TE OGH 1991/5/15 2Ob514/91

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Veröffentlicht am 15.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner, Dr.Floßmann und Dr.Schinko als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rene R*****, infolge Revisionsrekurses des Amtes für Jugend und Familie 10. Bezirk, ***** gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 27.November 1990, GZ 5 R 357/90-97, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gänserndorf vom 17.Oktober 1990, GZ P 90/88-94, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag des Unterhaltssachwalters, den Vater des Kindes ab 1.7.1990 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.450,-- statt wie bisher von S 2.000,-- zu verpflichten, ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Beide Vorinstanzen gingen von folgendem Sachverhalt aus:

Das unterhaltsberechtigte Kind ist in Pflege der mütterlichen Großmutter. Der Vater bezieht ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. S 15.200,--, die Mutter ein solches von ca. S 13.300,--. Der Vater hat noch weitere Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder. Für die minderjährige Martina L***** bezahlt er monatlich S 2.500,--; die minderjährige Yvonne S***** befindet sich im Haushalt des Vaters.

Das Erstgericht und weiter ausführend das Rekursgericht waren rechtlich der Ansicht, daß der Vater im Hinblick darauf, daß sein Einkommen annähernd gleich hoch sei, wie jenes der Mutter, mit dem bisher bezahlten Unterhaltsbeitrag von monatlich S 2.000,-- einen angemessenen Unterhalt leiste. Da der monatliche Regelbedarf eines Dreizehnjährigen derzeit S 3.020,-- betrage, würde bei voller Ausschöpfung der "Prozentkomponente" gegenüber beiden Eltern die "Bedarfskomponente" wesentlich überschritten werden. Es wäre nicht im Sinne des § 140 ABGB, den Vater zu einer höheren als der bereits bestehenden Unterhaltsleistung heranzuziehen, solange der Unterhaltsanspruch nicht auch gegen die Mutter durchgesetzt wird. Es liege nicht im Belieben des Kindes, durch die Unterlassung einer Antragstellung gegenüber der Mutter zu bewirken, daß die Belastbarkeitskomponente beim Vater voll ausgeschöpft werde. Da zu dieser Frage oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle bzw solche der Rekursgerichte uneinheitlich sei, werde der Revisionsrekurs zugelassen.

In diesem vertritt der Unterhaltssachwalter des Kindes den Standpunkt, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes mit solchen anderer Gerichte im Widerspruch stünde, zitiert aber nur die Vorentscheidung 47 R 83/88 des Landesgerichtes für ZRS Wien. Daß nur gegen den Vater Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden, bedeute noch nicht, daß das Kind gegen den anderen Elternteil keine Ansprüche stelle. Die Bedürfnisse des Kindes würden im vorliegenden Fall für die Mutter durch die Großmutter befriedigt. Zu diesem Fragenkomplex fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Rechtliche Beurteilung

Für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist aber nach Art XLI Z 9 Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1989, BGBl 343 nicht maßgeblich, daß eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt, sondern, ob das Gericht zweiter Instanz von einer nicht mehr als drei Jahre zurückliegenden Rechtsprechung eines Gerichtes zweiter Instanz abweicht, die veröffentlicht oder vom Gericht zweiter Instanz oder vom Rechtsmittelwerber angeführt worden ist. Im vorliegenden Fall ist aber von der im wesentlichen einheitlichen, veröffentlichten Rechtsprechung der Rekursgerichte auszugehen, wonach auch dann, wenn sich das Kind in sogenannter "Drittpflege" befindet, beide Teile anteilig zur Zahlung einer Geldrente nach Maßgabe der im § 140 ABGB angeführten Lebensverhältnisse verpflichtet sind (EFSlg 42.735, 42.736, 55.964, 58.734). Gegenteilig könnte auch die vom Rekursgericht durch Verweis auf eine frühere Entscheidung erhobene Vorentscheidung EFSlg 53.184, die im übrigen schon mehr als drei Jahre zurückliegt, nicht verstanden werden, weil auch diese davon ausgeht, daß jeder Elternteil nach seinen Lebensverhältnissen zum Unterhalt des Kindes aufzukommen hat. Der Oberste Gerichtshof hat jedenfalls in EvBl 1980/163 und 1 Ob 530/84 darauf hingewiesen, daß die Ansicht, die Mutter leiste ihren Beitrag zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes schon allein dadurch, daß sie das Kind ausschließlich im Haushalt ihrer Mutter unterbringe, offenbar gesetzwidrig sei (vgl hiezu auch Pichler in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 140). Der Rechtsmittelwerber selbst verweist nur auf eine zum vorliegenden Erledigungsergebnis angeblich gegenteilige Vorentscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien, 47 R 83/88. Aber auch dieser Vorentscheidung läßt sich im Endeffekt nur entnehmen, daß beide Elternteile zur Alimentierung des bei der Großmutter befindlichen Kindes herangezogen wurden. Die anteilige Beitragsleistung der Eltern nach Kräften - ob in natura oder in Geld oder in einer beide Alimentationsvarianten berücksichtigenden Form - wird von keiner der genannten rekursgerichtlichen Vorentscheidungen in Frage gestellt.

Demnach liegt kein Fall einer echten Judikaturdivergenz im Sinne des oben zitierten Art XLI Z 9 Erweiterte Wertgrenzen-Novelle vor, weshalb der Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

Anmerkung

E26461

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00514.91.0515.000

Dokumentnummer

JJT_19910515_OGH0002_0020OB00514_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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