Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilfried B*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Marktgemeinde N*****, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen restlicher S 250.000,- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13. November 1989, GZ 14 R 175/89-34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 7. April 1989, GZ 1 Cg 204/86-27, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.887,40 (darin S 1.647,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Marktgemeinde hatte in früheren Jahren den Theatersommer im Schloß N***** durchgeführt. Im Sommer 1986 sollte die Tradition wieder aufgenommen werden. Der Plan, unter der Regie und Mitwirkung des Klägers das Stück "Der Ritter vom Mirakel" von Lope de Vega zur Aufführung zu bringen, wurde zuletzt jedoch nicht verwirklicht.
Der Kläger erhob am 2. Mai 1986 die Klage auf Zahlung von S 265.000,- sA. Im November 1985 sei ein Vertrag zustande gekommen, wonach der Kläger für die Regieführung S 100.000,-, für die Rolle des Hauptdarstellers S 100.000,-, für die Bearbeitung S 50.000,- und als Spesenersatz S 15.000,- erhalten sollte. Bis Jahresende 1985 sollte der Kläger eine Akontozahlung von S 100.000,- bekommen. Die beklagte Gemeinde habe nicht bezahlt, die Vorbereitung nicht veranlaßt und die erforderlichen Aufträge nicht erteilt. Der Kläger sei am 14. März 1986 von dem Vertrag zurückgetreten. Er sei leistungsbereit gewesen. Das Scheitern der Aufführung habe die beklagte Gemeinde zu vertreten.
Die beklagte Gemeinde beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Über ein Kontaktgespräch hinaus sei keine Vereinbarung mit dem Kläger zustande gekommen. Der Kläger habe nur einen Vorschlag unterbreitet. Das vom Kläger verlangte Honorar stehe ihm nicht zu, weil aus seinem Verschulden kein Vertrag zustande gekommen sei. Sofern aber ein Vertrag unterstellt werde, habe er vor dem Rücktritt keine Nachfrist gesetzt. Der Kläger sei nicht bereit gewesen, alle Details der geplanten Theateraufführung abzusprechen. Er habe der beklagten Marktgemeinde S 96.000,- zu ersetzen, zu deren Zahlung an zwei Schauspieler sie verurteilt wurde. Ein Vertragsabschluß sei ausdrücklich von der Zustimmung des Gemeinderates der beklagten Partei abhängig gemacht worden. Der Kläger habe im Sommer als Darsteller in einer Produktion des Fernsehens mehr verdient und müsse sich dieses Einkommen anrechnen lassen. Nach den Bestimmungen der NÖ Gemeindeordnung schließlich bedürfe der vom Kläger behauptete Vertrag der Beschlußfassung im Gemeinderat. Dieser habe aber am 14. Jänner 1986 nur das Vorhaben beschlossen, den Theatersommer 1986 durchzuführen, Vereinbarungen mit dem Kläger jedoch nicht genehmigt.
Das Erstgericht entschied, daß die Forderungen des Klägers mit S 215.000,- zu Recht bestehen, nicht aber die Gegenforderung der beklagten Partei von S 96.000,-, und verhielt unter Abweisung des Mehrbegehrens die beklagte Gemeinde zur Zahlung des Betrages von S 215.000,-sA an den Kläger.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht und der Berufung des Klägers teilweise Folge. Es erkannte dessen Forderung als mit S 250.000,- zu Recht bestehend, bestätigte den Ausspruch über die Gegenforderung und sprach daher dem Kläger S 250.000,- samt 4 % Zinsen seit dem 17. März 1986 zu und bestätigte die Abweisung des Mehrbegehrens von S 15.000,- sA. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei (§ 500 Abs 3 ZPO idF vor WGN 1989).
