Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Fellner und Hon.-Prof. Dr. Gottfried Winkler (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Erich S*****, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wider die beklagte Partei SOZIALVERSICHERUNGSANSTALT DER BAUERN (Landesstelle Steiermark), 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Jänner 1991, GZ 7 Rs 85/90-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 24. April 1990, GZ 34 Cgs 151/89-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger vom 1.5.1989 an eine Erwerbsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, wird abgewiesen."
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 1.6.1989 lehnte die beklagte Partei den Antrag des am 3.8.1941 geborenen Klägers vom 20.4.1989 auf Erwerbsunfähigkeitspension nach § 123 BSVG mit der Begründung ab, daß der Versicherungsfall der dauernden Erwerbsunfähigkeit noch nicht eingetreten sei.
Die dagegen rechtzeitig erhobene, auf die abgelehnte Leistung vom 1.5.1989 an im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klage stützt sich darauf, daß der Kläger wegen seines außerordentlich schlechten Gesundheitszustandes keinem regelmäßigen Erwerb nachgehen könne.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger erfülle zwar seit dem 1.5.1989 die (allgemeine) Voraussetzung des § 121 Abs 2 BSVG, sei jedoch nicht dauernd erwerbsunfähig.
Das Erstgericht erkannte das Klagebegehren vom 1.2.1990 an als dem Grunde nach zu Recht bestehend (Punkt 1.), trug der beklagten Partei auf, dem Kläger vom 1.2.1990 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine monatliche Zahlung von 5.000 S zu erbringen (Punkt 2.) und wies das auf eine Erwerbsunfähigkeitspension für die Zeit vom 1.5.1989 bis 31.1.1990 gerichtete Mehrbegehren ab (Punkt 3.).
Nach seinen für das Revisionsverfahren wesentlichen Feststellungen besteht beim Kläger ua ein vermutlich alkoholisch bedingter Leberschaden mit mäßigen cellulären Aktivitätszeichen ohne sichere Hinweise auf einen cirrhotischen Umbau, ein alkoholisches Polyneuropathiesyndrom und ausgeprägte vegetative Reizerscheinungen im Rahmen eines prädeliranten Zustandsbildes. Wegen des letztgenannten Zustandes sind dem Kläger etwa seit 20.1.1990 keine geregelten Arbeiten zumutbar. Die nunmehrigen Krankenstände auf Grund des Alkoholkonsums sind mit etwa drei Monaten pro Jahr zu prognostizieren. Eine Alkoholentwöhnungskur, für die eine hohe Erfolgsaussicht von 60 % besteht, wäre zielführend. Sie würde mindestens ein halbes bis ein Jahr dauern. Der Kläger ist sicherlich bis Ende 1990 arbeitsunfähig. Von der Antragstellung bis 19.1.1990 konnte er noch mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen, im Freien und in geschlossenen Räumen mit mehreren Einschränkungen leisten und damit zwar nicht mehr als Landwirt, wohl aber (ua) als Abgrater, Bürobote und Küchengehilfe arbeiten.
Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei der Kläger erst seit 1.2.1990 erwerbsunfähig. Ein Sozialversicherter müsse sich zwar grundsätzlich einer Alkoholentwöhnungskur, deren Erfolgsaussichten vom Sachverständigen als an und für sich gut beurteilt werden, unterziehen. Da das Ausmaß der notwendigen Entwöhnungskur jedoch das Ausmaß eines Krankenstandes von etwa sechs Monaten überschreite, liege vom 1.2.1990 an Erwerbsunfähigkeit vor.
Die Abweisung des Mehrbegehrens (Punkt 3.) blieb unbekämpft.
Gegen die stattgebenden Punkte 1. und 2. richtete sich die eine gänzliche Abweisung der Klage anstrebende Berufung der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.
Es stellte ergänzend fest, daß die vorzunehmende Alkoholentwöhnungskur in der Einweisung in eine Sonderanstalt oder Sonderabteilung bestimmter Krankenhäuser für Alkoholkranke bestehen müßte. Eine andere Behandlung, etwa eine vom Kläger selbst mit Unterstützung des Hausarztes unternommene diesbezügliche ambulante Kur wäre erfolglos.
