TE OGH 1991/4/10 1Ob525/91

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Veröffentlicht am 10.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Karl Hempel, Dr. Dieter Cerha, Dr. Benedikt Spiegelfeld, Dr. Edith Hlawati und Dr. Alfred Nemetschke, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Theodor S*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer, Dr. Wolfgang Putz und Dr. Wolfgang Boesch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Can$ 314.823 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 30.November 1990, GZ 13 R 35/90-27, womit infolge Berufung beider Parteien das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 6.November 1989, GZ 8 Cg 200/88-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 27.120,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 4.520,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte besaß für die B***** mit dem Sitz in P***** (in der Folge kurz B*****), die die Errichtung eines Hotels in Paraguay plante, die Alleinvertretungsbefugnis. Dieses Projekt sollte durch die Emission von Aktien letztlich aus Mitteln österreichischer Kleinanleger finanziert werden. Das Finanzierungskonzept hatte der Beklagte ohne Mitwirkung der klagenden Partei erstellt; diese fand es jedoch nach dessen detaillierter Präsentation für gut. Das Projekt sollte mit Hilfe eines "public vehicle" - einer an einer anerkannten ausländischen Wertpapierbörse notierten Aktiengesellschaft, deren Aktien infolge genereller Genehmigung durch die österreichische Nationalbank für Deviseninländer erwerbbar sind, - bewerkstelligt werden. Als solches Instrument bot sich in weiterer Folge die D***** (in der Folge kurz D*****) an, die an der A***** notierte. Der Beklagte traf namens der B***** mit dem "wirtschaftlichen" Eigentümer der Mehrheit der Stammaktien der D*****, George C*****, eine Vereinbarung, mit der die vom Beklagten vertretene Gesellschaft die Mehrheit der Stammaktien der D***** um etwa 10 Mio Can$ wie folgt erwerben sollte: George C***** räumte der B***** insoweit eine binnen drei Monaten einlösbare und durch Überweisung einer Optionsgebühr von rund Can$ 280.000 in Geltung zu setzende Option ein. Die B***** sollte ihre 100%ige Beteiligung an den beiden Gesellschaften I***** AG und H***** AG an die D***** um 30 Mio Can$ verkaufen. Den Kaufpreis sollte die D***** durch die Ausgabe von Vorzugsaktien in zwei Tranchen finanzieren; von der ersten Tranche waren 10 Mio Can $ für die Errichtung des Gebäudes, von der zweiten waren 30 Mio Can $ als Kaufpreis für die Beteiligung an den beiden Tochtergesellschaften der B***** vorgesehen. Diese sollte wiederum von diesem Kaufpreis 10 Mio Can $ für den Erwerb der Stammaktienmehrheit der D***** verwenden.

Da die B***** über keinerlei Barmittel verfügte, gewährte ihr die klagende Partei am 24.5.1988 einen Kredit in Höhe von Can $ 310.000. Hievon waren Can $ 281.250 zur Entrichtung der schon erwähnten Optionsgebühr und der Rest zur Honorierung der klagenden Partei bestimmt. Der Kredit war mit 10 % zu verzinsen und bis 19.7.1988 zurückzuzahlen. Da die B***** der klagenden Partei keine genügende Sicherheit für den Kredit bot, traf diese mit dem Beklagten am 24.5.1988 eine schriftliche Vereinbarung, mit der dieser die Haftung dafür übernahm, daß entweder der Kreditbetrag einschließlich Zinsen und Spesen bis 19.7.1988 zurückgezahlt oder der klagenden Partei bis 15.7.1988 eine abstrakte, nicht konditionierte Bankgarantie mit einer Laufzeit von sechs Monaten zur Verfügung gestellt werde. Gleichfalls am 24.5.1988 schlossen die Streitteile einen von dieser Vereinbarung äußerlich getrennten zweiten Vertrag, mit dem die klagende Partei den Auftrag annahm, den Versuch zu unternehmen, ein Plazierungskonsortium für die von der B***** geplante Aktienemission aufzustellen. Dieses Konsortium sollte vornehmlich aus österreichischen Banken bestehen. Die klagende Partei übernahm jedoch keine Garantie für das Zustandekommen dieses Konsortiums. Die Ausgabe der Aktien an die österreichischen Kleinanleger sollte der Beklagte übernehmen. Die klagende Partei sollte ihm bloß beim Entwurf eines Zeichnungsscheines Hilfestellung bieten.

