Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Artur G***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 12, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Kreisgericht Krems a.d. Donau vom 25.Jänner 1991, GZ 13 Vr 656/90-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen wurde der am 15. Juli 1967 geborene polnische Staatsangehörige Artur G***** ua des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 12, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt (Punkt I des Schuldspruchs).
Darnach hat er am 26.Juli 1990 in Maria Laach die gesondert (§ 34 Abs. 2 Z 2 JGG 1988) abgeurteilen Krzysztof P***** und Robert F***** zu einem Bankraub unter Verwendung einer Waffe bestimmt und zu dessen Ausführung beigetragen, indem er den Ankauf der Tatwaffe organisierte und die unmittelbaren Täter mit einem PKW zur Bank brachte, um sie nach der Tat bei ihrer Flucht zu unterstützen.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der allerdings keine Berechtigung zukommt.
Bereits vor der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger schriftlich beantragt (ON 41), den Piotr M***** an dessen aktenkundiger Anschrift in Polen zu laden und als Zeugen zum Beweis dafür zu vernehmen, daß der Angeklagte weder an vorbereitenden Gesprächen über einen Bankraub teilgenommen, noch bei der unbefugten Ingebrauchnahme des PKW Ford Escort (= Punkt II des Schuldspruchs) dessen Benützung als Fluchtauto ins Auge gefaßt, nichts mit dem Waffenankauf durch Robert F***** zu tun gehabt und letztlich auch nicht die unmittelbaren Täter zum Tatort gebracht habe. Dieser Beweisantrag wurde damit begründet, daß Piotr M***** nach dem Akteninhalt die letzten beiden Nächte vor dem Banküberfall mit Krzysztof P***** und Robert F***** sowie dem Angeklagten zusammen gewesen und daher Tatzeuge der diesem zum Vorwurf gemachten Anstiftungs- und Beihilfehandlungen gewesen sei.
In der Hauptverhandlung erklärte der Verteidiger, diesen Antrag aufrechtzuerhalten, weil Piotr M***** nach der Darstellung aller Beteiligten zumindest in der Vorbereitungsphase dabeigewesen sein soll und daher auch über eine allfällige Beteiligung des Angeklagten etwas wissen müßte (S 575/I).
Zwar ist diese Erklärung nach Lage des Falles als prozeßordnungsgemäße Wiederholung des Beweisantrages zu werten. Durch dessen Ablehnung (S 576/I) wurden jedoch Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.
Über die die unmittelbaren Täter zur Ausführung der Tat bestimmenden "vorbereitenden Gespräche" hat Krzysztof P***** als Zeuge in der Hauptverhandlung angegeben, daß der Angeklagte ihn dabei "zur Seite gebeten" und daß sowohl dieses, als auch das Gespräch mit Robert F***** nicht im Beisein des Piotr M***** stattgefunden, ja daß dieser seiner Meinung nach vom Raubvorhaben gar nichts gewußt habe (S 531, 532, 533, 539, 540, 541/I). Der Schwurgerichtshof ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß in diesem Punkt eine entscheidende Verbreiterung der Beweisgrundlagen von vornherein nicht zu erwarten war. Denn wenn Piotr M***** verneint hätte, anstiftende Äußerungen des Angeklagten gegenüber Krzysztof P***** und Robert F***** wahrgenommen zu haben, würde dies die Darstellung des Erstgenannten, daß der Beschwerdeführer bloß an ihn und Robert F***** (aber jeweils ohne Hinzuziehung des Piotr M*****) herangetreten sei, nur gestützt haben. Der Begründung des Zwischenerkenntnisses (S 576/I), daß Piotr M***** mangels ununterbrochenen Beisammenseins mit dem Angeklagten während des in Frage kommenden Zeitraumes gar nicht in der Lage sei, Gespräche der inkriminierten Art zwischen dem Angeklagten und den unmittelbaren Tätern auszuschließen, widerspricht auch keineswegs - wie der Beschwerdeführer zur Nichtigkeitsbeschwerde noch nachträglich im Rahmen seiner Berufungsausführungen vorbringt - daß nach den tatsächlichen Annahmen des Geschworenengerichtes zur Strafbemessung Piotr M***** doch etwas vom Raubvorhaben gewußt, sich aber geweigert hat, dabei mitzumachen (US 8). Denn mit den entscheidend belastenden Angaben des Zeugen Krzysztof P***** ist durchaus vereinbar, daß der Angeklagte versuchte, auch den Piotr M***** - ohne daß Krzysztof P***** es seinerseits bemerkt haben müßte - für sein Vorhaben zu gewinnen. Darüber war aber kein Beweis aufzunehmen, weil eine versuchte Bestimmung des Piotr M***** zum Raub nicht Gegenstand der Anklage war.
