TE OGH 1991/5/28 5Ob1027/91 (5Ob1028/91)

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Veröffentlicht am 28.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dipl.Ing.Ernest R. H*****, vertreten durch Dr. Alexander Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Fa. Hans B*****, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 26 Abs 1 Z 4 lit. a WEG infolge außerordentlichen Rekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30. Jänner 1991, GZ 48 R 114/89-13, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Rekurs des Antragstellers wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 und Z 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Gemäß § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 528 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen einen Beschluß des Rekursgerichtes nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Hat das Rekursgericht das Vorliegen einer solchen Rechtsfrage verneint und deshalb die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses ausgesprochen, sind im außerordentlichen Rechtsmittel gesondert die Gründe anzugeben, warum dennoch die Revision für zulässig erachtet wird (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 und §§ 528 Abs 3, 506 Abs 1 Z 5 ZPO). Fehlen derartige Angaben und lassen auch die Rechtsmittelgründe keine iS des § 528 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage erkennen, ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 526 Abs 2 ZPO).

Im gegenständlichen Fall entspricht die für die Zulässigkeit des außerordentlichen Revisionsrekurses angeführte Begründung, es lägen "wesentliche Verfahrensmängel" vor, nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder neue Rechtsfragen noch Widersprüche zur vorhandenen Judikatur aufgezeigt werden (vgl. 6 Ob 810/83; 7 Ob 44/87 uva); es läßt sich aber auch den konkret ausgeführten Beschwerdegründen keine Rechtsfrage entnehmen, der - etwa unter dem Gesichtspunkt eines besonders schwerwiegenden Verfahrensmangels - erhebliche Bedeutung für die Rechtssicherheit zukäme.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs läge nur dann vor, wenn dem Antragsteller iS des § 477 Abs 1 Z 4 und 5 ZPO die Möglichkeit entzogen worden wäre, seinen Rechtsstandpunkt darzulegen, ein Tatsachenvorbringen zu erstatten, Beweise anzubieten oder zum gegnerischen Vorbringen Stellung zu nehmen. Die Form dieser Verfahrensbeteiligung richtet sich dabei nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften, die mündliches oder schriftliches Vorbringen vorsehen können (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 696 und 702). Im gegenständlichen Fall standen dem Antragsteller gemäß § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 10 MRG beide Möglichkeiten zur Verfügung, und die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung hat er ja auch genützt (ON 7). Daß er zu irgendeiner gerichtlichen Verhandlung nicht geladen worden wäre, behauptet er selbst nicht. Es stellt auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, daß ihm die Vorinstanzen im Rahmen der Beweiswürdigung gemäß § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 12 MRG und § 381 ZPO anlasteten, der Verhandlung vom 16. Dezember 1988 unentschuldigt ferngeblieben zu sein, obwohl er seine Verhinderung schriftlich angekündigt hatte (ON 7). Das hier angesprochene Problem beschränkt sich nämlich auf vermeintliche Verfahrensfehler oder Fehler der Beweiswürdigung, die im Rekurs hätten geltend gemacht werden können (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 17 lit. f MRG). Auch eine solche Möglichkeit sichert das rechtliche Gehör (vgl. EFSlg 16.707 ua, zuletzt 8 Ob 1591/90 und 5 Ob 1524/91).

Soweit der Antragsteller die vermeintliche Übergehung seines schriftliches Vorbringens in ON 7 unter dem Gesichtspunkt rügt, damit sei eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der strittigen Angelegenheit verhindert worden, macht er einen Stoffsammlungsmangel iS des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO geltend, der - nach seiner Argumentation - bereits dem erstinstanzlichen Verfahren anhaften würde. Derartige Mängel können vom Obersten Gerichtshof grundsätzlich nicht mehr aufgegriffen werden, wenn sie im Rechtsmittel an die zweite Instanz ungerügt blieben (vgl. E 25 zu § 503 ZPO, MGA14). Dieser Grundsatz findet zwar dann keine Anwendung, wenn das Gericht verpflichtet ist, alle für seine Entscheidung maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln (vgl E 30 zu § 503 ZPO aaO), doch trifft dies auf das außerstreitige Verfahren gemäß § 26 WEG und § 37 MRG nicht zu. Die Rechtsmittelgerichte haben Verfahrensmängel nur dann von Amts wegen wahrzunehmen, wenn die Erforschung der materiellen Wahrheit absoluten Vorrang gegenüber prozeßökonomischen Prinzipien genießt und das Verfahren jeglicher Parteiendisposition entzogen ist, um materiell unrichtige Entscheidungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Darum wird etwa in Sozialrechtssachen mit dem Hinweis auf die verfahrensrechtlich bindende Wirkung eines Geständnisses und das geltende Neuerungsverbot daran festgehalten, daß Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens in der Revision an den Obersten Gerichtshof nicht mehr geltend gemacht werden können, wenn sie bereits das Berufungsgericht verneint hat (SSV-NF 3/115; siehe auch SSV-NF 3/7 und 18). Für das außerstreitige Verfahren in Angelegenheiten des Mietrechts und Wohnungseigentums gilt dasselbe, da kraft ausdrücklicher Anordnung in § 37 Abs 3 Z 12 MRG die Vorschriften über zugestandene Tatsachen anzuwenden sind und auch keine Ausnahme vom Neuerungsverbot besteht (MietSlg 35.438; vgl. auch ImmZ 1988, 312; WoBL 1989, 96).