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Can $ 314.823 samt 10 % Zinsen aus Can $ 310.000 ab 20.7.1988 zum Devisenkurs der Wiener Börse Ware/Toronto am Zahlungstag. Der Beklagte habe die persönliche Haftung dafür übernommen, daß der der B***** gewährte Kredit samt Zinsen und Spesen bis spätestens 19.7.1988 zurückgezahlt oder der klagenden Partei bis spätestens 15.7.1988 eine abstrakte, nicht konditionierte Bankgarantie mit einer Laufzeit von sechs Monaten über den Kreditbetrag zur Verfügung gestellt werde. Es sei aber weder Zahlung geleistet noch eine Bankgarantie ausgestellt worden.

Der Beklagte wendete ein, die klagende Partei habe die von ihr übernommenen Vertragspflichten ohne Berechtigung am 31.5.1988 aufgekündigt und sei vom Vertrag unberechtigterweise zurückgetreten. Dadurch sei der Vertrag vom 24.5.1988 einschließlich der vom Beklagten darin übernommenen persönlichen Haftung entfallen. Dem Beklagten sei hiedurch aber auch die Möglichkeit genommen worden, den Kleinanlegern gegenüber als Proponent aufzutreten und so die Mittel zur Kreditrückzahlung aufzubringen. Damit sei die Optionsgebühr von Can $ 281.250 verfallen; das Honorar von Can $ 28.750 stehe der klagenden Partei keinesfalls zu, weil sie keine Tätigkeit zur Plazierung der Aktien entfaltet habe. Durch das vertragswidrige Verhalten der klagenden Partei sei das Finanzierungskonzept gescheitert, so daß der B***** gegen die klagende Partei ein Schadenersatzanspruch in Höhe von Can $ 36,925.000 zustehe. Der Beklagte als deren alleinvertretungsbefugter Präsident rechne mit dieser Gesamtforderung gegen die Klagsforderung auf, so daß diese getilgt sei und der Beklagte hieraus nicht in Anspruch genommen werden könne.

Die klagende Partei erwiderte darauf, sie sei von diesem Auftrag zurückgetreten, weil der Beklagte den Entwurf eines Kaufantrages an sie samt Zeichnungsschein gegen ihren Willen an Dritte weitergegeben habe, sie entgegen ihren Wünschen im Zusammenhang mit der geplanten Kapitalerhöhung in einer kanadischen Zeitung namentlich genannt und eine Beteiligungszusage der C***** nicht eingehalten worden sei. Schließlich habe die klagende Partei Informationen erhalten, daß möglicherweise andere als die vom Beklagten genannten Personen Begünstigte des Projektes seien, und zwar solche Personen, die mit den Insolvenzen der Pfandleihanstalt D***** und des Gesundheitshotels S***** in Verbindung stünden. Die behaupteten Schaderersatzansprüche seien daher keineswegs berechtigt. Der Beklagte habe eine nicht akzessorische Garantie für die Kreditrückzahlung übernommen, so daß er gegen die Klagsforderung keine Einwendungen erheben könne.

Dem hielt der Beklagte entgegen, die beiden Vereinbarungen vom 24.5.1988 bildeten eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit. Er habe eine vom Grundgeschäft abhängige Haftung übernommen, so daß von einer abstrakten Garantie keine Rede sein könne.

Mit Teil- und Zwischenurteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren zwar statt, sprach aber aus, daß die Gegenforderung dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Es stellte - außer dem eingangs wiedergegebenen

