Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Jelinek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Reinhard Drössler und Walter Darmstätter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei L***** K*****, Raumpflegerin, *****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen Kündigungsanfechtung (Streitwert S 300.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Dezember 1990, Gz 8 Ra 74/90-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 26.April 1989, Gz 21 Cga 317/88-11, auch im zweiten Rechtsgang bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß sie lautet:
"Das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß das Dienstverhältnis der klagenden Partei zur beklagten Partei (über den 31.12.1988 hinaus) weiterbesteht, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit insgesamt S 23.373 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.895,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die 1938 geborene Klägerin war seit 1983 bei der beklagten Partei als Aufräumerin beschäftigt. Der Betriebsrat der beklagten Partei widersprach der ihm im November 1988 von der beklagten Partei mitgeteilten Absicht der Kündigung der Klägerin nicht. Am 16.11.1988 wurde das Dienstverhältnis der Klägerin von der beklagten Partei zum 31.12.1988 aufgekündigt.
Die Klägerin bezog bei der beklagten Partei ein Monatseinkommen von rund S 10.500 brutto (S 61,-- pro Stunde), ihr Ehegatte, der ebenfalls bei der beklagten Partei beschäftigt ist, ein solches von rund S 14.500 netto. Die Klägerin hat noch für ein Schulkind zu sorgen. Sie und ihr Ehegatte sind mit Rückzahlungen eines für Wohnzwecke aufgenommenen Kredites von monatlich S 4.356 belastet. Sie hatten 1988 und auch in der Folgezeit für die Wohnung samt Stromversorgung monatlich rund S 2.500 zu bezahlen. Die Beheizung der Wohnung erfolgt mit Einzelölöfen. Die Klägerin selbst hatte 1988 wie auch in der Folgezeit einen Kredit in Monatsraten von S 2.228 zurückzuzahlen. Diese Kreditaufnahme war zur Abdeckung von Kostenzahlungen aus einem gerichtlichen Ehrenbeleidigungsverfahren erforderlich. Nach der Kündigung bezog die Klägerin bis 29.6.1989 ein Arbeitslosengeld von monatlich rund S 5.500. Sie hatte ein Sozialgerichtsverfahren zwecks Erlangung der Invaliditätspension geführt, das diesbezügliche Begehren aber angesichts des die Weiterbeschäftigung als Aufräumerin nicht ausschließenden erstinstanzlichen Beweisergebnisses wieder zurückgezogen. Seit 1.12.1988 gehört die Klägerin dem Kreis der begünstigten Behinderten mit 50 % Minderung der Erwerbsfähigkeit an; letztere wurde ab November 1990 auf 60 % erhöht. Seit 29.6.1989 steht die Klägerin bei der beklagten Partei wieder in Arbeit. Diese hat der Klägerin die Wiederaufnahme der Arbeit als Aufräumerin angeboten, weil mit dem erstinstanzlichen Urteil dem Feststellungsbegehren auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses stattgegeben worden war und sich die Beklagte für den Fall der Rechtskraft dieser Entscheidung nicht der Arbeitsleistung der Klägerin begeben wollte. Das Arbeitsverhältnis sollte aber mit Rechtskraft der allfälligen Abweisung des klägerischen Begehren beendet sein. Die Klägerin hat dieses Angebot angenommen. Sie hat keinen Anspruch auf Langzeitarbeitslosengeldbezug und infolge ihres Alters von (im Kündigungszeitpunkt) 50 Jahren Schwierigkeiten, im Verwaltungsbezirk ihres Wohnortes einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden.