Nach der rechtlichen Beurteilung der zweiten Instanz habe der Versicherte nach § 123 Abs 1 BSVG nur bei dauernder Erwerbsunfähigkeit Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitspension. Daher gebe es auch keine befristete Erwerbsunfähigkeitspension, weshalb es unerheblich sei, ob die vorliegende Erwerbsunfähigkeit länger als 26 Wochen dauern werde. Es komme nur darauf an, ob die Erwerbsunfähigkeit dauernd iS der gesetzlichen Definition sei. Dies sei nach den Feststellungen zu bejahen. Der Kläger sei nämlich wegen eines prädeliranten Zustandsbildes erwerbsunfähig, und dieser Zustand sei nur durch eine Alkoholentwöhnungskur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit heilbar. Dabei handle es sich um eine über eine normale Heilbehandlung hinausgehende spezielle Maßnahme, die keine in die Duldungspflicht des Klägers fallende Krankenbehandlung iS des § 83 Abs 1 und 2 BSVG sei, sondern eine von ihm ablehnbare Maßnahme medizinischer Rehabilitation durch Unterbringung in einer Krankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation diene (§ 152 Abs 1 Z 1 BSVG). Der zu SSV-NF 2/32 entschiedene Fall sei insofern anders, als damals die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit schon bei dem Versicherten zumutbarer bloßer Abstinenz wahrscheinlich erschienen sei. Hier jedoch sei der Versicherungsfall am 20.1.1990 eingetreten, weshalb die Erwerbsunfähigkeitspension am Stichtag, dem 1.2.1990, angefallen sei.
Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im Sinne einer (gänzlichen) Klageabweisung abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitspension hat der Versicherte nach
§ 123 Abs 1 BSVG bei dauernder Erwerbsunfähigkeit, ... Als
erwerbsunfähig gilt der ... Versicherte, der ... infolge von
Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner ...
körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen (§ 124 Abs 1 leg cit). Nach § 104 Abs 1 BSVG gilt der Versicherungsfall bei Leistungen aus dem Versicherungsfall der dauernden Erwerbsunfähigkeit mit deren Eintritt als eingetreten, ...
Auch nach dem GSVG hat der Versicherte nur bei dauernder Erwerbsunfähigkeit Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitspension (§ 132 Abs 1 GSVG).
Nach dem ASVG hat dagegen der Versicherte nicht nur bei dauernder Ivalidität oder Berufsunfähigkeit (§ 254 Abs 1 Z 1 bzw § 271 Abs 1 Z 1), sondern auch bei vorübergehender Invalidität oder Berufsunfähigkeit ab der 27. Woche ihres Bestandes (Z 2 der zit Gesetzesstellen) Anspruch auf Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension, wobei bei vorübergehender Invalidität bzw Berufsunfähigkeit die jeweilige Pension für eine bestimmte Zeit zuerkannt werden kann (§ 256 und § 271 Abs 3).
Nach dem vor dem 1.1.1939 geltenden alten österreichischen
Sozialversicherungsrecht hatte der in der Arbeiterversicherung
Versicherte Anspruch auf Invaliditätsrente, wenn er durch
Krankheit oder andere Gebrechen dauernd invalid geworden war
(§ 200 Abs 1 GSVG). Der in der Angestelltenversicherung
unmittelbar Versicherte hatte Anspruch auf die Invaliditätsrente,
wenn er berufsunfähig geworden, das heißt wegen körperlicher
Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen
Kräfte dauernd außerstande war, den Pflichten seiner letzten
Berufsstellung nachzukommen oder eine andere Beschäftigung
auszuüben, die ihm ... billigerweise zugemutet werden konnte
(§ 253 Satz 1 GSVG). Anspruch auf die Invaliditätsrente hatte
allerdings auch der unmittelbar Versicherte, der zwar nicht
dauernd berufsunfähig war, dessen mit Berufsunfähigkeit
verbundene Erkrankung jedoch über die nach § 234 Abs 1 GSVG in
Betracht kommende Frist (des Krankengeldbezuges von höchstens
30 Wochen für denselben Krankheitsfall, die sich, wenn zwölf
Beitragsmonate anrechenbar waren, auf 52 Wochen verlängerte)
hinaus andauernde, und zwar vom Zeitpunkte des Ablaufes dieser
Frist an für die weitere Dauer der Berufsunfähigkeit (§ 253
Satz 22 GSVG). Kerber, Die gewerbliche SV (1936) 444 FN 4 e zu
§ 253 GSVG kommentierte, daß der Ausdruck "dauernd" im Satz 1
nicht lebenslänglich bedeute, sondern nur einen im Verhältnis zur
normalen Dauer einer die Berufsfähigkeit infolge Krankheit
unterbrechenden Berufsunfähigkeit ... langen, seiner wirklichen
Dauer nach im vorhinein nicht begrenzbaren Zeitraum.
