Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichthofes Hon. Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Eduard Giffinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** W*****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt*****, wider die beklagte Partei BRAUEREI R***** Genossenschaft m.b.H., ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt*****, wegen 565.361,56 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Jänner 1991, GZ 12 Ra 105/90-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. September 1990, GZ 5 Cga 51/89-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 19.258,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.209,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Entscheidungsgründe:
Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO); Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, können auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden (RZ 1989/16).
Im übrigen genügt es, auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:
Der Vorwurf, der Kläger habe bereits durch Erstellung übersichtlicherer Ausstoßlisten seine Kompetenzen überschritten und sich die dazu erforderlichen Daten widerrechtlich beschafft, geht ins Leere, weil er diese zusätzliche, im Interesse der beklagten Partei übernommene Tätigkeit keineswegs verheimlichte, die von ihm erstellten Ausstoßlisten ganz allgemein im Betrieb verwendet wurden und dies vom Vorstand der beklagten Partei zumindest geduldet wurde.
Zutreffend haben die Vorinstanzen auch die Weitergabe dieser wesentliche betriebliche Daten enthaltenden Ausstoßlisten an den pensionierten Mitarbeiter Ing. B***** T***** nicht als eine die Entlassung des Klägers rechtfertigende Verletzung der Treuepflicht im Sinne des § 27 Z 1 letzter Satz AngG gewertet. Ing. B***** T***** war zuvor als Braumeister mit Prokura bei der beklagten Partei in einer Vertrauensstellung beschäftigt und unter anderem für die Erstellung der Angaben über den Ausstoß enthaltenden Monatsausweise zuständig, für die er die vom Kläger verfaßten Ausstoßlisten verwendete, so daß diese Ausstoßlisten vor allem für ihn von Bedeutung waren; wenn es zwischen ihm und dem Obmann der beklagten Partei auch Spannungen gab - Ing. T***** war gegen die Bestellung des K***** W***** zum Obmann der beklagten Partei eingetreten - besaß er doch das Vertrauen des gesamten Vorstandes der beklagten Partei, der keinen Zweifel an seiner Loyalität hatte, und war nicht in Unfrieden aus dem Arbeitsverhältnis mit der beklagten Partei geschieden; daß Ing. T***** an seinen bei einer anderen Brauerei als Braumeister beschäftigten Sohn vor oder nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der beklagten Partei Ausstoßlisten weitergegeben hätte, hat das Beweisverfahren nicht ergeben. Zieht man auch noch in Betracht, daß der Kläger die Ausstoßlisten an Ing. T***** - den er auch nach seiner Pensionierung nicht als außenstehenden Dritten ansah - mit der Betriebspost versandte, dann ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß der Verstoß des Klägers gegen seine Verschwiegenheitspflicht nicht auf Illoyalität gegenüber der beklagten Partei zurückzuführen ist, sondern auf Unbesonnenheit und Gedankenlosigkeit. Da der Kläger, der bei der beklagten Partei in rund 17 Jahren vom Kontoristen zum selbständigen EDV-Buchhalter aufgestiegen war, bisher tadellos gearbeitet hatte, war diese einmalige Fehlleistung bei Anlegung eines objektiven Maßstabes nicht geeignet, das Vertrauen des Arbeitgebers gegenüber dem Kläger soweit zu erschüttern, daß ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar gewesen wäre (siehe Kuderna Entlassungsrecht, 88 f; Petrovic, Die Vertrauensunwürdigkeit als Entlassungsgrund nach § 27 Abs 1 letzter Satz AngG, ZAS 1983, 49 ff (53 f)).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E27195European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00064.91.0529.000Dokumentnummer
JJT_19910529_OGH0002_009OBA00064_9100000_000