Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Kellner, Dr. Schiemer und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Silvia B*****, vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 250.000 samt Anhang und Feststellung (Gesamtstreitwert S 350.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29. Dezember 1989, GZ 14 R 176/89-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2. Mai 1989, GZ 52 a Cg 1070/87-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
Soweit die beklagte Partei die Verwerfung ihrer Nichtigkeitsberufung bekämpft, wird ihr Rechtsmittel zurückgewiesen.
Im übrigen wird ihrer Revision nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.293,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.382,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin suchte am 14. Dezember 1984 gegen 9 Uhr das Polizeikommissariat Meidling auf. Sie war kurz vorher übersiedelt und wollte ihren neuen Wohnsitz melden. Außerdem beabsichtigte sie, wegen zweier Strafmandate um Strafmilderung anzusuchen. Im ersten Stock des Gebäudes reinigte die Bedienerin Edith G***** die gegenüber dem Zimmer 22 befindlichen WC-Anlagen. Edith G***** stellte, um sich nicht bücken zu müssen, den Kübel mit dem Putzwasser neben dem Zimmer 22 auf eine Bank. In diesem Kübel wusch sie ihren Putzlappen, beim Queren des Ganges tropfte Wasser auf den Terrazzofußboden. Tafeln, die auf erhöhte Rutschgefahr hinwiesen, waren nicht aufgestellt. Die Klägerin trug Schuhe mit 2 cm hohen Absätzen. Sie suchte nach dem Zimmer und achtete daher nicht besonders auf den Boden. Kurz nach einem Knick des Ganges rutschte sie infolge des auf dem Fußboden verspritzten Wasser aus und stürzte. Sie zog sich durch den Sturz Brüche des linken Innen- und Außenknöchels und des hinteren Schienbeinkeiles mit Teilverrekung des Sprungbeines zu. Im Zuge der Behandlung kam es zu schweren entzündlichen Veränderungen im Wund- und Knochenbereich mit Nekrosebildung der Haut und von Knochenteilen, die zu zahlreichen operativen Behandlungen führten. Folgen der Verletzungen sind eine Gehbehinderung durch Versteifung des linken oberen und unteren Sprunggelenkes sowie geringe Bewegungseinschränkungen der linken Großzehe, eine Schwellung des linken Knöchels und Fußes und Verschmächtigung des linken Oberschenkels, ein ausgedehntes Narbenareal am linken Innenknöchel mit kleinster Fistelbildung, reizlose Narben am Außenknöchel und Unterschekel links, eine reizlose Hautplastikentnahmennarbe am rechten Oberschenkel sowie eine reizlose Narbe am rechten Darmbeinkamm nach Spongiosaentnahme. Die Klägerin hatte durch den Unfall und die nachfolgenden Behandlungen 24 Tage starke, 42 Tage mittelstarke und 130 Tage leichte Schmerzen; Spätfolgen können nicht ausgeschlossen werden.
Die Klägerin begehrte aus dem Titel der Amtshaftung und wegen Verletzung der der beklagten Partei obliegenden Verkehrssicherungspflicht den Zuspruch des Betrages von S 542.742,80 samt Anhang (davon S 300.000 Schmerzengeld) und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Unfallsfolgen. Ihr Sturz sei auf die Reinigung des Ganges zurückzuführen, die Gefährlichkeit der Stelle sei nicht erkennbar gewesen. Die Reinigung des Gebäudes sei nicht überwacht worden, es liege Organverschulden vor. Die Reinigungsfrau sei auch habituell untüchtig.
Die beklagte Partei wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, die Klägerin sei zur Sturz gekommen, weil sie es eilig gehabt habe; sie habe ihr Eigenverschulden zugegeben. Bei der Reinigung seien keine rutschgefährlichen Mittel verwendet worden; die Reinigungsfrau sei nicht untüchtig, Organverschulden liege nicht vor. Das Schmerzengeldbegehren sei überhöht.
Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Schmerzengeldbegehren mit S 250.000 samt Anhang sowie dem Feststellungsbegehren statt, das Mehrbegehren an Schmerzengeld von S 50.000 wies es unbekämpft ab. Es stellte fest, die damals berufstätige Klägerin habe sich für den Behördenweg freigenommen, sie sei daher nicht in Eile gewesen. Auf die Reinigungsarbeiten habe sie wegen einer Krümmung des Ganges nicht bereits von weitem aufmerksam werden können. Die Reinigungsfrau habe bis zum Unfallstag Reinigungsarbeiten immer ordnungsgemäß durchgeführt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Gebäudeverwaltung, zu der auch Reinigungsarbeiten zählten, stehe im Dienst der Hoheitsverwaltung. Es handle sich somit um Realakte, die unabhängig von hoheitlicher Tätigkeit nicht bestehen könnten, somit selbst um Hoheitsakte. Organ des Bundes sei der Gebäudeverwalter, der fahrlässig gehandelt habe. Das Reinigungspersonal sei nicht in ausreichendem Maß darauf hingewiesen worden, daß während der Amtsstunden das Reinigen von Gebäudeteilen, die den Parteien zugänglich seien, überhaupt zu unterbleiben habe, weil dadurch eine besondere Gefahrenquelle geschaffen werde. Weiters seien keine Warntafeln vorhanden gewesen, die die Bedienerin hätte aufstellen können, um dadurch die Parteien vor der erhöhten Rutschgefahr zu warnen. Die Unterlassung des Gebäudeverwalters sei kausal für den Eintritt des Schadens gewesen. Selbst wenn man der Rechtsprechung folge, daß Privatwirtschaftsverwaltung vorliege, wäre haftungsbegründendes Organverschulden des Gebäudeverwalters als Repräsentanten der beklagten Partei vorgelegen.
Das Berufungsgericht wies die Berufung der beklagten Partei, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wurde, zurück, im übrigen gab es ihr nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000 übersteigt. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Das Amtshaftungsgesetz sei auf Schäden, die auf die Verletzung von Pflichten im Rahmen der Gebäudeverwaltung zurückzuführen seien, nicht anzuwenden. Die beklagte Partei hafte aber wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht. Eine weitergehende, an § 1313 a ABGB zu orientierende Haftung müsse gegenüber jenen Personen in Betracht kommen, die in ein öffentliches Gebäude zur Teilnahme an einer Amtshandlung geladen worden seien oder dieses als Rechtssuchende aufsuchten. Dieser Personenkreis bedürfe eines besonderen Schutzes. Aufgabe der für den Bund handelnden Gebäudeverwaltung sei es, ein öffentliches Gebäude in einem solchen Zustand zu halten, daß ein Parteienverkehr auch bei ordentlicher und daher unvermeidlicher Instandhaltung des Gebäudes und der dort befindlichen Wege gewährleistet sei. Die Haftung des Bundes im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht sei über die Haftung des § 1315 ABGB auszudehnen. Die beklagte Partei müsse sich also das Verschulden der Gebäudeverwaltung, das ein Organisations- bzw. Überwachungsverschulden darstelle, zurechnen lassen und die Haftung für derart verschuldete Schäden übernehmen. Der Gebäudeverwalter sei Repräsentant der beklagten Partei.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die beklagte Partei inhaltlich den Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem ihre Berufung wegen Nichtigkeit zurückgewiesen wurde, bekämpft, ist der darin zu erblickende Rekurs gemäß § 519 Abs 1 ZPO unzulässig (SZ 24/115 uva; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1979).
Im übrigen ist ihre Revision nicht berechtigt.
Die Verwaltung öffentlicher Gebäude erfolgt grundsätzlich im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung. Schadenersatzansprüche, die mit schuldhafter Pflichtverletzung bei der Verwaltung öffentlicher Gebäude begründet werden, unterliegen daher, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, nicht dem Amtshaftungsgesetz (SZ 51/2; JBl 1965, 469 ua, zuletzt 1 Ob 2/81; Schragel, AHG2 84, 117, 265).
Die Wahrnehmung von Verkehrssicherungspflichten fällt in den Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (Schragel aaO 117; vgl Soergel-Glaser12 Rz 137 zu § 839 BGB). Es gilt als allgemein anerkannte Regel, daß derjenige, der einen Verkehr auf Straßen, Grundstücken oder Gebäuden eröffnet oder zuläßt, im Rahmen des Zumutbaren - auch unabhängig vom Bestehen besonderer vertraglicher Verpflichtungen - die befugten Verkehrsteilnehmer vor Gefahren zu schützen oder zumindest zu warnen hat. Er hat daher die Anlagen in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand zu erhalten (JBl 1980, 590 mwN; 1 Ob 35/79; Koziol, Haftpflichtrecht2 II 57 mwN in FN 1; Schragel aaO; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1294; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 34 zu § 1295). Verkehrspflichtig ist derjenige, der eine in seiner Sphäre bestehende Gefahr beherrschen kann (von Bar, Verkehrspflichten 122). Diese allgemeine Verkehrssicherungspflicht entspringt dem Deliktsrecht, so daß eine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen für
Gehilfen - auch im Falle von öffentlichen Gebäuden - nur nach § 1315 ABGB eintritt (JBl 1982, 258; JBl 1980, 590; Harrer aaO Rz 40; Koziol aaO 61, 66 f).
