TE OGH 1991/5/29 2Ob534/91

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Veröffentlicht am 29.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Zehetner, Dr. Graf und Dr. Schinko als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Karin K*****, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch ihre Mutter Gertrude K*****, diese vertreten durch Dr. Stefan Gloß und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St.Pölten, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgericht vom 13. Februar 1991, GZ R 53/91-56, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 27. Dezember 1990, GZ P 26/79-53, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung unter Einbeziehung der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten hat:

"Ab 1. 12. 1989 werden die vom Vater Herbert G***** für die mj. Karin K***** zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeträge von S 2.600,- auf S 2.200,- und ab 23. 8. 1990 auf S 1.700,-

herabgesetzt.

Die Unterhaltsbeträge sind jeweils am Ersten eines jeden Monates im vorhinein an die Mutter Gertrude K***** zu zahlen. Das Mehrbegehren des Vaters auf Herabsetzung des Unterhaltsbetrages auf S 1.710,- ab 1. 12. 1989 und Enthebung von der Unterhaltsverpflichtung ab 23. 8. 1990 sowie der Antrag der Mutter auf Erhöhung des Unterhaltsbetrages auf S 3.400,- ab 3. 1. 1990 werden abgewiesen."

Text

Begründung:

Der uneheliche Vater der Minderjährigen, die von ihrer Mutter betreut wird, war seit 1. 9. 1987 verpflichtet, für seine Tochter einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 2.600,- zu bezahlen. Am 21. 11. 1989 beantragte er, die monatlichen Unterhaltsbeträge ab 1. 12. 1989 auf S 1.710,- herabzusetzen, weil er aus gesundheitlichen und familiären Gründen den Beruf des Fernfahrers aufgegeben habe und nur eine Arbeitslosenunterstützung von monatlich S 9.000,- beziehe. Am 23. 8. 1990 beantragte er die Enthebung von seiner Unterhaltsverpflichtung, weil die mj. Karin aufgrund ihres Einkommens als Lehrling selbsterhaltungsfähig sei.

Die Mutter sprach sich gegen die Herabsetzung der Unterhaltsleistung des Vaters aus und beantragte, die Unterhaltsbeträge auf S 3.400,- monatlich zu erhöhen.

Das Erstgericht setzte die Unterhaltsbeträge ab 1. 12. 1989 auf monatlich S 2.200,- herab. Es ging dabei von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Die mj. Karin verdient als Lehrling in St.Pölten durchschnittlich S 3.390,- netto monatlich an Lehrlingsentschädigung. Die Fahrtkosten vom Wohnsitz ***** zur Arbeitsstelle betragen monatlich S 400,-. Der Vater ist außer für die mj. Karin nur für seinen am 22. 6. 1985 geborenen ehelichen Sohn sorgepflichtig. Er verdiente bis September 1989 als Fernfahrer monatlich netto S 17.700,-. Diese Arbeit gab er aus gesundheitlichen und familiären Gründen auf. Beim Arbeitsamt Tulln gab er nicht bekannt, daß er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Fernfahrer arbeiten kann. Er wurde vom Arbeitsamt jedoch bisher nicht vermittelt, weil er zunächst angegeben hatte, sich im Transportgewerbe selbständig machen zu wollen und dann erklärte, eine Tankstelle übernehmen zu wollen. Beides ist ihm jedoch nicht gelungen. Er bezog von September 1989 bis 22. 4. 1990 Arbeitslosenunterstützung von täglich S 319,- inklusive zweier Familienzuschläge. Vom 23. 4. 1990 bis 24. 7. 1990 und seit 13. 8. 1990 bezieht er Notstandshilfe, die einschließlich zweier Familienzuschläge im Zeitraum vom 23. 4. bis 30. 6. 1990 täglich S 246,60 und seit 1. 7. 1990 S 257,20 beträgt. In der Zeit vom 25. 7. 1990 bis 10. 8. 1990 verdiente der Vater als Kraftfahrer (Urlaubsvertretung) S 10.870,- netto monatlich ohne Sonderzahlungen. Bisher hat er in folgenden Berufen gearbeitet:

