TE OGH 1991/4/18 87Ob7/91

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Veröffentlicht am 18.04.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard C*****, vertreten durch Dr. Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei W***** VERSICHERUNG*****, vertreten durch Dr. Kurt Heller u. a., Rechtsanwälte in Wien, wegen S 64.123,-s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 13. November 1990, GZ 1 R 147/90-25, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 19. März 1990, GZ 25 Cg 259/88-21, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten für die Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger, der mit der beklagten Partei Versicherungsverträge über eine Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung sowie eine Ergänzungsversicherung für erweiterte Heilbehandlung abgeschlossen hat, befand sich wegen eines Menikusschadens im rechten Kniegelenk vom 25. 1. 1988 bis 18. 3. 1988 in stationärer Krankenhausbehandlung. Er begehrt für die Zeit vom 1. 3. bis 18. 3. 1988 die Zahlung von S 64.123,- s.A. Die stationäre Krankenhausbehandlung sei auch in diesem Zeitraum medizinisch gerechtfertigt gewesen.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Der Krankenhausaufenthalt des Klägers sei nur bis zum 29. 2. 1988 objektiv medizinisch notwendig gewesen. Die weitere Behandlung hätte auch ambulant durchgeführt werden können. Die stationäre Behandlung nach dem 1. 3. 1988 sei nur dadurch bedingt worden, daß der Kläger zum Heilungsprozeß nichts beigetragen habe. Er sei psychisch äußerst labil gewesen und habe dem Alkohol zugesprochen, habe aber therapeutisch notwendige Übungen nicht vorgenommen.

Das Erstgericht gab der Klage - mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens, dessen Abweisung unbekämpft geblieben ist - statt. Es traf folgende Feststellungen:

Die stationäre Aufnahme des Klägers am 25. 1. 1988 war auf Grund der erstellten Diagnose vom medizinischen Standpunkt aus gerechtfertigt und notwendig.

Medizinisch notwendig war auch der stationäre Aufenthalt vom 25. 1. bis 15. 2. 1988, insbesondere, weil Verdacht auf Entzündung des Kniegelenkes bestand. Eine ambulante Untersuchung und Abklärung der Situation wäre dem Kläger nicht zumutbar gewesen, weil er in seiner Gehfähigkeit stark eingeschränkt war.

Die medizinischen Maßnahmen, die den stationären Aufenthalt vom 25. 2. bis 18. 3. 1988 konkret erforderlich machten, hätten auch ambulant durchgeführt werden können. Das Problem lag nicht in der medizinischen Behandlung, sondern in erster Linie in einem atypischen schmerzhaften postoperativen Verlauf, der die Entlassung des Klägers verzögerte. Der Krankenhausaufenthalt auch in dieser Zeit war daher durchaus gerechtfertigt. Der Kläger war nicht in der Lage, von sich aus eine mangelnde medizinische Notwendigkeit zu beurteilen, zumal er auch subjektiv an entsprechenden Beschwerden gelitten hat. Diese Beschwerden haben auch nach der Entlassung weiterbestanden.

Das Erstgericht bejahte auf Grund dieses Sachverhalts die Berechtigung des Klagebegehrens.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Gemäß § 1 Abs.2 lit.a der Allgemeinen Bedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung sei Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung des Versicherten wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginne mit der Heilbehandlung und ende, wenn nach medizinischem Befund die Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht mehr bestehe. Nach § 5 B Abs.8 sei stationäre Heilbehandlung im Sinne der Versicherungsbedingungen eine Heilbehandlung im Rahmen eines medizinisch notwendigen stationären Aufenthaltes in sanitätsbehördlich genehmigten Krankenanstalten. Als medizinisch notwendig gelte ein stationärer Aufenthalt insbesondere nicht, wenn er lediglich im Mangel an häuslicher Pflege oder sonstigen persönlichen Verhältnissen des Versicherten begründet sei. Die beklagte Partei, die die medizinische Notwendigkeit des Krankenhausaufenthaltes des Klägers bestritten habe, habe sich zum Beweis ihrer Behauptungen unter anderem auf die Vernehmung zweier Zeugen berufen; das Erstgericht habe diese Beweise nicht aufgenommen. Jede Partei müsse die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen beweisen. Der Versicherungsnehmer habe den Eintritt des Versicherungsfalls zu beweisen; der Beweis von Umständen, die die Leistungspflicht ausschließen könnten, wie etwa Obliegenheitsverletzungen, obliege dem Versicherer. Die Beweislast für die medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung treffe daher den Versicherungsnehmer, jene für den Beweis des Gegenteils die beklagte Partei. Habe das Erstgericht die von der beklagten Partei hiezu angebotenen Beweise nicht durchgeführt, sei sein Verfahren mangelhaft geblieben. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zugelassen gewesen, weil keine Rechtsprechung zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Fragen der Beweislastverteilung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist unzulässig.

Die medizinische Notwendigkeit für eine Behandlung im Krankenhaus ergibt sich, wenn die spezifischen Einrichtungen des Krankenhausbetriebes zur Behandlung des bestehenden Leidens besser geeignet sind als die Möglichkeiten eines niedergelassenen Arztes, wenn die Vorbereitung oder Nachbeobachtung, eine ständige Überwachung und Kontrolle durch Krankenhausärzte erforderlich ist, oder wenn der Versicherungsnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Möglichkeiten ambulanter Behandlung auszunützen (7 Ob 12/85).

Die grundsätzliche Regel der Beweislastverteilung läßt sich auf die knappe Formel bringen, daß jede Partei die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm zu behaupten und zu beweisen hat (JBl. 1959, 135). Den Beweis für den Eintritt des Versicherungsfalles hat deshalb der Versicherungsnehmer zu führen (VersRdSch 1990, 25); die Beweislast für das Vorliegen eines Ausschlußtatbestandes (VersRdSch 1990, 378), für die objektive Verletzung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer (VersRdSch 1990, 346) wie auch für andere für ihn günstige Umstände dagegen trifft den Versicherer. Warum dies im vorliegenden Fall anders sein sollte, ist nicht zu erkennen.

Ist deshalb auch die Beweislastverteilung, die Frage also, welche Partei die Last des Beweises für eine rechterhebliche Tatsache trifft, revisibel (JBl. 1959, 135), liegt hier doch keine iS des § 502 Abs.1 ZPO erhebliche Rechtsfrage vor, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Beweislastverteilung in einem (Versicherungs-)Fall wie vorliegend durchaus vorhanden ist. Der Rekurs war deshalb zurückzuweisen.

Zur Frage, ob die Aufnahme weiterer Beweise erforderlich ist oder ob der Sachverhalt bereits in ausreichender Weise festgestellt wurde, ist dem Obersten Gerichtshof eine Stellungnahme verwehrt. Erachtet das Berufungsgericht die Aufnahme weiterer Beweise zur Klärung des Sachverhalts als notwendig, vermag dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegenzutreten.

Im Hinblick auf den Umfang der vom Berufungsgericht als erforderlich angesehenen Verfahrensergänzung ist die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Voraussetzungen des § 496 Abs.3 ZPO für eine Ergänzung der Verhandlung durch das Berufungsgericht nicht vorliegen, nicht unvertretbar.

Die beklagte Partei hat in der von ihr erstatteten Rekursbeantwortung auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers nicht hingewiesen; es waren ihr deshalb hiefür keine Kosten zuzusprechen (§§ 40, 50 ZPO).

Anmerkung

E25728

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00007.91.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19910418_OGH0002_0070OB00007_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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