TE OGH 1991/4/10 9ObA54/91

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Veröffentlicht am 10.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dkfm. Dr. Franz Schulz und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** P*****, Zimmerer, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei F***** F*****, Maschinist, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen S 480.000 sA und Feststellung (Streitwert S 20.000), infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. November 1990, GZ 8 Ra 69/90-17, womit das "Zwischen- und Teilurteil" des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Jänner 1990, GZ 30 Cga 106/89-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 19.069,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 3.178,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Beklagte mangels Aufsehereigenschaft dem Kläger als seinem Mitbediensteten wegen schuldhafter Herbeiführung des Arbeitsunfalles für jene Schäden, die nicht durch Versicherungsleistungen des Sozialversicherungsträgers gedeckt sind, nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts haftet, ist zutreffend, so daß es ausreicht, darauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend wird den Ausführungen des Revisionswerbers folgendes entgegengehalten:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hält auch weiterhin daran fest, daß die Ersatzpflicht nach bürgerlichem Recht bei einer Verletzung am Körper durch einen Arbeitsunfall nur für den Arbeitgeber (§ 333 Abs 1 ASVG) und die ihm gleichgestellten Personen (§ 333 Abs 4 ASVG) auf vorsätzliche Schadenszufügung beschränkt ist; Mitbedienstete des Verletzten, die diesem Personenkreis nicht angehören, haften hingegen für die Folgen der von ihnen zugefügten Verletzungen auch dann nach allgemeinen Grundsätzen, wenn es sich um einen Arbeitsunfall handelt (Arb 9.123 = ZAS 1974, 59; DRdA 1979/14, 214 (Grillberger) = ZAS 1982, 50 (Selb); 4 Ob 35/78; 4 Ob 38/79; 4 Ob 41/80; zuletzt 8 Ob 83/87; Dirschmid DHG2, 106; nunmehr auch Mayer-Maly - Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht2, 93; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 385; aM Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 164 f).

Wie der Oberste Gerichtshof in der bereits zitierten Entscheidung DRdA 1979/14 ausführlich begründet hat, läßt sich aus den vom Revisionswerber erwähnten Bestimmungen des § 3 DHG und § 332 Abs 5 ASVG keine Beschränkung der Ersatzansprüche eines Arbeitnehmers gegen einen "gewöhnlichen" Arbeitskollegen ableiten. Der Mitbedienstete ist nicht "Dritter" iS des § 3 Abs 2 DHG. Selbst wenn aber der schädigende Arbeitnehmer trotz der Haftungsbeschränkung des § 333 Abs 1 ASVG einen Rückgriffsanspruch gegen den Arbeitgeber gemäß § 3 Abs 2 DHG hätte, würde ihn dies von seiner Ersatzpflicht gegenüber dem geschädigten Mitbediensteten nicht befreien, sondern diese Ersatzpflicht gerade voraussetzen. § 332 Abs 5 ASVG befreit den Schädiger (bei leichter Fahrlässigkeit) nur insoweit, als der Ersatzanspruch des Geschädigten auf den Versicherer übergegangen ist. Von der Sozialversicherung nicht erfaßte Schäden sind daher von der Begünstigung nicht betroffen. Für Sachschäden und Schmerzengeld haftet der Arbeitnehmer daher jedenfalls auch bei leichter Fahrlässigkeit (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 233 f). Aus den ergänzenden allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (EHVB), die lediglich eine Vertragsschablone für die privatrechtliche Gestaltung eines vom Dienstgeber abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages sind, ist für die vorliegende Rechtsfrage nichts zu gewinnen.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat, bestehen auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 333 ASVG, da die Zielsetzungen dieser Bestimmung, den Arbeitgeber durch Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge vom Haftungsrisiko für Arbeitsunfälle auszuschließen und die mit dem täglichen Arbeitsleben verbundenen Risken auf den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu übertragen (siehe dazu ausführlich SZ 44/48), dem verfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebot entsprechen (9 Ob A 8/88; auch 2 Ob 146/88; 9 Ob A 138/90).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25781

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0090OBA0054.91.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19910410_OGH0002_0090OBA0054_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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