Sachverhalt - fest, vor Abschluß der beiden Verträge habe der Beklagte die klagende Partei auf die in Anlegerkreisen kursierenden Gerüchte aufmerksam gemacht, der Beklagte bzw das Hotelprojekt stünden mit den Insolvenzen der Pfandleihanstalt D***** und des Hotels S***** in Zusammenhang. Der Beklagte habe der klagenden Partei deshalb am 17.5.1988 vorgeschlagen, den Gerüchten in einer Pressekonferenz zu begegnen. Die klagende Partei habe abgelehnt und gemeint, man könne Gerüchten auch intern entgegentreten. Es sei auch besprochen worden, daß der Beklagte noch Zeichungsscheine vor dem Zustandekommen des Plazierungskonsortiums ausgeben solle, um die Kreditrückzahlungsmittel aufzubringen. Das Gerücht habe sich auch nach dem 24.5.1988 hartnäckig gehalten. Die klagende Partei habe diesem nicht, wie sie zunächst gemeint habe, intern wirksam begegnen können. Das Gerücht habe vielmehr auch bei den österreichischen Banken zu einer "negativen emotionalen" Einstellung gegen das Projekt geführt. Ob ein Plazierungskonsortium aus österreichischen Banken zutandegebracht werden könne, sei deshalb zwar ungewiß gewesen, sei aber dennoch nicht als ausgeschlossen erschienen. Bei einer Presseaussendung in Kanada sei entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der klagenden Partei deren Name genannt worden. Die Namensnennung sei auf eine Indiskretion seitens der kanadischen Betreiber der Presseaussendung zurückzuführen. Der klagenden Partei seien nun auch allerdings ohne ersichtliche Änderung des Sachverhalts Bedenken in devisenrechtlicher Hinsicht gekommen. Sie habe den Beklagten angewiesen, er müsse wegen des Zeichnungsscheines mit dem zuständigen Ressortleiter Rücksprache halten und dessen Genehmigung einholen. Dies sei jedoch am 24.5.1988 nicht vereinbart worden. Der Beklagte habe diese Anweisung daher auch nicht akzeptiert und Zeichnungsscheine ohne vorherige Rücksprache mit der klagenden Partei an einen Anlageberater weitergegeben. Am 31.5.1988 habe die klagende Partei dem Beklagten erklärt, sie steige aus dem Hotelprojekt aus. Zur Begründung dieses Schritts habe sie lediglich angeführt, der Beklagte habe ohne ihre Zustimmung Zeichnungsscheine in Umlauf gesetzt. Allerdings hätten die klagende Partei auch die erwähnten Gerüchte sowie ihre nachträglich aufgekommenen devisenrechtlichen Bedenken zu diesem Schritt bewogen. Der Beklagte sei auch nach dem Ausstieg der klagenden Partei eifrig bemüht gewesen, das Projekt zustandezubringen. Er sei jedoch gescheitert, weil es nach dem Ausstieg der klagenden Partei unmöglich gewesen sei, eine andere österreichische Bank für dieses Projekt zu gewinnen. Auch Verhandlungen mit ausländischen Banken und Kapitalanlageunternehmen seien ohne Erfolg geblieben. Eine Verlängerng der Optionsfrist sei nicht erreichbar gewesen. Hiedurch habe die B***** einen ziffernmäßig erst festzustellenden Schaden erlitten. Insbesondere sei der Wert der Stammaktien der D***** verfallen, so daß der Handel mit diesen an der Börse eingestellt worden sei. Hätte sich die klagende Partei aus dem Vorhaben nicht zurückgezogen, hätte der Beklagte den Kreditbetrag mit hoher Wahrscheinlichkeit über österreichische Kleinanleger aufgebracht und das Projekt mit "einiger" Wahrscheinlichkeit zu einem positiven Abschluß gebracht; zumindest aber hätte er für den Fall, daß das Bankenkonsortium nicht zustandekommen sollte, beträchtliche Zeit gewonnen, um das Projekt auf anderem Weg zu realisieren. Das Projekt sei jedoch riskant gewesen; es könne daher nicht ausgeschlossen werden, daß es auch trotz weiterer Bemühungen der klagenden Partei letztlich gescheitert wäre.

