TE OGH 1991/7/10 3Ob78/91

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Veröffentlicht am 10.07.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei Ö*****BANK AG, ***** vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt im Thalgau, wider die verpflichtete Partei Josef E*****, wegen 3 Mio S sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 27. März 1991, GZ 3 R 129/91-49, womit ihr Rekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 27. Dezember 1990, GZ E 9156/88-46, teilweise zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird in seinen Punkten 1 und 4 (Zurückweisung des Rekurses und Entscheidung über die Rekurskosten) aufgehoben. Die Sache wird in diesem Umfang an das Gericht zweiter Instanz zur neuen Entscheidung über den Rekurs der betreibenden Partei zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind wie weitere Kosten des Rekursverfahrens zweiter Instanz zu behandeln.

Text

Begründung:

Mit Übergabsvertrag vom 8. Mai 1987 übertrugen Helmut und Maria E***** die nun versteigerte Liegenschaft ins Eigentum des Verpflichteten gegen gleichzeitige Eintragung eines Wohnungsrechtes (CLNR 3) und Belastungs- und Veräußerungsverbotes (CLNR 4) zu ihren Gunsten.

Aufgrund zweier gegen Helmut und Maria E***** erwirkten Urteile und eines in einem Anfechtungsprozeß gegen den Verpflichteten und Helmut und Maria E***** ergangenen Urteiles, wonach der Verpflichtete und die Verbotsberechtigten die Exekution der betreibenden Partei dulden müssen, wurde der betreibenden Partei die Zwangsversteigerung bewilligt. Die erwähnte Anfechtungsklage war im Grundbuch angemerkt (CLNR 5).

Zu CLNR 6 wurde ein Höchstbetragspfandrecht von

S 360.000,-- zugunsten der Raiffeisenbank L***** einverleibt.

Die Einleitung des Versteigerungsverfahrens zugunsten der betreibenden Partei ist zu CLNR 7 angemerkt.

Strittig ist, ob vom Meistbot ein Teilbetrag von S 360.000,-- der betreibenden Partei oder der Pfandgläubigerin zu CLNR 6 gebührt.

Das Protokoll der Verteilungstagsatzung gibt im wesentlichen folgenden Ablauf der Verhandlung über die Anmeldungen wieder: 1) Zunächst wurde über die nicht strittige Forderung zu CLNR 2 verhandelt. 2) Dann meldete die betreibende Partei auf Grund ihres Vorranges vor dem Wohnungsrecht CLNR 3 in diesem Rang von ihrer Gesamtforderung von 3 Mio S sA den Teilbetrag von

S 211.200,-- an, wogegen kein Widerspruch erfolgte.

3) Anschließend meldete die Pfandgläubigerin Raiffeisenbank L***** zu CLNR 6 den Betrag von S 360.000,-- an; gegen diese Anmeldung wurde kein Widerspruch erhoben, also auch nicht von der anwesenden betreibenden Partei. 4) Schließlich meldete die betreibende Partei ihre zu Punkt 2) nicht berücksichtigte Restforderung an. In welchem Rang dieser Restbetrag begehrt werde, wurde von der betreibenden Partei nicht angegeben. Der Erstrichter führte im Protokoll an, daß von der Gesamtforderung der betreibenden Partei nur mehr der nach Zuweisung von

S 360.000,-- an die Raiffeisenbank L***** vorhandene Meistbotrest von S 256.477,07 befriedigt werden könne.

Das Erstgericht wies den strittigen Betrag der Raiffeisenbank L***** zu. Es vertrat die Auffassung, daß der Forderung der betreibenden Partei nur im Teilbetrag von S 211.200,-- (Wert des Wohnungsrechtes) der Vorrang vor den Eintragungen CLNR 3 und 4 zukomme, im übrigen aber nur der Rang der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens CLNR 7.

Das Gericht zweiter Instanz wies den von der betreibenden Partei erhobenen Rekurs im Umfange der Zuweisung des strittigen Betrages von S 360.000,-- zurück.

