Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz H***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 18. Jänner 1991, GZ 12 a Vr 236/89-85, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Franz H***** wurde (zu I und II) der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Abs. 3 (§ 161 Abs. 1) StGB und (zu III) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er als Geschäftsführer der seinen eigenen Namen tragenden GesmbH zum (500.000 S übersteigenden) Schaden der Gläubiger dieser Firma (am 2.Jänner 1986) Büromöbel, Werkzeuge, Maschinen und (am 30.Juni 1986) Kaffeeautomaten beiseitegeschafft und verheimlicht (III). Schon vorher hat H***** (ab 29. November 1979) die Zahlungsunfähigkeit der eben genannten Gesellschaft sowie weiterer vier Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch zahlreiche, im Urteil detailliert beschriebene Kridahandlungen herbeigeführt, wobei er auch Geschäftsbücher verfälschte (I) und daran anschließend (ab 1985) in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit all dieser Gesellschaften die Befriedigung ihrer Gläubiger durch Eingehen neuer und Zahlung alter Schulden sowie durch die verspätete Beantragung des Konkurses geschmälert (II).
Der Angeklagte, der sich zuletzt in der Hauptverhandlung der fahrlässigen Krida (I und II) schuldig bekannt hat (S 19/V), bekämpft nunmehr diesen Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde (§ 281 Abs. 1 Z 5, 5 a sowie 9 - ohne buchstabenmäßige Präzisierung - StPO), wobei er nur die Annahme seiner Täterschaft auch hinsichtlich der A*****-Bau-GesmbH sowie den Vorwurf der Geschäftsbücherverfälschung (§ 159 Abs. 3 StGB) in Beschwerde zieht. Gegen die Verurteilung wegen des von ihm nie einbekannten Verbrechens (III) wendet er sich mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO.
Rechtliche Beurteilung
Eine nach Auswertung des Beweismaterials ohne Wiedergabe des Inhalts einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder einer Aussage getroffene Feststellung kann für sich allein niemals aktenwidrig sein, daher auch nicht jene (US 9), daß Norbert A***** in Absprache mit dem Angeklagten die Geschäfte der A*****-Bau-GesmbH geführt hat. Auch hat der Zeuge A*****, der Beschwerde (Z 5) zuwider, nicht nur gesagt: "Es (die genannte Firma) war rein die Firma meiner Gattin und mir" (S 78/V); hat er doch seine Gattin immer nur als "Strohmann" bezeichnet (S 20, 23/V) und ferner bekundet, daß er gemeinsam mit dem Angeklagten die Geschäfte gemacht und diese auch zeitweise mit ihm besprochen hat sowie, daß im Büro des Angeklagten der eigentliche Kundenverkehr stattfand (S 21 f/V). Wenn aus all dem sowie zusätzlich - nicht jedoch allein, wie die Beschwerde ausführt - auf Grund von Verflechtungen der genannten Gesellschaft mit anderen Firmen des Angeklagten dessen tatsächliche Leitungsfunktion auch bezüglich der A*****-Bau-GesmbH festgestellt wurde, so ist dies damit keineswegs unzureichend begründet. Soweit der Beschwerdeführer den Firmenverflechtungen eine andere Bedeutung zuerkennen will, als es die Erstrichter taten, und auch das Sachverständigengutachten allein für die Annahme seiner Täterschaft für nicht ausreichend hält, bekämpft er einerseits unzulässig die Beweiswürdigung des Erstgerichts und negiert andrerseits abermals die von diesem Gericht verwertete gesamte Beweisgrundlage.
Nach dem Schuldspruch I war der Angeklagte Verantwortlicher auch der A*****-Bau-GesmbH. Die im Spruch bezeichnete und in den Gründen näher erläuterte tatsächliche Leitungsfunktion des Angeklagten hätte die Rechtsrüge (Z 9) ihren Ausführungen zugrunde zu legen gehabt, nicht aber die Meinung, daß "das Erstgericht offensichtlich der Ansicht ist, daß schon die Mitwirkung in Absprache mit dem tatsächlichen Geschäftsführer den Tatbestand des § 161 StGB darstellt".
Aus den umfangreichen Akten, welche neben dem umfassenden Sachverständigengutachten insbesondere noch das diesbezügliche Schuldbekenntnis des Angeklagten enthalten (siehe auch US 14), ergeben sich aber auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die diesbezügliche Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a).
Die "Ausscheidung des Faktums 'Stammeinlage' gemäß § 57 StPO" (S 39/V) betraf eine von mehreren Tathandlungen der angeklagten betrügerischen Krida bezüglich der Firma Franz H***** GesmbH (siehe Anklageschrift ON 66 Punkt III und Schuldspruch III). Dies konnte die Erstrichter jedoch nicht hindern, hinsichtlich der Geschäftsbücherfälschungen der ***** Bauplanung ***** GesmbH (US 6) auch Konstatierungen über unrichtige Angaben betreffend die Einzahlung der "Stammeinlage" dieser Gesellschaft (nicht aber der Firma Franz H***** GesmbH) zu treffen.
Die Fälschung der Geschäftsbücher wurde im Urteil detailliert beschrieben (US 6 f und 8). Die Beschwerde (Z 5), welche dessen ungeachtet von einem "allgemeinen Fälschungsvorwurf" ausgeht (S 80/V), ist daher schon im Ansatz verfehlt und kann damit auch im Sachverständigengutachten dazu keine Stütze finden (siehe im übrigen auch ON 83).