Rechtlich meinte das Erstgericht, es seien zwei bereits äußerlich getrennte Verträge geschlossen worden. Für den Kredit habe der Beklagte persönlich eine formgültige Bürgschaft im Sinne der §§ 1346 ff ABGB übernommen. Das Begehren auf Rückzahlung des Kredites samt Zinsen sei daher berechtigt. Vom Vertrag über die Ausstellung eines Bankenkonsortiums sei die klagende Partei unberechtigterweise zurückgetreten, weil die Presseaussendung unter Nennung des Namens das Vertrauensverhältnis nicht so tiefgreifend habe erschüttern können, daß eine derart einschneidende Maßnahme gerechtfertigt gewesen wäre. Die Verpflichtung, die Zeichnungsscheine vor ihrer Ausgabe von der klagenden Partei genehmigen zu lassen, habe der Beklagte nicht übernommen. Von den erwähnten Gerüchten habe die klagende Partei schon vor dem 24.5.1988 Kenntnis gehabt. Die Bemühungen der klagenden Partei wären damit auch keineswegs aussichtslos geworden, so daß sie auch nicht deshalb zu deren Einstellung berechtigt gewesen sei. Die klagende Partei habe hiedurch der B***** Schaden zugefügt, der ihr auch dann zuzurechnen sei, wenn das Projekt später aus anderen Gründen allenfalls gescheitert wäre. Diesen Schadenersatzanspruch habe der Beklagte als alleinvertretungsbefugter Präsident der B***** und als Bürge gegen die Klagsforderung zur Aufrechnung einwenden können.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren mit Endurteil zur Gänze statt und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Selbst unter Annahme einer akzessorischen Haftung des Beklagten für den der B***** gewährten Kredit hätte das Erstgericht nicht getrennt über Klags- und Gegenforderung entscheiden dürfen. Der Beklagte habe nicht selbst eine Gegenforderung aufrechnungsweise eingewendet, sondern behauptet, als Organ der B***** deren Schuld an die klagende Partei aus der Kreditgewährung durch Aufrechnung mit deren Schadenersatzgegenforderung gemäß § 1438 ABGB getilgt zu haben. Der Beklagte habe daher den Einwand der Schuldtilgung erhoben. Das Erstgericht hätte deshalb nicht gemäß § 391 Abs 3 ZPO mit Teilurteil über die Klagsforderung und mit Zwischenurteil über die Gegenforderung absprechen dürfen, weil die Wirksamkeit der behaupteten Aufrechnung in diesem Prozeß lediglich Vorfrage für den Bestand der Forderung der klagenden Partei gegen den Beklagten selbst sei.

Der Garantievertrag begründe eine selbständige, also nicht akzessorische Verpflichtung des Garanten und unterscheide sich von der Bürgschaft gerade darin; für die Garantie sei es wesentlich, daß diese Selbständigkeit in einem Einwendungsverzicht zum Ausdruck gelange. Im vorliegenden Fall sei in der Vertragsurkunde zunächst die Kreditgewährung an die B***** und deren Verpflichtung zur Rückzahlung des Kredits samt Nebengebühren bis 19.7.1988 dargestellt worden; die Bezugnahme auf das Grundgeschäft schließe die Annahme einer Garantie aber keineswegs aus, weil hiedurch die garantierte Leistung umschrieben werden könne. Nach dem weiteren Text dieser Urkunde habe der Beklagte mit deren Unterfertigung die Haftung dafür übernommen, daß entweder die Rückzahlung des Kredits bis 19.7.1988 erfolge oder der klagenden Partei bis 15.7.1988 eine abstrakte, nicht konditionierte Bankgarantie mit einer Laufzeit von sechs Monaten in einer der klagenden Partei genehmen Form von einem ihr genehmen Kreditinstitut zur Verfügung gestellt werde. Weiters sei darin festgehalten, daß die Verpflichtung des Beklagten entweder durch Zahlung oder durch Beibringung einer Bankgarantie erlösche. Ein ausdrücklicher Verzicht des Beklagten auf jedwede Einwendung der klagenden Partei gegenüber sei damit zwar nicht formuliert, doch ergebe sich dieser Verzicht daraus, daß der Beklagte die Haftung für die tatsächliche Rückzahlung bis zu einem bestimmten Termin übernommen habe und seine Verpflichtung nur dann hätte erlöschen sollen, wenn fristgerecht entweder Zahlung geleistet oder eine Bankgarantie vorgelegt sein würde. Dadurch gelange zum Ausdruck, daß nur diese Umstände zur Aufhebung der Verpflichtung des Beklagten führen könnten, wogegen er andere Einwendungen nicht geltend machen könne. Für die Selbständigkeit der Verpflichtung des Beklagten spreche ferner die ihm eingeräumte Möglichkeit, anstelle der Rückzahlung eine abstrakte, nicht konditionierte Bankgarantie beizubringen, weil auch darin zum Ausdruck komme, daß der klagenden Partei eine abstrakte und selbständige Sicherstellung hätte gewährt werden müssen. Auch daß der Beklagte das gesamte Finanzierungskonzept selbst erstellt habe und die B***** eine Gesellschaft mit Sitz in P***** sei, spreche für eine Garantie. Die Haftungserklärung des Beklagten sei somit als solche zu beurteilen. Da weder der Kredit zurückgezahlt noch eine Bankgarantie beigebracht worden sei, könne der Beklagte andere Einwendungen nicht mit Erfolg erheben. Sein Einwand, seine Haftung sei erloschen, weil die klagende Partei den Auftrag zum Versuch, ein Plazierungskonsortium aufzustellen, zurückgelegt habe, sei schon deshalb nicht berechtigt, weil sich ein solcher Zusammenhang zwischen den beiden am 24.5.1988 getroffenen Vereinbarungen nicht ergebe.

