Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schering Wien Gesellschaft mbH, Wien 14., Scheringgasse 2, vertreten durch Dr.Karl J.Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 550.000) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14.März 1991, GZ 3 R 224/90-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18.September 1990, GZ 17 Cg 126/89-19, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung einschließlich ihres rechtskräftigen abändernden Teiles zur Gänze wie folgt zu lauten hat:
"Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei bei Exekution schuldig, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken der Absatzförderung von Röntgenkontrastmitteln, insbesondere 'Jopamiro' in allen Darreichungsformen, sich auf die Firma Schering und deren Erzeugnisse zu beziehen; der Klägerin werde die Ermächtigung erteilt, den Spruch des über die Klage ergehenden Urteiles auf Kosten der beklagten Partei binnen drei Monaten ab Rechtskraft mit Fettdrucküberschrift, Fettumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien ganzseitig in der periodischen Fachzeitschrift "Medical Tribune" in Österreich veröffentlichen zu lassen,
wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 50.330,20 (darin enthalten S 8.371 Umsatzsteuer und S 40 Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 83.342,20 (darin enthalten S 10.883,70 Umsatzsteuer und S 18.040 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Beide Streitteile vertreiben in Österreich ua nichtionische Röntgenkontrastmittel. Die Beklagte ist ausschließliche Linzenznehmerin der Firma B***** für Österreich für den - in ihrem Röntgenkontrastmittel "Jopamiro" enthaltenen - Wirkstoff "Jopamidol". In den von der Klägerin in Österreich vertriebenen nichtionischen Röntgenkontrastmitteln "Omnipaque" und "Ultravist" ist dieser Wirkstoff nicht enthalten; die gleichfalls zum internationalen Schering-Konzern gehörenden Gesellschaften in Australien, Frankreich und Japan vertreiben jedoch in diesen Ländern nichtionische Röntgenkontrastmittel, die Jopamidol enthalten.
In einem unter Ärzten, Spitalsleitern und Apothekern verteilten 4-seitigen Prospekt warb die Beklagte für das von ihr vertriebene Produkt "Jopamiro" auf folgende Weise:
Abbildung nicht darstellbar!
Die Beklagte hat mit ihrem Produkt in Österreich einen Marktanteil von ca 60-65 %.
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken der Absatzförderung von Röntgenkontrastmitteln, insbesondere "Jopamiro" in allen Darreichungsformen, sich auf die Firma Schering und deren Erzeugnisse zu beziehen; weiters erhebt sie ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Mit dem Hinweis auf den Firmenbestandteil "Schering" und den Worten "Auch unser Mitbewerber schätzt Jopamidol" beute die Beklagte in sittenwidriger Weise den guten Ruf der Klägerin und des internationalen Schering-Konzerns zum Zweck der eigenen Förderung des eigenen Absatzes aus. Der Schering-Konzern sei weltweit tätig, genieße den Ruf eines forschungsintensiven Unternehmens und nehme bei der Erzeugung und beim Vertrieb von Röntgenkontrastmitteln eine Spitzenstellung mit einem Marktanteil von ca 30 % des Gesamtumsatzes ein. In Österreich verfüge die Klägerin bei ihren beiden nichtionischen Röntgenkonstrastmitteln über einen Marktanteil von ca 40 %. Die Beklagte sei hingegen nur in Österreich tätig und genieße bei weitem nicht jenen internationalen Ruf wie der weltweite Schering-Konzern. Die Werbeaussage der Beklagten enthalte aber auch einen sittenwidrigen, die Klägerin und ihre Röntgenkonstrastmittel herabsetzenden Vergleich der Erzeugnisse der Parteien. Da der Markt in Österreich im wesentlichen von den Streitteilen beherrscht werde, erwecke der Hinweis, daß die Firma Schering "Jopamidol" (nur) in Australien, Frankreich und Japan vertreibe, den Eindruck, daß die Klägerin in Österreich nur über das zweitbeste nichtionische Röntgenkonstrastmittel verfüge, ihr Angebot daher schlechter sei; damit werde aber auch die Klägerin unnötig bloßgestellt und kritisiert. Schließlich erwecke die Werbeankündigung der Beklagten auch den unrichtigen, gegen § 2 UWG verstoßenden Eindruck, daß wegen der gemeinsamen Verwendung des Wirkstoffes "Jopamidol" zwischen den Streitteilen eine direkte Verbindung bestehe und man ohnehin ein Schering-Produkt erwerbe, wenn man sich für Jopamiro entscheidet.