Kfz-Mechaniker, Handelsarbeiter, Mechanikergeselle, Kraftfahrer, Bäckereimaschinenmechaniker und Schlosserhelfer.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dem Vater sei anzulasten, daß er sich nicht um eine Vermittlung durch das Arbeitsamt bemüht habe. Im Hinblick auf die bisherigen Berufe könne unter Anwendung der Anspannungstheorie davon ausgegangen werden, daß der Vater ein monatliches Nettoeinkommen von S 10.000,- bis S 11.000,-

erzielen könne. Ausgehend von diesem Einkommen sei der Vater durchaus in der Lage, einen Unterhaltsbeitrag von S 2.200,- je Monat zu leisten. Eine weitere Herabsetzung ab Beginn des Lehrverhältnisses der Minderjährigen komme nicht in Frage, weil Selbsterhaltungsfähigkeit eines Unterhaltsberechtigten erst dann angenommen werden könnte, wenn sein monatliches Einkommen S 5.574,- betrage.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise dahin Folge, daß es die Unterhaltsbeträge ab 23. 8. 1990 auf S 1.200,-

herabsetzte. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt. Das Rekursgericht teilte die Ansicht des Erstgerichtes, daß es dem Vater bei intensivem Bemühen möglich gewesen wäre, ein Monatseinkommen von durchschnittlich S 10.000,- bis S 11.000,- zu beziehen. Davon ausgehend betrage der vom Erstgericht festgesetzte Unterhaltsbetrag von S 2.200,- etwa 21 % der Bemessungsgrundlage, was unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflicht des Vaters der ständigen Judikatur entspreche. Es müsse auch berücksichtigt werden, daß der statistisch errechnete Durchschnittsbedarf der Minderjährigen derzeit S 3.570,- betrage. Dem Rekurs gegen die Abweisung des Herabsetzungsmehrbegehrens für den Zeitraum bis Beginn des Lehrverhältnisses könne daher kein Erfolg beschieden sein. Die gegen die Abweisung des Herabsetzungsmehrbegehrens für den Zeitraum ab Beginn des Lehrverhältnisses gerichteten Rekursausführungen seien jedoch teilweise berechtigt. Nach der Judikatur des Rekursgerichtes würden bei allen Lehrlingen im Sprengel des Landesgerichtes St.Pölten auch ohne entsprechende Nachweise die Berufsausbildungskosten pro Monat mit (derzeit) S 1.000,- als zusätzlicher Bedarf berücksichtigt. Aufgrund des Regelbedarfes von S 3.570,- ergebe sich somit bei der mj. Karin ein monatlicher Gesamtbedarf von etwa S 4.570,-. Darin seien allerdings auch bereits die Fahrtkosten enthalten. Bringe man von dem danach gegebenen Bedarf die festgestellte durchschnittliche Nettolehrlingsentschädigung in Abzug, so verbleibe ein restlicher Unterhaltsbedarf von rund S 1.200,- je Monat, auf den die väterliche Unterhaltsleistung herabzusetzen sei. Eine weitergehende Alimentierung komme wegen der unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Vaters nicht in Betracht. Mit der Problematik, ob das sozialversicherungsrechtliche Existenzminimum gemäß § 293 Abs 1 lit a/bb ASVG als Orientierungshilfe für die Selbsterhaltungsfähigkeit heranzuziehen sei, habe sich das Rekursgericht bereits mehrfach zu befassen gehabt, wobei von den höchstgerichtlichen Entscheidungen 3 Ob 547/90 und 1 Ob 594/90 abgewichen worden sei. Selbst wenn man den ASVG-Pensionsmindestsatz als Orientierungswert für die Erlangung der Selbsterhaltungsfähigkeit heranziehen könnte, so besage dies noch nicht, daß der Unterhaltspflichtige die Differenz der Lehrlingsentschädigung auf ihn zu leisten habe. Inwieweit das zu geschehen habe, könne nur anhand der individuellen Einzelfallbemessung auf Basis der von der Rechtsprechung herausgebildeten Vorgangsweise beurteilt werden. In diesem Sinne habe auch der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung EvBl 1990/134 ausgeführt, der Revisionsrekurs wolle zu Unrecht bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich auf die Bedürfnisse eines außerhalb des elterlichen Haushaltes Selbsterhaltungsfähigen (dem würde aber der ASVG-Richtsatz entsprechen) abstellen. Die Unterhaltsbemessung habe immer nach den Umständen des konkreten Einzelfalles zu erfolgen und nicht anhand hypothetischer Fälle, mögen sie auch häufig vorkommen. Selbstverständlich schließe dies nicht aus, daß das Gericht bei der Unterhaltsfestsetzung als Ganzes oder bei der Beurteilung der einzelnen hiefür erforderlichen Faktoren (zB Bedarf) von Pauschalbeträgen ausgehe, welche entweder generell, örtlich oder für bestimmte Berufs- oder sonstige Personengruppen den Erfahrungssätzen entsprächen. Eine derartige Vorgangsweise verstoße nicht gegen das Gesetz. Da die mj. Karin im Haushalt der Mutter lebe und betreut werde, sei demnach zufolge der tatsächlichen Verhältnisse (kein eigener Haushalt der Unterhaltsberechtigten, unterdurchschnittliches Einkommen des Unterhaltspflichtigen) auf der Bedarfsseite der Regelbedarfssatz (zuzüglich des erwähnten Pauschalbetrages bei Lehrlingen) zu unterstellen. Letztlich müsse bei derartigen Unterhaltsbemessungen auch stets die Relation zwischen dem dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stehenden Betrag einerseits und dem dem Unterhaltspflichtigen verbleibenden Betrag andererseits beachtet werden. Würde man den Richtsatz für die Gewährung der Ausgleichszulage gemäß § 293 Abs 1 lit a/bb ASVG für alleinstehende Pensionisten heranziehen, welcher für 1990 S 5.574,- betrage und 14 x jährlich auszuzahlen sei (durchschnittlicher Monatswert daher S 6.503,-) und demgemäß den Unterhaltspflichtigen zur Aufbringung des Differenzbetrages von S 3.100,- monatlich verpflichten, so hätte der Vater ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von rund S 10.000,- bis S 11.000,-