Die tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen lassen sich zum Verständnis der Rechtsausführungen auf die folgenden Feststellungen der Vorinstanzen zusammenfassen:
Der im Frühjahr 1985 gewählte Bürgermeister und die seiner Liste angehörenden Gemeinderäte erwogen, im nächsten Jahr den traditionsreichen Theatersommer wieder aufzunehmen. Da das Schloß nicht mehr verfügbar war, sollte im Hof des Bezirksgerichtsgebäudes ein Theaterstück zur Aufführung kommen. Der Kulturreferent ersuchte den im Ort wohnhaften Beamten des Bundesdenkmalamtes Peter M*****, der aus seiner langjährigen kulturellen Tätigkeit im Ort über Erfahrungen und Kontakte verfügte, die Verbindung zu Theaterfachleuten aufzunehmen. Der Beamte setzte sich mit dem Kläger in Verbindung, fuhr zu ihm in die Bundesrepublik und bat um Vorschläge an die Gemeinde. Der Kläger ließ sich erst durch seinen Bekannten zur Mitwirkung am Theatersommer 1986 überreden. Er arbeitete einen Vorschlag aus und stellte einen technischen Stab für die Aufführung zusammen.
Bei dem von Peter M***** vorbereiteten Treffen im Gasthaus R***** am 14. September 1985 unterbreitete der Kläger dem Bürgermeister, dem Kulturreferenten, dem Finanzreferenten und anderen Gemeindemandataren der beklagten Partei im Beisein der vom Kläger ausgewählten Mitarbeiter des technischen Stabes einen Vorschlag. Das Schauspiel "Der Ritter vom Mirakel" des spanischen Dichters Lope de Vega sollte in der Bearbeitung und Inszenierung des Klägers in der Gemeinde aufgeführt werden. Der Kläger bot an, die Regie zu übernehmen und die Hauptrolle zu spielen und die erforderlichen weiteren Personen auszuwählen. Neben anderen Einzelheiten gab der Kläger den finanziellen Aufwand einschließlich der Gagen der Schauspieler bekannt. Das eigene Honorar für Regie (S 100.000,-), die Hauptrolle (S 100.000,-), die Bearbeitung (S 50.000,-) und für Spesen (S 15.000,-) nannte der Kläger ebenso wie die Einzelheiten der sonstigen Kosten. Er legte sein Konzept auf den Tisch. Die Gemeindevertreter waren überrascht, daß der Kläger schon ein so in die Einzelheiten ausgearbeitetes Konzept vorlegen konnte, und erklärten, die Realisierung zu befürworten. Der Bürgermeister schränkte ein, eine verbindliche Zusage könne nicht gegeben werden, weil dafür ein Gemeinderatsbeschluß erforderlich sei. Der Kläger meinte, zunächst sei alles unverbindlich; er drängte auf rasche Entscheidung und sagte, er müsse im Oktober 1985 wissen, ob die Zusammenarbeit zustande komme. Von einem schriftlichen Vertrag war damals nicht die Rede.
Der Kläger nahm sofort mit Schauspielern Kontakt auf. Er fürchtete, sonst geeignete Kräfte nicht mehr auftreiben zu können. Er bat die Schauspieler Walter S***** und Heidi H*****, im Rahmen des Theatersommers 1986 mitzuwirken, und versprach, ihnen mitzuteilen, wenn die Voraussetzung erfüllt sei, daß er zum künstlerischen und technischen Leiter bestellt sei.
Der Bürgermeister mußte in der Folge erst versuchen, die Mitglieder seiner eigenen Fraktion zu überzeugen, daß im Sommer 1986 im Ort eine Theateraufführung stattfinde. Der Kulturreferent sollte das Projekt im Gemeinderat durchbringen. Da aber die Mandatare einer Fraktion ablehnten, gelang es ihm nicht. Der Beamte Peter M***** teilte mit, der Kläger sei schon ungeduldig, weil er noch keine Nachricht der Gemeinde erhalten habe. Anfang Oktober fragte er den Kulturreferenten, der erklärte, seitens der Gemeinde werde "grünes Licht" gegeben. Peter M***** gab die Nachricht an den Kläger weiter, daß der Aufführung nichts mehr im Wege stehe.
Anfang November 1985 wurde bei einer Besprechung der Mitglieder des Gemeindevorstandes im Beisein des Peter M***** Übereinkunft erzielt, daß der Kläger im Rahmen des Theatersommers 1986 für die Gemeinde tätig werden solle. Der Bürgermeister sprach bei einem Glas Wein einen Trinkspruch auf den Theatersommer 1986 aus. Peter M***** unterrichtete den Kläger davon telefonisch, worauf dieser den beiden Schauspielern mitteilte, ihr Engagement sei sicher. Die beiden Schauspieler wollten wissen, wann ein schriftlicher Vertrag zustande komme, der Kläger meinte, dies sei eine Formsache. Die Gemeinde müsse noch einige bürokratische Hürden überwinden. Er versprach den Schauspielern eine schriftliche Absicherung durch die Gemeinde.