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Eine Ausbeutung des Rufes der Klägerin könne schon deshalb nicht vorliegen, weil die Beklagte in Österreich mit "Jopamiro" einen Marktanteil von rund 65 % habe, bei diesem Artikel also selbst der Marktführer sei; die Klägerin genieße auf diesem Gebiet keinen Ruf, der ausgebeutet werden könnte. Auch bediene sich die Werbung der Beklagten nur des guten Rufes des - nicht von der Klägerin stammenden - Wirkstoffes "Jopamidol"; beim Vertrieb dieses Wirkstoffes stünden die Streitteile nicht im Wettbewerb. Die Beklagte habe mit ihrer Werbeaussage gar keinen Bezug zur Klägerin hergestellt, weil die Klägerin in Frankreich, Japan und Australien nicht tätig sei. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch darauf, ein Verbot der Bezugnahme auf irgendein zum internationalen Schering-Konzern gehörendes Unternehmen zu erwirken. Einen Werbevergleich habe die Beklagte mit dem beanstandeten Werbetext nicht vorgenommen, weil weder ausdrücklich noch erkennbar auf einen anderen Wirkstoff hingewiesen worden sei; auf Nachteile der von der Klägerin vertriebenen Produkte habe die Beklagte ebenfalls nicht Bezug genommen. Zumindest aber bestehe ein Interesse an der objektiven Aufklärung, daß ein im Ausland einem bestimmten Unternehmen zugeordneter Wirkstoff im Inland nicht bei dem Unternehmen mit dem selben Firmenschlagwort, sondern bei der Beklagten erhältlich ist. Werbevergleiche, die lediglich auf die Vorteile des eigenen Angebotes hinweisen, seien zulässig. Die beanstandete Werbeaussage sei aber auch nicht irreführend, weil in Branchenkreisen bekannt sei, daß die Beklagte die Lizenz für den von ihr verwendeten Wirkstoff von der italienischen Firma B***** habe; irgendwelche Beziehungen zwischen den Streitteilen würden daher nicht vermutet.
Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Die Worte "Mitbewerber" (Einzahl!) und "von der Firma Schering vertrieben" würden vom Verkehr als deutliche Bezugnahme auf das zum internationalen Schering-Konzern gehörende Unternehmen der Klägerin aufgefaßt. Die beanstandete Werbeaussage sei zur Irreführung im Sinne des § 2 UWG geeignet, weil sie den Eindruck erwecke, daß es sich bei dem Wirkstoff "Jopamidol" um ein nichtionisches Kontrastmittel der ersten Wahl handle und der Bedarf danach bevorzugt bei der Beklagten abzudecken sei. Ob die Werbung darüber hinaus auch gegen § 1 UWG verstößt, brauche daher nicht mehr geprüft zu werden.
Das Berufungsgericht erkannte die Beklagte schuldig, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zweck der Absatzförderung von Röntgenkonstrastmitteln, insbesondere "Jopamiro" in allen Darreichungsformen, die Behauptungen "Auch unser Mitbewerber schätzt Jopamidol! Jopamidol wird in Australien, Frankreich, Japan von der Firma Schering vertrieben" oder sinngleiche Behauptungen aufzustellen; das Mehrbegehren, der Beklagten in ihrer Werbung ganz allgemein eine Bezugnahme auf die Klägerin und deren Erzeugnisse zu untersagen, wies es hingegen ab. Ferner erteilte es der Klägerin die Ermächtigung, den Spruch dieses Urteils in der Fachzeitschrift "Medical Tribune" in Österreich veröffentlichen zu lassen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die Revision zulässig sei.
