TE OGH 1991/5/7 4Ob34/91

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Veröffentlicht am 07.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark, Fachgruppe Gastronomie, Graz, Körblergasse 111-113, vertreten durch Dr.Bernhard Krump, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Maria P***** Gesellschaft mbH, 2. Georg P*****, Geschäftsführer, ***** beide vertreten durch Dr.Hans Lehofer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 100.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 15.Februar 1991, GZ 6 R 239/90-37, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 24.Juli 1990, GZ 9 C 500/89-24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Parteien wird, soweit sie diesen Revisionsrekurs betrifft, zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die erstbeklagte Gesellschaft m.b.H. ist seit 10.11.1988 im Handelsregister des Landesgerichtes für ZRS Graz eingetragen. Der Zweitbeklagte ist ihr Geschäftsführer; ihm gehören 99,6 % des Stammkapitals. Seit ihrer Entstehung verkauft die Erstbeklagte - wie es der Zweitbeklagte zuvor im eigenen Namen getan hatte - in Graz unter der Geschäftsbezeichnung "Pizzastadel" in fünf je etwa 10 m2großen Holzhütten jeweils zwischen 11.00 und 24.00 Uhr Pizzas und schenkt dazu alkoholfreie Getränke und Bier aus. Sie kündigt auf den an den Hütten angebrachten Speisetafeln verschiedene Pizzasorten zum Preis von je S 60 an. Die Pizzas werden an Ort und Stelle zubereitet und in eigenen Öfen gebacken; die Kunden können sie an der Schank in den Hütten verzehren oder mitnehmen. Die Erstbeklagte bietet auch die Hauszustellung von Pizzas an. Für diese gastgewerbliche Tätigkeit wirbt die Erstbeklagte mit Postwurfsendungen und mit Inseraten in verschiedenen Zeitungen.

Dem Ansuchen der Erstbeklagten auf Erteilung einer Konzession für das Gastgewerbe gemäß § 189 Abs 1 Z 2 bis 4 GewO in der Betriebsart Pizzastand an fünf im einzelnen aufgezählten Standorten in Graz gab der Bürgermeister der Stadt Graz mit Bescheid vom 16.8.1989 nicht Folge, weil der Zweitbeklagte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Erstbeklagten im Hinblick auf eine noch nicht getilgte Verurteilung wegen versuchten schweren Betruges durch das Landesgericht für Strafsachen Graz aus dem Jahre 1983 nicht die gemäß § 25 Abs 1 Z 1 und Abs 2 GewO sowie § 193 Abs 2 GewO geforderte Zuverlässigkeit aufweise und die Erstbeklagte entgegen § 9 Abs 1 GewO auch keinen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt habe. Dagegen erhob die Erstbeklagte Berufung; die Entscheidung des Landeshauptmannes der Steiermark als Behörde zweiter Instanz steht noch aus.

Trotz dieses ablehnenden Bescheides übt die Erstbeklagte ihre gastgewerbliche Tätigkeit auch weiterhin im bisherigen Umfang aus. Aus diesem Grund sowie deshalb, weil der Erstbeklagten auch die nach § 74 Abs 1 GewO erforderlichen Betriebsanlagegenehmigungen für die fünf Pizzastände fehlen, wurden über den Zweitbeklagten mit Straferkenntnissen vom 20.6., 23.6., 1.8., 12.10. und 17.10.1989 Geldstrafen von insgesamt S 890.000 verhängt. Die drei erstgenannten Straferkenntnisse wurden vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung als Gewerbebehörde zweiter Instanz unter Herabsetzung der darin ausgesprochenen Strafen bestätigt. Am 23.11.1989 meldete der Zweitbeklagte den Betrieb eines (damals neu eröffneten) Pizzastandes als freies Gewerbe an. Diese Gewerbeanmeldung wurde mit Bescheid vom 11.1.1990 gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen. Da der Zweitbeklagte trotz des Fehlens der erforderlichen Gastgewerbekonzession und der Betriebsanlagegenehmigungen seine gastgewerbliche Tätigkeit weiterhin ausübt, verhängte die zuständige Verwaltungsbehörde über ihn mit Straferkenntnissen vom 19.2.1990 Geldstrafen von insgesamt S 500.000.

