Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei *****gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. *****, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei V*****, vertreten durch Dr. *****, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 9,516.497,65 s.A. infolge Revisionsrekurses der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12. Februar 1991, GZ 2 R 51/91-5, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 18. Jänner 1991, GZ 8 Cg 6/91-2, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die gefährdete Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei begehrt mit ihrer am 14. 1. 1991 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Zahlung von S 9,516.497,65 samt 11,5 % Zinsen seit 14. 9. 1990. Sie brachte dazu vor, sie betreibe ein Unternehmen, das in ständiger Geschäftsbeziehung mit der beklagten Partei stehe. Wesentlicher Teil dieser auch jetzt noch bestehenden Geschäftsbeziehung sei die Übernahme der Finanzierung der von der Beklagten verwendeten Transportfahrzeuge gewesen. Die von der klagenden Partei dafür getätigten Aufwendungen sollten zum Teil dadurch abgegolten werden, daß die Beklagte ausschließlich als Frachtführer für die klagende Partei tätig sei. Darüber hinaus habe die klagende Partei für die Beklagte Reparaturarbeiten durchgeführt, deren Kraftfahrer mit den für ihre Arbeit erforderlichen Barmitteln versorgt, Unterbringungen zur Verfügung gestellt und Waren geliefert. Die wechselseitig erbrachten Leistungen seien durch monatliche Aufrechnungen abgerechnet worden, deren Saldo zum 30. 11. 1990 zugunsten der klagenden Partei S 36,208.175,82 betragen habe.
Zur Besicherung des aus der Übernahme der Fahrzeugfinanzierung resultierenden Forderungsteiles habe die Beklagte eine Bankgarantie über maximal S 42,960.000,- gestellt. Trotz Vorliegens aller Voraussetzungen für die Abrufung von S 21,480.000,- aus der Garantiesumme habe die garantierende jugoslawische Bank die Auszahlung verweigert, sodaß dieser Betrag beim Schiedsgericht in Belgrad geltend gemacht worden sei.
Mit der vorliegenden Klage werde der nicht durch die Bankgarantie gedeckte Forderungsrest aus der Monatsabrechnung August 1990 in Höhe von 9,516.497,65 geltend gemacht, der spätestens am 14. 9. 1990 zur Zahlung fällig gewesen sei. Die Beklagte erbringe nach wie vor Frachtführerleistungen mit den von der klagenden Partei finanzierten Fahrzeugen. Seit dem 6. 1. 1991 seien die in der Klage im einzelnen mit ihren Kennzeichen angeführten LKW-Züge, die allesamt im Eigentum der Beklagten stünden und von der Firma DAF hergestellt worden seien, in Österreich eingefahren und hielten sich im Bundesgebiet auf. Vier genau bezeichnete Fahrzeuge befänden sich derzeit (Klagseinbringung) am Sitz der klagenden Partei in Marchtrenk, sodaß der Gerichtsstand des Vermögens gegeben sei.
Zur Sicherung des Klagsanspruches beantragte die klagende Partei, mittels einstweiliger Verfügung die sofortige Verwahrung der im Eigentum der beklagten Partei stehenden von DAF erzeugten und im einzelnen mit den Kennzeichen angeführten 117 Fahrzeuge samt Hänger im Bereich des Grenzüberganges zu Jugoslawien in Spielfeld ohne Anhörung des Gegners anzuordnen.
Die Beklagte verfüge im Inland über keine anderen Vermögensbestandteile als die genannten Lastwagenzüge. Diese befänden sich in der Regel maximal eine Woche lang im Bundesgebiet und verließen dieses dann wieder entweder in Richtung Bundesrepublik Deutschland oder Jugoslawien. Daraus ergebe sich, daß im Falle eines der Klage stattgebenden Urteiles dieses im Ausland vollstreckt werden müßte. Die genannten LKW würden innerhalb einer Woche wieder beim Grenzübergang zu Jugoslawien in Spielfeld aus Österreich ausreisen.
Das Erstgericht wies diesen Sicherungsantrag der gefährdeten Partei ab und nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Die gefährdete Partei betreibt ein Unternehmen, das in ständiger Geschäftsbeziehung zur Antragsgegnerin stand und steht. Ein wesentlicher Teil dieser Geschäftsbeziehung war, daß die gefährdete Partei die Finanzierung von Fahrzeugen übernahm, die die Antragsgegnerin in ihrem Transportunternehmen verwendet. Die von der gefährdeten Partei für die Finanzierung getätigten Aufwendungen sollten zum Teil dadurch abgegolten werden, daß die Antragsgegnerin ausschließlich als Frachtführer für die gefährdete Partei tätig ist. Darüber hinaus führte diese Reparaturarbeiten durch, versorgte die von der Gegnerin beschäftigten Kraftfahrer mit den für ihre Arbeit erforderlichen Bargeldmitteln, stellte Unterbringungen zur Verfügung und lieferte auch Waren. Die wechselseitig erbrachten Leistungen wurden durch Monatsaufrechnungen abgerechnet, deren Saldo zum 30. 11. 1990 zugunsten der gefährdeten Partei S 36,208.175,82 betrug.
