das Erstgericht die Erlassung eines Beseitigungsgebotes ablehnte und einen Beseitigungsanspruch (neben dem Untersagungsanspruch) als nicht berechtigt ansah.

Im übrigen reichte die konkrete Behauptung aus, um wegen dieses Verstoßes die Unterlassungsexekution zu bewilligen. Der Beschluß des Erstgerichtes ist wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Rechtsmittelverfahrenskosten beruht auf § 74 EO bzw. § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E25637

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00012.91.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19910410_OGH0002_0030OB00012_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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