Bis zum 24. Oktober 1985 hatte der Kulturreferent einen Budgetplan erstellt und den Gemeindevorstandsmitgliedern übermittelt. Danach standen den Einnahmen an Subventionen und Eintrittsgeld von S 2,050.000,- Ausgaben von nur S 1,930.000,-
gegenüber. Da die Gemeinde beträchtliche Schulden hatte, durfte die Abhaltung des Theatersommers keinen Abgang bringen. Der Gemeinde war bekannt, daß das Land zwei Subventionen von je S 750.000,- gewähre, wenn die Sommerspiele stattfinden. Die Spieltage waren schon über Peter M***** festgelegt worden. Am 29. November 1985 fand eine Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Niederösterreichischer Theatersommer im Amt der Landesregierung statt. Die beklagte Gemeinde reichte ihr Projekt ein.
Auf ein Ersuchen des Klägers, ihm einen Vorschuß von S 100.000,-
zu gewähren, weil er schon Vorarbeiten, besonders die Ausarbeitung des Textbuches erbracht habe, antwortete der Finanzreferent, er brauche ein Schreiben des Klägers. Die örtliche Zeitung berichtete über den projektierten Theatersommer 1986. Der Kläger wandte sich am 4. Jänner 1986 schriftlich an den Bürgermeister, weil er den Gagenvorschuß nicht erhalten hatte, und drohte, die Gemeinde wegen ihres Verzuges in der Einhaltung mündlicher Abmachungen in Anspruch zu nehmen. Er setzte eine Nachfrist bis 15. Jänner 1986. Eine Reaktion des Gemeindevorstandes erfolgte nicht.
Am 12. Jänner 1986 gab der Kontaktmann Peter M***** dem Finanzreferenten die Aufstellung der Honorare und Gagen bekannt und regte an, mit dem Landeskulturreferenten über eine Erhöhung der Subvention zu verhandeln.
Bei der Gemeinderatssitzung am 14. Jänner 1986 gab der Kulturreferent einen Überblick über die früher veranstalteten Sommerspiele, wies darauf hin, daß sie im Vorjahr (1985) ausfallen mußten, daß das Land jährlich S 750.000,- Subvention gewähre und ein Aussetzen über zwei Sommer einen Ausschluß aus dem Niederösterreichischen Theatersommer mit sich bringe, in den zahlreiche neue Bewerber drängten. Da die Burg als Spielstätte ausfalle, werde im Hof des Gerichtsgebäudes die neue Spielstätte eingerichtet. Das Land habe für 1985 S 750.000,- Subvention bezahlt. Für 1986 werde eine Subvention in gleicher Höhe sicher sein, über eine Erhöhung könne noch verhandelt werden. Es seien bereits Vorgespräche über den Kultursommer 1986 geführt worden. Im Kulturausschuß und im Gemeindevorstand sei darüber Bericht erstattet worden, eine Belastung für die Gemeinde trete nicht ein. Als Theaterstück sei "Der Ritter vom Mirakel" von Lope de Vega in der Bearbeitung und unter Mitwirkung des Klägers ausgewählt. Das für 1984 geplante Auftreten des Klägers sei damals nicht zustande gekommen. Weitere Vorgespräche seien geführt worden, es könnten auch Helmut L***** und Elisabeth L***** oder das philharmonische Quartett auftreten. Um die Details zu klären, müsse eine grundsätzliche Genehmigung des Kultursommers 1986 erfolgen. Dadurch würde die Fortsetzung der bewährten Aktivitäten gesichert; eine Ablehnung bedeute, daß keine Theateraufführung stattfinde, keine Subvention eingehe und eine andere Gemeinde in den Verband NÖ Kultursommer aufgenommen werde.
