TE OGH 1991/6/27 7Ob17/91

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Veröffentlicht am 27.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ewald K*****, vertreten durch Dr. Johann-Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W***** Versicherungs-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann und Dr. Eduard Klingsbigl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 186.526,- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Jänner 1991, GZ 3 R 193/90-57, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 24. August 1990, GZ 31 Cg 73/90-52, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Das Klagebegehren besteht dem Grunde nach zu Recht. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten".

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger beauftragte mit der Beförderung von Messe- und Ausstellungsgütern zu einer in Posen abgehaltenen Messe die Firma I*****, der auch die Verladung der Güter in Posen oblag. Er übergab nach dem Ende der Messe die Güter ordnungsgemäß verpackt der Firma I*****, die sich zur Verladung eines polnischen Unternehmens bediente. Von diesem wurden die Güter mittels Hubstapler zunächst auf einen firmeneigenen LKW verladen und von diesem auf den LKW der Firma I***** umgeladen. Hiebei wurde das Transportgut mangelhaft gesichert, und es wurden schwere Gegenstände auf leichtere gestellt. Auf dem Rücktransport wurde infolge mangelhafter Beladung und Sicherung der Ladung Ladegut beschädigt. Es handelt sich im wesentlichen um Schäden durch Bruch, Verbiegen, Verbeulen, Verschrammungen und dgl. Der Kläger begehrt vom beklagten Versicherer, mit dem die Firma I***** eine Speditionsversicherung abgeschlossen hat, den Ersatz des Schadens.

Die grundsätzliche Haftung der Firma I***** für das Verschulden derjenigen Personen, deren sie sich zur Beladung bediente, wurde bereits im ersten Rechtsgang von den Vorinstanzen bejaht, und diese Rechtsansicht wurde vom Obersten Gerichtshof gebilligt (Aufhebungsbeschluß vom 25. 2. 1988 ON 28). Strittig blieb lediglich, ob der von der beklagten Partei behauptete Ausschluß nach § 5 1 A SVS vorliegt. Danach sind von der Versicherung alle Gefahren ausgeschlossen, die durch Transport- bzw. Lagerversicherung gedeckt sind oder durch eine Transport- bzw. Lagerversicherung allgemein üblicher Art hätten gedeckt werden können oder nach den herrschenden Gepflogenheiten sorgfältiger Kaufleute über den Rahmen einer Transport- bzw. Lagerversicherung allgemein üblicher Art hinaus gedeckt werden, es sei denn, daß eine ordnungsgemäß geschlossene Versicherung durch fehlerhafte Maßnahmen des Spediteurs unwirksam wird.

Der Kläger hat mit der ***** Versicherungs-Aktiengesellschaft für den Transport der Güter durch einen firmeneigenen LKW eine Transportversicherung unter Einschluß des Bruchrisikos abgeschlossen, der die Allgemeinen Österreichischen Binnen-Transportversicherungsbedingungen (AÖB 1965), die Besonderen Bedingungen für die Versicherung von Messe- und gewerblichen Ausstellungsgütern und die Bruchklausel für Maschinen, Apparate und Fahrzeuge zugrunde liegen. Nach § 2 Abs.2 lit.a AÖB sind von der Versicherung unter anderem Schäden durch Bruch, Verbiegen, Verbeulen, Verkratzen, Verschrammen, Farb-, Lack- oder Emailabsplitterung ausgeschlossen. Die Bestimmungen der Bruchklausel für Maschinen, Apparate und Fahrzeuge, soweit sie hier von Bedeutung sind, haben folgenden Wortlaut: "1.) Haftung a) Der Versicherer haftet für Schäden, verursacht durch Bruch, Verbiegen und Verbeulen, welche nachweislich während der Dauer der Versicherung entstanden sind.

b) Während der Dauer der Versicherung ist das Auf-, Um- und Abladerisiko in die Deckung eingeschlossen. c) Der Versicherungsschutz gilt für die normale Verbringung des Gutes zum und vom Fahrzeug im Straßenniveau. Für außergewöhnliche Lademanipulationen und/oder mehrfache Umladungen besteht Versicherungsschutz nur, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung mit dem Versicherer getroffen wurde. d) Es gilt als Voraussetzung, daß die Güter ihrer Eigenart und den Erfordernissen des Transportes entsprechend verpackt bzw. verladen werden und daß alle Beförderungs- und Lademanipulationen unter Zuhilfenahme von technisch geeigneten Mitteln durch geschultes Personal erfolgen. 4.) Ausschlüsse a) Ausgeschlossen sind Schäden, die durch mangelhafte oder unsachgemäße Verladeweise verursacht werden, soweit diese Verladeweise vom Versicherungsnehmer und/oder Versicherten zu vertreten ist, weiters Schäden infolge ungenügender oder unzweckmäßiger Verpackung, ferner Schäden infolge von Konstruktions-, Fabrikations- oder Materialfehlern." Bei Abschluß der Transportversicherung durch den Kläger war es üblich, für Transporte von Messe- und gewerblichen Ausstellungsgütern ins Ausland und zurück eine Transportversicherung zu den genannten Bedingungen insbesondere durch Einbeziehung des Bruchrisikos unter Zugrundelegung der Bruchklausel abzuschließen. Ein Ausschluß dieser Klausel war auch bei sorgfältig vorgehenden Kaufleuten unüblich. Der Transportversicherer des Klägers lehnte eine Entschädigung unter anderem unter Berufung auf Punkt

1.) lit.d) der Bruchklausel ab.

