TE OGH 1991/5/8 9ObA91/91 (9ObA92/91)

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Veröffentlicht am 08.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes

Hon.Prof. Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Robert Renner und Franz Kulf in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei G***** GesmbH, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagten Parteien 1. C***** GesmbH & Co KG, 2. C***** GesmbH, ***** beide vertreten durch ***** und ***** Rechtsanwälte *****, wegen S 27.000,-- und S 88.740,-- je sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Jänner 1991, GZ 33 Ra 116/90-26, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. April 1990, GZ 14 Cga 4077/88-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 6.223,14 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.037,19 Ust.) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Beweisrüge der Klägerin zur Frage, ob die Beklagte als Drittschuldnerin ab März 1989 regelmäßige Überweisungen an die Klägerin vorgenommen hat, behandelt. Es hat auf Grund der vorliegenden Kontoauszüge angenommen, daß tatsächlich Überweisungen vorgenommen wurden.

Die Begründung der angefochtenen Entscheidung ist zutreffend, so daß es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend wird den Ausführungen der Revision folgendes entgegengehalten:

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung über die vorliegende Drittschuldnerklage hängt ausschließlich davon ab, ob das Zahlungsverbot an die Drittschuldnerin schon mit der Zustellung an die bei der Drittschuldnerin beschäftigte Verpflichtete am 14. Jänner 1987 als bewirkt anzusehen ist und daher seit damals als Lohnabzüge vorzunehmen waren. Das haben die Vorinstanzen zutreffend verneint:

Die Pfändung von Geldforderungen ist gemäß § 294 Abs 3 EO mit der Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Die Zustellung des Zahlungsverbotes ist nach den Vorschriften über die Zustellung von Klagen vorzunehmen (§ 294 Abs 2 ZPO), also zu eigenen Handen des Empfängers oder seines zur Übernahme von Klagen und anderen wie solche zuzustellenden Schriftstücken ermächtigten Vertreters (§ 106 ZPO). Derartige Sendungen dürfen nicht an einen Ersatzempfänger (§ 16 Abs 2 ZustG) zugestellt werden (§ 21 Abs 1 ZustG). Da die erstbeklagte Drittschuldnerin "keine natürliche Person" iS des § 13 Abs 3 ZustG ist, war das Drittverbot einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen. Wer das ist, richtet sich zunächst nach den die Organisation der "juristischen Person" regelnden Vorschriften (Walter-Mayer, Zustellrecht 80, RZ 1990/125). Die Drittschuldnerin ist zwar eine Kommanditgesellschaft, also (nach herrschender Meinung) eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit, doch sind von der Wendung "keine natürliche Person" iS des § 13 Abs 3 ZustG auch die sogenannten "Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit" umfaßt; sie werden also im Zustellrecht wie juristische Personen behandelt (Walter-Mayer aaO 79). Das Drittverbot durfte daher nur an die geschäftsführenden Gesellschafter (Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft) oder, was § 21 Abs 1 ZustG nicht ausschließt, an eine mit Postvollmacht (§ 150 PostG) ausgestattete Person zugestellt werden; eine solche Postvollmacht hatte die Verpflichtete, der das Zahlungsverbot in ihrer Eigenschaft als Angestellte der Drittschuldnerin für diese zugestellt wurde, nicht. Damit kann die Frage der Zustellung bei Interessenkollisionen, die das Zustellgesetz nur für den Spezialfall des § 13 Abs 4 ZustG regelt ("Die Behörde hat Angestellte des Parteienvertreters wegen ihres Interesses an der Sache durch einen Vermerk auf der Sendung und dem Rückschein von der Zustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden") auf sich beruhen. Eine solche Postvollmacht muß ausdrücklich - nicht etwa durch konkludentes Verhalten gegenüber dem Zusteller - erteilt werden (Walter-Mayer aaO 79). Die Gesetzmäßigkeit der Zustellung von Schriftstücken im behördlichen Verfahren richtet sich ausschließlich nach Prozeßrecht und nicht nach den für das wirksame Zugehen von materiellrechtlichen Erklärungen des Privatrechts geltenden Grundsätzen.

Eine Heilung der Zustellung dadurch, daß der Beklagten das Schriftstück tatsächlich zugekommen ist (§ 7 ZustG), wurde in erster Instanz nicht behauptet. Eine solche Heilung widerspricht auch der Feststellung der Vorinstanzen, daß die Dienstgeberin erstmals im März 1989 durch die Drittschuldnerklage von der Lohnpfändung Kenntnis erhalten hat (und seither Lohnabzüge vornimmt). Da die Kenntnis von der Lohnpfändung vor der Zustellung bedeutungslos ist (Heller-Berger-Stix 2130; Rsp 1933/122), kann auch die Frage, ob die von der Klägerin behaupteten Zahlungen in den Jahren 1987 und 1988 (ON 6 im verbundenen Akt) von der Erstbeklagten stammen und auf Grund der Gehaltsexekution der Klägerin bewirkt wurden oder ob es sich hiebei um Überweisungen der Verpflichteten handelt (- in den Lohnkontoauszügen der Erstbeklagten für die Jahre 1986 bis 1988 scheinen keine Abzüge für Exekutionen auf -) auf sich beruhen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25815

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00091.91.0508.000

Dokumentnummer

JJT_19910508_OGH0002_009OBA00091_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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