TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/20 2005/05/0330

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Veröffentlicht am 20.12.2005
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §9;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §134 Abs7;
BauRallg;
VwRallg;
WEG 1975 §13c Abs1;
WEG 2002 §18 Abs1;
WEG 2002 §2 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Wohnungseigentümergemeinschaft 1090 Wien, Boltzmanngasse 17, EZ 1174 der Katastralgemeinde Alsergrund, vertreten durch Gabler Gibel & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. September 2005, Zl. BOB - 398/05, betreffend Parteistellung in einem Bauauftragsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 8. Juli 2005 wurde den "Eigentümern" der Liegenschaft 1090 Wien, Boltzmanngasse 17, gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, 11 mechanische Abluftventilatorenhauben, die auf den Lüftungsschächten montiert wurden, entfernen zu lassen.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei, eine "Wohnungseigentumsgemeinschaft" (richtig wohl: Eigentümergemeinschaft) gemäß § 2 Abs. 5 WEG 2002, Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG mangels Parteistellung im Auftragsverfahren gemäß der Bauordnung für Wien als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die mechanischen Abluftventilatorenhauben nicht entfernen zu müssen", verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien sind Bauaufträge an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten.

Die Baubehörde erster Instanz hat den beschwerdegegenständlichen Bauauftrag - in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien - an die Miteigentümer des Gebäudes gerichtet.

Die beschwerdeführende Partei führt in ihrer Beschwerde aus, dass die vom Bauauftrag erfassten Abluftventilatorenhauben auf dem Flachdach des Gebäudes zum allgemeinen Teil des Hauses gehörten und die Verwaltung von Angelegenheiten das Dach und die darauf befindlichen Bauten des Hauses betreffend in den Kompetenzbereich der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der ordentlichen wie auch der außerordentlichen Verwaltung der Liegenschaft falle, an welcher Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz begründet sei. Als Wohnungseigentümergemeinschaft komme daher der beschwerdeführenden Partei im Auftragsverfahren Parteistellung zu.

Gemäß § 2 Abs. 5 Wohnungseigentumsgesetz 2002 (WEG 2002) bilden zur Verwaltung der Liegenschaft alle Wohnungseigentümer die Eigentümergemeinschaft; sie ist eine juristische Person mit Rechtsfähigkeit in dem durch § 18 Abs. 1 dieses Gesetzes umschriebenen Umfang.

Gemäß § 18 Abs. 1 WEG 2002 kann die Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden.

Zur Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 WEG 2002, dies war § 13c Abs. 1 WEG 1975, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 96/06/0182, festgehalten, dass mit der Einführung der mit eingeschränkter Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Wohnungseigentümergemeinschaft an den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft und an den darauf befindlichen Gebäuden nichts geändert werden sollte. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wurde vom Gesetzgeber auch nicht in der Weise ausgeformt, dass sie in Bezug auf einen Abbruchauftrag gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien in die Rechtsstellung der Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaft einzutreten hätte. Ein solcher Auftrag darf daher rechtens auch nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft erteilt werden, weil diese nicht Eigentümerin der Liegenschaft ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 98/05/0150).

Zur nunmehrigen Rechtslage wird in der RV (siehe 989 der Beilagen zu § 18 WEG 2002, XXI GP S. 53) ausgeführt, dass sich durch die Gesetzesänderung am Wesen der Eigentümergemeinschaft nichts ändert, sie also weiterhin als juristische Person mit Teilrechtsfähigkeit, nämlich mit Rechtsfähigkeit nur auf dem Gebiet der Verwaltung der Liegenschaft, konzipiert ist. Auch der OGH hat in seinem Urteil vom 29. Oktober 2004, GZ 5 Ob 88/04h, betont, dass sich die Rechtsfähigkeit der (Wohnungs-)Eigentümergemeinschaft nach § 2 Abs. 5, 2. Satz, und § 18 Abs. 1 WEG 2002 (§ 13c Abs. 1 WEG 1975) auf die gemeinschaftliche Verwaltung der WE-Liegenschaft beschränkt, weshalb sie petitorische Rechtsansprüche (es ging um eine Eigentumsfreiheitsklage zur Entfernung eines "Schanigartens" eines Wohnungseigentümers auf einem allgemeinen Teil der WE-Liegenschaft) als Ausfluss ihrer fehlenden Eigentümerrechte (= Verfügungsmaßnahme) mangels Aktivlegitimation nicht durchsetzen kann. Diese Ansprüche können vielmehr nur der einzelne, mehrere oder alle Wohnungseigentümer verfolgen.

Da auch § 129 Abs. 10 4. Satz Bauordnung für Wien auf die Eigentümerrechte abstellt, kommen als Adressat eines solchen Auftrages nach wie vor nur der Eigentümer bzw. die Miteigentümer in Betracht.

Die belangte Behörde ging daher zutreffend davon aus, dass der beschwerdeführenden Partei als Eigentümergemeinschaft nach dem WEG 2002 im gegenständlichen Bauauftragsverfahren keine Parteistellung zukommt. Durch die Zurückweisung ihrer Berufung wurde die beschwerdeführende Partei, die ihre Berufung und Beschwerde tatsächlich als Eigentümergemeinschaft und nicht als Vertreterin der Miteigentümer des Wohnhauses erhoben hat und - wie auch aus dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist - erheben wollte, in dem von ihr geltend gemachten subjektiven öffentlichen Recht nicht verletzt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2005

Schlagworte

Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005050330.X00

Im RIS seit

23.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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