Das Erstgericht trug mit Beschluß vom 11.1.1990, ON 5, der Erstbeklagten und mit Beschluß vom 15.5.1990, ON 13, dem Zweitbeklagten bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites einstweilen auf, das Ankündigen und Ausüben der Konzessionspflicht unterliegender gastgewerblicher Tätigkeiten, insbesondere das Verabreichen von Pizzas und den Ausschank von Getränken, vor der rechtskräftigen Erteilung einer Gastgewerbekonzession zu unterlassen. Das Rekursgericht bestätigte diese Beschlüsse (ON 14 und 21). Trotz dieser einstweiligen Verfügungen setzen die Beklagten ihre Gewerbeausübung fort.

Auf Grund der einstweiligen Verfügungen bewilligte das Erstgericht mit den Beschlüssen vom 10.4.1990, ON 11, und vom 27.6.1990, ON 18, Exekution gegen die Beklagten gemäß § 355 EO.

Mit der Behauptung, daß der Magistrat Graz als Gewerbebehörde infolge der fortgesetzt unbefugten und gesetzwidrigen Gewerbeausübung der Beklagten schon mehrmals gemäß § 360 GewO sämtlichen Betriebsstätten zwangsweise geschlossen habe, der Zweitbeklagte aber die von der Gewerbebehörde angebrachte Versiegelung entfernt und die unbefugte Gewerbeausübung fortgesetzt habe - weshalb er bereits dreimal wegen des Vergehens nach § 272 StGB verurteilt worden sei -, begehrt die klagende Fachgruppe zur Sicherung eines inhaltsgleichen (ergänzend geltend gemachten: ON 17) Beseitigungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, die ihnen für die Ausübung gastgewerblicher Tätigkeiten zur Verfügung stehenden Betriebsstätten zu schließen und bis zur Erlangung einer rechtskräftigen gastgewerblichen Konzession geschlossen zu halten.

Die Beklagten beantragen die Abweisung dieses Sicherungsantrages. Da schon eine einstweilige Verfügung in Rechtskraft erwachsen sei, liege res judicata vor. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei vertretbar. Durch ihr Verhalten erlangten die Beklagten keinen Wettbewerbsvorteil. Um eine Schließung der Betriebsstätten zu erzwingen, sehe das Gesetz andere Möglichkeiten vor. Die von der Klägerin begehrte Regelung sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Die Beklagten verschafften sich durch bewußte, sogar strafrechtlich zu ahndende Verstöße gegen gewerbebehördliche Maßnahmen nach § 360 GewO und gegen gerichtliche Entscheidungen einen Wettbewerbsvorsprung vor allen übrigen Gastwirten, die sich an die einschlägigen Rechtsvorschriften hielten. Da sich das widerrechtliche Verhalten der Beklagten nicht in einer vorübergehenden, abgeschlossenen Handlung erschöpfe, sondern einen Dauerzustand herbeigeführt habe, stehe der Klägerin nach § 15 UWG das Recht zu, die Beseitigung dieses gesetzwidrigen Zustandes zu fordern.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsreurs zulässig sei. Nicht die Tatsache, daß die Beklagten Pizzastadel offen hielten, sei wettbewerbswidrig, könnten sie doch dort auch solche Speisen und Getränke feilhalten, für welche keine Konzessionspflicht besteht. Wettbewerbswidrig sei das Verhalten der Beklagten erst dann, wenn sie, ohne eine entsprechende Konzession zu haben, solche Speisen und Getränke feilbieten, für die sie eine gastgewerbliche Konzession brauchten. Die Klägerin bezwecke mit ihrem Sicherungsantrag offenkundig nichts anderes als eine zusätzliche Sicherung der schon rechtskräftig erlassenen Verbote; hiedurch solle den Beklagten schon rein faktisch der künftige Verkauf der in Rede stehenden Lebens- und Genußmittel dadurch unmöglich gemacht werden, daß ihnen das räumliche Substrat - also die Verkaufshütten - entzogen werde. Zur Hintanhaltung künftiger Rechtsverletzungen sei aber der Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG nicht bestimmt; dazu diene ausschließlich der - hier ohnehin schon abgesicherte - Anspruch auf Unterlassung weiterer Störungshandlungen. Schon aus diesem Grund sei der Sicherungsantrag abzuweisen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten ist - soweit sie den hier zu behandelnden ordentlichen Revisionsrekurs betrifft - verspätet:

Der Revisionsrekurs wurde den Beklagten am 27.3.1991 zugestellt, die Revisionsrekursbeantwortung aber erst am 24.4.1991 - also nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 402 Abs 1, letzter Satz, EO - zur Post gegeben (§ 89 GOG). Sie mußte demnach zurückgewiesen werden.

II. Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Nach § 15 UWG umfaßt der Anspruch auf Unterlassung auch das Recht, die Beseitigung des den Vorschriften des Gesetzes widerstreitenden Zustandes vom Verpflichteten, soweit ihm die Verfügung hierüber zusteht, zu verlangen. Wie schon die Vorinstanzen richtig erkannt haben, dient der Beseitigungsanspruch anders als der Unterlassungsanspruch im engeren Sinn, welcher künftige Beeinträchtigungen verhindern soll, der Abwehr schon erfolgter, aber noch fortdauernder Störungen. Wer durch einen Gesetzesverstoß einen störenden Zustand geschaffen hat, stört weiter, solange dieser Zustand andauert; seine Verpflichtung zum Handeln folgt aus seinem vorangegangenen Verhalten. Hat sich das widerrechtliche Verhalten des Störers nicht in einer vorübergehenden, abgeschlossenen Handlung erschöpft, sondern einen Dauerzustand herbeigeführt, dann umfaßt somit der Anspruch auf Unterlassung auch das Recht, vom Verpflichteten die Beseitigung dieses gesetzwidrigen Zustandes zu fordern, soweit dem Störer die Verfügung hierüber zusteht (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 87; SZ 54/77 mwN). Diese Voraussetzungen liegen etwa dann vor, wenn ein Plakat mit einer wahrheitswidrigen Anpreisung zu sehen ist oder ein Unternehmenskennzeichen auf Geschäftstafeln oder -papieren udgl. mißbräuchlich verwendet wird (Hohenecker-Friedl aaO). In solchen Fällen kann neben der Unterlassung auch die Beseitigung der wettbewerbswidrigen Gegenstände (Schönherr, Grundriß Rz 545.1 und 547.4) - zB des Plakates, der Geschäftstafel udgl - verlangt werden (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 217 Rz 307 EinlUWG; ÖBl 1976, 107; ÖBl 1980, 97 und 159; ÖBl 1982, 24 und 69 mit Anmerkung von Schönherr).

Soweit die Beklagten trotz gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Verbote ihre Verkaufsstände weiterhin offen halten, um dort Pizzas und Getränke zu verkaufen, verstoßen sie laufend (ua) gegen die im vorliegenden Verfahren erlassenen einstweiligen Verfügungen. Sie haben damit aber keinen Dauerzustand geschaffen; vielmehr üben sie nur nach dem jeweiligen Aufschließen der - täglich zwischen 11.00 und 24.00 Uhr offen gehaltenen - Verkaufsstände immer von neuem die ihnen verbotenen gastgewerblichen Tätigkeiten aus. Das Offenhalten ist aber kein "Gegenstand", der beseitigt werden könnte, sondern eine Handlung, deren Unterlassung erzwungen werden kann. Da schon aus diesem Grund der geltend gemachte Beseitigungsanspruch zu verneinen ist, braucht nicht untersucht zu werden, ob das von der Klägerin angestrebte Verbot deshalb zu weit ginge, weil die Beklagten in den Verkaufsständen auch von der Konzessionspflicht ausgenommene Leistungen (§ 190 GewO) erbringen könnten. Auch darauf, ob die ohne Bewilligung errichteten Verkaufshütten selbst als das Ergebnis eines vergangenen wettbewerbswidrigen Verhaltens Gegenstand der Beseitigung nach § 15 UWG sein könnten, kommt es nicht an, weil der Sicherungsantrag nur auf das Schließen und Geschlossenhalten der Verkaufshütten, nicht aber auf deren Abbruch gerichtet ist. Daß sich die Beklagten über eine gewerbebehördliche Schließung nach § 360 GewO hinweggesetzt haben, kann den Beseitigungsanspruch der Klägerin ebensowenig begründen, dient doch das gerichtliche Sicherungsverfahren nicht dem Schutz verwaltungsbehördlicher Maßnahmen. Daß eine zur Erzwingung vertretbarer Leistungen geführte Exekution (§ 353 EO) allenfalls schneller zum Ziel führen kann als die Exekution nach § 355 EO, vermag auch nichts daran zu ändern, daß § 15 UWG keine Grundlage für das einstweilige Gebot sein kann, die einzelnen Verkaufsstände zu schließen und geschlossen zu halten.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E25659

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00034.91.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19910507_OGH0002_0040OB00034_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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