TE OGH 1991/6/26 3Ob29/91

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Veröffentlicht am 26.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei BANK ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Alfred Thewanger ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichtete Partei Manuela S*****, vertreten durch Dr. Otto Hauck, Rechtsanwalt in Kirchdorf a. d. Krems, wegen 181.373,49 S s.A., infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12. März 1991, GZ 4 R 60/91-18, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Steyr vom 4. Februar 1991, GZ 4 Cg 185/90-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsrekursbeantwortung der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte auf Grund eines Versäumungsurteiles, gegen das Widerspruch erhoben wurde, die Sicherungsexekution durch Pfändung des Arbeitseinkommens der verpflichteten Partei im Range einer schon per 6. Mai 1988 zustande gekommenen Verpfändung durch Erlassung eines Zahlungsverbotes an den Drittschuldner.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, daß das von der betreibenden Partei behauptete Vertragspfandrecht schon eine hinreichende Sicherheit darstelle, sodaß es keines zusätzlichen Pfändungspfandrechtes bedürfe.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es ist ein allgemeiner Grundsatz des österreichischen Exekutionsrechtes, daß jedes Exekutionsmittel nur dann und nur in dem Umfang anzuwenden ist, als es zur Befriedigung der betreibenden Partei dienlich ist, während eine offenkundig entbehrliche Exekutionsmaßnahme zu unterbleiben hat (Bestimmungen wie § 14, § 39 Abs 1 Z 8, § 97 Abs 3, § 199 Abs 2, § 201 Abs 1 oder § 263 EO). Für die Sicherungsexekution gilt dasselbe mit der Modifikation, daß Sicherungsschritte unzulässig sind, die zur Sicherung der betreibenden Partei nicht erforderlich sind (Bestimmungen wie § 374 Abs 2, § 376 Abs 1 Z 1 und 2 oder § 377 Abs 1 EO).

Bei der Sicherungsexekution nach § 371 EO muß zwar nicht eine Gefährdung im Sinne des § 370 EO glaubhaft gemacht werden. Aber auch die Exekution nach § 371 EO ist nicht zulässig, wenn die betreibende Partei schon anderweitig sichergestellt ist. Zwar steht der betreibenden Partei grundsätzlich das Recht zu, vom Rechtsbehelf nach § 371 EO Gebrauch zu machen, und sie ist nicht verpflichtet, schon in ihrem Exekutionsantrag darzutun, daß keine hinlängliche Sicherstellung gegeben sei; es ist dann dem Verpflichteten anheimgestellt, bei fehlenden Sicherungsbedürfnissen einen Aufhebungsantrag zu stellen. In einem klaren und offenkundigen Fall kann aber schon die Bewilligung der Sicherungsexekution verweigert werden (vgl § 14 EO: "Wenn aus dem Exekutionsantrag offenbar erhellt, ..."). Die betreibende Partei hat also im Fall einer Sicherungsexekution nach § 371 EO zwar nicht zu bescheinigen, daß eine Gefährdung im Sinne des § 370 EO besteht; ihr steht aber nicht das Recht zu, diese Art der Sicherungsexekution auch dann zu beantragen, wenn sie offenkundig entbehrlich ist und nur zur Entstehung überflüssiger Exekutionskosten führt, wer immer diese letzten Endes zu tragen hat (Heller-Berger-Stix 2658).

Soweit überblickbar, wurde ein solches Sicherungsbedürfnis in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dann verneint, wenn es um die sicherungsweise Pfändung einer Forderung ging, die schon kraft Gesetzes nur der Befriedigung der betreibenden Partei zu dienen hat (SZ 40/106 für die Pfändung von Ansprüchen gegen einen Versicherer), oder wenn sich die Sicherungsexekution gegen eine schon wegen gesetzlicher Überwachungsvorschriften in der Regel liquide juristische Person richtet (3 Ob 104, 105/89 für die Sicherungsexekution gegen eine dem VAG unterliegende Versicherungsunternehmung).

Diese Rechtsprechung läßt sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen.

Zwar bestehen zwischen einer Verpfändung einer Forderung und einer exekutiven Pfändung einer Forderung gewisse Unterschiede (vgl dazu etwa Burgstaller, Das Pfandrecht in der Exekution, 138 f). Diese haben aber auf den Grad der Sicherheit der betreibenden Partei keinen Einfluß. Auch die Sicherungsexekution schafft nur einen Rang; dieser Rang steht aber der betreibenden Partei, welcher schon ein vertragliches Pfandrecht an der zu pfändenden Forderung zusteht, auch ohne zusätzliche Sicherungsexekution in uneingeschränkter Weise zur Verfügung.

Dies würde auch für den Fall gelten, daß die betreibende Partei mit der verpflichteten Partei keine "Einziehungsermächtigung auf Grund eines mit der verpflichteten Partei getroffenen Pfandverwertungsübereinkommens" (Schapsky, ÖRPfl 1988 Heft 1, 23) vereinbart haben sollte, oder daß die betreibende Partei nach einer häufig geübten Praxis den Drittschuldner vorerst nur ersucht haben sollte, unter bloßer "Ranganmerkung" die verpfändeten Bezüge erst dann zu überweisen, wenn andere Ansprüche auf die pfändbaren Bezüge geltend gemacht werden, oder die betreibende Partei dies wegen inzwischen eingetretenen Verzuges selbst verlangt (Andexlinger, RdW 1990, 23). Im ersteren Fall erstreckt sich das Pfandrecht sofort auf alle ab Entstehung des Pfandrechtes fällig werdenden Lohnforderungen, nur muß die betreibende Partei jedenfalls einen Exekutionstitel erwirken, um Zahlung aus der gepfändeten Forderung zu erlangen. Wann eine dieses Erfordernis beseitigende Einziehungsermächtigung im Hinblick auf das Verbot der Gehaltsabtretung nach § 12 KSchG überhaupt wirksam wäre, ist hier nicht zu erörtern (vgl Krejci in Rummel, ABGB, Rz 6 bis 8 zu § 12 KSchG). Im zweiten Fall hat die betreibende Partei die Möglichkeit, im Sinne der getroffenen Vereinbarung die vorerst nur bedingte Verpfändung durch ihre Erklärung wirksam werden zu lassen. Es trifft also nicht zu, daß der betreibenden Partei auf Grund des vertraglichen Pfandrechtes nicht die Möglichkeit geboten ist, die schon fälligen pfändbaren Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis zu sichern.

Unbegründet ist auch die Sorge der betreibenden Partei, der Nachweis der Verständigung des Drittschuldners sei bei einer vertraglichen Verpfändung nicht so exakt erbringbar wie bei der exekutiven Pfändung. Durch einen Einschreibbrief kann hier die gleiche Sicherheit entstehen wie durch die gerichtliche Zustellung. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, daß die betreibende Partei in ihrem Exekutionsantrag selbst ohne jede Einschränkung von einer wirksam zustandegekommenen Verpfändung und einer gelungenen Verständigung des Drittschuldners ausgeht.

Da kein Fall eines zweiseitigen Rekursverfahrens nach § 521 a ZPO oder § 402 Abs 1 EO vorliegt, war die Revisionsrekursbeantwortung nicht zulässig.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E26491

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00029.91.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19910626_OGH0002_0030OB00029_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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