TE OGH 1991/5/22 3Ob73/91

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Veröffentlicht am 22.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei E. S***** B.V., ***** Niederlande, vertreten durch Dr. Erhard Hanslik, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Joh. W***** & Co Gesellschaft m.b.H. KG, ***** vertreten durch Dr. Egon Jaufer, Rechtsanwalt in Graz, wegen US-Dollar 143.190 (S 1,589.409) sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 25. Feber 1991, GZ 3 R 41/91-6, womit der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Oktober 1990, GZ 22 Nc 687/90-1, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In dem auf einem "Offiziellen Vertragsformular" für Häute und Bälge ausgefertigten Kaufvertrag vom 27. Oktober 1989 ist eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden, wonach sich die Vertragsparteien verpflichteten, jeden sich aus diesem Kontrakt ergebenden Streit einem schiedsrichterlichen Verfahren am Schiedsgerichtsort Rotterdam zu unterwerfen. Der Vertrag weist für die verpflichtete Partei als Verkäuferin die Stampiglie mit der Firma und der Anschrift der Gesellschaft und eine schwer lesbare Unterschrift und für die betreibende Partei als Käuferin deren Firma und Sitz in Schreibmaschinenschrift sowie eine unleserliche Unterfertigung auf.

Mit dem Schiedsspruch des Schiedsgerichtes nach der Schiedsordnung der Niederländischen Fell- und Lederbörsenvereinigung in Rotterdam vom 13. September 1990 wurde der Verkäuferin die Zahlung von US-Dollar 143.190 und der Kosten von Hfl 6.681,28 an die Käuferin aufgetragen.

Das Erstgericht bewilligte auf Antrag der betreibenden Partei auf Grund der Urkunden (Vertrag mit Schiedsklausel und Schiedsspruch mit beglaubigten Übersetzungen) zur Hereinbringung der vollstreckbaren Geldforderungen die Fahrnisexekution.

Das Rekursgericht bestätigte und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die gegen das Neuerungsverbot verstoßenden Einwendungen der verpflichteten Partei könnten nur auf Grund ihres Widerspruches gegen die Exekutionsbewilligung, nicht aber im Rekursverfahren behandelt werden. Die betreibende Partei habe den Anforderungen des internationalen Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche BGBl. 1961/200 entsprochen und mit ihrem Antrag den Schiedsvertrag und den Schiedsspruch je mit einer beglaubigten Übersetzung in die deutsche Sprache vorgelegt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen habe die verpflichtete Partei nicht bezweifelt. Ob der Schiedsvertrag rechtsgültig zustande gekommen sei oder sonst Versagungsgründe gegeben seien, könne nur im Widerspruchsverfahren geprüft werden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zu der allein an den Obersten Gerichtshof herangetragenen Rechtsfrage, ob das zur Entscheidung über den Exekutionsantrag zuständige Gericht zu prüfen habe, ob der Vertrag mit der Schiedsklausel "von den Parteien unterzeichnet" ist (Art. II Abs. 2 des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.Juni 1958, BGBl. 1961/200, = New Yorker oder UN-Übereinkommen), also festzustellen habe, ob die Zeichnung durch Personen mit Vertretungsmacht für die Vertragsteile erfolgte, wurde bisher vom Obersten Gerichtshof nicht Stellung bezogen. Diese von der verpflichteten Partei aufgeworfene Frage ist von erheblicher Bedeutung iSd nach § 78 EO maßgeblichen § 528 Abs. 1 ZPO.