Die Werbeaussage der Beklagten beschränke sich nicht auf den wahren Tatsachenkern, daß in ihrem Produkt der Wirkstoff "Jopamidol" enthalten ist; vielmehr werde betont, daß (auch) die Klägerin "Jopamidol" schätze und in anderen Ländern vertreibe. Darin liege eine unnötige Bloßstellung der Klägerin vor inländischen Interessenten, welche das Sachlichkeitsgebot ohne jegliche Dartuung eines Rechtfertigungsgrundes verletze. Es gehe über einen sachlichen Leistungsvergleich hinaus, wenn herausgestrichen werde, daß ein Konkurrenzunternehmen nicht willens oder fähig sei, ein gleichartiges Produkt in Österreich zu vertreiben. Die Beklagte habe im ersten Satz der beanstandeten Werbeaussage auf ihren (einzigen!) "Mitbewerber" hingewiesen; die angesprochenen Verkehrskreise würden daher auch unter der "Firma Schering" die Klägerin verstehen. Auch wenn in Fachkreisen bekannt sei, daß viele nationale Gesellschaften mit dem Firmenbestandteil "Schering" bestehen, sei nicht auszuschließen, daß die Klägerin Röntgenkontrastmittel mit dem Wirkstoff "Jopamidol" von Österreich aus in verschiedenen Ländern der Erde vertreibt. An der herabsetzenden Wirkung der Werbeaussage ändere sich aber auch dann nichts, wenn ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit der Bezeichnung "Firma Schering" einen Hinweis auf andere zum Schering-Konzern gehörende Unternehmen verbänden. Sollte aber die beanstandete Werbung im Einzelfall keine Herabsetzung der Klägerin bewirken, dann liege in ihr eine offene Anlehnung an die "Firma Schering", durch die der Ruf aller Konzernunternehmen, also auch der Klägerin, in sittenwidriger Weise ausgebeutet werde. Die Beklagte habe daher die Verwendung der beanstandeten konkreten Werbeaussage oder sinngleicher Werbaussagen zu unterlassen. Da aber vergleichende Werbung nicht ausnahmslos unzulässig ist, sei der auf jegliche Bezugnahme auf die Klägerin gerichtete Unterlassungsanspruch abzuweisen gewesen.
Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit den Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil eine allgemeine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Rufausbeutung durch "Anlehnung" fehlt; sie ist aber auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Den Ausführungen in der Revision, daß die beanstandete Werbeaussage weder irreführend im Sinne des § 2 UWG ist noch eine sittenwidrige Rufausbeutung oder einen sittenwidrigen herabsetzenden Werbevergleich enthält, ist beizupflichten:
Mit Recht ist schon das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die beanstandete Werbeangabe weder unrichtig noch irreführend im Sinne des § 2 UWG ist. Die Klägerin erblickt einen Verstoß gegen § 2 UWG nur darin, daß - infolge Verschweigens des Umstandes, daß der Wirkstoff "Jopamidol" ein Lizenzprodukt der Firma B***** Industria Chimica, Mailand, ist - der Eindruck erweckt werde, wegen der gemeinsamen Verwendung von "Jopamidol" bestünden direkte Beziehungen zwischen den Streitteilen, so daß man ohnehin ein Schering-Produkt erhalte, wenn man sich für Jopamiro entscheidet. Wenngleich bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung darüber, welchen Eindruck eine bestimmte Ankündigung auf den Durchschnittsleser vermittelt, keine zu hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Leser gestellt werden dürfen und der Ankündigende bei Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß, kann den beanstandeten Sätzen die von der Klägerin daraus abgeleitete Bedeutung nicht entnommen werden: Die Beklagte hat lediglich darauf hingewiesen, daß nicht nur sie selbst den Wirkstoff "Jopamidol" verwendet, sondern die Klägerin diesen Wirkstoff gleichfalls "schätze", weil zum internationalen Schering-Konzern gehörende Gesellschaften in anderen Ländern gleichfalls "Jopamidol" vertreiben. Daß die Beklagte diesen Wirkstoff von der Klägerin oder einer sonstigen Schering-Gesellschaft beziehe, geht daraus nicht hervor.