Im gegenständlichen Fall hat der Antragsteller in seinem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluß (ON 10) lediglich die unzulängliche Aufgliederung der Erträgnisse (Einnahmen) beanstandet, die jeweils fristgerechte Zusendung der Abrechnungen an alle Miteigentümer verlangt (offensichtlich hält er diesen Beschwerdepunkt aufrecht, obwohl er die Abrechnungen zugegebenermaßen in diesem Verfahren erhalten hat) und im übrigen nur noch Argumente gegen die Glaubwürdigkeit der vom Erstgericht vernommenen Personen vorgebracht. Der jetzt geltend gemachte Verfahrensmangel war also kein Beschwerdegegenstand, sodaß für eine Verfahrensergänzung durch das Rekursgericht kein Anlaß bestand. Eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens scheidet damit aus; die Wahrnehmung des dem Erstgericht angelasteten Verfahrensmangels ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt.

Zu seiner Rechtsrüge bemerkt der Antragsteller selbst, daß das Rekursgericht die angeblichen Mängel der Jahresabrechnungen "bei vollständiger Würdigung seines Vorbringens" hätte erkennen müssen, daß also die aus seiner Sicht verfehlte rechtliche Beurteilung eine zwangsläufige Folge der unzulänglichen Tatsachenfeststellungen war. Damit erledigt sich ein Teil seiner Rechtsausführungen als unbeachtlich, weil die vermeintlichen Feststellungsmängel nicht auf eine unrichtige Rechtsansicht des Rekursgerichtes, sondern auf die Unterlassung einer entsprechenden Mängelrüge zurückzuführen sind. Zu prüfen ist allein, ob sich die behaupteten Abrechnungsmängel aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben.

Als unzutreffend, weil die getroffenen Feststellungen anderes aussagen, erweist sich dabei die Behauptung des Antragstellers, er habe kein Exemplar der Gesamtabrechnungen erhalten. Insoweit sei auf Seite 2 unten der Ausfertigung des erstinstanzlichen Beschlusses ON 9 und darauf verwiesen, daß noch im Rekurs ON 10 die Aushändigung der Abrechnungen im Zuge dieses Verfahrens zugestanden wurde (AS 37). Damit war das betreffende Begehren des Antragstellers erfüllt (vgl MietSlg 37/49; WoBl 1989/51).

Ob die Verwaltung durch die Antragsgegnerin den Anforderungen der Wirtschaftlichkeit entsprach - der konkrete Vorwurf betrifft Wartungsarbeiten an einem Aufzug kurz nach dessen Reparatur - war in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Die Abrechnung des Verwalters soll nämlich nur die Grundlagen für eine zielführende Kontrolle der Verwaltertätigkeit schaffen (vgl MietSlg 37/49; SZ 59/169; ImmZ 1989, 433 ua). Dabei bilden Abrechnung und Belegsammlung eine Einheit. Was in Belegen nachgelesen und bei ausreichender Querverbindung zur Abrechnung auch ohne Schwierigkeit aufgefunden werden kann, muß nicht in der Abrechnung stehen, weil eine Überfrachtung der Abrechnung mit Informationen die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit beeinträchtigen würde (vgl Call-Hauswirth, Die Jahresabrechnung in WE-Anlagen, WoBl 1990, 63 f). Darum ist nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin - wie sich aus Beilage 1 ergibt - die laufenden Einnahmen mit dem Datum der jeweiligen Vorschreibungen einsetzte. Diese Daten ermöglichen bei Einsicht in die entsprechenden Belege zumindest im konkreten Fall eine ausreichende Gebarungskontrolle, weil nur wenige (noch dazu weitgehend gleichbleibende) Einnahmen angefallen sind und die rund 70 Ausgabenposten zeitlich genau erfaßt sind. Sollte das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers so zu verstehen sein, daß ihm die Einsicht in die Belegsammlung verwehrt wurde, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Es ist in diesem Verfahren auch nicht darüber zu befinden, ob die Antragsgegnerin bei der Veranlagung der Liegenschaftserträgnisse säumig geworden ist.

Im übrigen haben sich die Vorinstanzen an der bereits vorhandenen Judikatur über Inhalt, Umfang und Zweck der in § 17 Abs 2 Z 1 WEG festgelegten Abrechnungspflicht des Verwalters einer Wohnungseigentumsanlage orientiert (MietSlg 34/8; SZ 58/197 ua). Richtig wurde auch erkannt, daß diese Judikatur nur Richtlinien für eine ordnungsgemäße Verwalterrechnung aufstellt, von denen im Einzelfall abgewichen werden kann, solange die Vollständigkeit, Verständlichkeit und Übersichtlichkeit der Abrechnung gewahrt bleibt. In diesem Sinn wurde etwa entschieden, daß die angefallene Umsatzsteuer nicht zu jeder Abrechnungspost ausgewiesen werden muß, wenn sie sich aus den Belegen ergibt (ImmZ 1987, 77; MietSlg 39/8). Hier ist die diesbezügliche Beanstandung des Antragstellers umso unverständlicher, als die Vorsteuerbeträge ohnehin einzeln angeführt wurden. Auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß bei kleineren, überschaubaren Abrechnungen die chronologische Ordnung der Belege genügt, ist keineswegs unhaltbar (vgl Call-Hauswirth aaO, 61 und 64). Derartige Umstände betreffen den Einzelfall, der sich einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzieht, weil er nichts zur Lösung grundsätzlicher, ständig wiederkehrender Abrechnungsprobleme beiträgt.

Anmerkung

E25971

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB01027.91.0528.000

Dokumentnummer

JJT_19910528_OGH0002_0050OB01027_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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