nur mehr einen Restbetrag von etwa S 7.000,- bis S 8.000,- zur Verfügung, während sich bei der Anspruchsberechtigten Teilverdienst und Teilunterhaltsleistung auf rund S 6.500,-

summierten. Auch bei Zugrundelegung des vom Erstgericht bemessenen Unterhaltes von S 2.200,- verbliebe dem Vater nur ein Betrag von etwas mehr als S 8.000,-, von welchem er auch den Unterhalt für sein weiteres Kind bestreiten müßte, während die Minderjährige, die noch im Haushalt ihrer Mutter lebe, einen monatlichen Betrag von etwa S 5.600,- zur Verfügung hätte. Schon diese rein rechnerische Gegenüberstellung mache deutlich, daß jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation eine Bemessung auf Richtsatzbasis die Leistungsfähigkeit des Vaters überspannte. Es wäre auch nicht einzusehen, warum bei Kindern mit Einkommen das sozialversicherungsrechtliche Existenzminimum bei der Unterhaltsbemessung eine wesentliche Rolle spielen solle, während bei Kindern ohne Einkommen diese Rolle den niedrigeren Durchschnittsbedarfssätzen zukomme. Es käme hier zu einer Fülle von Abgrenzungsproblemen, zB bei einem nur sehr geringen Nebeneinkommen eines Schülers oder bei einem Kleinkind mit eigenem Einkommen, zB aus Vermietung oder Verpachtung. Daß der Bedarf eines im Haushalt seiner Mutter lebenden Lehrlings nicht gleichgestellt werden könne mit der gesetzlichen Mindestpension eines im eigenen Haushalt lebenden Pensionisten, ergäbe sich auch daraus, daß nach dem ASVG der Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare nicht das Doppelte des Richtsatzes für alleinstehende Pensionisten, sondern derzeit nur S 7.984,- betrage. Das ASVG gehe also davon aus, daß bei gemeinsamer Haushaltsführung gewisse Fixkosten nicht doppelt anfallen und daher ein gemeinsam lebendes Ehepaar auch nicht doppelt soviel benötige, wie ein alleinstehender Pensionist. Ebenso seien aber auch die Bedürfnisse eines Minderjährigen, der im Haushalt eines Elternteiles betreut werde, wesentlich geringer als bei eigener Haushaltsführung.