Es ist heute allerdings unbestritten, daß umfassende Schutz- und Sorgfaltspflichten bereits mit der Aufnahme (privaten) rechtsgeschäftlichen Kontaktes entstehen (SZ 59/109; SZ 58/69 mwN; Koziol aaO 70 f). Der Geschäftsherr haftet bei Vorliegen eines solchen vorvertraglichen und damit gesetzlichen Schuldverhältnisses für das Verhalten seiner Gehilfen nicht nach § 1315 ABGB, sondern, weil bereits in der Aufnahme rechtsgeschäftlichen Kontaktes eine rechtliche Sonderbeziehung gesehen wird, nach § 1313 a ABGB (SZ 60/36; RdW 1986, 271; SZ 57/94; SZ 52/135; SZ 52/90; SZ 51/111; vgl. Reischauer in Rummel2 Rz 14 vor §§ 918 ff ABGB; Koziol aaO 71; Fikentscher, Schuldrecht7 328; Flume, Das Rechtsgeschäft3 797). Dies gilt dann auch für Sorgfaltsverletzungen, die ohne Vorliegen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses bloße Verletzungen allgemeiner Verkehrssicherungspflichten begründen könnten. Es wurde daher bereits mehrfach ausgesprochen, daß ein Geschäftsinhaber bei Anbahnung eines geschäftlichen Kontaktes seinen potentiellen Kunden gegenüber bereits wegen Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten haftet (SZ 52/135 - nicht gestreuter Eingangsbereich eines Gasthauses; JBl 1979, 654 - Absturz eines Kippfensters; SZ 51/111 - Sturz in nicht abgesicherten Montageschacht einer Rolltreppe; vgl. Mertens in Münchener Kommentar2 Rz 179 zu § 823 BGB). Diese von der Rechtsgeschäftslehre entwickelten und von der Rechtsprechung übernommenen Grundsätze des vorvertraglichen Schuldverhältnisses wurden bei Aufnahme von Kontakten zur allfälligen Begründung eines öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisses sinngemäß auch für dem öffentlichen Recht unterliegende Verträge übernommen und bei schuldhafter Verletzung dieser im öffentlichen Recht wurzelnden Schutz- und Sorgfaltspflichten Haftung nach dem Amtshaftungsgesetz bejaht (SZ 60/36).
Voraussetzung für die Haftung des Geschäftsherrn für seine Erfüllungsgehilfen nach § 1313 a ABGB ist das Vorliegen einer rechtlichen Sonderverbindung (Harrer aaO Rz 9 zu § 1313 a; Koziol aaO 336; vgl. Heinrichs in Palandt50 339; Mertens aaO; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts14 I 296; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB4 Rz 889). In der österreichischen Rechtsprechung und Lehre wird schon seit langem davon ausgegangen, daß diese rechtliche Sonderverbindung nicht im Privatrecht begründet sein muß. Eine zur Anwendung der Vorschrift des § 1313 a ABGB führende Sonderverbindung wird vielmehr auch dann angenommen, wenn die Beziehung zwischen Geschädigtem und Geschäftsherrn im öffentlichen Recht begründet ist, der Inhalt dieser Rechtsbeziehungen sich aber mit sonst privatrechtlichen deckt (MietSlg. 27.229, 22.190; DREvBl. 1940/272; DREvBl. 1938/448; ZBl. 1931/272; SZ 11/32; SZ 9/69; SZ 8/10; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1313 a; Harrer aaO Rz 9 zu § 1313 a; Klang in ZBl. 1931, 641 f; vgl. Wolff in Klang2 VI 90; Wilburg in ZBl. 1930, 644; Hanau in Münchener Kommentar2 Rz 9 zu § 278 BGB; Larenz aaO 303; Esser-Schmidt, Schuldrecht6 I 395). In der deutschen Rechtsprechung wird die sinngemäße Anwendung von Bestimmungen des vertraglichen Schuldrechtes, nämlich des der Vorschrift des § 1313 a ABGB entsprechenden § 278 BGB daran geknüpft, daß ein besonderes enges Verhältnis des einzelnen zur öffentlichen Verwaltung begründet worden ist und mangels gesetzlicher Regelung ein Bedürfnis für eine angemessene Verteilung der Verantwortung innerhalb des öffentlichen Rechtes vorliegt (BGHZ 61, 7, 11; BGHZ 59, 303, 305; BGHZ 54, 299, 303). Schragel aaO 119 nimmt daher eine weitergehende, an § 1313 a ABGB zu orientierende Haftung des Verkehrspflichtigen dann an, wenn Personen in ein öffentliches Gebäude zur Teilnahme an einer Amtshandlung (als Partei, Zeuge, Sachverständige und ähnlichem) geladen wurden. Dieser Gedanke ist aber verallgemeinerungsfähig. Ebenso wie besondere nicht der Allgemeinheit, sondern einzelnen Personen gegenüber bestehende Verkehrssicherungspflichten schon dann angenommen werden, wenn - wie bei Betreten eines