Die Ausnützung des guten Rufes eines Mitbewerbers, seines Unternehmens oder seiner Waren und Leistungen ist wettbewerbswidrig, wenn durch sie eine vermeidbare Täuschung des Verkehrs über die betriebliche Herkunft einer Ware bewirkt wird (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 579, Rz 544 zu § 1 dUWG). Aber auch zur Empfehlung der eigenen Ware kann eine "Anlehnung" wettbewerbswidrig sein, wenn ein Mitbewerber die Qualität seiner Waren oder Leistungen mit derjenigen besonders geschätzter Konkurrenzerzeugnisse in Beziehung setzt, um den guten Ruf dieser Waren oder Leistungen eines Mitbewerbers als Vorspann für eigene geschäftliche Zwecke auszunützen (Baumbach-Hefermehl aaO 580 Rz 547 zu § 1 dUWG). Bei der (offenen) Anlehnung geschieht das durch eine Gleichsetzung mit den Eigenschaften fremder Produkte oder Leistungen, damit von der guten Beschaffenheit der fremden Ware und deren Ruf günstige Schlüsse auf den Wert der eigenen Ware gezogen werden sollen (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 81; Baumbach-Hefermehl aaO). Für die Annahme eines solchen guten Rufes reicht allerdings die bloße Bekanntheit eines Unternehmens, einer Ware oder einer Bezeichnung nicht aus; wesentlich ist vielmehr, daß das Publikum mit der Ware über deren bloße Bekanntheit hinaus eine besondere Wertvorstellung, insbesondere Gütevorstellungen, verbindet (Baumbach-Hefermehl aaO 578 Rz 541 zu § 1 dUWG). Von der kritisierenden vergleichenden Werbung unterscheidet sich diese Form der Werbung darin, daß nicht die Leistung des Mitbewerbers herabgesetzt wird, um den höheren Wert der eigenen Leistung darzutun, sondern im Gegenteil die Güte der eigenen Leistung durch eine Gleichstellung mit der fremden Leistung hervorgehoben wird (Baumbach-Hefermehl aaO 580 f Rz 548 zu § 1 dUWG).
Der Oberste Gerichtshof hat zuletzt - ausgehend von der Änderung des § 2 Abs 1 UWG durch die UWG-Novelle 1988, wonach vergleichende Preiswerbung jedenfalls zulässig ist, wenn sie nicht irreführend oder sittenwidrig ist - mehrfach ausgesprochen, daß auch jedes andere wahrheitsgemäße Herausstellen der eigenen besseren Leistungen im Wege ihrer Gegenüberstellung mit der schlechteren Leistung namentlich genannter Mitbewerber an Hand objektiv überprüfbarer Daten dann zulässig ist, wenn es nicht zur Irreführung im Sinne des § 2 UWG geeignet ist oder - etwa durch Pauschalabwertungen, unnötige Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen - das Sachlichkeitsgebot verletzt (MR 1990, 144; 4 Ob 146/90; 4 Ob 153/90; 4 Ob 174/90). Ob diese Wertung auch auf die "Anlehnung" - welche in keiner Weise auf Nachteile der Leistungen von Mitbewerbern Bezug nimmt - übertragen werden kann oder ob diese Ausnützung eines fremden Besitzstandes weiterhin als sittenwidrig beurteilt werden muß, kann diesmal auf sich beruhen, weil im vorliegenden Fall von einem solchen Ausnützen nicht die Rede sein kann:
Die beanstandete Werbung lehnt sich nicht an den guten Ruf einer von der Klägerin (oder einer anderen zum internationalen Schering-Konzern gehörenden Gesellschaft) stammenden Ware oder Leistung an; sie enthält nur den Hinweis, daß die Beklagte und die Klägerin (oder andere zum selben internationalen Konzern gehörende Gesellschaften) denselben Wirkstoff für nichtionische Röntgenkontrastmittel verwenden, woraus abzuleiten sei, daß auch die Klägerin diesen Wirkstoff offenbar "schätzt". Eine solche Werbemethode kann etwa mit der Ankündigung eines Erzeugers einer Ware verglichen werden, der als Referenz für deren Güte auf renommierte Handelsunternehmen verweist, welche diese Ware vertreiben. So muß im Regelfall auch einem Lizenznehmer der Hinweis gestattet sein, daß er berechtigt ist, dieselbe Ware oder Leistung zu verwerten, wie ein anderer, bekannter Lizenznehmer. Ein schützwürdiger Besitzstand des Dritten wird dadurch nicht verletzt.