Zur Besicherung des aus der Übernahme der Fahrzeugfinanzierung resultierenden Forderungsteiles stellte die Antragsgegnerin eine Bankgarantie über maximal S 42,960.000,- durch eine jugoslawische Bank. Als Bedingung für den Abruf der Garantiesumme war vereinbart, daß ein von beiden Parteien gefertigtes Protokoll mit der Garantie vorgelegt wird, in der beide Parteien den aus der Finanzierung resultierenden Saldo bestätigen. Ein solches Protokoll wurde am 23. 10. 1990 errichtet, welches die Monatsabrechnung August 1990 mit einem zugunsten der gefährdeten Partei bestehenden Saldo von S 30,996.497,65 zum Ausgangspunkt hat. Die Antragsgegnerin bestätigte darin die Richtigkeit dieses Saldos, der sich aus S 21,480.000,- für den Fahrzeugfinanzierungsaufwand und aus S 9,516.497,65 für weitere von der gefährdeten Partei erbrachte Leistungen zusammensetzt.
Trotz des Vorliegens aller Voraussetzungen wurden diese Beträge bisher nicht beglichen.
Die gefährdete Partei macht in diesem Verfahren den nicht durch die Bankgarantie gedeckten Forderungsrest aus der Monatsabrechnung August 1990 in Höhe von S 9,516.497,65 geltend, welcher spätestens am 14. 9. 1990 nach den getroffenen Vereinbarungen zur Zahlung fällig und mit 11,5 % Zinsen zu verzinsen war.
Die Antragsgegnerin erbringt nach wie vor Frachtführerleistungen mit den von der gefährdeten Partei finanzierten Fahrzeugen. Seit dem 6. 1. 1991 sind die im einzelnen angeführten LKW, die allesamt im Eigentum der Antragsgegnerin stehen, in Österreich eingefahren und hielten sich im Bundesgebiet auf.
Die Antragsgegnerin verfügt im Inland über keine anderen Vermögensbestandteile als die genannten Lastwagenzüge. Diese befinden sich in der Regel maximal eine Woche lang im Bundesgebiet und verlassen dieses dann wieder entweder in Richtung Bundesrepublik Deutschland oder Jugoslawien.
Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung befanden sich vier LKW-Züge der Antragsgegnerin bei der gefährdeten Partei in M*****.
Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß der gefährdeten Partei ein ausreichendes inländisches Vermögen der Antragsgegnerin zur Durchsetzung ihrer titelmäßigen Forderung zur Verfügung stehe, weil aus dem bescheinigten Sachverhalt der zwingende Schluß gezogen werden könne, daß die Antragsgegnerin mit ihren LKW laufend Transporte in und durch Österreich durchführe und sich daher ständig Lastwagenzüge der Antragsgegnerin in größerer Anzahl in Österreich aufhielten. Die gefährdete Partei habe nichts vorgebracht, was auf eine Beendigung dieser Transporttätigkeit der Antragsgegnerin in und durch Österreich hinweisen würde. Die gefährdete Partei sei aus diesem Grund durch im Inland befindliche Vermögenswerte ausreichend gesichert und daher nicht auf eine Exekutionsführung im Ausland angewiesen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der gefährdeten Partei teilweise Folge und erließ folgende einstweilige Verfügung:
"Zur Sicherung des Anspruches der gefährdeten Partei gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei auf Zahlung eines Betrages von S 9,516.497,65 wird die sofortige Verwahrung der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden, von der Firma DAF erzeugten und mit nachfolgenden jugoslawischen Kennzeichen versehenen Kraftfahrzeuge samt Anhänger im Bereich des österreichischen Grenzüberganges zu Jugoslawien in Spielfeld angeordnet.
(Es folgen die Kennzeichen von 117 LKW samt Anhängern).
Die Verwahrung der Fahrzeuge schließt nicht deren Transportgut mit ein und es erfolgt daher die allfällige Entladung und Einlagerung des Transportgutes vorläufig auf Gefahr und Kosten der gefährdeten Partei.