Die Klägerin hatte in einer Fünf-Tage-Woche eine tägliche Arbeitszeit von 14.00 bis 22.00 Uhr. Sie mußte in den letzten drei Jahren, also ab Beginn 1986, im Verwaltungsgebäude das Erdgeschoß, den Stiegenaufgang vom Keller zum Erdgeschoß, vier WC-Anlagen und drei Gänge täglich reinigen. Diesen Bereich hat die Klägerin stets ordnungsgemäß sauber gehalten, wenn sie anwesend war. Mit diesem ihrem Betreuungsbereich war die Klägerin bei ordnungsgemäßer Verrichtung der Reinigung voll ausgelastet. Schwierigkeiten traten dadurch auf, daß die Klägerin einerseits häufig wegen Erkrankung ausfiel, andererseits oft kurzfristig - fünf Minuten vor Dienstbeginn etwa - telefonisch für diesen Tag Urlaub beanspruchte, welcher ihr auch meistens gewährt wurde, wobei aber Vertretungsprobleme auftraten. Weiters zeigte sich die Klägerin nicht bereit, für abwesende Kolleginnen in anderen Betreuungsbereichen des Verwaltungsgebäudes Vertretungen zu leisten, obwohl ihr gesagt wurde, daß die Arbeiten dann insgesamt nur oberflächlich zu machen, etwa nur die Papierkörbe und Aschenbecher zu leeren sowie die Sanitärräume zu reinigen seien. Wurde die Klägerin zu solchen Vertretungstätigkeiten genötigt, so verrichtete sie diese so oberflächlich, daß Beschwerden der dort beschäftigten Angestellten vorkamen. So leerte sie dann oft nicht einmal die Papierkörbe aus. Über die Vertretungsleistung anderer Aufräumerinnen in solchen Fällen gab es keine Beschwerden. Wenn die Klägerin die diesbezügliche Vertretungstätigkeit auch nie ausdrücklich abgelehnt hatte, so war ihre Leistung doch ineffizient. Demgegenüber haben die Arbeitskolleginnen der Klägerin solche Vertretungstätigkeiten sehr wohl verrichtet und war daran zu erkennen, daß - bei Durchschnittsbetrachtung - die Vertretungsleistung angesichts der nicht so zeitaufwendigen genauen Arbeitsdurchführung doch zugemutet werden konnte. Wegen dieser mangelhaften Vertretungsleistung und der häufigen Fehltage, so daß sich die Beklagte auf den Arbeitseinsatz der Klägerin nicht verlassen konnte, wurde sie seit 1987 als sogenannte Minderleisterin geführt. Die Klägerin wurde von den Vorarbeitern immer wieder und einmal auch vom Abteilungsleiter mündlich auf die Minderleistungserbringung aufmerksam gemacht, zur besseren Leistung ermahnt und ihr die Konsequenz der Meldung an vorgesetztes Personal angedroht; dies ab dem Zeitpunkt, als die Leistung der Klägerin nachließ, etwa mit Jahresanfang 1987. Nach solchen Ermahnungen verbesserte sich die Leistung der Klägerin kurzfristig, ließ aber dann wieder nach.
Seit 1988 befindet sich die Klägerin in ärztlicher Behandlung. Es wurden bei ihr ein ausgeprägter degenerativer Bandscheibenschaden L 4/L 5, deformierende Spondylose L 3 bis S 1 und eine mäßige Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule, ein geringer Beckenschiefstand bei geringer Beinverkürzung rechts, Heberden'sche Polyarthrosen der distalen Interphalangealgelenke sowie eine ausgeprägte saisonale allergische Konjuktivitis und Bronchitis festgestellt. Durch die Belastung bei der Tätigkeit einer Aufräumerin werden immer wieder Beschwerden, insbesondere am Stamm und den betroffenen Fingergelenken, hervorgerufen bzw verstärkt bis zur Notwendigkeit der Inanspruchnahme eines Krankenstandes.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 11.11.1986 und 19.10. (richtig) 1988 an 115 Tagen im Krankenstand, davon vier durchlaufende Krankenstände in der Dauer von zweimal 15 Arbeitstagen, einmal 19 Arbeitstagen und einmal
10 Arbeitstagen. Der letzte Krankenstand dauerte ab 19.10. (richtig) 1988 bis 2.12. (richtig) 1988, sohin über den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches hinaus.
