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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §41 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Anita Feigl in Pinkafeld, vertreten durch Dax, Klepeisz & Partner, Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 28. September 2004, Zl. OW-02-06-5-1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Michael Eitner in Pinkafeld, vertreten durch Dr. Wolfgang Poleschinski, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Raimund-Obendrauf-Straße 9;
2. Stadtgemeinde Pinkafeld, 7423 Pinkafeld, Hauptplatz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ladung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 21. April 2004 wurde eine Augenscheinsverhandlung betreffend ein Ansuchen des Erstmitbeteiligten zur Errichtung einer Feuermauer auf einer näher bezeichneten Liegenschaft für den 6. Mai 2004 anberaumt. In dieser Ladung wurde u.a. ausgeführt:
"Nach § 42 AVG finden Einwendungen persönlich verständigter Personen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung beim Stadtamt Pinkafeld oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung und werden Parteien oder Beteiligte dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme die den Gegenstand der Verhandlung bilden, als zustimmend angesehen. Parteien, die keine Einwendungen erheben wollen, brauchen zur Verhandlung nicht erscheinen.
Eine Person, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war rechzeitig Einwendungen zu erheben, und die ein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, kann binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache, bei der Behörde Einwendungen erheben."
In der Niederschrift über die Verhandlung vom 6. Mai 2004 ist u. a. festgehalten, dass die Beschwerdeführerin als Nachbarin gegen das Bauvorhaben Einspruch erhebe, Einwendungen würden schriftlich nachgereicht.
In ihrem Schreiben vom 12. Mai 2004 berief sich die Beschwerdeführerin auf die oben genannte Augenscheinsverhandlung und führte u.a. aus, seitens der Baubehörde sei ihr erklärt worden, die Mauer dürfe bestehen bleiben, da es eine Vereinbarung gebe, nach der der Erstmitbeteiligte die Fenster der Beschwerdeführerin an der Grundgrenze verbauen dürfe. Sie habe der Baubehörde bereits mitgeteilt, dass dieser Vertrag für sie keine Bedeutung habe. Die Mauer habe nur die Funktion, ihre Fenster zu vermauern. Sie stelle keine Feuermauer dar und sei für einen Zaun an der Grundgrenze zu hoch. Außerdem stehe sie auf einem Gebäude, das laut Plan ein Nebengebäude mit einer Höhe von 3 m darstelle. Es handle sich aber um kein selbständiges Nebengebäude. Zusätzlich weise dieses Gebäude, an dem die Feuermauer "an- u. daraufgebaut" worden sei, einige "Baufehler" auf.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Mai 2004 wurde die beantragte Baubewilligung erteilt.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung legte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen dar, die Mauer werde als Feuermauer bezeichnet, ummantle jedoch keinen Körper. Da sie nur auf die Dachneigung aufgesetzt werde, habe sie keine Stabilität, sondern lehne sich nur an die Anrainermauer an. Solle sie eine Einfriedung darstellen, entspreche sie nicht den Höhenvorschriften.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 2. Juli 2004 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und der Spruch des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides dahingehend ergänzt, dass die geschlossene Bebauung für das Grundstück mit der Nr. 397 festgelegt wurde. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin sei nicht mehr Rücksicht zu nehmen, da sie verspätet erhoben worden seien.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Erklärung, Einspruch gegen ein Bauvorhaben zu erheben und die Begründung dafür erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt zu geben, stelle keine Einwendung im Sinne des Gesetzes dar. Einwendungen nach der mündlichen Verhandlung seien daher als präkludiert anzusehen, und auf sie sei nicht einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die Zuerkennung von Aufwandersatz. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde gab eine Stellungnahme ab. Der Erstmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die §§ 41 und 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 (§ 41) bzw. Nr. 10/2004 (§ 42) haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
"§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.
(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, daß die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekanntzugeben.
§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs. 5 zweiter Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, daß ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
..."
In der Ladung vom 21. April 2004 für die Verhandlung am 6. Mai 2004 fand sich kein Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 AVG in der hier maßgeblichen Fassung; insbesondere fehlt die Belehrung darüber, dass die Person ihre Stellung als Partei verliert. Die Beschwerdeführerin konnte daher ihrer Parteistellung im Sinne des § 42 AVG nicht verlustig gehen und Einwendungen auch noch nach der Verhandlung erheben (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 2004, Zl. 2002/05/1036, und vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0026). Es kann somit dahingestellt bleiben, ob dem Unterbleiben einer Belehrung im Sinne des § 13a AVG angesichts der Erklärungen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung Relevanz zukommt.
Im weiteren Verfahrensverlauf vor den Gemeindebehörden hat die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen auch Nachbarrechte im Sinne des § 21 des Burgenländischen Baugesetzes geltend gemacht (vgl. dazu Hauer, Burgenländisches Baurecht, S. 177f). Da die belangte Behörde verkannt hat, dass auf diese Einwendungen der Beschwerdeführer einzugehen gewesen wäre, weil kein Verlust der Parteistellung im Sinne des § 42 AVG eingetreten ist, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Dezember 2005
Schlagworte
VerfahrensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004050252.X00Im RIS seit
19.01.2006