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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Flächenwidmungsplanänderung betreffend Umwidmung von Grundstücken in Grünland - Sondernutzung Fahrtechnikzentrum mangels (unmittelbaren) Eingriffs in die Rechtssphäre der antragstellenden NachbarnSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit ihren auf Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten Anträgen begehren die Antragsteller die Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Marchtrenk vom 27. März 2001, Flächenwidmungsplanänderung Nr. 4.20 "ÖAMTC", zur Gänze wegen Gesetzwidrigkeit.
2.1. Die Antragsteller in dem zu V86/01 protokollierten Verfahren sind (wie sie in ihrem Antrag ausführen) je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft Holunderstraße 3 in 4614 Marchtrenk, auf welcher Liegenschaft ein Einfamilienhaus mit Garten errichtet sei, das etwa 100 - 150 m von den von der Flächenwidmungsplanänderung betroffenen, für ein Fahrtechnikzentrum bestimmten Grundflächen entfernt sei.
2.2. Die Antragsteller in dem zu V87/01 protokollierten Verfahren sind (wie sie in ihrem Antrag ausführen) je zur Hälfte Eigentümer der Landwirtschaft Berngut in Unterneufahrn 7 in 4614 Marchtrenk, ihre Grundstücke liegen innerhalb einer Entfernung von 50 m von den von der Flächenwidmungsänderung betroffenen Grundstücken.
2.3. Der Antragsteller in dem zu V88/01 protokollierten Verfahren ist (wie er in seinem Antrag ausführt) Miteigentümer der Grundstücke Nr. 2250, 2249/2 und 2239 je der KG Marchtrenk, diese Grundstücke grenzten unmittelbar an die von der Flächenwidmungsänderung berührten Grundstücke an.
3. Zur Antragslegitimation führen die Antragsteller unter anderem aus, die vorliegende Verordnung greife in ihre rechtlich geschützten Interessen ein, weil nach §36 Abs2 Z3 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 Voraussetzung dafür, daß Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne geändert werden könnten, auch sei, daß Interessen Dritter nicht verletzt würden, wobei die Interessen Dritter wohl jedenfalls in der Gewährleistung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechtes an Grund und Boden bestünden.
Der Eingriff erfolge auch unmittelbar, weil durch die Umwidmung der durch die Flächenwidmungsplanänderung betroffenen Grundstücke in Grünland - Sondernutzung Fahrtechnikzentrum diese bereits auf Grund der rechtswirksamen Widmung ohne weitere baubewilligungspflichtige Maßnahmen als Teststrecke für Kraftfahrzeuge genutzt werden könnten. Im vorliegenden Fall sei - anders als in der durchgehenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - am Nachbargrundstück keine Baulandwidmung vorgesehen, sondern eine auf das Projekt zugeschnittene Grünlandwidmung, sodaß das Fahrtechnikzentrum im wesentlichen sofort errichtet werden könne.
Den Antragstellern stehe auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die durch die Rechtswidrigkeit der Norm bewirkte Rechtsverletzung an den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung heranzutragen.
II. Die Anträge sind unzulässig.
1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).
2. Zum auf den von der Umwidmung betroffenen Grundstücken geplanten Projekt eines Fahrtechnikzentrums wird von den Antragstellern ausgeführt, daß neben verschiedenen Pisten
"auch verschiedene Betriebsgebäude errichtet werden (sollen) und zwar Garagen, Büros, Seminarräume, Lagerräume und ein Restaurant. Weiter soll eine Flutlichtanlage errichtet werden".
Aus dem Vorbringen der Antragsteller ergibt sich ferner, daß beim geplanten Projekt eines Fahrtechnikzentrums weiters die Befestigung von 54.173,54 m² Grundfläche vorgesehen ist, was 45,62 % der gesamten Grundflächen entspricht.
3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird durch einen für ein Nachbargrundstück geltenden Flächenwidmungsplan (Flächenwidmungsplanänderung) zwar in die Rechtssphäre des Nachbarn eingegriffen, wenn und weil - nach Maßgabe der in Betracht kommenden Bauvorschriften - Bauführungen auf benachbarten Grundstücken auf Grund des neuen Flächenwidmungsplans anders oder in größerem Umfang als auf Grund der früheren Rechtslage möglich sind. Zu einem unmittelbaren Eingriff in dessen Rechtssphäre kommt es erst durch die Erteilung einer Baubewilligung, nicht jedoch bereits durch eine solche Verordnung (vgl. VfSlg. 10.225/1984, 10.475/1985, 10.493/1985, 11.179/1986, 11.529/1987, 12.278/1990, 13.219/1992, 15.781/2000).
Die Antragsteller befinden sich mit ihrer Rechtsansicht zumindest teilweise im Irrtum, daß "durch die Umwidmung der durch die Flächenwidmungsplanänderung betroffenen Grundstücke in Grünland - Sondernutzung Fahrtechnikzentrum diese bereits auf Grund der rechtswirksamen Widmung ohne weitere baubewilligungspflichtige Maßnahmen als Teststrecke für Kraftfahrzeuge genutzt werden können". Vielmehr zeigen die im Projekt für das Fahrtechnikzentrum - wie von den Antragstellern selbst ausgeführt - vorgesehenen umfassenden baulichen Maßnahmen, daß zur Verwirklichung des geplanten Vorhabens ganz offensichtlich die Erteilung von Baubewilligungen erforderlich ist. Dabei ist es für die Frage des Vorliegens einer baubehördlichen Bewilligungspflicht irrelevant, ob diese baulichen Maßnahmen im Bauland oder im Grünland errichtet werden sollen.
Geht man davon aus, daß den Antragstellern in derartigen Baubewilligungsverfahren überhaupt die Rechtsstellung von Nachbarn zukäme und somit die angefochtene Verordnung im Sinne der zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes überhaupt in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreift, so liegt nach der dargelegten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes kein von der angefochtenen Verordnung ausgehender unmittelbarer Eingriff vor, weil dieser erst durch den Baubewilligungsbescheid bewirkt wird.
Soweit aber Teile des geplanten Fahrtechnikzentrums ohne jedwede behördliche Bewilligung betrieben werden sollen - wovon die Antragsteller ausgehen -, erfolgt diese Nutzung ausschließlich auf Grund und im Rahmen des Eigentumsrechts an den betroffenen Liegenschaften, sodaß diesbezüglich der Schutz der Nachbarn vor Immissionen dem privaten Nachbarrecht vorbehalten ist. Die Flächenwidmung auf Grund der Änderung durch die Verordnung vom 27. März 2001 greift sohin insoweit auch nicht in die Rechtssphäre der Nachbarn ein.
4. Den Antragstellern mangelt es daher an der Legitimation zur Antragstellung. Ihre Anträge sind sohin als unzulässig zurückzuweisen.
5. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Nachbarrechte, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V86.2001Dokumentnummer
JFT_09988873_01V00086_00