Es vertrat die Ansicht, daß die Verteilung des Erstgerichtes dem in der Verteilungstagsatzung zustandegekommenen Einverständnis der Beteiligten entspreche. Die betreibende Partei habe es unterlassen, gegen die Anmeldung zu CLNR 6 Widerspruch zu erheben. Es fehle daher an einer Beschwer, weil ohnedies im Sinne der Anträge der betreibenden Partei entschieden worden sei.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der betreibenden Partei in der Verteilungstagsatzung abgegebenen Erklärungen erlauben nicht den Schluß, daß sie auf ihre Rechte aus der Anmerkung der Anfechtungsklage verzichtet habe und damit iSd § 214 Abs 2 EO ein Einverständnis zur Zuweisung des strittigen Betrages von S 360.000,-- an die Raiffeisenbank L***** vorläge. Die Reihenfolge der Verhandlung über die einzelnen Ansprüche wird vom Richter festgelegt. Nur deshalb, weil die betreibende Partei ihre Restforderung erst nach der Raiffeisenbank L***** anmeldete, kann daher noch keine Einigung in der Richtung abgeleitet werden, daß die betreibende Partei zu ihrem Nachteil nicht mehr auf der gesetzlichen Rangordnung bestehe. Nur bei einem ausdrücklich eine andere Verteilung beinhaltenden Einverständnis würde nur mehr diese maßgebend sein (vgl SZ 46/29). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß die betreibende Partei nur das beantragt habe, was ihr im angefochtenen Verteilungsbeschluß zugewiesen wurde.

Aber auch der Rekursausschluß nach § 234 Abs 1 EO liegt nicht vor.

Nach herrschender Auffassung kann zwar auch wegen Verletzung der von amtswegen wahrzunehmenden Verteilungsgrundsätze Widerspruch erhoben werden. Die Erhebung des Widerspruches ist aber in einem solchen Fall zur Wahrung des Rekursrechtes nicht erforderlich;

wenn ein Verteilungsbeschluß gegen amtswegig wahrzunehmende Verteilungsgrundsätze verstößt, kann vielmehr auch ohne Erhebung des Widerspruches Rekurs erhoben werden (Heller-Berger-Stix 1597;

Entscheidungen wie EvBl 1976/82, SZ 46/29 ua).

Eine solche Verletzung eines von Amts wegen wahrzunehmenden Verteilungsgrundsatzes ist im vorliegenden Fall gegeben:

Die Anmerkung der Anfechtungsklage verschafft zwar (etwa gegen die nachfolgende Anmerkung der Konkurseröffnung) noch keinen Rang (SZ 52/47; SZ 53/6). Sie hat aber gemäß § 20 Abs 2 AnfO zur Folge, daß das Urteil über die Anfechtungsklage auch gegen Personen wirkt, die nach der Anmerkung bücherliche Rechte erworben haben. Diese Wirkungserstreckung ist nicht mit dem Erwerb eines Befriedigungsranges gleichzusetzen, sie bedeutet aber, daß ein von ihr betroffener Berechtigter dem aus dem Anfechtungstatbestand benachteiligten Gläubiger wegen des im Zeitpunkt des Erwerbes des neuen Rechtes infolge der Anmerkung der Anfechtungsklage nicht mehr möglichen guten Glaubens sein bücherliches Recht nicht entgegenhalten kann (insoweit auch ÖBA 1991/268 = JBl 1991, 323, wo nur für das Verhältnis mehrerer Anfechtungsgläubiger untereinander die von Hoyer in ÖBA 1991, 284 kritisierte Position vertreten wurde, daß es unter ihnen auf den Rang der erworbenen Befriedigungsrechte und nicht auf den Rang der Anmerkungen der Anfechtungsklagen ankommt). Die Bestimmung des § 11 Abs 2 AnfO, welche regelt, unter welchen Voraussetzungen auch ein Rechtsnehmer des anfechtbaren Eigentümers Anfechtungsgegner sein kann, steht der sofortigen Berücksichtigung dieser Wirkungserstreckung nicht entgegen. Ein Gläubiger, dem der anfechtbare Eigentümer ein Pfandrecht eingeräumt hat, ist zwar ein Rechtsnehmer iSd § 11 Abs 2 AnfO (vgl Bartsch-Pollak3 Anm 8 zur gleichlautenden Bestimmung des § 38 KO; König, Anfechtung, Rz 61). Zumindest für das Verteilungsverfahren kann aber nicht gefordert werden, daß zunächst eine Klage auf Unwirksamerklärung des strittigen Pfandrechtes erhoben werde, die nach § 11 Abs 2 Z 1 AnfO wegen der Anmerkung der gegen den Eigentümer erhobenen Anfechtungsklage jedenfalls erfolgreich sein müßte, sondern es kann sofort die der wirklichen Sachlage entsprechende Verteilung vorgenommen werden.

Damit durfte das Gericht zweiter Instanz den Rekurs nicht zurückweisen. Es wird allerdings zu prüfen haben, ob die Verhandlung in der Verteilungstagsatzung ausreichend war oder ob der Raiffeisenbank L***** Gelegenheit gegeben werden müßte, gegen eine Zuweisung des strittigen Betrages im Range CLNR 5 Widerspruch zu erheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E27379

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00078.91.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19910710_OGH0002_0030OB00078_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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