TE OGH 1991/4/30 5Ob41/91

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Veröffentlicht am 30.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1) Johann L*****, und 2) Rosina L*****, beide *****, 3) Hubert P*****, und 4) Monika P*****, beide ***** 5) Ferdinand W*****, und 6) Maria W*****, beide *****

7)

August R*****, und 8) Leopoldine R*****, beide ***** sowie

9)

Josef R*****, und 10) Gertraud R*****, beide ***** sämtliche vertreten durch Dr. Josef Schartmüller, Rechtsanwalt in Pregarten, wegen Vornahme von Grundbuchshandlungen ob den EZ ***** je der KG ***** des Grundbuches P*****, infolge Revisionsrekurses des Johann H*****, vertreten durch Dr. Josef Weixelbaum, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 7.März 1991, GZ 18 R 590/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Pregarten vom 20. Juni 1990, GZ TZ 800/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Revisionsrekurswerber ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG S*****.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Pregarten vom 9. Juni 1988, C 35/87-16, wurde in Punkt I.1. festgestellt, daß den Antragstellern jeweils als grundbücherlichen Hälfteeigentümern bestimmt genannter Grundstücke verschiedener, ebenfalls genau bezeichneter Liegenschaften der KG S***** über das dem Revisionsrekurswerber gehörige Grundstück Nr. ***** der Liegenschaft EZ ***** KG S*****, entlang der gemeinsamen Grenze desselben mit dem Grundstück Nr. *****, inneliegend in der Liegenschaft EZ ***** KG S*****, zwischen deren östlichstem und westlichstem Grenzpunkt ein Geh- und Fahrtrecht endend in einer Entfernung von 87 m vom Grenzpunkt Nr. ***** für die Nutzung der herrschenden Grundstücke in der Land- und Forstwirtschaft zusteht, wobei die Breite des Servitutsweges wie folgt beschrieben wurde: "..... gemessen von jener gedachten Linie, die sich aus der Verbindung der südlichen, ebenerdigen Konturpunkte der Pfähle des dort errichteten Stacheldrahtzaunes ergibt, in Richtung Norden, und zwar von Westen nach Osten, vom Grenzpunkt Nr. ***** ausgehend, in einer Entfernung von 17 m in einem Tiefenabstand von 0,3 m, von 22 m - 0,4 m, von 27 m - 0,6 m, von 32 m - 1 m, von 37 m - 1,1 m, von 42 m - 1,1 m, von 47 m - 1,1 m, von 52 m - 1,1 m, von 62 m - 1,2 m, von 67 m - 1,25 m, von 77 m - 1,3 m und (in einer Entfernung) von 82 m (in einem Tiefenabstand) von 1,1 m".

In diesem Urteil wurde der nunmehrige Revisionsrekurswerber schuldig erkannt, seine ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung dieses Geh- und Fahrtrechtes zugunsten der in Punkt I.1. (im einzelnen) genannten Grundstücke der klagenden Parteien in der Liegenschaft EZ ***** KG S***** zu erteilen (Punkt I.2. des Urteilsspruches), und entlang der gemeinsamen Grenze zwischen den Grundstücken Nr. ***** und ***** zwischen dem östlichsten und dem westlichsten Punkt dieser gemeinsamen Grenze

a) die dort gesetzten Holzpflöcke sowie den auf diesen Holzpflöcken angebrachten Stacheldraht zu entfernen und b) das auf der in Punkt I.1. des Urteils festgestellten Fläche aufgeschüttete Erdreich so zu entfernen, daß eine niveaugleiche Ebene zum Grundstück Nr. ***** der KG S***** entsteht (Punkt I.3. des Urteilsspruches).

Mit Beschluß vom 20. Juni 1990, TZ 800/90, bewilligte das Erstgericht den Antragstellern die Einverleibung der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes auf dem dem nunmehrigen Revisionsrekurswerber gehörigen Grundstück Nr. ***** der Liegenschaft EZ ***** KG S***** gemäß Punkt I.1. des bereits wiedergegebenen Urteils des Bezirksgerichtes Pregarten.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem von Johann H***** gegen diesen erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs nicht Folge, wobei es aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S nicht übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Den Ausspruch über die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes stützte es auf § 126 Abs 1 GBG, § 13 Abs 1 Z 1 und Abs 2 AußStrG, und zwar unter Hinweis auf den Umstand, daß die Kläger ihr Klagebegehren im Titelverfahren stets mit dem Betrag von 30.000 S bewertet hätten und kein Grund bestehe, nunmehr für das Rekursverfahren den Entscheidungsgegenstand mit dem vom Rekurswerber bezifferten Betrag von 60.000 S zu bewerten. Den weiteren Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gründete das Rekursgericht auf § 126 Abs 2 GBG und § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG.

Gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners, der unzulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

In seinem Revisionsrekurs wendet sich der Antragsgegner in erster Linie gegen die vom Rekursgericht vorgenommene Bewertung des Entscheidungsgegenstandes. Seiner Ansicht nach sei er berechtigt gewesen, die von den Antragstellern unterlassene, dem Grundbuchsrecht fremde Bewertung der begehrten Grundbuchshandlung im Rekurs nachzuholen, und zwar für 10 (nach den berechtigten Personen) oder doch zumindest für 5 (nach den herrschenden Grundstücken) Dienstbarkeitsansprüche zulässigerweise und nach der JN gerechtfertigt mit 60.000 S. Denn zufolge der sinngemäßen Anwendbarkeit des § 55 Abs 1 Z 1 JN seien die Ansprüche der einzelnen, nicht in Solidargemeinschaft stehenden

