TE OGH 1991/5/7 4Ob1018/91

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Veröffentlicht am 07.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Michael P*****, Architekt, ***** vertreten durch Dr. Karl G. Aschaber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Markus K*****, Rechtsanwalt *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K***** Gesellschaft m.b.H., ***** wegen Feststellung, Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 310.000,- s.A) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 4.März 1991, GZ 4 R 332/90-38, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Wie der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, sind für das Immaterialgüterrecht und den gewerblichen Rechtsschutz die vielen unbestimmten Rechtsbegriffe (im Bereich des UrhG vor allem der Werkbegriff nach § 1 UrhG) charakteristisch. Solche Tatbestände räumen dem Richter bei der Rechtsanwendung einen viel weiteren Spielraum ein als sonst; sie lassen sich in Wahrheit nicht auslegen, sondern müssen nach den Umständen des Falls vom Richter konkretisiert oder präzisiert werden. Der Rechtssicherheit kann in der Regel nur dadurch Genüge getan werden, daß sich der Richter an frühere Entscheidungen ähnlicher Fälle hält.

Wegen dieser Eigenart des Immaterialgüterrechtes kann auf diesem Gebiet eine Rechtsfrage, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, auch dann vorliegen, wenn zu einem anzuwendenden unbestimmten Gesetzesbegriff des Immaterialgüterrechtes bereits allgemeine, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelte Leitsätze bestehen, die konkrete Lösung des zu entscheidenden Falles sich aber daraus nicht ohne weiteres ergibt, sondern wegen des Fehlens von Vorentscheidungen mit weitgehend gleichen Sachverhalten ein sorgfältiger Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen vorzunehmen ist. Im Immaterialgüterrecht kann der Oberste Gerichtshof seiner durch § 502 Abs. 1 ZPO neu gefaßten Leitfunktion nur gerecht werden, wenn er nicht nur die richtige Wiedergabe der Leitsätze der Judikatur prüft, sondern, wo es nach der Lage des Falles die Rechtssicherheit, die Rechtseinheit oder die Rechtsentwicklung erfordern, auch die richtige Konkretisierung der unbestimmten Gesetzesbegriffe durch die Vorinstanzen nachvollzieht (stRsp, zB ÖBl 1990, 88 mwN).

Im Urheberrecht bedarf, wie schon erwähnt, insbesondere der Begriff des "Werkes" im Sinne des § 1 Abs. 1 UrhG einer solchen Konkretisierung; das gleiche gilt für die Frage, ob eine schöpferische Gestaltung auf dem Gebiet der bildenden Kunst mit dem erforderlichen Maß an Originalität verbunden ist und damit eine entsprechende Werkhöhe hat.

Bedürften diese Fragen hier einer Beurteilung, dann wäre die Revision zulässig; die Entscheidung hängt jedoch aus folgenden Gründen nicht von der Beurteilung der Frage ab, ob das vom Kläger in Anspruch genommene Gebilde ein "Werk" im Sinne des § 1 Abs. 1 UrhG ist:

In Erfüllung des Auftrages der K***** KG entwickelte der Kläger die Idee, eine vom Geschäftsführer dieses Unternehmens gewünschte igluförmige Schneebar in durchsichtiger Stahl-Plexiglas-Bauweise zu planen. Er verfaßte als Vorentwurf eine Handskizze (Beilage G), welche aber nicht Gegenstand seines Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens ist. Auf der Grundlage dieser Skizze hat die Gemeinschuldnerin in Zusammenarbeit mit dem Bauherrn und dem Kläger mehrere Planskizzen und Konstruktionspläne verfaßt, welche, von unbeachtlichen Details abgesehen, die Zustimmung des Klägers fanden. In diesen Planskizzen und Konstruktionsplänen hat die Gemeinschuldnerin die schwierige Gestaltung des Eingangsbereiches selbständig gelöst. Sie übergab die von ihr hergestellten Planskizzen und Konstruktionspläne an Dipl.Ing. Peter M*****, welcher Dienstgeber des Klägers ist. Dieser verfaßte auf der Grundlage dieser Skizzen und Pläne der Gemeinschuldnerin im Oktober 1985 den Plan Nr. 01, Projekt 85/51, im Maßstab 1 : 25 für Zwecke eines baubehördlichen Genehmigungsverfahrens und fertigte ihn unter dem Namen des Klägers aus.

Nur dieser Plan - welcher also nicht vom Kläger, sondern von Dipl.Ing. Peter M***** auf der Grundlage von Unterlagen, die nicht vom Kläger stammen, geschaffen worden ist -, ist Gegenstand des Klagebegehrens. Mag er auch durch Ideen und Vorarbeiten des Klägers in einem gewissen Maße beeinflußt worden sein, so ist dieser Plan jedenfalls kein vom Kläger geschaffenes Werk im Sinne des § 10 Abs. 1 UrhG. Schon daran scheitert das Begehren des Klägers, es werde festgestellt, daß er Urheber des halbkugelförmigen Bauwerks in Stahl-Plexiglas-Bauweise ("Siglu") entsprechend (seinem) Plan Nr. 01 vom Oktober 1985, GZ 85/51, ist; auch alle anderen Begehren des Klägers (Unterlassungsbegehren gemäß Punkt 2., Rechnungslegungsbegehren gemäß Punkt 3. und Feststellungsbegehren gemäß Punkt 4.) beziehen sich ausdrücklich auf das in Punkt 1. genannte Werk.

Unter diesen Umständen bedarf es aber keiner Erörterung der Frage, ob der mehrfach genannte Plan die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Werkhöhe aufweist.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E25653

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB01018.91.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19910507_OGH0002_0040OB01018_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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