Im übrigen sei die aufgerechnete Schadenersatzforderung schon aufgrund der erstinstanzlichen Feststellungen nicht berechtigt und daher keine Schuldtilgung eingetreten. Die klagende Partei habe diese Feststellungen zwar bekämpft, doch müsse darauf nicht eingegangen werden. Die klagende Partei habe zwar den Auftrag zum Versuch, ein Plazierungskonsortium für die Ausgabe von 10 Mio Vorzugsaktien der D***** zum Ausgabekurs von Can $ 4 je Aktie aufzustellen, aber keine Garantie für den Erfolg dieser Maßnahmen übernommen. Das der klagenden Partei bekanntgewesene Gerücht über Zusammenhänge mit Insolvenzen habe sich hartnäckig gehalten, die klagende Partei habe dem nicht mit Erfolg entgegenwirken können. Das Gerücht habe aber auch zu einer negativen Einstellung der österreichischen Banken geführt. Entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der klagenden Partei sei außerdem bei einer Presseaussendung in Kanada deren Name genannt und vom Beklagten ein Zeichnungsschein weitergegeben worden, in dem sie als Konsortialführer genannt gewesen sei; das sei vereinbarungswidrig gewesen, weil der Beklagte Proponent der österreichischen Kleinanleger hätte sein, die klagende Partei Zeichnungen für die Vorzugsaktien aber erst nach Erstellung des Bankenkonsortiums hätte entgegennehmen sollen. Hiedurch sei die klagende Partei gleichsam präjudiziert und in einer Funktion in die Öffentlichkeit getragen worden, die sie lediglich zu versuchen übernommen habe. Dies sei geeignet gewesen, die klagende Partei ins Gerede zu bringen bzw ihr einen Imageverlust bzw sogar einen Schaden zuzufügen. Das sei jedenfalls mit erheblicher Erschütterung des Vertrauens zum Beklagten verbunden gewesen. Im Zusammenhang mit dem hartnäckigen Gerücht sei darin insgesamt ein wichtiger Grund zu erblicken, der die klagende Partei zur fristlosen Auflösung des Auftrags ohne Schadenersatzverpflichtung berechtigt habe.

Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Streitentscheidend ist die Frage, ob die Haftungserklärung des Beklagten vom 24.5.1988 (Beilage A) als Bürgschaft, wie vom Erstgericht angenommen, oder - wie vom Gericht zweiter Instanz gedeutet - als Garantie zu beurteilen ist. Der Beklagte hat als alleinvertretungsbefugtes Organ der B***** mit deren aus dem Rücktritt der klagenden Partei vom Geschäftsbesorgungsvertrag abgeleiteten Schadenersatzforderungen aufgerechnet und hält nun die Schuldtilgung, die er damit herbeigeführt zu haben behauptet, der auf seine Haftungserklärung gestützten Klagsforderung entgegen.