Von der Verwahrung sind solche Fahrzeuge ausgenommen, die mit Transportgut beladen sind, welches von den österreichischen Zollbehörden für den Transit durch Österreich mit Zollplomben versehen worden ist.
Sobald 20 LKW-Züge der Gegnerin der gefährdeten Partei im Sinne dieser einstweiligen Verfügung in Verwahrung genommen worden sind, hat der weitere Vollzug zu unterbleiben.
Darüber hinaus ist der Vollzug dieser einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tag der Zustellung der einstweiligen Verfügung an die gefährdete Partei mehr als ein Monat verstrichen ist, sofern nicht der Vollzug wegen eines Rekurses aufgeschoben wurde.
Mit dem Vollzug dieser einstweiligen Verfügung darf erst begonnen werden, wenn die gefährdete Partei den Nachweis erbringt, daß sie zur Sicherstellung der der Antragsgegnerin aus der einstweiligen Verfügung drohenden Nachteile und der zur Vollziehung der einstweiligen Verfügung zu erwartenden Kosten eine Sicherheitsleistung in Höhe von S 1,000.000,- bei Gericht erlegt hat.
Diese einstweilige Verfügung gilt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die zu 8 Cg 6/91 des Kreisgerichtes Wels anhängige Klage, längstens aber bis 30. 6. 1992.
Jener Geldbetrag, durch dessen gerichtliche Hinterlegung die Vollziehung der einstweiligen Verfügung gehemmt und die Gegnerin der gefährdeten Partei zur Antragstellung auf Aufhebung der bereits vollzogenen Verfügung berechtigt wird, wird mit S 10,000.000,- festgesetzt.
Der Vollzug dieser einstweiligen Verfügung unter Intervention der gefährdeten Partei obliegt dem Bezirksgericht Leibnitz auf Ersuchen des Kreisgerichtes Wels."
Rechtlich sei davon auszugehen, daß die Anwesenheit von vier LKW-Zügen der Antragsgegnerin in Marchtrenk zum Zeitpunkt der Klagseinbringung und Antragstellung der Gerichtsstand des Vermögens nach § 99 Abs 1 JN im Sprengel des angerufenen Erstgerichtes vorliege. Dieser Gerichtsstand stelle jedenfalls im Zusammenhalt mit dem inländischen Firmensitz der gefährdeten Partei eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Ableitung der inländischen Gerichtsbarkeit dar. Nach dem festgestellten Sachverhalt sei nicht nur der Anspruch hinreichend bescheinigt, sondern auch die objektive Gefährdung im Sinne des § 379 Abs 2 Z 2 EO. Für die Annahme, daß ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung im Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit des Urteiles keine befriedigungstauglichen Vermögensobjekte im Inland mehr zur Verfügung stünden und der betreibende Gläubiger genötigt sein werde, im Ausland Exekution zu führen, genüge bereits die Tatsache, daß der Antragsgegner außer den Vermögensstücken, auf die sich die einstweilige Verfügung beziehe, im Inland kein weiteres Vermögen besitze. Nicht erforderlich sei die Absicht des Antragsgegners, die Gegenstände, auf die sich die einstweilige Verfügung beziehe, ins Ausland zu verbingen. Die Voraussetzungen des § 379 Abs 2 Z 2 EO seien nur dann nicht gegeben, wenn der Antragsgegner im Inland genügend Vermögen besitze und kein Grund zu der Annahme bestehe, daß dieses Vermögen dem Zugriff des Gläubigers entzogen werden könnte, indem es ins Ausland verbracht werde. Die hier durch die einstweilige Verfügung zu erfassenden Fahrzeuge könnten schon aufgrund ihrer Beschaffenheit leicht von einem Land in ein anderes verbracht werden; dazu komme noch, daß es deren Bestimmung sei, ständig zwischen verschiedenen Staaten zu verkehren. Ein Frachtführer, der sich seinen Verpflichtungen aus einem vollstreckbaren Urteil entziehen möchte, könne die Exekution dadurch verhindern, daß er die in seinem Eigentum stehenden LKW-Züge nicht mehr über österreichisches Staatsgebiet, sondern über Ausweichrouten im benachbarten Ausland führe. Diese Möglichkeit einer Exekutionsvereitelung im Inland müsse auch mit der derzeitigen angespannten und instabilen politischen und wirtschaftlichen Situation im Heimatstaat der Antragsgegnerin in Verbindung gebracht werden, die eine in normalen Zeiten übliche und mögliche Verfolgung von Ansprüchen erheblich erschweren und sogar unmöglich machen könnte. Diese Schwierigkeiten manifestierten sich nach dem Vorbringen der gefährdeten Partei bereits darin, daß die von ihr in Anspruch genommene Bankgarantie von der garantierenden jugoslawischen Bank bisher nicht eingelöst worden sei.