Sie ist jedoch dahin zu beantworten, daß eine Überprüfung der Vertretungsmacht dann, wenn die im Original oder in beglaubigter Abschrift vorgelegten Urkunden an sich unbedenklich sind und der Vertrag mit der Schiedsklausel derart unterzeichnet ist, daß es der Unterfertigung durch die Vertragsteile iSd Art. II Abs. 2 des New Yorker Übereinkommens entspricht, nicht stattzufinden hat. Es bleibt der verpflichteten Partei überlassen, den Mangel der Vertretungsmacht als Versagungsgrund iSd Art. V Abs. 1 lit. a des New Yorker Übereinkommens mittels Widerspruches gegen die Exekutionsbewilligung geltend zu machen und nachzuweisen, daß die schriftliche Vereinbarung über die Schiedsklausel ungültig ist. Nur dann, wenn im Exekutionsantrag und den erforderlichen Beweisurkunden der Nachweis für das Vorliegen eines gültigen Schiedsvertrages fehlt, führt dies zur Abweisung des Antrages (EvBl. 1974/168). Der Verpflichtete ist auf das Widerspruchsverfahren angewiesen, wenn seine Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung auf im Rekursverfahren unzulässigen Neuerungen beruhen würden (SZ 51/18; JBl 1990, 385 ua). Nach dem hier maßgebenden New Yorker Übereinkommen sind die Formerfordernisse des gültigen Schiedsvertrages im Art II erschöpfend geregelt (Neunteufel, ÖJZ 1963, 7). Der gültige Vertrag erfordert Schriftform, die nicht nur durch eine Vertragsurkunde, sondern auch durch Briefe und selbst Telegramme erfüllt wird. Von Amts wegen darf die Vollstreckung nur versagt werden, wenn die Vorlage der Urkunden endgültig unterblieben ist oder der Gegenstand des Streits nach dem Recht des Vollstreckungsstaates nicht auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann oder die Vollstreckung der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widersprechen würde (Art V Abs 2 des New Yorker Übereinkommens). Versagungsgründe hingegen können nur auf Antrag der verpflichteten Partei, die den Nachweis dafür zu erbringen hat, berücksichtigt werden (Neunteufel aaO 8). Eine Vorschrift, wonach der betreibende Gläubiger nicht nur die Schiedsklausel urkundlich nachzuweisen hat, sondern auch die Zeichnungsberechtigung der Personen, die für die Vertragsparteien auftraten, besteht nicht. Den der Exekutionsbewilligung zugrunde liegenden Urkunden ist auch nicht zu entnehmen, daß der Kaufvertrag nicht von einer für die Verkäuferin (= verpflichtete Partei) zeichnungsberechtigten Person unterzeichnet wurde. Mit ihrer Behauptung, dies sei der Fall, weil die Unterschrift nicht von der einzigen Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft m. b.H. der verpflichteten Kommanditgesellschaft stamme, stellt sich die Revisionsrekurswerberin nicht nur in Gegensatz zu ihrer zufolge des Schiedsspruches erklärten Zurücknahme der Bestreitung der Gültigkeit des Vertrages (vgl. auch EvBl. 1962/401, wonach im Bereich des Genfer Abkommens BGBl. 1930/343 der Verpflichtete nur im Wege des Widerspruches das vom Schiedsgericht festgestellte Bestehen des Schiedsvertrages bestreiten konnte), sondern trägt eine im Rekursverfahren unzulässige Neuerung vor.

Ihre Ansicht, das angerufene Erstgericht habe durch Einsicht in das Firmenbuch die Vertretungsmacht zu prüfen, verkennt, daß eine Personenhandelsgesellschaft nicht ausschließlich durch den oder die persönlich haftenden Gesellschafter oder den/die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft mit beschränkter Haftung verbindlich zeichnen kann, sondern daß nach Vollmachtsrecht auch andere Personen - auf Grund Handlungsvollmacht - für die Kommanditgesellschaft handeln können. Überdies werden die zur Vertretung der Gesellschaft m. b.H. berufenen (§ 18 Abs. 1 GmbHG) Geschäftsführer durch Beschluß der Gesellschafter bestellt (§ 15 Abs. 1 GmbHG) und abberufen (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Die jeweiligen Geschäftsführer und das Erlöschen oder die Änderung ihrer Vertretungsbefugnis sind zwar ohne Verzug zum Handelsregister/Firmenbuch anzumelden (§ 17 Abs. 1 GmbHG), doch wirkt die Eintragung nur rechtsbekundend (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3, 409; SZ 40/132; EvBl. 1979/202). Durch Erhebung des Eintragungsstandes ließe sich daher die Vertretungsmacht einer bestimmten, für die verpflichtete Partei zeichnenden Person in keinem Fall ausschließen. Da das Übereinkommen den Nachweis der Vertretungsmacht nicht verlangt und es überdies für die betreibende Partei aus den erwähnten Gründen gar nicht möglich wäre, die Vertretungsmacht urkundlich nachzuweisen, haben die Vorinstanzen zu Recht angenommen, daß eine Nachprüfung der Zeichnungsberechtigung bei Unbedenklichkeit der Urkunden, die von der Rechtsmittelwerberin selbst nicht bezweifelt wird, vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag unterbleibt. Ihren Einwand, der Vertrag mit der Schiedsklausel sei von ihr nicht unterfertigt worden, weil der Person, die ihre Unterschrift der Geschäftsstampiglie der verpflichteten Partei beigesetzt hat, die Vertretungsbefugnis fehlte, hat die verpflichtete Partei daher mit ihrem Widerspruch geltend zu machen.

Die Kosten des Revisionsrekurses hat die verpflichtete Partei nach § 78 EO und den §§ 40 und 50 ZPO selbst zu tragen.

Anmerkung

E26557

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00073.91.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19910522_OGH0002_0030OB00073_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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