Die mj. Karin bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs und beantragt die Entscheidung dahin abzuändern, daß die Unterhaltspflicht des Vaters ab 23. 8. 1990 mit S 2.200,-

monatlich bestimmt werde.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwich, er ist auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Rechtsmittelwerberin die Ansicht vertritt, der Vater habe seine gut bezahlte Tätigkeit als Fernfahrer grob fahrlässig aufgegeben, er habe für die Notwendigkeit dieser Arbeitsbeendigung keinen Nachweis erbracht, ist darauf hinzuweisen, daß der Vater nach den Feststellungen seine Beschäftigung als Fernfahrer aus gesundheitlichen und familiären Gründen aufgab. Es steht also fest, daß er derartige Gründe hatte. Er legte auch eine ärztliche Bestätigung vor, nach welcher er aus gesundheitlichen Gründen das Dienstverhältnis als Fernfahrer kündigen mußte (AS 121 a). Als Bemessungsgrundlage kann daher nicht ein monatliches Nettoeinkommen von S 17.700,-, sondern entsprechend den Ausführungen der Vorinstanzen nur ein solches von S 10.000,- bis S 11.000,- herangezogen werden.

Die Lehrlingsentschädigung gehört im Sinne der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den eigenen Einkünften des Kindes im Sinne des § 140 Abs 3 ABGB, soweit sie nicht als Ausgleich für einen berufsbedingten Mehraufwand benötigt wird (EvBl 1990/134; 3 Ob 547/90; 3 Ob 579/90; 6 Ob 624/90). Ein pauschaler Abzug, sei es in absoluten Zahlen oder Prozentsätzen, hat nicht zu erfolgen (6 Ob 624/90; ähnlich auch 3 Ob 547/90 und 3 Ob 579/90), so daß die Ansicht des Rekursgerichtes, bei allen Lehrlingen seien auch ohne entsprechenden Nachweis als Berufsausbildungskosten pro Monat S 1.000,- als zusätzlicher Bedarf zu berücksichtigen, verfehlt ist. Von der Lehrlingsentschädigung sind daher lediglich die Fahrtkosten in der Höhe von S 400,- abzuziehen. Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß durch den Antritt der Lehre ein weiterer zusätzlicher Bedarf der Minderjährigen eingetreten ist, war es auch nicht erforderlich, hierüber Erhebungen durchzuführen (3 Ob 547/90).