Die beklagte Partei hat Standorte in W*****, M***** und K*****. In all diesen Betrieben ist Reinigungspersonal beschäftigt. In der Zeit von 1988 war das wirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens zuletzt stets defizitär in Höhe von vielen Millionen Schilling. Zur Erhaltung einzelner Betriebsstandorte bzw des Unternehmens überhaupt bestand die zwingende Notwendigkeit der Rationalisierung auch durch Personalabbau. Es wurde ein betriebswirtschaftliches Unternehmensberatungsgutachten eingeholt, nach welchem die Gebäudereinigung insgesamt vom Dienst- auf Werkvertrag (Vergabe an Drittunternehmen) umzugestalten wäre. Die Unternehmensleitung der beklagten Partei traf die Entscheidung, daß ab 1988 diese Umstellung in Angriff genommen werde. Der Betrieb in W***** wurde bis 1989 auf diese Weise umgestellt. Die Umstellung im Betrieb in K*****, in welchem die Klägerin im Verwaltungsgebäude eingesetzt war, wurde ebenfalls 1988 in Angriff genommen und nach Vereinbarungen mit dem Arbeiterbetriebsrat erreicht, daß im nicht zur Produktion gehörigen Teilbereich (Verwaltung, Forschung und Ausbildung) ab 17.4.1989 die gesamte Reinigung durch ein Fremdunternehmen auf Werkvertragsbasis durchgeführt wird. Zu diesem Zwek mußten schon 1988 kontinuierlich Reinigungskräfte aus diesem Bereich versetzt, aber auch gekündigt werden. Versetzungen kamen nicht nur in andere Reinigungsbereiche, sondern auch in Küche, Spital oder Wäscherei vor. Der Kägerin wurde eine Versetzung nicht angeboten, weil sie als Minderleisterin die für die Ersatzarbeitsplätze erforderliche volle Leistungsfähigkeit nicht hatte. Sowohl im Jahr 1988 als auch in den Jahren 1989 und 1990 wurden neue Arbeitnehmerinnen im Reinigungsdienst beschäftigt. So wurden Werkschülerinnen (gelernte Dreherinnen und Schlosserinnen) für die Behaltezeit im Reinigungsdienst eingesetzt, vereinzelt auch über die Behaltefrist hinaus in befristeten Dienstverträgen weiterbeschäftigt. In einzelnen Fällen kamen auf diese Weise Dienstverhältnisse von bis zu 1 1/2 Jahren Dauer zustande. Im Jahr 1990 wurden sogar vier bisher nicht bei der beklagten Partei beschäftigte Aufräumerinnen mit befristeten Dienstverträgen neu eingestellt. Dies war notwendig geworden, weil die Fluktuation zu stark wurde und über die geplante Reduktion hinausging. Von den im Jahr 1989 als Aufräumerinnen eingesetzten Lehrlingen war am 11.12.1990 noch eine als Aufräumerin tätig. Eine Arbeitnehmerin im Reinigungsdienst kostete der beklagten Partei 1988/89 rund S 300.000 jährlich. Nach dem Bestangebot eines Reinigungsunternehmens im Jahr 1988 wäre insgesamt die Hälfte des Aufwandes für unternehmenseigene Dienstnehmer zur Erbringung der Reinigungsleistung erforderlich gewesen. Tatsächlich hat sich nach Umstellung auf Werkvertrag im Verwaltungshauptgebäude nur eine Einsparung von 15 % ergeben. Die Gründe hiefür sind nicht bekannt.
Die Klägerin ficht die Kündigung als sozialwidrig an, weil durch den Einkommensausfall bei starker privater finanzieller Belastung ihre Interessen wesentlich beeinträchtigt seien.
Die beklagte Parteie beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, die Weiterbeschäftigung der Klägerin sei wegen häufig und langandauernder Krankenstände betrieblich nicht zumutbar; die Klägerin führe nur ihr zusagende, nicht aber die ihr zugewiesenen Arbeiten aus und pflege kurzfristig tageweise Urlaub in Anspruch zu nehmen und bei Nichtgewährung in den Krankenstand zu flüchten; schließlich sei auch aus Rationalisierungsgründen beim Reinigungspersonal ein Abbau erforderlich.
Das Erstgericht stellte fest, daß das Dienstverhältnis zwischen den Streitteilen aufrecht bestehe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Der Oberste Gerichtshof hob die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Urteilsfällung an das Berufungsgericht zurück (9 Ob A 85/90), weil insbesondere zum zulässigen und rechtlich erheblichen Neuvorbringen der beklagten Partei in der Berufung (Betreuung einer Fremdfirma aus notwendigen Rationalisierungsgründen) Beweisaufnahmen fehlten. Zu der nach § 105 Abs 3 ArbVG notwendigen Interessenabwägung Stellung zu nehmen, sah sich der Oberste Gerichtshof nach dem damaligen Stand des Verfahrens außerstande, hielt aber fest, daß bei der Interessenabwägung auch der neu geltend gemachte betriebsbezogene Kündigungsgrund (Betrauung einer Fremdfirma aus notwendigen Rationalisierungsgründen - Voraussetzung der Beachtlichkeit sei allerdings eine nicht unbeträchtliche Kostenverringerung -) zu beachten und ebenso wie die zu den geltend gemachten personenbezogenen Kündigungsgründen getroffenen Feststellungen dem Interesse der Klägerin an der Weiterbeschäftigung unter Bedachtnahme auf § 105 Abs 3 Z 2 letzter Satz ArbVG gegenüberzustellen sei.