Ob der PKW Ford Escort schon im Hinblick auf einen geplanten Raubüberfall unbefugt in Gebrauch genommen wurde, ist nicht entscheidungswesentlich, weil es nur darauf ankommt, ob der Angeklagte in der Folge damit die unmittelbaren Täter Krzysztof P***** und Robert F***** bei der Ausführung des Raubes unterstützte. Es findet sich im Verfahren übrigens kein Hinweis, daß das Fahrzeug schon in dieser Absicht in Betrieb genommen worden wäre, sodaß sich an der Beweislage, wie sie sich den Geschworenen dargeboten hat, mit der Verneinung einer solchen Absicht durch Piotr M***** nichts geändert hätte.
Auch zu einer den Angeklagten entlastenden Aufklärung der Umstände des Erwerbes der beim Raub verwendeten Schreckschußpistole durch Robert F***** war der angebotene Zeugenbeweis nicht geeignet. Denn daß Piotr M***** darüber aus eigener Wahrnehmung Kenntnisse gehabt oder sonst davon etwas erfahren hätte, ist weder im Beweisverfahren hervorgekommen, noch im Beweisantrag behauptet worden. Piotr M***** hätte daher auch zu diesem Thema keine Angaben machen können, die den Vorwurf einer Mitwirkung des Angeklagten am Ankauf der Tatwaffe durch Zurverfügungstellung eines Geldbetrages zu entkräften vermocht hätten.
Rechtliche Beurteilung
Schließlich enthält der Beweisantrag zur Widerlegung der von Krzysztof P***** behaupteten (S 532, 534/I) Fahrerdienste des Angeklagten bei Ausführung des Raubes nicht die für eine Bejahung seiner Bedeutsamkeit erforderlichen Angaben. Angesichts des von allen Beteiligten - insoweit übereinstimmend - bekundeten (S 488, 489; 532; 547/I) Umstandes, daß Piotr M***** den gemeinsamen Zeltlagerplatz am Tag der Tat getrennt von ihnen und mit einem anderen Ziel verlassen hat, hätte bereits im Antrag - weil aus der bisherigen Verfahrenslage nicht ersichtlich - dargetan werden müssen, aus welchen Gründen zu erwarten gewesen wäre, daß die Durchführung des beantragten Beweises auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 19 zu § 281 Abs. 1 Z 4), Piotr M***** also Angaben machen könnte, nach denen auszuschließen wäre, daß der Angeklagte die unmittelbaren Täter mit dem PKW zum Tatort gebracht hat, ohne daß M***** hievon etwas bemerkt hätte. Die Begründung, daß der beantragte Zeuge wegen des Beisammenseins "in der Vorbereitungsphase" darüber "etwas wissen müßte" (S 575/I), reicht im gegebenen Fall dazu nicht aus. Diese Formulierung läßt vielmehr erkennen, daß der Antrag bloß auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis abzielte (vgl. aaO E 88 ff).
Da dem Beweisantrag somit in keinem Punkt inhaltliche Relevanz zukam, ist auf das Beschwerdevorbringen, soweit es gegen die vom Schwurgerichtshof in seinem abweislichen Zwischenerkenntnis in erster Linie in Frage gestellte unmittelbare Verfügbarkeit des angebotenen Beweismittels gerichtet ist, nicht mehr einzugehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen (§§ 285 d Abs. 1 Z 2, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die mit der Nichtigkeitsbeschwerde verbundene Berufung folgt (§§ 285 i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.
Anmerkung
E25564European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0130OS00018.91.0417.000Dokumentnummer
JJT_19910417_OGH0002_0130OS00018_9100000_000