Somit ist von eigenen Einkünften der Minderjährigen in der Höhe von monatlich S 2.990,- (S 3.390,- - S 400,-) auszugehen. Daß bei diesem Einkommen Selbsterhaltungsfähigkeit noch nicht gegeben ist, bedarf keiner weiteren Erörterung, die Minderjährige hat daher weiterhin Anspruch auf Unterhalt, der allerdings gemäß § 140 Abs 3 ABGB durch die eigenen Einkünfte gemindert wird. Diese Minderung kann aber nicht einseitig nur demjenigen Elternteil zugute kommen, der das Kind betreut. Wenn also ein Kind nur soviel selbst verdient, daß es neben der Betreuung durch einen Elternteil nichts mehr benötigt, so kommt es nicht zur vollen Befreiung des anderen Elternteils, sondern hier muß ein Teil des Eigenverdienstes auch dem betreuenden Elternteil zukommen. Ob dieser Elternteil von seinem Kind tatsächlich einen finanziellen Beitrag für die Betreuung fordert, ist nicht entscheidend (3 Ob 547/90; 3 Ob 579/90; 6 Ob 624/90; 8 Ob 504/91). Dies hat das Rekursgericht nicht beachtet, es hat die Minderung des Unterhaltsanspruches der Minderjährigen nur dem Vater zugute kommen lassen. Überdies ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung nicht der sogenannte Regelbedarf, sondern die Mindestpensionshöhe nach § 293 Abs 1 lit a/bb und lit b ASVG (derzeit 14 x jährlich S 5.574,-) eine Orientierungshilfe und zwar gerade dort, wo der zu leistende Unterhaltsbetrag aufgrund des Einkommens des Unterhaltspflichtigen oder der ihn treffenden Sorgepflichten verhältnismäßig gering wäre bzw bei einfachsten Lebensverhältnissen (1 Ob 594/90; 3 Ob 547/90; 3 Ob 579/90; 8 Ob 504/91). Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes vermag daran der Umstand, daß die mj. Karin im Haushalt ihrer Mutter lebt, nichts zu ändern, zumal die eigenen Einkünfte des Kindes beide Elternteile in gleicher Weise entlasten müssen. Selbsterhaltungsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit zur eigenen angemessenen Bedarfsdeckung auch außerhalb des elterlichen Haushaltes (Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 12 zu § 140; 1 Ob 594/90; 3 Ob 547/90) und auch aus diesem Grund ist es nicht gerechtfertigt, anstelle der Mindestpension den sogenannten "Regelbedarf" als Orientierungshilfe heranzuziehen.

Da der Vater ein relativ geringes Einkommen bezieht und noch für ein weiteres Kind zu sorgen hat, ist von der Mindestpension auszugehen, die Berücksichtigung eines höheren Betrages wäre nicht gerechtfertigt. Würde man von der Mindestpension die eigenen Einkünfte der Minderjährigen abziehen und den Vater zur Zahlung des vollen Differenzbetrages verpflichten, dann wäre dadurch die Mutter begünstigt, weil durch die Mindestpension auch die Bedürfnisse abgedeckt sind, die der betreuende Elternteil zu befriedigen hat. Es ist daher nur ein geringerer Betrag als die Differenz zuzusprechen. Damit werden auch die vom Rekursgericht angeführten Probleme, daß bei Kindern ohne eigenes Einkommen nicht von der Mindestpension ausgegangen wird und sich bei Kindern mit niedrigen Einkünften Schwierigkeiten ergeben würden, gelöst. Da bei der Unterhaltsbemessung stets von den Umständen des Einzelfalles auszugehen ist (EvBl 1990/134) und es daher auch eine Frage des Einzelfalles ist, inwieweit sich die von einem Lehrling bezogene Entschädigung auf die Unterhaltspflichten der Eltern auswirkt (8 Ob 550/90), hat eine rein rechnerische Ermittlung des Unterhaltsbetrages nicht zu erfolgen. Berücksichtigt man, daß die mj. Karin im Haushalt der Mutter lebt, ihr nach Abzug der Fahrtauslagen eine Lehrlingsentschädigung von nahezu S 3.000,- monatlich verbleibt und daß die Leistungsfähigkeit des Vaters wegen seines relativ niedrigen Einkommens sowie seiner weiteren Sorgepflicht gering ist, dann ist es gerechtfertigt, den Unterhaltsbetrag ab 23. 8. 1990 mit monatlich S 1.700,- festzusetzen. In diesem Sinn war dem Revisionsrekurs teilweise Folge zu geben.

Anmerkung

E26462

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00534.91.0529.000

Dokumentnummer

JJT_19910529_OGH0002_0020OB00534_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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