Hier fehlt aber auch die für die sittenwidrige Anlehnung erforderliche weitere Voraussetzung, daß der Werbende ausschließlich oder zumindest doch überwiegend mit dem Mittel der Gleichstellung wirbt (vgl Hohenecker-Friedl aaO) und auf diesem Weg die Vorstellung besonderer Güte der eigenen Ware oder Leistung erweckt: Die Beklagte hat in dem beanstandeten Werbeprospekt vor allem betont, daß schon eine Million Untersuchungen mit dem von ihr vertriebenen Röntgenkontrastmittel in Österreich vorgenommen wurden, daß nichtionische Röntgenkonstrastmittel hervorragend vertragen würden und daß sie bei Vorliegen von Risikofaktoren bevorzugt werden sollten; weiters hat sie die Sicherheit nichtionischer Kontrastmittel statistisch belegt und daraus den Schluß gezogen, daß es auf Grund der vorliegenden klinischen Erfahrungen gerechtfertigt sei, den ausschließlichen Gebrauch nichtionischer Kontrastmittel zu fordern. Daß der damit behauptete hohe Qualitätsstandard des Röntgenkontrastmittels der Beklagten in Wahrheit nicht zuträfe, hat die Klägerin gar nicht behauptet. Die Beklagte hat also in erster Linie mit der Güte ihrer eigenen Ware geworben und lediglich am Rand darauf hingewiesen, daß auch die Klägerin den von ihr dafür verwendeten Wirkstoff "Jopamidol" schätze und daß zum selben Konzern wie die Klägerin gehörende Gesellschaften diesen Wirkstoff ebenfalls vertrieben. Eine sittenwidrige Ausbeutung fremden Rufes im Sinne der vorstehenden Ausführungen kann darin nicht gesehen werden.
Auch ein das Sachlichkeitsgebot verletzender, kritisierender Werbevergleich ist in der beanstandeten Werbeaussage nicht zu erblicken. Daß die Klägerin für die von ihr in Österreich vertriebenen nichtionischen Kontrastmittel einen anderen Wirkstoff verwendet, entspricht den Tatsachen. Der vergleichende Hinweis darauf enthält aber weder eine Bezugnahme auf den von der Klägerin verwendeten Wirkstoff noch auf dessen Güte; schon gar nicht aber wird dieser Wirkstoff als das "zweitbeste Produkt" bezeichnet oder auch nur ein derartiger Eindruck erweckt. Nur darin erblickt jedoch die Klägerin einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot.
Da die Werbung der Beklagten somit weder gegen § 1 noch gegen § 2 UWG verstößt, war die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz (einschließlich des Provisorialverfahrens) gründet sich auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens (einschließlich der Kosten des Rekursverfahrens im Provisorialverfahren) zusätzlich auf § 50 ZPO.
Anmerkung
E26521European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00047.91.0709.000Dokumentnummer
JJT_19910709_OGH0002_0040OB00047_9100000_000