Nach Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 69
ist erwerbsunfähig, wer ... nicht nur vorübergehend, sondern
dauernd außerstande ist, irgendeinem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Dauernd heiße, daß vorläufig ein Ende der Erwerbsunfähigkeit nicht absehbar sei. Die Beurteilung habe daher prognostisch zu erfolgen.
Teschner zitiert in MGA SV der Bauern 20. ErgLfg 324 FN 1 kommentarlos die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien in SV-Slg 17.467, wonach der Begriff "dauernd" im Zusammenhang mit der Erwerbsunfähigkeit nicht iS eines in Zukunft nach medizinischer Aussage nicht mehr abänderbaren Zustandes angesehen werden müsse, sondern bloß als ein anhaltender Zustand, dessen Ende nur vorläufig noch nicht abgesehen werden könne.
Das Oberlandesgericht Wien, das bis 31.12.1986 letzte Instanz in Leistungsstreitsachen war, legte den in den Pensionsversicherungsgesetzen der Selbständigen (insbesondere § 73 GSPVG und § 70 B-PVG und später § 132 GSVG und § 123 BSVG) gebrauchten Begriff "dauernde Erwerbsunfähigkeit" zunächst dahin aus, daß das Leiden des Rentenwerbers so sein müsse, daß auf Grund der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und der ärztlichen Erfahrung eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht nur derzeit oder vorübergehend, sondern für alle Zukunft auszuschließen sei (SVSlg. 11.311 u. 13.104). Seit der
5. GSPVGNov BGBl 1962/14 verstand das Oberlandesgericht Wien jedoch den Begriff "dauernd" nicht mehr iS eines in Zukunft nach medizinischer Voraussicht nicht mehr änderbaren Zustandes, sondern als einen anhaltenden Zustand, dessen Ende nur vorläufig nicht abgesehen werden könne (SSV 2/54 = SVSlg 13.105, 13.106, 15.438, 17.467, 21.043, 21.045, 21.046, 21.047, 26.787). In den E SVSlg 21.043 und 21.047 wies das Oberlandesgericht Wien darauf hin, daß im Bereich des GSPVG eine zeitlich begrenzte Pensionsleistung wegen vorübergehender Invalidität (Erwerbsunfähigkeit), wie sie zB § 256 ASVG kenne, nicht vorgesehen sei. § 73 GSPVG verlange die "dauernde" Erwerbsunfähigkeit. Diese strenge Regelung finde in der selbständigen Erwerbstätigkeit der Versicherten ihre Begründung, die in der Regel eine vorübergehende Erwerbsunfähigkeit leichter überwinden könnten. Die Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit sei grundsätzlich nicht rückschauend zu beurteilen, sondern müsse prognostisch beurteilt werden. Eine Befristung der dauernden Erwerbsunfähigkeitspension sei dann nicht ausgeschlossen, wenn die Erwerbsunfähigkeit auch schon vor Zuerkennung der Leistung weggefallen sei.
Zum in der knappschaftlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vorkommenden Begriff der "dauernden" Berufsunfähigkeit führt Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung IV 928f ua aus, er bezeichne den Gegensatz zur "vorübergehenden" Berufsunfähigkeit und liege vor, wenn aller Voraussicht nach eine Besserung des Berufsunfähigen in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei. Sie brauche also keineswegs eine lebenslängliche Berufsunfähigkeit zu sein. Eine vorübergehende Berufsunfähigkeit könne durch Hinzutreten oder Verschlechterung eines Leidens in eine dauernde übergehen. Vorübergehende Berufsunfähigkeit sei ein Zustand, der nach vernünftigem menschlichen Ermessen in absehbarer Zeit Aussicht auf Beseitigung oder wesentlich Besserung biete. Eine nur unbestimmte Möglichkeit, die Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen, genüge zur Annahme vorübergehender Erwerbsunfähigkeit nicht. Regelmäßig werde diese dann nicht mehr anzunehmen sein, wenn sie nach menschlichem Ermessen länger als ein Jahr andauern werde. Sie werde aber angenommen werden können, wenn es sich um Krankheiten oder Gebrechen handle, die voraussichtlich in absehbarer Zeit durch Kuren oder Operationen geheilt werden können oder mindestens eine Beseitigung der Berufsunfähigkeit erhoffen lassen. Auch bei zu erwartender Gewöhnung an den Zustand könne vielfach vorübergehende Berufsunfähigkeit angenommen werden (zB nach kleineren Amputationen).