Der Vizebürgermeister hielt entgegen, seine Fraktion bekenne sich zum Kulturgeschehen, doch könne mit den Aktivitäten auch zwei oder drei Jahre ausgesetzt werden. Für eine Beschlußfassung müßten Einzelheiten über die nötigen Verträge mit dem Regisseur und den Schauspielern bekannt sein. Seiner Fraktion seien Fehler vorgeworfen worden, obwohl vom Rechtsanwalt ausgearbeitete Verträge vorlagen, die das Finanzamt nicht anerkannte. Es gehe darum, wie die Vereinbarungen grundsätzlich abgefaßt sind, in anderen Spielgemeinden gebe es mit den Mitwirkenden Dienstnehmerverträge. Es könne kein Blankoscheck für den Theatersommer 1986 ausgestellt werden.
Der Kulturreferent hielt diesen Ausführungen entgegen, es gehe darum, daß dem Kultursommer 1986 zugestimmt werde. Dies sei Voraussetzung dafür, die Abmachungen ausarbeiten zu lassen, was auch Geld koste. Wenn dann dem Kultursommer 1986 die Zustimmung verweigert werde, sei die Geldausgabe nicht sinnvoll.
Der Bürgermeister meinte, es dürfte nicht so schwer sein, einen Vertragsentwurf mit dem Kläger zu bekommen. Ein Vorschlag eines Debattenredners ging dahin, bis zur nächsten Gemeinderatssitzung eine Zusammenstellung vorzulegen, was die Abhaltung des Theatersommers 1986 kosten werde. Ein anderer Redner beklagte, daß seine Fraktion zu wenig über die Einzelheiten unterrichtet wurde. Der Kulturreferent sagte zu, daß Richtlinien gefunden würden, jetzt aber durch einen Gemeinderatsbeschluß festgelegt werden müsse, ob der Kultursommer 1986 stattfinde oder nicht. Das Finanzkonzept sei ausgeglichen. Der Bürgermeister bestätigte, daß die Spiele nur stattfinden könnten, wenn die Gemeinde dadurch nicht belastet werde. Das Geld für den Ausbau der Spielstätte sei vorhanden und für den Sommer fest zugesagt. Eine grundsätzliche Entscheidung über die Durchführung für die Saison 1986 sei nötig. Dann könne über die Verträge und andere Details gesprochen werden. Nach den Ausführungen eines geschäftsführenden Gemeinderates, seine Fraktion stimme zu, falls keine Mittel aus dem ordentlichen Gemeindehaushalt nötig seien, stellte der Bürgermeister den Antrag, der Durchführung des Kultursommer 1986 die grundsätzliche Zustimmung zu erteilen, Verträge und andere Details würden den zuständigen Gremien laufend bekanntgegeben.
Bei der Abstimmung ergaben sich 17 Stimmen für den Antrag, bei 11 Stimmenthaltungen wurde der Antrag mit Mehrheit angenommen.
Der Bürgermeister erwähnte den Brief des Klägers vom 4. Jänner 1986 in der Gemeinderatssitzung nicht, weil er befürchtete, daß sich dann nicht nur die eine Fraktion - die sich der Stimme enthielt -, sondern auch die Fraktion gegen die Abhaltung des Kultursommers stellen und dann keine Mehrheit zustande kommen werde.
Am 15. Jänner 1986 schickte der Bürgermeister oder der Kulturstadtrat an den Kläger ein Telegramm mit dem Inhalt ab:
"Endlich geschafft. Antrag bei gestriger Gemeinderatssitzung angenommen. Freue mich auf die kommende Zusammenarbeit anläßlich des Neulengbacher Theatersommers 1986 mit Ihnen. Brief folgt umgehend. Bitte um Kontaktaufnahme. Genaue Abklärung der Überweisung. Herzliche Grüße Hubert M***** (Bürgermeister)". Der angekündigte Brief wurde nicht geschrieben.