10 Antragsteller zusammenzurechnen. Außerdem sei eine Bewertungsüberprüfung durch das Gericht wegen der aus der Verweisungsnorm des § 60 Abs 2 JN sich ergebenden Unanwendbarkeit des ersten Absatzes dieser Gesetzesstelle ausgeschlossen gewesen. Rechtsrichtig wäre daher von einem 50.000 S übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes auszugehen gewesen. Schließlich meint der Revisionsrekurswerber noch, daß es sich bei dem Begehren um Vornahme einer Grundbuchshandlung nicht bloß um den Vollzug eines reinen Privatrechtes handelt, daß vielmehr auch die öffentliche Ordnung unmittelbar tangiert werde und der Eintragung im öffentlichen Buch die hoheitliche Qualität nicht abgesprochen werden könne, sodaß der vorliegende Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur sei. Der hier vorgenommene Bewertungsausspruch sei daher zufolge absoluter Nichtigkeit unbeachtlich. Dem kann nicht gefolgt werden.

Auszugehen ist davon, daß es sich bei dem Begehren um Verbücherung einer Wegdienstbarkeit sehr wohl um einen "rein vermögensrechtlichen Anspruch" iS der § 13 Abs 1 Z 1 AußStrG, § 126 Abs 1 GBG handelt. Der Gesetzgeber der WGN 1989 hat nämlich unter dieser Bezeichnung alle Ansprüche erfaßt, die nicht in einem bestimmten Geldbetrag bestehen, jedoch vermögensrechtlicher Natur sind, aber nicht gleichzeitig auch Angelegenheiten nicht vermögensrechtlicher Art umfassen oder den gesetzlichen Unterhalt betreffen (vgl. Bericht des Justizausschusses, 991, BlgNR XVII. GP, 60 zum Art II Z 1, § 13 AußStrG und 72 zum Art XXIV), wobei der Gesetzgeber von den Prozessen "geringeren Gewichts", also solchen, die nicht mehr als 50.000 S "wert" sind und daher nicht zum OGH gelangen sollen, Ansprüche ausgenommen hat, die für die Person des Betroffenen oder dessen Lebensverhältnisse (etwa familienrechtliche Streitigkeiten, Bestandstreitigkeiten, Sorgerechts- oder Besuchsrechtsregelungen) besonders wichtig sind (vgl AB, aaO, 66 zum Art X Z 24 Pkt 5.). In Anbetracht dieser Überlegungen des Gesetzgebers kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es sich bei der Geltendmachung des Anspruches auf Einräumung einer Wegeservitut in Ermangelung einer gleichwertigen persönlichen Beziehung um einen "rein vermögensrechtlichen Anspruch" handelt. Da die Verbücherung der Wegedienstbarkeit den rechtsbegründenden Akt für dieses dingliche Recht darstellt, ist auch das Begehren auf Einverleibung einer solchen Dienstbarkeit ein Anspruch rein vermögensrechtlicher Natur; dies zeigt sich insbesondere auch darin, daß Dienstbarkeiten im Rahmen der Zwangsversteigerung zu schätzen sind (§ 144 Abs 2 EO, § 21 RSchO). Das Rekursgericht hat daher in seiner Entscheidung mit Recht einen Ausspruch über den Wert seines Entscheidungsgegenstandes vorgenommen (§ 13 Abs 1 Z 1 AußStrG, § 126 Abs 1 GBG).

Der Ausspruch des Rekursgerichtes, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteigt, ist gemäß § 13 Abs 3 AußStrG, § 126 Abs 1 GBG unanfechtbar und bindend, sofern nicht zwingende Bewertungsvorschriften (§ 13 Abs 2 Satz 1 AußStrG, § 126 Abs 1 GBG) verletzt wurden (vgl. Petrasch, der Weg zum OGH nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, ÖJZ 1989, 743 ff, insbes. 749,

II. D. 2. zu der insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 500 Abs 4 Satz 1 ZPO; Fasching, Lehrbuch Rz 1830 samt Rechtsprechungshinweis).

Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers ist dem Rekursgericht keine Verletzung zwingender Bewertungsvorschriften anzulasten. Bei den verschiedenen Miteigentümergruppen der Antragsteller handelt es sich um keine materiellen Streitgenossen. Das Rekursgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß die im Titelverfahren vorgenommene Bewertung des Streitgegenstandes jenen des gesamten Begehrens betraf, also nicht den Wert jedes einzelnen der von den Hälfteeigentümergruppen für sich selbst gestellten Begehren. Da § 60 Abs 2 JN nur dort anzuwenden ist, wo die Liegenschaft selbst streitverfangen ist (Fasching I 364, Anm. 8 zu § 60 JN, SZ 55/186 ua), es hier aber um den Wert einer Dienstbarkeit geht, war das Rekursgericht berechtigt, den Wert seines Entscheidungsgegenstandes mit jenem Betrag anzugeben, der dem im Titelverfahren festgelegten Wert entspricht. Da dieser Wert den Betrag von 50.000 S nicht übersteigt, ist der Wertausspruch des Rekursgerichtes unanfechtbar und für den OGH bindend. Damit ist die rekursgerichtliche Entscheidung selbst unanfechtbar (§ 14 Abs 2 Z 1 AußStrG, § 126 Abs 2 GBG), und zwar unabhängig von der Frage, ob die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 14 Abs 1 AußStrG, § 126 Abs 2 GBG abhinge (vgl. Fasching, Lehrbuch, Rz 1858).

Der Revisionsrekurs erweist sich somit als unzulässig, weshalb er zurückgewiesen werden mußte.

Anmerkung

E25985

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00041.91.0430.000

Dokumentnummer

JJT_19910430_OGH0002_0050OB00041_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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