TE OGH 1991/6/27 15Os74/91

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Veröffentlicht am 27.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jahn als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 27.März 1991, GZ 15 Vr 964/90-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Rechtliche Beurteilung

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf Renee S***** der Verbrechen (zu A) des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und § 15 StGB in fünf Fällen sowie (zu B) der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall (richtig: zweiter Strafsatz; vgl SSt 55/16) StGB schuldig erkannt.

Nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung meldete der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (S 166). Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung führte der Verteidiger eine Berufung wegen Nichtigkeit sowie wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe aus (S 183 ff).

Die unrichtige Bezeichnung der Rechtsmittelausführung als "Berufung wegen Nichtigkeit" gereicht dem Rechtsmittelwerber vorliegend nicht zum Nachteil, weil er rechtswirksam die Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet hat und der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet wurde.

Die in der Rechtsmittelausführung (überdies) erhobene "Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld" hingegen war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen schöffengerichtliche Urteile in den Prozeßgesetzen nicht vorgesehen ist.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

In der Hauptverhandlung beantragte der Verteidiger die "Einvernahme eines informierten Vertreters der kriminaltechnischen Zentralstelle, welcher das kriminaltechnische Gutachten über die Fasern erstattet hat, zum Beweis dafür, daß die Fasersymptome nicht übereinstimmen und Erörterung, weil das Gutachten nicht verständlich ist" (S 165).

Diesen Beweisantrag wies das Schöffengericht in der Hauptverhandlung durch Zwischenerkenntnis gemäß § 238 StPO mit der Begründung "wegen Spruchreife" ab (S 166). In den Urteilsgründen wurde diese Begründung dahin ergänzt, daß die begehrte Beweisaufnahme "wegen vollständiger Klärung des Sachverhaltes" und auch deswegen abgewiesen wurde, weil Unrichtigkeiten des Gutachtens weder indiziert sind, noch dargetan wurden und die Schlußfolgerungen des Sachverständigen eindeutig zu verstehen seien (S 176).

Durch die Nichtdurchführung dieses beantragten Beweises erachtet sich der Nichtigkeitswerber in seinen Verteidigungsrechten verletzt (Z 4); dies jedoch zu Unrecht.

Vorweg ist anzumerken, daß die Begründung des abweislichen Erkenntnisses mit "wegen Spruchreife" und "wegen vollständiger Klärung des Sachverhaltes" der gesetzlichen Vorschrift des § 238 Abs. 2 StPO nicht entspricht (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 69 zu § 281 Z 4). Nach Lage des Falles konnte aber die Abweisung des Beweisantrages keinen dem Rechtsmittelwerber nachteiligen Einfluß üben (§ 281 Abs. 3 erster Satz StPO).

Bei Prüfung der Verfahrensrüge ist stets von dem in der Hauptverhandlung formulierten Beweisantrag auszugehen. Darnach sollte durch die begehrte Beweisaufnahme der Nachweis erbracht werden, daß die Fasersymptome nicht übereinstimmen und daß überdies die Erörterung des Gutachtens erforderlich sei, weil dieses nicht verständlich wäre.

Die kriminaltechnische Untersuchung hat ergeben, daß die olivgrünen Polyamidfasern und die farblose Viskosefasern vom Rock des Angeklagten mit den (am Tatort) auf dem Spannteppich der Hauptschule Jennersdorf gefundenen Faserknäuel übereinstimmen (S 57). Angesichts dieses Erhebungsergebnisses, das dem Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgehalten wurde (S 158), hätte es schon im Beweisantrag der Angabe jener Gründe bedurft, aus welchen zu erwarten ist, die begehrte Beweisaufnahme könnte trotz des erwähnten Beweisergebnisses ergeben, daß die Fasern des Rocks des Beschwerdeführers mit denen des sichergestellten Knäuels nicht übereinstimmen. Derartige Gründe wurden indes nicht angeführt, womit der Beweisantrag (im Ergebnis) zu Recht abgewiesen wurde.

Inwiefern das Gutachten nicht verständlich sei, wurde im Beweisantrag nicht dargetan. Sonach wurden der Sache nach Widersprüche oder Mängel in der Bedeutung des § 125 StPO weder in bezug auf die Befundaufnahme, noch bezüglich des Untersuchungsergebnisses der kriminaltechnischen Zentralstelle in substantiierter Form behauptet.

So gesehen vermochte der Rechtsmittelwerber nicht darzutun, daß er durch die Ablehnung des erwähnten Beweisantrages prozeßordnungswidrig in seinen Verteidigungsrechten verkürzt wurde; der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war deshalb gemäß § 285 Abs. 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Strafberufung fällt demnach in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E27295

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00074.91.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19910627_OGH0002_0150OS00074_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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