Das Berufungsgericht traf im zweiten Rechtsgang die eingangs wiedergegebenen ergänzenden Feststellungen und bestätigte die dem Klagebegehren stattgebende Entscheidung. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Gründe des § 105 Abs 3 Z 2 lit a und b ArbVG schlössen als negative Anfechtungstatbestandsmerkmale die Annahme einer ansonsten, nämlich wegen Beeinträchtigung wesentlicher Interessen der Arbeitnehmerin, sozial ungerechtfertigten Kündigung aus. Sie setzten aber das Vorliegen einer durch die Kündigung bewirkten Beeinträchtigung wesentlicher Arbeitnehmerinteressen voraus und berechtigten den Betriebsinhaber ungeachtet dieser sozialen Auswirkungen zur Kündigung. Es müsse zuerst ohne Rücksicht auf andere Anfechtungsvoraussetzungen und ohne Koppelung mit anderen Tatbeständen oder Tatbestandsmerkmalen geprüft werden, ob durch die Kündigung wesentliche Arbeitnehmerinteressen beeinträchtigt würden. Sei dies der Fall und lägen personen - bzw verhaltensbedingte oder wirtschaftliche Gründe, die die betrieblichen Interessen nachteilig berührten oder einer Weiterbeschäftigung entgegenstünden, vor, träten die Arbeitgeberinteressen an der Kündigung mit jenen der Arbeitnehmerin am Arbeitsplatzerhalt notwendig miteinander in Konkurrenz. Dann komme es auf das Überwiegen der jeweiligen Interessen an; es sei eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Bei der Prüfung der Interessenbeeinträchtigung der Arbeitnehmerin seien prognostisch die voraussichtlichen Folgen der Kündigung für die Arbeitnehmerin festzustellen. Nach der Kündigung drohende Arbeitslosigkeit bewirke an sich noch nicht eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung, sondern erst die Unmöglichkeit der Erlangung eines zumutbaren und annähernd gleiche Abgeltung bringenden Arbeitsplatzes habe diese Wirkung. Hiebei seien die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der Arbeitnehmerin in die Beurteilung einzubeziehen. Eine wesentliche Beeinträchtigung von Arbeitnehmerinteressen sei jedenfalls dann gegeben, wenn die durch die Kündigung bewirkte finanzielle Schlechterstellung ein solches Ausmaß erreiche, daß sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage zur Folge habe, ohne daß schon eine soziale Notlage oder Existenzgefährdung eintreten müsse. Wenn Arbeitslosigkeit allein noch nicht diese Interessenbeeinträchtigung bewirke, dann könne der Arbeitslosengeldbezug allein in der Regel auch nicht eine ansonsten anzunehmende Interessenbeeinträchtigung beseitigen. Nur wenn er ein Ausmaß und Dauer erreiche, welche die wirtschaftliche Schlechterstellung der Arbeitnehmerin durch den Arbeitentgeltausfall auf Dauer geringfügig erscheinen lasse, könne ein Einfluß auf die Beurteilung der Arbeitnehmerinteressenbeeinträchtigung anerkannt werden.
Davon könne bei der hier festgestellten Dauer und dem festgestellten Ausmaß des Arbeitslosengeldbezuges aber nicht gesprochen werden. Ohne Berücksichtigung desselben sei das Familiennettoeinkommen durch den Entgeltausfall bei der Klägerin um rund 30 % gesunken. Dies bedeute bei dem Gesamteinkommen der Familie von rund monatlich S 22.000 netto, Fixkosten für Wohnung (Miete einschließlich Betriebskosten und Stromverbrauch zuzüglich Wohnungskreditrückzahlung) von monatlich S 6.856 eine wesentliche wirtschaftliche Schlechterstellung der gesamten Familie und daher auch der Klägerin. Auf ihr am 29.6.1989 wieder höheres Einkommen aus dem bei der beklagten Partei wieder aufgenommenen Arbeitsverhältnis könne nicht Bedacht genommen werden, weil es sich hiebei nur um die Befolgung des erstinstanzlichen Urteiles handle. Habe die nun 50-jährige, im Verwaltungsbezirk ihres Wohnortes kaum vermittelbare und in dieser Situation anderen arbeitssuchenden Vergleichspersonen entsprechende Klägerin durch den Entfall von rund 30 % des für eine dreiköpfige Familie nicht überdurchschnittlichen Familieneinkommens eine wesentlche finanzielle Schlechterstellung hinzunehmen, so sei, auch wenn eine soziale Notlage oder gar Existenzgefährdung noch nicht eingetreten sein sollte, doch ihr Interesse an der Erhaltung des bisherigen Lebensstandards wesentlich beeinträchtigt.
Zu den personenbezogenen Kündigungsgründen führte das Berufungsgericht aus, die Klägerin habe rund 27 % der möglichen Arbeitzeit krankheitsbedingt gefehlt. Solche Krankenstände würden wegen der mangelnden Einsetzbarkeit der Arbeitnehmerin, aber auch wegen des vertretungsweise nicht mehr bewältigbaren Leistungsausfalls üblicherweise auf dem Arbeitsmark nicht in Kauf genommen. Da im Zeitpunkt der Kündigung der laufende Krankenstand noch angedauert habe und die große Wahrscheinlichkeit bestehe, daß sich die Situation auch künftig nicht ändern werde, berühre der in der Person der Klägerin gelegene Leistungsausfall die betrieblichen Interessen der Beklagten nachteilig. Es liege aber auch der personenbezogene Kündigungsgrund der Arbeitnehmerminderleistung vor. Die Vertretung von Arbeitskollegen gehöre in der Regel zum arbeitsvertraglichen Aufgabenbereich gleichartig beschäftigter Arbeitnehmer. Eine Vertretungsleistung könne aber nur im zumutbaren Ausmaß verlangt werden. Objektiv unzumutbare wäre sie dann, wenn ein durchschnittlich befähigter und gesunder Arbeitnehmer die Vertretungsleistung aus räumlichen oder zeitlichen Gründen nicht bewältigen könnte. Subjektiv unzumutbar wäre sie dann, wenn die an sich objektiv zumutbare Leistung wegen in der Person des Vertreters liegender Umstände nicht erbracht werden könne. Letzterer Fall liege vor. Die Vertretungsleistung sei von den Arbeitskolleginnen der Klägerin erbracht worden; Beschwerden habe es nur bei ihr gegeben. Sie habe den Durchschnitt der von ihr arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung nicht erbracht, und zwar aus subjektiven Gründen, nämlich wegen ihrer krankheitsbedingten Behinderung. Sie sei demnach begründet als sogenannte Minderleisterin eingestuft gewesen. Minderleistung im Vergleich zu üblicherweise erwartbarer Durchschnittsleistung eines Arbeitnehmers berühre die betrieblichen Interessen stets nachteilig, weil dadurch das Betriebsklima der sonstigen Bediensteten (Angestellten in den zu säubernden Räumen, aber auch Arbeitskolleginnen der Klägerin) leide und im extremen Fall sogar Mehrkosten durch Entlohnung von Ersatzarbeitskräften aufzuwenden seien. Die subjektiv bedingte Minderleistung der Klägerin berechtige daher zur Kündigung.