Dieser Einwendung könnte sich der Beklagte indessen nur dann erfolgreich bedienen, wenn seine Haftungserklärung als Bürgschaft anzusehen wäre. Da es schlechthin Zweck der Garantie ist, die Verpflichtung des Garanten vom Grundverhältnis zu lösen, kann dieser auch keine Gegenforderungen aus den Rechtsverhältnissen zwischen ihm und dem Dritten bzw zwischen diesem und dem Begünstigten (also aus dem Deckungs- und dem Valutaverhältnis) geltend machen (WBl 1987,11; Koziol, Der Garantievertrag (1981), 52). Da die Schadenersatzforderung - daß sie dem Beklagten von der B***** abgetreten worden sei, ist als Neuerung nicht weiter beachtlich - aus dem Valutaverhältnis (den Rechtsbeziehungen zwischen B***** und klagender Partei) abgeleitet wird, schiede die Geltendmachung dieser Gegenforderung bei Annahme einer Garantie von vornherein aus.

Mit dem Garantievertrag übernimmt der Garant eine gegenüber der Hauptschuld selbständige - und damit von deren Bestand unabhängige (nicht akzessorische) - Haftung für die Leistung durch einen Dritten (RdW 1986, 34; SZ 56/55 uva; Rummel in Rummel, ABGB2 § 880 a Rz 5). In dieser Selbständigkeit des Garantieversprechens liegt der dogmatische Unterschied zur Bürgschaft, die in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig (akzessorisch) ist (SZ 50/66 uva). So einfach die Grenze zwischen Garantie und Bürgschaft abstrakt zu ziehen ist, so schwierig kann dagegen die Einordnung eines konkreten Geschäftes sein, weil im Einzelfall mitunter nur schwer feststellbar ist, ob die Vertragsteile eine akzessorische oder eine selbständige Sicherheit schaffen wollten (vgl Koziol aaO 7 f; Canaris in GroßK HGB4, Bankvertragsrecht Rz 1124). Das trifft vor allem auf Fälle - wie den vorliegenden - zu, in denen auf Einwendungen in der Haftungserklärung nicht ausdrücklich verzichtet wurde (vgl Koziol aaO 10 ff). In solchen Fällen kann diese Frage nur durch Auslegung beantwortet werden:

Zunächst ist vom gewöhnlichen Wortsinn auszugehen; dabei kommt es allerdings auf die dem Erklärungsgegner erkennbare Absicht des Erklärenden an. Ist auch danach kein eindeutiger Sinn zu ermitteln, sind Erklärungen so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (§ 914 ABGB; Koziol aaO 9). Bleibt die Haftungserklärung ihrem Wortlaut nach - wie im vorliegenden Fall - unklar, ist bei der Auslegung auf die konkreten Umstände, insbesondere auf den Geschäftszweck und die Interessenlage, Bedacht zu nehmen (SZ 52/18; SZ 48/130 ua). Vor allem die Interessenlage ist für die Abgrenzung von Garantie und Bürgschaft von wesentlicher Bedeutung. Forderte die Interessenlage erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Stellung im Vergleich zu bloßer Bürgenhaftung, spricht das auch ohne Verwendung des Ausdrucks Garantie - ja selbst bei Verwendung des Begriffs Bürgschaft - nachdrücklich für die Annahme einer Garantie (Canaris aaO). Dagegen kann aus der - auch bei Garantien - allgemein üblichen Bezugnahme auf das Valutaverhältnis allein nicht auf eine akzessorische Haftung geschlossen werden, weil dadurch in erster Linie bloß umschrieben werden soll, welche Leistung eines bestimmten Dritten dem Begünstigten garantiert werden soll (Koziol aaO 7 f).

Im vorliegenden Fall (Beilage A) wird zunächst - in Form einer Präambel - wiedergegeben, daß die B***** der klagenden Partei den kreditweise zur Verfügung gestellten Betrag von Can $ 310.000 bis spätestens 19.7.1988 einschließlich der Zinsen zurückzuzahlen hat. Der Beklagte übernimmt sodann die Haftung dafür, daß entweder die Rückzahlung des Kreditbetrages samt Zinsen und Kosten spätestens am 19.7.1988 erfolgt oder der klagenden Partei bis spätestens 15.7.1988 eine abstrakte, nicht konditionierte Bankgarantie mit sechsmonatiger Laufzeit zur Verfügung gestellt wird. In der Folge wird ausdrücklich festgehalten, daß die Haftung des Beklagten entweder durch Bezahlung der Forderungen der klagenden Partei durch die B***** oder durch Beibringung der Bankgarantie mit vereinbartem Inhalt bis spätestens 15.7.1988 erlischt.