Am 16. Jänner 1985 beauftragte der Kläger seinen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen, weil er für mehrere Wochen verreiste. Der Klagevertreter erhielt bei einem Anruf von dem Kontaktmann Peter M***** die Bestätigung, daß der Gagenvorschuß von S 100.000,- schon fällig sei. Er forderte vom Bürgermeister die Bezahlung; dieser meinte, er habe es politisch schwierig, es werde mit dem Geld in Ordnung gehen. Am 27. Jänner 1986 übermittelte der Klagevertreter der Gemeinde eine "Zahlungsanforderung" und ersuchte um Überweisung von S 100.000,-
auf ein Konto des Klägers. Eine Antwort erging nicht. Der Bürgermeister nahm Kontakt mit einem Rechtsanwalt auf und erklärte, die Gemeinde habe einer Forderung des Klägers nach einem Vorschuß nicht zugestimmt. Auf Drängen des Klägers schrieb die Gemeinde den Schauspielern Walter S***** und Heidi H*****. Es wurde der Freude über die Bereitschaft zur Mitwirkung am Theatersommer 1986 Ausdruck verliehen und um Mitteilung ersucht, ob sie lohnsteuerpflichtig oder aber einkommen- und umsatzsteuerpflichtig beschäftigt werden wollten. Peter M***** sandte den beiden Schauspielern im Feber 1986 in Briefumschlägen der Gemeinde mit dem Hinweis, er handle im Auftrag der Gemeinde, die Textbücher. Die Schauspieler begannen mit dem Studium ihrer Rollen. Walter S***** verständigte die Gemeinde, er wolle mit einer Lohnsteuerkarte beschäftigt werden. Heidi H***** wollte es sich noch überlegen.
Am 14. Feber 1986 rief der damals von der Gemeinde betraute Rechtsanwalt den Klagevertreter an. Er erklärte, finanziell gehe alles in Ordnung, die Gemeinde benötige aber "etwas Schriftliches". Der Klagevertreter erwiderte, es läge eine mündliche Vereinbarung vor, doch habe der Kläger nichts dagegen, wenn sie in Schriftform gebracht werde, der Gegenanwalt möge sich bei der Gemeinde erkundigen, was vereinbart worden sei.
Bei der Gemeinderatssitzung am 25. Feber 1986 erklärten der Bürgermeister und der Kulturreferent, es werde "derzeit mit den Schauspielern abgeklärt, welche Vertragsvarianten gewünscht würden. Die Verträge würden durch den Rechtsanwalt der Gemeinde entworfen, um sie juristisch gut abzusichern. Der in dieser Sitzung behandelte außerordentliche Voranschlag für das Jahr 1986 sah Einnahmen von knapp über S 11,000.000,- und Ausgaben von etwa S 13,100.000,- vor. Der Voranschlag wurde mit Ausnahme der Ansätze für den Theatersommer einstimmig angenommen. Das außerordentliche Vorhaben Theatersommer 1986 wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.
Im März 1986 übermittelte der Rechtsanwalt der Gemeinde dem Klagevertreter einen Vertragsentwurf. Das Schreiben kreuzte sich mit einer Erklärung des Klagevertreters, wonach der Kläger keine weiteren Tätigkeiten erbringen und seine Ansprüche geltend machen werde, weil die Gemeinde seine Bedingungen nicht erfüllte. Nach Einlangen des Vertragsentwurfes, in welchem eine vorher nicht besprochene, den Kläger treffende Konventionalstrafvereinbarung eingebaut war, kam es zu keiner Einigung. Es war klar, daß der Kläger nicht mehr für die Gemeinde tätig sein werde. Diese lud alle Beteiligten zu einer Besprechung für den 21. April 1986 ein. Walter S***** versuchte eine Rettung der Aufführung. Er wollte die Regie übernehmen und zwischen den Streitteilen vermitteln. Er bot dem Kläger im Auftrag der beklagten Gemeinde S 100.000,-, wenn er auf weitere Ansprüche verzichte und der Aufführung in seiner Bearbeitung zustimme. Der Kläger lehnte dies ab. Die Theateraufführung mußte abgesagt werden.
Der Kläger hatte nach der Bearbeitung des Stücks im Herbst 1985 während seines Aufenthaltes im Ausland im Jänner und Feber 1986 die Rolle studiert und inszeniert. Er hatte zwar für den Sommer auch einen Vertrag als Schauspieler mit einer Fernsehfilmgesellschaft, aber vorgesorgt, daß er an den Aufführungstagen des Theatersommers 1986 nicht verfügbar sei. Der Kläger erhielt für 42 Drehtage netto rund DM 70.000,-. An drei Tagen, die durch die Absage der Theateraufführung in der beklagten Gemeinde frei wurden, konnte er dann doch für Dreharbeiten zur Verfügung stehen und rund S 35.000,- verdienen.