Zum betriebsbezogenen Kündigungsgrund folgerte das Berufungsgericht, der überbundenen Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes folgend, daß die Umstellung der Betriebsreinigung von eigenen Dienstnehmern auf Werksverträge und damit die Auflösung von Dienstverhältnissen grundsätzlich als Ausfluß der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit ein Kündigungsgrund nach § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG sei, sofern dadurch eine nicht unbeträchtliche Kostenverringerung eintrete und die gekündigte Arbeitnehmerschaft auch bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Versetzung im Betrieb oder in andere Betriebe desselben Unternehmers nicht mehr weiterbeschäftigt werden könne. Die geplante Kostenverringerung um 50 % wäre jedenfalls nicht unbeträchtlich gewesen. Aber auch eine Verringerung um 15 % sei noch nicht unbeträchtlich, betrachte man den Gesamtaufwand für rund 100 Reinigungskräfte von rund S 30,000.000 und die damit verbundene 15 %ige Kosteneinsparung von somit rund S 4,500.000. Es dürfe nicht übersehen werden, daß Rationalisierungsprogramme alle Unternehmensbereiche in mehr oder minder großem Ausmaß erfassen müßten, sollen sie voll zum Tragen kommen. Nur die Verwirklichung des Gesamtprogrammes bringe im Ergebnis den Erfolg der geplanten Maßnahme. Daß Einzelbereiche einen nur geringen Kostenverringerungseffekt aufwiesen, lasse sie im Gesamtrahmen des geplanten Konzeptes nicht als vernachlässigbar erscheinen. Ansonsten könnte ein Rationalisierungsprogramm dadurch zu Fall gebracht werden, daß die Gesamtmaßnahme in kleine und immer kleinere Rationalisierungsbereiche aufgespalten werde und in diesen Teilbereichen - für sich betrachtet - ein im Verhältnis zum Gesamtunternehmensergebnis nur unbeträchtlicher Kostenverminderungseffekt eintrete mit dem Resultat, daß dort, also praktisch überall im Unternehmen, auf die Einsparung durch die Kündigung von Dienstnehmern zu verzichten sei. Unter unbeträchtlichen Kosteneinsparungen seien daher nur solche zu verstehen, die in bezug auf das gesamte Rationalisierungsprogramm tatsächlich so unbedeutend seien, daß ein vernünftiger Unternehmer die gesamte Maßnahme mangels Effizienz unterlassen würde. Davon könne bei einer Kosteneinsparung von S 4,500.000 pro Jahr allein im Gebäudereinigungsbereich, in dem nur knapp an die 100 eigene Dienstnehmer beschäftigt gewesen seien, nicht gesprochen werden. Da die beklagte Partei 1988 bis 1990 immer wieder auch in den Gebäudereinigungsdienst neue Arbeitnehmerinnen aufgenommen habe, stehe fest, daß ein Bedarf danach vor und nach dem Zeitpunkt der Kündigung der Klägerin bestanden habe. Hätte es sich dabei um unbefristete Arbeitsverhältnisse gehandelt, so wäre der geltend gemachte Kündigungsgrund nicht gegeben, weil es dann zur Fürsorgepflicht der beklagten Partei gehört hätte, der Klägerin solche Ersatzarbeitsplätze anzubieten; sie hätte jedenfalls nicht alle Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung der Klägerin ausgeschöpft. Da die beklagte Partei aber nur befristete Arbeitsverträge abgeschlossen habe, sei davon auszugehen, daß sie nur für den vorübergehenden Bedarf wegen zeitweiser übergroßer Fluktuation bis zur Durchführung der geplanten Umstellung auf Werkverträge Dienstnehmer befristet neu aufgenommen habe. Es dürfe nicht übersehen werden, daß die Umstellung auf Werkverträge wirtschaftlich nicht von Reinigungsperson zu Reinigungsperson, sondern nur durch Übetragung größerer Reinigungseinheiten erfolgen könne, so daß zur Bewältigung vorübergehender Einzelpersonalnot in erst künftig zu übertragenden Gesamtbereichen durchaus der Abschluß befristeter Einzeldienstverträge erforderlich werden konnte. Die beklagte Partei habe der Klägerin solche Verträge nicht anbieten müssen, da sie nicht damit habe rechnen dürfen, daß diese ihr unbefristetes Dienstverhältnis aufgeben und in ein befristetes übertreten würde. Der betriebsbezogene Kündigungsgrund liege daher ebenfalls vor.
