Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erwin D*****, vertreten durch Dr.Heinz Wechsler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei protokollierte Firma G*****, vertreten durch Dr.Ingo Ubl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 287.766 S sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. November 1990, GZ 5 R 190/90-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13.Juli 1990, GZ 35 Cg 630/87-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 12.247,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.041,20 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei betreibt in Wien eine Kfz-Reparaturwerkstätte und Autolackiererei. Auf dem Betriebsgelände steht eine Reparaturhalle und anschließend an sie ist ein Abstellplatz, der auf der einen Seite durch die Halle und auf den drei anderen Seiten durch einen etwa zwei Meter hohen Maschendrahtzaun abgeschlossen ist.
Am 15.4.1986 übergab der Kläger der beklagten Partei sein Wohnmobil zur Reparatur und stellte es auf dem Abstellplatz ab. Es war ihm bewußt, daß das Fahrzeug auf diesem Abstellplatz aufbewahrt werde. Eine besondere Verwahrung seines Kraftfahrzeuges in der Reparaturhalle verlangte der Kläger nicht und er erkundigte sich auch nicht über einen allfälligen Versicherungsschutz.
In der Nacht vom 15. auf den 16.4.1986 drangen unbekannte Täter in den versperrten Abstellplatz ein und legten dort unter anderem am Wohnmobil des Klägers einen Brand, wodurch dieses zerstört wurde.
Die beklagte Partei hatte den Abstellplatz gegen 23.30 Uhr zuletzt kontrolliert. Das Wohnmobil des Klägers hatte die beklagte Partei versperrt, ebenso die Eingangstüre zum Abstellplatz. Während der Nacht gab es auf dem Betriebsgelände weder eine Aufsichtsperson noch einen Wachhund.
Die beklagte Partei hatte eine Feuerversicherung abgeschlossen, welche einen Teil des vom Kläger behaupteten Schadens deckte.
Die klagende Partei begehrte auf Grund dieses im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Sachverhaltes den Ersatz ihres durch die Feuerversicherung der beklagten Partei nicht gedeckten Teiles ihres Schadens von 287.766 S, weil die beklagte Partei infolge mangelhafter Verwahrung und wegen Unterversicherung ein Verschulden treffe.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verwies vor allem darauf, daß der beklagten Partei keine Verletzung ihrer Obsorgepflichten angelastet werden könne.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision "nicht zugelassen werde".
Das Berufungsgericht billigte die Ausführungen des Erstgerichtes zum Umfang der Verwahrungspflicht. Weitere Sicherungsmaßnahmen würden zu einer Überspannung der Sorgfaltspflicht führen. Eine Verpflichtung zum Abschluß einer ausreichenden Feuerversicherung habe die beklagte Partei nicht getroffen.
Die Revision der klagenden Partei ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil zur Frage der Versicherungspflicht zwar die teilweise vergleichbaren Entscheidungen JBl 1961, 357 und 6 Ob 561/76 für Garagenunternehmer vorliegen, in diesen beiden Fällen aber jeweils durch einen Anschlag darauf hingewiesen worden war, daß für die abgestellten Fahrzeuge keine Versicherung abgeschlossen werde.
Rechtliche Beurteilung
Die somit zulässige Revision ist aber nicht berechtigt. Auch ohne einen solchen Hinweis auf eine fehlende Versicherung muß nämlich die Versicherungspflicht für den Inhaber einer Kfz-Werkstätte verneint werden.
Grundsätzlich ist ein Werkstätteninhaber außerhalb einer vertraglich übernommenen Verpflichtung nicht gehalten, seinen Kunden einen vollen Sachversicherungsschutz zu verschaffen. In diesem Zusammenhang kann auf die Bestimmung des § 390 Abs 2 HGB betreffend den Kommissionär verwiesen werden, die gemäß § 417 Abs 1 HGB auch für den Lagerhalter gilt und nach der eine Versicherungspflicht nur bei entsprechender Anweisung durch den Auftraggeber besteht. Zur Versicherung des ihm in Verwahrung gegebenen Gutes ist der Kaufmann von Gesetzes wegen auch sonst nicht verpflichtet, sondern eine solche Verpflichtung kann sich gemäß § 347 HGB höchstens aus einem bestehenden Handelsbrauch ergeben (Kramer in Straube, HGB, Rz 20 zu § 347). Entgegen den Ausführungen der Revision vertritt auch Gschnitzer in Klang2, IV/1, 642 f keine andere Position. Er verweist aaO 649 vielmehr darauf, daß eine Pflicht zur Versicherung ohne ausdrückliche Vereinbarung nur nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles, aber nicht allgemein angenommen werden kann.