Nach dem aus § 398 Abs 1 EO ableitbaren Grundsatz der Angemessenheit sei jedoch nicht die beantragte Verwahrung aller 117 LKW-Züge zu bewilligen, weil deren Wert den bescheinigten Anspruch erfahrungsgemäß erheblich übersteige. Gehe man von einem geschätzten durchschnittlichen Wert eines LKW-Zuges von S 500.000,- aus, biete eine Verwahrung von insgesamt 20 LKW-Zügen eine ausreichende Sicherstellung. Der Antrag der gefährdeten Partei sei nur auf die Verwahrung der LKW-Züge, nicht auch des Transportgutes gerichtet; letzteres sei daher auf Gefahr und Kosten der gefährdeten Partei auszunehmen. Schließlich seien auch jene Fahrzeuge auszunehmen, die mit Transportgut beladen seien, welches von den österreichischen Zollbehörden für den Transit durch Österreich mit Zollplomben versehen sei, weil in diesen Fällen eine Trennung zwischen den von der einstweiligen Verfügung betroffenen LKW-Zügen und dem davon nicht mitumfaßten Transportgut ohne Eingriff in öffentliche Rechte nicht möglich sei.
Zur Sicherstellung der der Antragsgegnerin aus der sich etwa als unberechtigt erweisenden einstweiligen Verfügung allenfalls erwachsenden Ersatzansprüche und Kosten sei trotz ausreichender Anspruchsbescheinigung gemäß § 390 Abs 2 EO eine Sicherheitsleistung unter Berücksichtigung der notwendigen Interessenabwägung zwischen der Gefährdung der Antragstellerin und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners in Höhe von S 1,000.000,- aufzuerlegen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei schon allein aus Gründen der Rechtssicherheit zuzulassen.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin.
Die gefährdete Partei hat (rechtzeitig; Zustellung des Rechtsmittels 10. 5. 1991 - Postaufgabe der Rechtsmittelbeantwortung 24. 5. 1991) eine Rekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist nicht berechtigt. Die rechtlichen Ausführungen des Rekursgerichtes sind zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).
Auch die Antragsgegnerin gesteht zu, daß der Sitz der gefährdeten Partei und der Inhalt der Geschäftsbeziehungen mit der Antragsgegnerin in Verbindung mit dem Gerichtsstand des Vermögens jedenfalls eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Ableitung der inländischen Gerichtsbarkeit darstellen (vgl hiezu EvBl 1988/33; SZ 57/143). Sie meint jedoch, es fehle hier an einem Gerichtsstand des Vermögens und damit auch an der inländischen Gerichtsbarkeit.
Nach § 99 Abs 1 JN kann gegen Personen, die im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben, wegen vermögensrechtlicher Ansprüche bei jedem Gericht eine Klage angebracht werden, in dessen Sprengel sich Vermögen dieser Person oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand selbst befindet. Der Wert des im Inland befindlichen Vermögens darf jedoch nicht unverhältnismäßig geringer sein als der Wert des Streitgegenstandes. Diese Bestimmung soll verhindern, daß ein Gerichtsstand und damit auch die inländische Gerichtsbarkeit in Fällen begründet wird, in denen ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Wert des Vermögens und dem Streitgegenstand besteht; es sollen vor allem geringwertige Sachen für die Begründung des Gerichtsstandes nicht ausreichen. Nach dem Bericht des Justizausschusses (AB 1337 BlgNR 15. GP 6), durch welchen § 99 Abs 1 Satz 1 JN seine endgültige heutige Fassung erhielt, sollte klargestellt werden, daß der Wert des vorhandenen Vermögens nur nicht unverhältnismäßig geringer sein dürfe als der Streitwert. Vermögen im Sinne des § 99 JN liege also nur dann vor, wenn es die Befriedigung eines erheblichen Teiles der geltend gemachten Forderung ermögliche. Das Rekursgericht hat mangels Kenntnis des Alters und Zustandes der LKW-Züge die Einschätzung des Wertes eines solchen LKW-Zuges mit nur S 500.000,-, also nach der Erfahrung des täglichen Lebens eher sehr vorsichtig vorgenommen. Ein so errechnetes im Inland befindliches Vermögen von S 2,000.000,- zum Zeitpunkt der Klagseinbringung ist aber ohne jeden Zweifel geeignet, die Befriedigung eines erheblichen, jedenfalls aber wirtschaftlich sehr bedeutenden Teiles der geltend gemachten Forderung zu ermöglichen. Das Vorliegen des Gerichtsstandes des Vermögens muß daher bejaht werden. Da sich dieses Vermögens nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klagseinbringung (SZ 52/60 uva) im Sprengel des Erstgerichtes befunden hat, war dieses für die Klage auch örtlich zuständig. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ergibt sich aus § 387 Abs 1 EO. Ein Fall der Ordination gemäß § 28 JN liegt somit entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin keineswegs vor.