Kaufhauses oder einer Gastwirtschaft - ein rechtsgeschäftlicher Kontakt aufgenommen werden soll, liegt eine im öffentlichen Recht wurzelnde Sonderbeziehung zum Verkehrspflichtigen dann vor, wenn jemand etwa nicht bloß deshalb ein öffentliches Gebäude betritt, um es wegen seiner kulturellen Bedeutung zu besichtigen oder sonstige, nur private Interessen zu verfolgen, sondern auch wenn er das Gebäude aufsucht, um eine dort untergebrachte, im hoheitlichen Bereich agierende Dienststelle in Anspruch zu nehmen, sei es, weil er dazu gesetzlich verpflichtet ist, sei es aber auch nur deshalb, um die Behörde im eigenen Interesse, etwa zur Anbringung von Protokollaranträgen, Einholung von Rechtsauskünften oder aus ähnlichen Gründen aufzusuchen. In beiden Fällen besteht ein besonders enges Verhältnis, ein spezieller sozialer Kontakt des einzelnen zur Behörde, der die allgemeinen, der Öffentlichkeit gegenüber bestehenden Verkehrssicherungspflichten zu Pflichten gleichen Inhaltes ihm gegenüber werden läßt. Es wäre auch nicht einzusehen, daß der Verkehrssicherungspflichtige bei Verletzung seiner Pflichten nur dann für seinen Gehilfen nach § 1313 a ABGB haften sollte, wenn jemand im vorvertraglichen Kontakt (etwa anläßlich der Benützung des Amtsgebäudes zwecks Aushandelns oder Abschlusses eines Vertrages im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung) geschädigt wird, nicht aber dann, wenn er einer ihn treffenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nachkommt und zur Regelung eines ihn betreffenden, aber im öffentlichen Recht wurzelnden Rechtsverhältnisses vorsprechen oder Anträge stellen will. In beiden Fällen ist daher eine rechtliche Sonderverbindung anzunehmen, die bei Schädigung durch einen Gehilfen zur Anwendung des § 1313 a ABGB führt. Es kann nicht bezweifelt werden, daß die beklagte Partei als Mieterin des Gebäudes, in dem sich der Unfall der Klägerin wegen einer durch Unvorsichtigkeit einer Reinigungsfrau rutschigen Stelle des Fußbodens ereignete, verkehrspflichtig ist. Sie haftet dann aber für das Verschulden dieser Bedienerin als ihrer Erfüllungsgehilfin wie für eigenes, ohne daß auf die Frage einzugehen wäre, ob auch ein Organisationsverschulden eines eigenen Repräsentanten vorliegt.
Ein Mitverschulden kann der Klägerin nicht angelastet werden. Bei Schadenersatzansprüchen wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten liegt ein Mitverschulden nur dann vor, wenn ein sorgfältiger Mensch rechtzeitig hätte erkennen können, daß Anhaltspunkte für eine solche Verletzung bestehen und wenn er dann weiters die Möglichkeit gehabt hätte, sich darauf einzustellen. Nur erkennbaren Gefahrenstellen muß grundsätzlich ausgewichen werden (ZVR 1984/122; 7 Ob 576/84, 8 Ob 57/85). Solche Sorglosigkeit gegenüber eigenen Gütern kann der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Nicht der Gang, sondern ein Klosett wurde gereinigt. Durch verspritzte Flüssigkeit ist der Gang nur deshalb rutschgefährlich geworden, weil die Reinigungsfrau den Kübel nicht in dem zu reinigenden WC, sondern auf dem Gang noch dazu auf der gegenüberliegenden Seite auf einer Bank abstellte und bei ihrer Tätigkeit dadurch Reinigungswasser auf den Fußboden gelangte. Die Vornahme von Arbeiten, die zur Rutschgefährlichkeit führen kann, war für die Klägerin - auch wegen der in der Nähe befindlichen Gangkrümmung - daher weder erkennbar, noch bestanden bei dieser Sachlage Anhaltspunkte, daß die Erfüllungsgehilfin der beklagten Partei die dieser obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hätte.
Die Angemessenheit des global bemessenen Schmerzengeldes ist zu bejahen. Die Höhe des zuerkannten Schmerzengeldes entspricht dem, was der Oberste Gerichtshof bei vergleichbaren Schmerzperioden zuerkannte (vgl. Nr. 1777 und 1782 in Jarosch-Müller-Piegler, Schmerzengeld5).
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 392 Abs 2, 52 Abs 2, 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E27685European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00005.91.0424.000Dokumentnummer
JJT_19910424_OGH0002_0010OB00005_9100000_000