TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/19 2001/12/0219

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Veröffentlicht am 19.12.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
23/04 Exekutionsordnung;
27/01 Rechtsanwälte;

Norm

EO §35 Abs2;
RAO 1868 §19a Abs4 idF 1929/222;
RAO 1868 §19a idF 1929/222;
VwGG §59 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch sowie Senatspräsident Dr. Höß und Hofrat Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über den Antrag des Bundes, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, auf Feststellung, dass der Anspruch des Dipl. Ing. Dr. L in W, gegen den Antragsteller auf Aufwandersatz aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshof vom 18. Oktober 2000, Zl. 2000/12/0167, in der Höhe von S 8.750,--, zu dessen Hereinbringung in der Höhe von S 4.185,-- mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom 20. Juni 2001, 71 E 6687/01s-2, die Exekution bewilligt wurde, erloschen ist, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

In dem unter Zl. 2000/12/0167 protokollierten Säumnisbeschwerdeverfahren des (nunmehrigen) Antragsgegners gegen den Präsidenten des Rechungshofes war Rechtsanwalt DDr. Rene Laurer der Beschwerdevertreter. In der Beschwerde findet sich der Zusatz, dass der gefertigte Anwalt gemäß § 19a RAO die Bezahlung sämtlicher Kosten zu seinen Handen verlange.

Mit Beschluss vom 18. Oktober 2000, Zl. 2000/12/0167-5, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren (wegen Nachholung des versäumten Bescheides) ein und verpflichtete den Bund (den nunmehrigen Antragsteller), dem (damaligen) Beschwerdeführer (nunmehrigen Antragsgegner) Aufwendungen in der Höhe von S 8.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Ein erster Versuch, dem Antragsgegner diesen Betrag zu überweisen, scheiterte. Der zweite Überweisungsversuch war erfolgreich (persönliche Behebung durch den Antragsgegner am 1. Februar 2001). Dieser Erlagschein weist keine Angaben zum Zahlungszweck auf.

Mit hg Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, Zl. 2000/09/0144, wurde eine Beschwerde des Antragsgegners abgewiesen und dem Antragsteller ein Aufwand in der Höhe von S 4.565,-- zugesprochen.

Im Juni 2001 stellte der (nunmehrige) Antragsgegner als betreibende Partei beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien (im Folgenden BG) den Antrag, ihm auf Grund des hg Beschlusses vom 18. Oktober 2000, Zl. 2000/12/0167, gegen den Bund (nunmehriger Antragsteller) eine näher bezeichnete Exekution zur Hereinbringung einer Forderung von S 4.185,-- zu bewilligen. Vertreter der betreibenden Partei war Rechtsanwalt DDr. Rene Laurer, der sich im Exekutionsantrag auf die erteilte Vollmacht "einschließlich der Vollmacht, den hereinzubringenden Betrag entgegenzunehmen" berief. Gemäß § 19a RAO wurde die Bezahlung der Kosten zu Handen des Betreibendenvertreters begehrt.

Mit Beschluss vom 20. Juni 2001, E 6687/01s-2, bewilligte das BG diesen Antrag. Die Höhe des betriebenen Anspruchs ergibt sich nach der Begründung des Antrages aus der Differenz des dem Antragsgegner aus dem hg Beschluss vom 18. Oktober 2000, Zl. 2000/12/0167-5, zugesprochenen Aufwandersatzes und der ihn nach dem hg Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, Zl. 2000/09/0144-8, treffenden Verpflichtung zur Leistung eines Aufwandersatzes.

Die verpflichtete Partei (jetziger Antragssteller) stellte beim BG mit Eingabe vom 27. Juni 2001 unter Hinweis auf die ihrer Auffassung nach erfolgte Bezahlung des der betreibenden Partei zuerkannten Aufwandersatzes ein Oppositionsgesuch und beantragte die Einstellung der Exekution.

In einer am 13. Juli 2001 dazu abgegebenen Stellungnahme brachte der Antragsgegner vor, dem Oppositionsgesuch sei nicht stattzugeben, weil im Säumnisbeschwerdeverfahren zu Zl. 2000/12/0167 von seinem Beschwerdevertreter gemäß § 19a RAO die Bezahlung sämtlicher Kosten zu seinen Handen begehrt worden sei. Für den Antragsteller (Bund) an den Antragsgegner geleistete Zahlungen seien nicht schuldbefreiend.

Das BG verwies mit Beschluss vom 7. August 2001, 71 E 6887/01s, den Antragsteller mit seinen Einwendungen auf den Rechtsweg.