Nach der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes seien die durch den Arbeitsverlust beeinträchtigten Interessen der Klägerin denen durch ihre Weiterbeschäftigung hervorgerufenen betrieblichen Nachteilen für die beklagte Partei gegenüberzustellen. Überwiegen die ersteren die letzteren, so sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt, im anderen Fall aber sozial gerechtfertigt. Diese Gegenüberstellung zeige im vorliegenden Fall ein Überwiegen der klägerischen Interessenbeeinträchtigung. Eine ungelernte Arbeitnehmerin im Alter der Klägerin, die einerseits erkrankungsbedingt keine vollwertige Arbeitnehmerin, aber doch noch nicht so in ihrer Arbeitsfähigkeit gemindert sei, daß ihr ein Anspruch auf vorzeitige Pension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit zustehe, die aber andererseits aus Gründen der allgemeinen Beschäftigungslage am Arbeitsmarkt im näheren und weiteren Umgebungsbereich ihres Wohnortes keine Beschäftigung mehr werde finden können, sei in ihrem Interesse auf Weiterbeschäftigung und Bezug eines entsprechenden Arbeitseinkommens schwerstens beeinträchtigt.
Demgegenüber habe die beklagte Partei ein Großunternehmen mit verschiedensten, auch weniger arbeitsintensiven Einsatzmöglichkeiten für Arbeitnehmer, was darin zum Ausdruck komme, daß auch jetzt noch immer wieder Personal sogar in den Reinigungsdienst aufgenommen werde. Anstelle dieser befristet aufgenommenen Aushilfskräfte hätte die Klägerin - allerdings unbefristet - als Ersatz eingesetzt werden können. Eine allfällige Minderleistung der Klägerin wäre über die der beklagten Partei nach dem Behinderteneinstellungsgesetz zustehenden Lohnzuschüsse ausgleichbar gewesen. So lange bei der beklagten Partei kontinuierlich Neuaufnahmen im Reinigungsdienst, wenn auch nur befristet, erfolgten, sei ein Überwiegen des bei ihr durch eine allfällige Weiterbeschäftigung der Klägerin hervorgerufenen betrieblichen Nachteils gegenüber der Interessenbeeinträchtigung der Klägerin nicht festzustellen und daher die Kündigung als sozialwidrig anzusehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn der Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist berechtigt.
Zu Unrecht rügt allerdings die Revisionswerberin, das Berufungsgericht habe "entgegen der Vorjudikatur des Obersten Gerichtshofes" und entgegen dessen Ausführungen im Aufhebungsbeschluß noch zusätzliche Interessenabwägungen vorgenommen, habe unter dem Titel "Interessenabwägung" einen unzulässigen hypothetischen Sozialvergleich durchgeführt und - der angeblichen Meinung des Obersten Gerichtshofes folgend - die personenbezogenen Kündigungsgründe nicht berücksichtigt.
Mit diesen Ausführungen verweist die Revisionswerberin in Wahrheit lediglich auf die frühere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, der der Oberste Gerichtshof aber nicht gefolgt ist.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach (WBl 1989, 124; Arb 10.771) klargestellt, daß bei der Beurteilung des Anfechtungsgrundes des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG primär zu prüfen ist, ob durch die Kündigung wesentliche Interessen des - seit wenigstens sechs Monaten beschäftigten - Arbeitnehmers beeinträchtigt werden. Hiebei ist nicht nur auf die Möglichkeit der Erlangung eines neuen einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes und in diesem Zusammenhang auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers, den Verlust allfälliger dienstzeitabhängiger Ansprüche sowie der mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Vorteile abzustellen, sondern es sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und seiner Familienangehörigen einzubeziehen. Das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen ist nur dann erfüllt, wenn die durch die Kündigung bewirkte finanzielle Schlechterstellung ein solches Ausmaß erreicht, daß sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat, ohne daß aber eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintreten müßte. Dies hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht; auf seine diesbezüglich zutreffende, oben wiedergegebene Begründung wird verwiesen (§ 48 ASGG).
Sind - wie hier - wesentliche Interessen der Arbeitnehmerin beeinträchtigt, könnte die Kündigung nur dann nicht sozialwidrig sein, wenn der Arbeitgeber den Nachweis des Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes erbringt, nämlich daß die Kündigung entweder durch Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren, oder durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, gerechtfertigt ist (§ 105 Abs 3 Z 2 lit a und b ArbVG).