Das Erstgericht wies im dritten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Nach seiner Auffassung liege ein Ausschluß nach § 5 1 A SVS vor. Die Schäden am Transportgut hätten durch eine Transportversicherung von der Art, wie sie der Kläger (für den Transport durch einen eigenen LKW) abgeschlossen habe und in welcher Art der Abschluß auch allgemein üblich gewesen sei, gedeckt werden können. Nach der Art einer solchen Versicherung seien nämlich Schäden durch Bruch etc. ebenso in die Deckung eingeschlossen wie das Auf-, Um- und Abladerisiko. Zum Schaden sei es infolge von Fehlern bei der Verladung durch Personen gekommen, für die der Versicherungsnehmer der beklagten Partei einzustehen habe. Eine Selbstverladung durch den Versicherungsnehmer oder Versicherten der Transportversicherung liege nicht vor. Der Frachtführer und der wie ein Frachtführer haftende Spediteur seien keine Repräsentanten des Versicherungsnehmers der Transportversicherung, sodaß der Kläger die Verladeweise nicht zu vertreten habe. Die Ausschlüsse nach § 2 Abs.2 lit.c AÖB 1965 (Fehler oder Mängel handelsüblicher Verpackung) bzw. nach Punkt 1.) lit.d und Punkt 4.) lit.a der Bruchklausel seien nicht gegeben. Auch ein Ausschluß nach Punkt

1.) lit.c der Bruchklausel liege nicht vor. Diese Bestimmung sei eine Begrenzung des in die Deckung eingeschlossenen Auf-, Um- und Abladerisikos, also der Gefahren, denen die Güter während des Auf-, Um- und Abladens ausgesetzt seien. Die Schäden seien hier aber während der Beförderung eingetreten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig ist. Es teilte im wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß schon, entgegen der Meinung des Klägers, eine mehrfache Umladung im Sinne des Punktes 1.) lit.c der Bruchklausel nicht stattgefunden habe, sodaß das Erstgericht zu Recht einen Ausschluß nach dieser Bestimmung verneint habe.

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wird bei der Versicherung von Messe- und gewerblichen Ausstellungsgütern allgemein üblichen Transportversicherung durch gesonderte Vereinbarung auch das nach den AÖB ausgeschlossene Bruchrisiko mitversichert, wobei die Bruchklausel für Maschinen, Apparate und Fahrzeuge zugrundegelegt wird. Nach Punkt 1.) lit.d der Bruchklausel gilt als Voraussetzung der Haftung des Versicherers, daß die Güter ihrer Eigenart und den Erfordernissen des Transportes entsprechend verladen werden. Die Gefahr von Schäden durch Bruch, Verbiegen und Verbeulen ist insbesondere beim Transport von Messe- und gewerblichen Ausstellungsgütern auf einem LkW besonders groß, und bei nicht entsprechender Verladung ist ein solcher Schaden mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Es ist daher unerläßlich, die Güter so zu verladen, daß sie sich auf dem Fahrzeug nicht bewegen können. Sie müssen fixiert werden. Dies geschieht im allgemeinen dadurch, daß die Ladung niedergezurrt, an den Bordwänden angebunden oder so dicht gestaut wird, daß Leerräume nicht vorhanden sind; allfällige Leerräume sind durch geeignetes Material auszufüllen (AS 107 ON 16). Punkt 1.) lit.d der Bruchklausel schreibt dem Versicherungsnehmer keine bestimmte Verhaltensweise zur Erhaltung des Versicherungsschutzes vor. Sein Zweck ist vielmehr darauf gerichtet, klarzustellen, daß das Bruchrisiko nur bei entsprechender Ladungssicherung übernommen wird. Die fehlende Ladungssicherung ist objektiver Risikoausschluß. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen das Fehlen einer Ladungsfixierung angenommen. Die sich daraus ergebenden Gefahren hätten nach dem Gesagten durch die für Messe- und gewerbliche Ausstellungsgüter allgemein übliche Transportversicherung nicht gedeckt werden können. Eine Gepflogenheit sorgfältiger Kaufleute, sie über diesen Rahmen hinaus zu decken, wurde von der hiefür beweispflichtigen beklagten Partei nicht einmal behauptet. Ein Ausschluß nach der Subsidiaritätsklausel des § 5 1 A SVS ist daher nicht gegeben.

Demgemäß ist der Revision Folge zu geben. Da die Rechtssache bloß in Ansehung des Grundes zur Entscheidung reif ist, ist ein Zwischenurteil zu fällen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 393 Abs.4 und auf § 52 Abs.2 ZPO.

Anmerkung

E27133

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00017.91.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19910627_OGH0002_0070OB00017_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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