Gerade die Anführung der beiden alternativen Erlöschensgründe in der Haftungserklärung des Beklagten bringt deutlich genug zum Ausdruck, daß dessen Haftung aus anderen Gründen nicht sollte aufgehoben werden können. Bei der gegebenen

Interessenlage - Gewährung eines Kredits an eine barmittellose Kapitalgesellschaft mit dem Sitz in P*****, der im wesentlichen bloß durch die Haftungserklärung des Beklagten gesichert sein sollte - mußte sich dieser dann aber auch klar sein, daß er sich durch andere Einwendungen, vor allem auch durch Aufrechnung mit Gegenforderungen aus dem Valutaverhältnis, seiner Haftung nicht sollte entledigen können. Wird in der Haftungserklärung positiv umschrieben, welcher Einwendungen sich der Sicherungsgeber überhaupt bedienen darf, so ist sie als nicht akzessorisch zu beurteilen (Koziol aaO 13 f). Verdeutlicht wird, wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannte, das Wesen der vom Beklagten übernommenen Haftung als Garantie noch durch folgenden Umstand:

Der Beklagte hat diese Haftung gerade dafür übernommen, daß der beklagten Partei - sofern die Kreditrückzahlung nicht fristgerecht erfolgt sein sollte - dann eine abstrakte, nicht konditionierte Bankgarantie bis zu einem wenige Tage vor der Rückzahlungsfälligkeit liegenden Termin zur Verfügung gestellt sein würde. Auch aus diesem Umstand war für den Beklagten deutlich erkennbar, daß die klagende Partei nur an seiner selbständigen Haftung interessiet war, was im Hinblick auf die ungemein komplizierten Vertragsbeziehungen zwischen der klagenden Partei und der B*****, deren Sitz in einem zentralamerikanischen Staat und deren - augenscheinliche - Mittellosigkeit auch nur zu verständlich erscheint. Darüber hinaus führte die klagende Partei in der Revisionsbeantwortung zur Dartuung der selbständigen Haftung des Beklagten auch mit Recht ins Treffen, daß die B***** lediglich zur Kreditrückzahlung verpflichtet war, der Beklagte aber dafür haften sollte, daß entweder der Kredit zurückgezahlt oder eine Bankgarantie vorgelegt sein werde. Eine solche inhaltlich von der Verpflichtung des Hauptschuldners teilweise abweichende Haftung deutet gleichfalls auf eine nicht akzessorische Garantieerklärung hin.

Ist aber die Haftungserklärung des Beklagten nach Geschäftszweck und Interessenlage als Garantie zu beurteilen, so bleiben ihm Einwendungen aus dem Grundverhältnis zwischen klagender Partei und B***** und damit auch Gegenforderungen aus diesem Rechtsverhältnis verwehrt. Die - vom Gericht zweiter Instanz ohnedies nur als Hilfsbegründung gelöste - Frage, ob die Schadenersatzforderung, mit der der Beklagte namens der B***** aufgerechnet hat, zu Recht bestehe und damit Schuldtilgung eingetreten sei, muß deshalb nicht weiter geprüft werden.

Soweit der Beklagte erstmals in der Revision geltend macht, das Berufungsgericht hätte die devisenrechtlichen Fragen von Amts wegen prüfen müssen, übersieht er, daß er in erster Instanz nicht behauptet hatte, das Kreditgeschäft zwischen klagender Partei und B***** entbehre einer devisenbehördlichen Genehmigung. Im übrigen bedurften zur fraglichen Zeit Rechtsgeschäfte nach § 14 Abs 2 DevG zwischen Deviseninländern (wie den Streitteilen) nur dann einer devisenbehördlichen Genehmigung, wenn sie in effektiver Fremdwährung zu erfüllen waren. Derartiges hat der Beklagte aber in erster Instanz nicht behauptet; im übrigen hat die klagende Partei ohnedies Zahlung in Inlandswährung begehrt.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung berut auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E26433

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00525.91.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19910410_OGH0002_0010OB00525_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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