Nur im Falle einer besonderen Gefahrenerhöhung wird eine Verpflichtung zum Abschluß einer Versicherung angenommen. So muß der Dienstgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht den Gefahren für seinen beim Benzintransport in einem Tankwagen als Kraftfahrzeuglenker eingesetzten Dienstnehmer durch Abschluß einer erhöhten Haftpflichtversicherung begegnen (SZ 39/25) oder eine Kaskoversicherung abschließen, wenn der Dienstnehmer infolge besonders gefahrenträchtiger Transporte der erhöhten Gefahr ausgesetzt ist, im Falle einer Fahrlässigkeit mit großen Schadenersatzforderungen seines Dienstgebers oder Dritter konfrontiert zu werden (Arb 8.522, 8.728). In der deutschen Rechtsprechung wird der Abschluß einer Kaskoversicherung für Probefahrten durch einen Kraftfahrzeughändler oder einer Versicherung gegen Einbruch für die einem Juwelier zur Bearbeitung anvertrauten Wertgegenstände gefordert (Judikaturbeispiele bei Palandt, BGB50, Rz 36 zu § 242). Auch für die in einem Parkhaus entstehenden erhöhten Gefahren wird verschiedentlich die Verschaffung eines angemessenen Sachversicherungsschutzes als Nebenpflicht des Parkhausbetreibers empfohlen (Hüffer in Münchener Kommentar2, Rz 55 zu § 688 BGB; vgl aber denselben aaO Rz 14 mit dem Hinweis, daß der Verwahrungsvertrag grundsätzlich nicht zur Versicherung der hinterlegten Sache verpflichte).
Mit diesen Fallbeispielen kann man den vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichen. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Gefahr einer Sachbeschädigung durch das Abstellen eines Wohnmobils auf dem Abstellplatz einer Kfz-Werkstätte besonders erhöht würde. Die klagende Partei hat weder eine Vereinbarung noch einen Handelsbrauch über eine Versicherungspflicht des Kraftfahrzeugwerkstättenbetreibers behauptet noch Umstände vorgetragen, die ausnahmsweise wegen einer besonderen Gefahrenlage auch ohne Vereinbarung den Abschluß einer solchen Versicherung nahegelegt hätten.
Der Abschluß einer Feuerversicherung durch die beklagte Partei war somit deren freie Entscheidung, sodaß es nicht auf das Maß der gewählten Versicherungssumme ankommen kann.
Im übrigen hat das Berufungsgericht den Umfang der Sorgfalt, die der beklagten Partei im Rahmen der mit dem Werkvertrag übernommenen Nebenpflicht der Verwahrung eines dann durch Brandstiftung unbekannter Täter beschädigten Kraftfahrzeuges oblag, im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beurteilt. In der Entscheidung 2 Ob 540/84 wurde das Abstellen auf einem Werksgelände, das durch einen etwa zwei Meter hohen Zaun und versperrte Tore gesichert ist, als ausreichende Verwahrung bezeichnet (vgl ähnlich JBl 1961, 357 für einen strenger haftenden Garagenbesitzer, der einen Wachhund hielt). Die in der Revision zitierten Entscheidungen sind nicht gegenteilig. In 3 Ob 594/83 = SZ 56/143 ging es um einen während der Arbeitspausen nicht abgezogenen Fahrzeugschlüssen, in 7 Ob 215/73 = JBl 1974, 624 handelte es sich um einen frei zugänglichen und ungesicherten Abstellplatz.
Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Haftung für die Art der Verwahrung eines abgestellten Kraftfahrzeuges jedenfalls dann zu verneinen ist, wenn dem Auftraggeber die Abstellungsart bekannt ist und er dagegen nicht Einspruch erhebt (ZVR 1964/155, 5 Ob 124/74, 3 Ob 221/75).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40 und 51 ZPO.
Anmerkung
E26511European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00537.91.0522.000Dokumentnummer
JJT_19910522_OGH0002_0030OB00537_9100000_000