Zum Verbrechen (Schuldspruch III) behauptet der Angeklagte einen Begründungsmangel (Z 5), weil die ihm (neben dem 30.Juni 1986 auch) mit Datum 2.Jänner 1986 vorgeworfene vorsätzliche Gläubigerschädigung doch nicht mit den erst im Laufe des Jahres 1986 einsetzenden (18) und den im Jahre 1987 folgenden weiteren (36) Exekutionen gegen seine Firma (Franz H***** GesmbH) begründet werden könne (US 11 f). Er übergeht hiebei jedoch die weitere Urteilskonstatierung, daß schon zu Beginn des Jahres 1986 drei Exekutionen der *****KRANKENKASSE anhängig waren (US 11), vor allem aber die weitere Feststellung, daß er die genannte Firma bis 1985 fahrlässig in den Konkurs getrieben hat (unangefochtenes Schuldspruchfaktum zu I) und ab diesem Zeitpunkt bereits in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit dieser Firma (deren Namen mit 19.September 1986 auf ***** Bauplanung ***** GesmbH geändert wurde) war (unangefochtenes Schuldspruchfaktum zu II). Verfehlt ist auch der Beschwerdeeinwand, auf Grund von vorgelegten Belegen und der Äußerung des Sachverständigen hätte festgestellt werden müssen, daß für den von der Firma Franz H***** GesmbH vorgenommenen Verkauf von Büromöbeln, Werkzeugen und Maschinen an die ***** Liegenschaftsverwertungs-GesmbH an Entgelt weit mehr als angenommen bezahlt wurde und die im Urteil getroffene Konstatierung einer einzigen (Mietzins-)Zahlung von 20.000 S auf einer Unvollständigkeit beruhe. Abgesehen davon, daß zur Richtigkeit der Belege der Sachverständige nicht ausdrücklich Stellung beziehen konnte (S 505/IV in Verbindung mit S 18/V), haben die Erstrichter den gesamten Verkaufsvorgang als fingiert erachtet (US 12) und als Tathandlung auch "Verheimlichen" festgestellt (US 4) sowie zudem auf mehrere erfolglose Exszindierungsklagen verwiesen. Damit vertritt auch das Schöffengericht keinen der Beschwerde zuwiderlaufenden Rechtsstandpunkt bezüglich einer Gläubigerschädigung. Die weiteren Beschwerdeausführungen, welche anhand von Urkunden einen tatsächlichen Kaufpreisfluß an die Firma H***** GesmbH darzutun trachten, negieren die vom Erstgericht hiezu ausdrücklich auch verwerteten Ergebnisse von Exszindierungsprozessen und gehen damit nicht von der gesamten Beweisgrundlage aus. Soweit der Nichtigkeitswerber, gegründet auf seine einseitige und bruchstückhafte Auswertung von Beweisen, zu anderen Schlüssen als die Tatrichter kommt, stellt sein Vorbringen nur eine unzulässige Bekämpfung erstrichterlicher Beweiswürdigung dar.
Zum Verkauf von 23 Kaffeeautomaten an die Firma M***** und F***** durch den Angeklagten als Geschäftsführer der Franz H***** GesmbH (bzw ***** Bauplanung ***** GesmbH) hat das Erstgericht keineswegs übersehen, daß formeller Geschäftsführer der Käuferin Egon D***** war (US 13), der bis dahin Servicedienste für den Angeklagten geleistet hatte. Die Erstrichter haben dazu auch - entgegen der Beschwerde - keine formelle Selbstkontrahierung durch den Angeklagten festgestellt, sondern nur, daß auch dabei der Angeklagte "im Grunde" (somit nicht formell) das Geschäft mit sich selbst abgeschlossen hat. Die Aussagen des Egon D***** und des Erich F***** wurden dabei keineswegs außer acht gelassen, sondern ausdrücklich auch für die Feststellungen verwertet (US 14). Darnach war aber H***** auch Repräsentant der Firma M***** und F***** (S 34/V) und wurde von der Käuferin der Verkäuferin der Kaffeeautomaten nach Aussage des D***** "bis heute noch kein einziger Schilling bezahlt", stand also der "Kaufpreisschilling eigentlich nur auf dem Papier", genauso wie bei den angekauften Maschinen und Werkzeugen (S 28/V). Die weiteren Beschwerdeausführungen, ob es an sich sinnvoll gewesen wäre, die Betreuung der Kaffeeautomaten aus der ***** Bauplanung ***** (bzw Franz H*****) GesmbH auszuscheiden und einer getrennten Firma zu übertragen, gehen von hypothetischen Willensentschlüssen des Angeklagten aus und ignorieren damit das auf Grund des Beweisverfahrens festgestellte anderslautende deliktische Vorhaben des Angeklagten.
Es ergeben sich aber auch aus den eben erwähnten Aussagen der Zeugen D***** und F***** keine erheblichen Bedenken gegen die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichts (Z 5 a). Soweit aber schließlich die Beschwerde eine Ergänzung des Gutachtens nunmehr dahin für notwendig erachtet, wohin F***** die Leasingbeträge (nicht den Kaufpreis!) für die Geräte der Firma Franz H***** GesmbH bezahlt hat, wäre es Aufgabe des Angeklagten oder seines Verteidigers gewesen, einen diesbezüglich begründeten Antrag auf Gutachtenergänzung in erster Instanz zu stellen (Z 4), zumal doch D***** ausdrücklich als Zeuge - wie bereits erwähnt - eine Bezahlung des Kaufpreises an die Verkäuferin ausschloß.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils (die Rechtsrüge betreffend) als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen.
Demnach hat über die Berufung das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E25857European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0120OS00039.91.0425.000Dokumentnummer
JJT_19910425_OGH0002_0120OS00039_9100000_000