Der von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommene Sachverhalt kann im Revisionsrekursverfahren nicht bekämpft werden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rechtsmittel ist daher nicht einzugehen.
Das Rekursgericht hat auch zu Recht die Gefährdung des Anspruches im Sinne des § 379 Abs 2 Z 2 EO angenommen. Die gesetzliche Voraussetzung der Möglichkeit einer Urteilsvollstreckung im Ausland liegt nur dann nicht vor, wenn der ausländische Gegner der gefährdeten Partei im Inland ausreichendes Vermögen besitzt und kein Grund zu der Annahme besteht, daß dieses Vermögen zum Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit entzogen werden könnte (JBl 1979, 323 ua). Mit dieser Möglichkeit zum Zeitpunkt der Urteilsvollstreckung muß aber im vorliegenden Fall jedenfalls gerechnet werden. Wenn die Antragsgegnerin argumentiert, die geringen Spannen im internationalen Spediteurgewerbe ließen mit Umwegen verbundene Ausweichrouten nicht zu, weil eine solche Vorgangsweise nach kurzer Zeit den wirtschaftlichen Ruin für das Unternehmen bedeuten würde und es sei daher damit zu rechnen, daß sich ständig eine größere Zahl ihrer Fahrzeuge in Österreich aufhalten werde, so ist ihr entgegenzuhalten, daß der Verlust der Betriebsmittel zur Ausübung des Transportgewerbes überhaupt doch viel einschneidender den wirtschaftlichen Ruin herbeiführen müßte. Auch die verweigerte Einlösung der in Anspruch genommenen Bankgarantie zeigt deutlich, daß ohne die beantragte einstweilige Verfügung die Gefahr einer Urteilsvollstreckung im Ausland objektiv gegeben ist.
Gemäß § 390 Abs 2 EO kann das Gericht die Bewilligung der einstweiligen Verfügung nach Lage der Umstände von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, wenngleich die antragstellende Partei die ihr obliegenden Bescheinigungen in genügender Art beigebracht hat. Dies vor allem, wenn durch die einstweilige Verfügung nach den Umständen des Falles Bedenken wegen tiefgreifender Eingriffe in die Interessen des Antragsgegners erweckt werden. Durch die Sicherheitsleistung soll in solchen Fällen die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Antragstellers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt werden (ÖBl 1979, 41; ÖBl 1979, 122; MietSlg 33.754/28 uva). Diesen Umständen hat das Rekursgericht durch Auferlegung einer Sicherheitsleistung von S 1,000.000,- Rechnung getragen. Das Gericht hat die Sicherheit nach freiem Ermessen zu bestimmen, wobei es keiner besonderen Erhebungen über die mögliche Höhe des dem Gegner der gefährdeten Partei eventuell drohenden Schadens bedarf (ÖBl 1982, 39 ua). Gerade wenn die Frage, ob und in welcher Höhe durch den Vollzug der einstweiligen Verfügung ein Schaden entstehen wird, gegenwärtig noch nicht mit Sicherheit beantwortet werden kann, genügt die Festsetzung einer verhältnismäßig niedrigen Kaution, da später immer noch die Möglichkeit einer Erhöhung gegeben ist, wenn sie sich als unzureichend herausstellen sollte (SZ 42/125; MietSlg 33.754/28). Schließlich soll, wenn sich die Auferlegung der Sicherheit auf § 390 Abs 2 EO gründet, also der Anspruch ausreichend bescheinigt ist, die Kaution nicht so hoch sein, daß sie den Vollzug der einstweiligen Verfügung hindern könnte. Unter all diesen Gesichtspunkten hat das Rekursgericht von seinem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht. Eine Erhöhung der Sicherheitsleistung ist daher derzeit nicht erforderlich.
Dem Revisionsrekurs war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 402 Abs 2 und 78 EO sowie 41 und 50 ZPO, jene über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 EO.
Anmerkung
E27102European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00560.91.0606.000Dokumentnummer
JJT_19910606_OGH0002_0060OB00560_9100000_000