Das Berufungsgericht hat zu Recht das Vorliegen personenbezogener Kündigungsgründe bejaht. Krankenstände im Ausmaß, wie sie die Klägerin in Anspruch nehmen mußte (rund 27 % der möglichen Arbeitszeit), werden wegen der mangelnden Einsetzbarkeit der Arbeitskraft, aber auch wegen des vertretungsweise nicht mehr bewältigbaren Leistungsausfalls üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt nicht in Kauf genommen (SSV 24/106, 22/4 uva). Da im Zeitpunkt der Kündigung der laufende Krankenstand noch andauerte und auch große Wahrscheinlichkeit bestand, daß sich die Situation künftig nicht ändern würde (vgl Arb 9.390, 9.933, 10.400 ua), berührte der in der Person der Klägerin gelegene Leistungsausfall die betrieblichen Interessen der Beklagten nachteilig. Hinzu kommt, daß die Klägerin, wenn auch nur in Vertretungsfällen, im Gegensatz zu ihren Arbeitskolleginnen die objektiv zumutbare Arbeitsleistung nicht erbrachte und sie daher als sogenannte "Minderleisterin" eingestuft wurde. Eine Minderleistung im Vergleich zu üblicherweise erwartbarer Durchschnittsleistung eines Arbeitnehmers berührt die betrieblichen Interessen jedenfalls auch dann nachteilig, wenn dadurch, wie hier, das Betriebsklima leidet. Hierauf weisen die Beschwerden der Angestellten in den zu säubernden Räumen hin; es scheint aber auch der Umstand dafür zu sprechen, daß der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung nicht widersprach: leidet doch erfahrungsgemäß das Arbeitsklima unter mit der gleichen Arbeit betrauten Arbeitskollegen, wenn sich einer von ihnen als nicht kooperativ und unkollegial erweist.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seinem Aufhebungsbeschluß im ersten Rechtsgang (9 Ob A 85/90) dargelegt, daß Rationalisierungsmaßnahmen - hier durch Umstellung von Dienst- auf Werkverträge - die Kündigung rechtfertigen können, wenn damit nicht eine unbeträchtliche Kostenverringerung verbunden ist. Die Umstellung der Betriebsreinigung von eigenen Dienstnehmern auf Werkverträge und die damit verbundene notwendige Auflösung von Dienstverhältnissen ist grundsätzlich ein betriebsbezogener Kündigungsgrund nach § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG, sofern dadurch eine nicht nur unbeträchtliche Kostenverringerung eintritt und die gekündigten Arbeitnehmer auch bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Versetzung im Betrieb oder in andere Betriebe desselben Unternehmens nicht mehr weiterbeschäftigt werden können. Zwar wurde - aus noch nicht geklärten - Gründen durch die Umstellung nicht die geplante Kostenverringerung von 50 %, sondern nur eine solche von 15 % erreicht; jedoch kann auch eine solche, immerhin jährlich rund S 4,500.000 betragende Kosteneinsparung nicht als unbeträchtlich angesehen werden, zumal sie nur ein Teil eines Gesamtrationalisierungsprogrammes ist, das alle Bereiche des schwer defizitären Betriebes erfaßte. Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu diesem Punkt wird verwiesen (§ 48 ASGG).
Nach der Rechtsprechung des nunmehr für solche Rechtsstreitigkeiten zuständigen Obersten Gerichtshofes (Grundsatzentscheidung vom 15.3.1989, Arb 10.771) hebt die Verwirklichung eines - oder auch mehrerer (9 Ob A 85/90) - der genannten Ausnahmetatbestände des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG für sich allein die Sozialwidrigkeit der Kündigung nicht auf. Auch bei nachgewiesenem Vorliegen der Voraussetzungen eines oder mehrerer Ausnahmetatbestände muß - entgegen der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Arb 9.453, 9.599, 9.713 ua) - eine Abwägung der bereits feststehenden, durch die Kündigung beeinträchtigten Interessen des Arbeitnehmers mit den Interessen des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung bzw der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen.
Wenn feststeht, daß einerseits durch die Kündigung wesentliche Interessen der gekündigten Arbeitnehmerin beeinträchtigt sind und andererseits und die in der Person der Arbeitnehmerin liegenden Umstände die betrieblichen Interessen nachteilig berühren (hier ausufernde Krankenstände und Minderleistung) und bestimmte wirtschaftliche Umstände einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin entgegenstehen (hier Betrauung einer Fremdfirma aus Rationalisierungsgründen), sind deren Interessen an der Weiterbeschäftigung unter Bedachtnahme auf ihr höheres Alter (§ 105 Abs 3 Z 2 letzter Satz ArbVG) mit den Interessen des Betriebes abzuwägen und zu untersuchen, welche gewichtiger sind; überwiegen die Interessen des Arbeitgebers, so ist die Sozialwidrigkeit der Kündigung auszuschließen (Kuderna, DRdA 1975, 15; Floretta, ZAS 1978, 194). Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung nicht widersprochen hat; damit wird nicht - wie die Revision darzulegen versucht - ein hypothetischer Sozialvergleich mit anderen, allenfalls zu kündigenden Arbeitnehmern (vgl § 105 Abs 3 vorletzter Satz ArbVG) in die Betrachtung einbezogen.