Nach Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache Bd 2, 491 hat das Adjektiv "dauernd" ua die Bedeutungen "für längere Zeit in gleichbleibender Weise vorhanden, wirkend, geltend; fortwährend ..."
Der erkennende Senat teilt die von der zit Lehre und der angegebenen jüngeren Rsp des Oberlandesgerichtes Wien vertretene Rechtsansicht, daß es sich bei der "dauernden Erwerbsunfähigkeit" iS der §§ 123 Abs 1 und 124 Abs 1 BSVG bzw der §§ 132 Abs 1 und 133 Abs 1 GSVG zwar nicht um einen nicht mehr (wesentlich) besserungsfähigen, also lebenslangen Zustand handeln muß, wohl aber um einen längere Zeit anhaltenden (dauernden) Zustand, dessen Ende in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.
Berücksichtigt man, daß der Versicherungsfall bei Leistungen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit im Falle vorübergehender Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit nach § 223 Abs 1 Z 2 lit b ASVG erst mit dem Ablauf der 26. Woche ihres Bestandes eintritt, wobei Zeiträume einer auf der gleichen Ursache beruhenden Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit zusammenzurechnen sind, wenn diese Zeiträume nicht mehr als vier Monate auseinander liegen, und der Versicherte bei vorübergehender Invalidität bzw Berufsunfähigkeit nach § 254 Abs 1 Z 2 ASVG erst ab der 27. Woche ihres Bestandes Anspruch auf Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension hat, die dann nach § 256 leg cit auch für bestimmte Zeit zuerkannt werden kann, so kann "dauernde" Erwerbsunfähigkeit nicht schon dann angenommen werden, wenn die Erwerbsunfähigkeit voraussichtlich nach einem halben Jahr weggefallen sein wird. Aber auch dann, wenn die die Erwerbsunfähigkeit bewirkende Gesundheitsstörung bei dem Versicherten zumutbarer Behandlung voraussichtlich erst nach einem Jahr behoben oder im Sinne einer Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert sein wird, liegt noch keine "dauernde" Erwerbsunfähigkeit vor, weil es sich dabei - gerade bei schwereren Gesundheitsstörungen, die eine längere Krankenbehandlung und -nachbehandlung einschließlich Kuren erfordern, noch immer um keinen ungewöhnlich langen oder nicht absehbaren Zeitraum handelt. In diesem Zusammenhang sei zB auf § 14 Abs 1 Z 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 hingewiesen, nach dem der Beamte in den Ruhestand zu versetzen ist, wenn er (zwar nicht dauernd dienstunfähig, aber) infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens ein Jahr vom Dienst abwesend gewesen und dienstunfähig ist.
Nach den Feststellungen sind dem Kläger zwar seit 20.1.1990 wegen einer Alkoholkrankheit keine geregelten Arbeiten zumutbar, doch könnte dieser Zustand der Erwerbsunfähigkeit durch eine Alkoholentwöhnungskur in einer Sonderanstalt oder Sonderabteilung bestimmter Krankenhäuser für Alkoholkranke mit einer hohen Erfolgsaussicht von 60 % in einem halben bis einem Jahr behoben werden.
Im Interesse der Versichertengemeinschaft ist auch vom Kläger zu verlangen, daß er sich dieser notwendigen und mit keinen unzumutbaren Gefahren verbundenen Alkoholentwöhnungskur unterzieht (vgl SSV-NF 2/33 = JBl 1988, 601 = SZ 61/84 ua, zuletzt 23.4.1991 10 Ob S 90/91).
Da die bestehende Erwerbsunfähigkeit bei einer solchen Behandlung - ob diese bei Vorliegen eines im § 89 Abs 4 BSVG genannten Ausnahmegrundes als Anstaltspflege gelten würde, kann wegen der nicht gerechtfertigten Weigerung des Klägers, sich einer solchen Behandlung zu unterziehen, dahingestellt bleiben - voraussichtlich in einem Jahr behoben wäre, - hat der Kläger auch vom 1.2.1990 an mangels dauernder Erwerbsunfähigkeit keinen Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitspension nach § 123 Abs 1 BSVG.
Der Revision war daher Folge zu geben; die Urteile der Vorinstanzen waren durch gänzliche Abweisung der Klage abzuändern.
Anmerkung
E26355European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00156.91.0611.000Dokumentnummer
JJT_19910611_OGH0002_010OBS00156_9100000_000