Mit Schriftsatz vom 14. September 2001 begehrte der Antragsteller nach § 35 Abs. 2 EO vom Verwaltungsgerichtshof die Feststellung, "dass der Aufwandersatzanspruch des Antragsgegners aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichthofes vom 18. Oktober 2000, Zl. 2000/12/0167, gegen den Antragsteller auf Bezahlung von S 8.750,--, zu dessen Hereinbringung mit Beschluss des BG vom 20. Juni 2001 die Exekution bewilligt wurde, erloschen ist."

Begründet wurde dies damit, die auf § 19a RAO gestützte Argumentation des Antragsgegners sei verfehlt. § 19a RAO begründe nur ein gesetzliches Pfandrecht des Rechtsanwaltes an der Kostenersatzforderung (gegen den Gegner) seiner Partei. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung könne die zum Kostenersatz verpflichtete Partei nicht mit schuldbefreiender Wirkung an die Partei zahlen, sobald der Anwalt die Zahlung an ihn gefordert habe. Trotz eines solchen Verlangens erlange der Rechtsanwalt kein unmittelbares Einziehungsrecht. Daraus folge, dass eine Zahlung von Kosten direkt an die Partei und nicht an den Rechtsanwalt gegenüber der Partei schuldbefreiende Wirkung habe (Hinweis auf eine Äußerung in SZ XIX/320). Die schuldbefreiende Wirkung der am 1. Februar 2001 an den Antragsgegner erfolgten Zahlung folge auch aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass sich niemand auf ein Recht berufen könne, das ihm gar nicht zusteht. Im zu 71 E 6687/01s beim BG eingeleiteten Exekutionsverfahren sei nicht der Rechtsvertreter des Antragsgegners Partei, sondern der Antragsgegner selbst, weshalb er sich nicht auf die Bestimmung des § 19a Abs. 4 RAO berufen könne, um die schuldbefreiende Wirkung der am 1. Februar 2001 erfolgten Zahlung in Frage zu stellen.

In seiner Stellungnahme zu diesem Antrag vom 21. November 2001 bestritt der Antragsgegner (unter Außerstreitstellung der im Antrag enthaltenen Sachverhaltsdarstellung) die Rechtsauffassung des Antragstellers, der erwähnte Aufwandersatzanspruch wäre erloschen. Der Wortlaut des § 19a RAO mache keine Einschränkung, dass eine an die Partei statt an den pfandberechtigten Anwalt, der - wie im Beschwerdefall - die Bezahlung an ihn selbst verlangt habe, irgendjemandem gegenüber Wirksamkeit entfalten könne. § 19a RAO normiere vielmehr eine umfassende uneingeschränkte Unwirksamkeit einer solchen Zahlung. Die vom Antragssteller herangezogene Judikatur beträfe einen anderen Fall (Verzicht der obsiegenden Partei auf ihren Kostenersatzanspruch), der mit dem Beschwerdefall nicht verglichen werden könne. Da die Unwirksamkeit der Zahlung unmittelbar aus dem Gesetz folge, stelle sich gar nicht die Frage, ob nur die Partei oder ihr Vertreter dazu berechtigt seien, sich auf die Unwirksamkeit der Zahlung zu berufen. Hätte eine direkte Zahlung der zum Kostenersatz verpflichteten Partei an die berechtigte Partei statt an deren Vertreter schuldbefreiende Wirkung, könne sich nie jemand auf diese Bestimmung berufen: die Partei nicht, da ihr aus § 19a RAO kein Recht erwüchse, und ihr Vertreter nicht, da der Kostenersatzanspruch (und somit sein gesetzliches Pfandrecht daran) durch eine schuldbefreiende Zahlung erloschen wäre. § 19a RAO hätte bei dieser Auffassung keinen Anwendungsbereich und wäre sinnlos.

Außerdem habe der Antragsgegner gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Nachzahlung einbehaltener Bezüge nach § 13 GehG in einer Höhe, die die etwa aufzurechnende Forderungen des Antragstellers bei weitem überstiegen (Nachzahlung der infolge Suspendierung einbehaltenen Bezugsteile im Zeitraum vom Oktober 1994 bis Juli 2000 auf der Basis der Bezüge der Dkl VIII, Gehaltsstufe 3 ff - wird näher ausgeführt). Der Antragsteller könne sich nicht darauf berufen, dem Antragsgegner eine zweckgewidmete Zahlung geleistet zu haben. Die am 1. Februar 2001 ausgezahlte Anweisung habe keine Verwendungsbezeichnung enthalten und habe als Auftraggeber das Bundespensionsamt angeführt, was sich aus den vom (jetzigen) Antragsteller vorgelegten Unterlagen ergebe. Der erste Anweisungsversuch vom November 2000 sei nicht erfolgreich gewesen, sodass ihm auch die dort enthaltenen Vermerke unbekannt geblieben seien. Er habe daher die erhaltene Zahlung durch das Bundespensionsamt sehr wohl als Nachzahlung eines infolge der Suspendierung einbehaltenen Betrages ansehen können. Der Antragsteller könne sich aus diesem Grund nicht auf die (von ihm getätigte) Zahlung des geschuldeten Aufwandersatzes berufen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 lit. g VwGG gebildeten Senat erwogen:

I. Rechtslage

1. Rechtsanwaltsordnung (RAO)

§ 19a der Rechtsanwaltsordnung (RAO), eingefügt durch Artikel XII der 6. Gerichtsentlastungsnovelle, BGBl Nr. 222/1929, lautet:

"Wenn einer Partei in einem Verfahren vor einem Gericht, einer anderen öffentlichen Behörde oder einem Schiedsgerichte Kosten zugesprochen oder vergleichsweise zugesagt werden, hat der Rechtsanwalt, der die Partei zuletzt vertreten hat, wegen seines und seiner Vorgänger Anspruches auf Ersatz der Barauslagen und auf Entlohnung für die Vertretung in diesem Verfahren ein Pfandrecht an der Kostenforderung.

Wenn die Partei zuletzt durch mehrere Anwälte vertreten war, steht dieses Pfandrecht dem zuerst genannten Anwalt zu.

Gehen nicht die ganzen Kosten vom Kostenschuldner ein, so hat der letzte Anwalt den eingegangenen Betrag unter sich und die früheren Anwälte nach Maßgabe der ihm und den anderen Anwälten gebührenden Kostenbeträge aufzuteilen.

Die zum Kostenersatz verpflichtete Partei kann die Kosten jederzeit an den pfandberechtigten Anwalt und, solange dieser die Bezahlung an ihn nicht gefordert hat, auch an die Partei wirksam bezahlen."

2. Exekutionsordnung (EO)

Nach § 1 Z. 14 EO bilden u.a. rechtskräftige Entscheidungen der in Z. 10 und 12 genannten Behörden und öffentlichen Organe, durch welche der Ersatz von Kosten eines Verfahrens auferlegt wird, einen Exekutionstitel, sofern die Exekution durch gesetzliche Bestimmungen den Gerichten überwiesen ist

Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, können im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind (§ 35 Abs. 1 Satz 1 EO).

Gemäß § 35 Abs. 2 letzter Satz EO sind Einwendungen gegen einen Anspruch, der sich auf einen der im § 1 Z. 10 und 12 bis 14 angeführten Exekutionstitel stützt, bei jener Behörde einzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist.

3. Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG)

Nach § 59 Abs. 4 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungen über Anträge auf Zuerkennung von Aufwandersatz eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen. Zur Vollstreckung dieser Entscheidungen sind die ordentlichen Gerichte berufen; sie haben nach der Exekutionsordnung vorzugehen. Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes sind Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung.

Nach § 12 Abs. 1 lit. g VwGG hat der Dreiersenat über Einwendungen gegen den Anspruch aus einem Erkenntnis oder Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden, soweit sie auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehen des Exekutionstitels eingetreten sind.

II. Erwägungen

Unbestritten ist, dass die Zahlung des durch den hg Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Oktober 2000, Zl. 2000/12/0167, dem Antragsgegner zuerkannten Aufwandersatzes in der Höhe von S 8.750,-- an diesen persönlich und entgegen § 19a Abs. 4 RAO nicht an dessen Rechtsanwalt erfolgte, der bereits unter Berufung auf diese Bestimmung in der von ihm namens seines Mandanten eingebrachten (unter Zl. 2000/12/0167 protokollierten) Säumnisbeschwerde (die dem Bund zugegangen ist) die Bezahlung sämtlicher Kosten zu seinen Handen gefordert hatte. Diese Erklärung hatte ab dem Zeitpunkt der Entstehung des gesetzlichen Pfandrechts des Rechtsanwalts mit der Zustellung des hg Beschlusses vom 18. Oktober 2000 zur Folge, dass der Kostenschuldner (Bund) nicht mehr schuldbefreiend an den Kostengläubiger (den nunmehrigen Antragsgegner) zahlen konnte (vgl. dazu die Entscheidung des OGH vom 1. Juli 1987, 3 Ob35/87). Die im Beschwerdefall an den Antragsgegner erfolgte Zahlung hat daher nicht zum Erlöschen des Anspruchs geführt.

Ob und inwieweit der fragliche Anspruch wegen des aus § 19a RAO allenfalls abzuleitenden Wegfallens des Rechtes des Kostengläubigers, Bezahlung der Kostenforderung an ihn zu verlangen, vom Antragsgegner nicht hätte in Exekution gezogen werden dürfe, ist hier nicht zu prüfen, weil ein derartiges Oppositionsbegehren nicht erhoben wurde.

Der Antrag war daher abzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001120219.X00

Im RIS seit

09.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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