Das Berufungsgericht kommt zum Ergebnis, daß die Interessenabwägung zu einem Überwiegen der Interessen der führt, so daß ein die Sozialwidrigkeit ausschließender Ausnahmetatbestand nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG nicht vorliegt.
Dieser Ansicht kann sich der Oberste Gerichtshof nicht anschließen. Richtig ist, daß die Interessenabwägung im vorliegenden Fall besonders heikel ist und ein Grenzfall vorliegt. Der Oberste Gerichtshof hält aber eine besondere Gewichtung des personenbezogenen Kündigungsgrundes der Minderleistung für erforderlich, die bei einer Gesamtbetrachtung hier doch noch zu einem Überwiegen der Interessen der beklagten Partei an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.
Das Berufungsgericht ging davon aus, daß die Minderleistung der Klägerin zwar ein Kündigungsgrund sei, daß sie aber subjektiv krankheitsbedingt sei. Die objektiv zumutbare Normalleistung sei ihr deshalb subjektiv unzumutbar gewesen. Daraus folge, daß ihr die Minderleistung subjektiv nicht vorwerfbar sei.
Dies trifft hinsichtlich ihrer Minderleistung bei der Vertretungstätigkeit aber nur zu einem geringen Teil zu. Auszugehen ist davon, daß die Klägerin, sofern sie nicht krankheitsbedingt abwesend war, durchaus imstande war, ihren eigentlichen Arbeitsbereich ordentlich zu reinigen. Im Gegensatz zu allen anderen Reinigungsfrauen erbrachte sie aber nur völlig unzulängliche und ineffiziente, zu berechtigten Beschwerden führende Arbeitsleistungen, wenn sie eine Vertretung übernehmen sollte. Obwohl sie mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß sie in solchen Fällen die Arbeit insgesamt nur oberflächlich erledigen solle, tat sie dies - offensichtlich weil sie ihren "eigenen Bereich" ebenso wie sonst gründlich reinigen wollte - nicht, und leerte im Vertretungsbereich oft nicht einmal die Papierkörbe aus. Diese Vorgangsweise muß, auch wenn die Klägerin eine diesbezügliche Vertretungstätigkeit nie ausdrücklich abgelehnt hat, doch als ein passiver Widerstand gegen die ihr aufgetragene und ihr in diesem beschränkten Umfang auch objektiv zumutbare Vertretungstätigkeit gewertet werden, der nicht krankheitsbedingt zu rechtfertigen ist. Da keine Umstände hervorgekommen sind, welche die Annahme rechtfertigen, die Klägerin sei geistig nicht genug beweglich gewesen, diese Anordnungen zu verstehen und ihnen gemäß zu handeln, ist ihr dieses Verhalten subjektiv vorwerfbar und läßt die Vertretungstätigkeit nicht - wie das Berufungsgericht meint - subjektiv unzumutbar erscheinen.
Hinzu kommt noch, daß der Klägerin auch klar sein mußte, daß ihre kurzfristig, oft nur fünf Minuten vor Dienstbeginn telefonisch gestellten Urlaubsansuchen - auch wenn sie von der beklagten Partei notgedrungen bewilligt wurden, weil diese unter den gegebenen Umständen mit einer rechtzeitigen Arbeitsaufnahme durch die Klägerin ohnehin nicht rechnen konnte - mit einer zweckentsprechenden Einteilung der Reinigungsarbeiten (zB einer großflächigeren Umschichtung) nicht vereinbar waren.
Zusammengefaßt kommt der Oberste Gerichtshof daher zum Ergebnis, daß im vorliegenden Fall im Hinblick auf die - personen- und betriebsbezogenen - Kündigungsgründe und deren Gewicht die Interessen der beklagten Partei an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber den Interessen der Klägerin an der Aufrechterhaltung ihres Arbeitsverhältnisses - auch unter Bedachtnahme auf ihr höheres Alter - doch noch überwiegen und somit die eine Sozialwidrigkeit der Kündigung ausschließenden Ausnahmetatbestände nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG in diesem besonderen Fall vorliegen. Hieraus folgt, daß das Dienstverhältnis der Klägerin zur beklagten Partei nicht über den 31.12.1988 hinaus weiterbesteht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E26661European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00120.91.0619.000Dokumentnummer
JJT_19910619_OGH0002_009OBA00120_9100000_000