TE OGH 1991/5/15 1Ob546/91

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Veröffentlicht am 15.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Franz Maria W*****, und 2.) Franz Thomas W*****, vertreten durch Dr. Hilde D*****, Rechtsanwältin *****, wider die beklagte Partei Dkfm. Herwig U*****, vertreten durch Dr. Christian W*****, Rechtsanwalt *****, wegen Aufkündigung infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Jänner 1991, GZ 48 R 758/90-33, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 30. August 1990, GZ 3 C 2712/88-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.603,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 933,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hob die auf § 30 Abs 2 Z 8 MRG gestützte Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Diesen Ausspruch begründete es damit, die Umstände des vorliegenden Falls seien mit den der neueren Rechtsprechung zugrundeliegenden Sachverhalten "nur bedingt" vergleichbar.

Die von den Klägern dagegen erhobene Revision ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer dort näher bezeichneten Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Das ist im vorliegenden Fall aber zu verneinen: Das Gericht zweiter Instanz führte in Erledigung der Rechtsrüge in der Berufung der Kläger aus, die Rechtsprechung unterwerfe den dringenden Eigenbedarf trotz leichter Entspannung auf dem Wohnungsmarkt weiterhin strengen Anforderungen. Dringender Eigenbedarf sei deshalb zu verneinen, wenn das Wohnbedürfnis durch entsprechende Neuverteilung der dem Vermieter bereits zur Verfügung stehenden Räume befriedigt werden könne. Auf bloße Unbequemlichkeiten dürfe dabei nicht Rücksicht genommen werden. Auch wenn nicht mehr in kleinlicher Weise der Nachkriegsstandard zugrundezulegen sei, erweise sich eine Eigenbedarfskündigung nicht schon dann als berechtigt, wenn damit ein den gegenwärtigen Vorstellungen entsprechender Wohnungsstandard erreicht werden soll, sondern nur, wenn einem Notstand abgeholfen werden muß.

Mit diesen Ausführungen folgt das Gericht zweiter Instanz den von der Rechtsprechung bis in jüngste Zeit beachteten Grundsätzen zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes des "dringenden Eigenbedarfes" voll und ganz (MietSlg 39.465 f; 38.474 uva; zuletzt wieder 7 Ob 580/89 bzw MietSlg 40.468; 37.450; JBl 1985, 238 ua). In der Entscheidung vom 29. August 1990, 3 Ob 544/90 (= WoBl 1991, 17) sprach der Oberste Gerichtshof aus, es bestehe kein Anhaltspunkt für ein neues, geänderten Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt entsprechendes Verständnis des Gesetzgebers des Mietrechtsgesetzes zur Definition des "dringenden Eigenbedarfes" als unabweisliche Notwendigkeit für den Vermieter, den vorhandenen Zustand sobald wie möglich zu beseitigen, wobei dies nur durch Kündigung des bestehenden Mietverhältnisses möglich sei. Wohl sei diese Rechtsprechung im Schrifttum (Gimpel-Hinteregger, JBl 1988, 16 ff, und ihr folgend Würth-Zingher; Miet- und Wohnrecht19, § 30 MRG Rz 47) - auf das sich im übrigen auch die Kläger in der Revision berufen - in jüngster Zeit mit dem Argument kritisiert worden, daß sich die von der Rechtsprechung ins Treffen geführten Nachkriegsverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt entscheidend geändert hätten, doch übersehe die Kritik, daß schon die Rechtsprechung in der Zwischenkriegszeit den angegriffenen Standpunkt vertreten habe. Der in dieser Entscheidung vertretenen Auffassung pflichtet auch der erkennende Senat bei. Im übrigen kann es als allgemein bekannt gelten, daß auf dem Wohnungsmarkt - besonders in der Bundeshauptstadt - gerade in der letzten Zeit wieder angespannte Verhältnisse vorherrschen, zu deren Behebung die Verschärfung des Mieterschutzes nicht bloß in bezug auf die Zinsbildung, sondern auch in Ansehung der KÜndigungsbeschränkungen in der Öffentlichkeit selbst von Regierungsvertretern gefordert worden ist. Die Ausführungen der Kläger in der Revision sind - noch dazu bei einem Sachverhalt, demzufolge die Kläger im selben Haus über Wohnraum im Ausmaß von insgesamt rund 196 m2 verfügen, der zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses der beiden Kläger, der Enkel des Erstklägers, für die Eigenbedarf geltend gemacht wird, und deren Mutter zur Verfügung steht - nicht geeignet, den Obersten Gerichtshof zu einer Änderung dieser bisher völlig einheitlichen Rechtsprechung zu veranlassen. Ist aber an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, zeigt die Revision keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf, weil eine Mitwirkung des Obersten Gerichtshofes an der richtigen Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffes des "dringenden Eigenbedarfes" im Wege der Fallvergleichung im Hinblick auf die umfangreiche Rechtsprechung hiezu nicht erforderlich ist (WoBl 1988, 92).

Die Revision ist deshalb zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO; der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen.

Anmerkung

E25604

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00546.91.0515.000

Dokumentnummer

JJT_19910515_OGH0002_0010OB00546_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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