Das Erstgericht ging bei der rechtlichen Beurteilung davon aus, es sei zwischen den Streitteilen mündlich ein Vertrag zustande gekommen, spätestens mit der Übermittlung des Telegramms an den Kläger, das dieser nicht anders verstehen konnte denn als Erfüllung der ihm genannten Voraussetzung für die Verbindlichkeit der Abmachungen, nämlich das Zustandekommen eines Gemeinderatsbeschlusses. Daß der Absender des Telegramms anderes meinte oder die Textierung unglücklich erfolgte, spiele für den Kläger keine Rolle. Er habe die Hintergründe nicht gekannt und auf eine Information gewartet, daß der Gemeinderatsbeschluß gefaßt wurde. Dies sei im Telegramm klar ausgedrückt gewesen. Die beklagte Partei müsse diesen Erklärungswert gegen sich gelten lassen.
Das Scheitern des Projekts sei allein auf Gründe im Bereich der beklagten Gemeinde zurückzuführen, die nicht einmal den zugesagten Vorschuß leistete. Der Rücktritt des Klägers vom Vertrag sei rechtmäßig erfolgt, die vereinbarten Gagen stünden ihm zu, doch seien seine Einkünfte an den drei mit Aufführungstagen zusammengefallenen Drehtagen abzuziehen. Auch der Spesenersatz gebühre ihm nicht, weil ihm wegen der Absage kein Aufwand entstanden sei.
Die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung der beklagten Partei bestehe nicht zu Recht. Sie habe die beiden Schauspieler engagiert und könne die Gagen, zu deren Zahlung sie gerichtlich verurteilt wurde, nicht vom Kläger ersetzt verlangen. Den Voraussetzungen nach den §§ 35 und 36 NÖ GdO sei Genüge getan. Es liege ein Gemeinderatsbeschluß - wenn auch nur ein Grundsatzbeschluß - vor. Nur die Begründung ständiger Dienstverhältnisse sei der Beschlußfassung im Gemeinderat vorbehalten. Der Kläger sollte jedoch nicht ständig beschäftigt werden.
Das Berufungsgericht teilte die Ansicht, daß dem Kläger die zugesagten Gagen gebühren. Der Kläger habe der beklagten Gemeinde am 14. September 1985 ein Anbot gestellt, einen Vertrag bestimmten Inhalts abzuschließen. Das Konzept habe den konkreten Inhalt seiner Leistungen und das dafür geforderte Entgelt mit der nötigen Bestimmtheit enthalten. Er habe mit der Erklärung, er müsse noch im Oktober 1985 wissen, ob es zu der Zusammenarbeit komme oder nicht, seinen Bindungswillen zum Ausdruck gebracht und begrenzt. Die Antwort des Bürgermeisters, eine verbindliche Zusage könne wegen des Erfordernisses einer Beschlußfassung im Gemeinderat nicht gegeben werden, könne als Ankündigung eines korrespondierenden Anbots der Gemeinde oder als Bedingung gewertet werden, bei deren Erfüllung das Einverständnis erzielt werde. Der Kontaktmann habe den Kläger noch im Oktober 1985 unterrichtet, der Kulturreferent der beklagten Gemeinde habe für die Theateraufführung "grünes Licht" gegeben. Dabei sei Peter M***** als Bote aufgetreten, er habe die beklagte Gemeinde nicht vertreten, sondern nur eine Vermittler- und Übermittlerfunktion innegehabt. Es habe aber nicht nur der Kulturreferent, sondern auch der Bürgermeister das Anbot des Klägers angenommen, allerdings insofern noch nicht rechtswirksam, als noch der Gemeinderatsbeschluß fehlte. Beim Kläger sei durch die von Peter M***** übermittelte Äußerung des Bürgermeisters nach der Gemeindevorstandssitzung Anfang November 1985 der irrige Eindruck erweckt worden, der Gemeinderat habe dem Angebot bereits zugestimmt.
Der Bürgermeister vertrete die Gemeinde nach außen (§ 37 NÖ GdO). Die Mitglieder des Gemeindevorstandes haben ihn in der Ausübung seines Amtes zu unterstützen. Die Entscheidung über Herstellungen, Anschaffungen oder zu vergebende Lieferungen in einem die Wertgrenze des § 36 Z 4 NÖ GdO übersteigenden Ausmaß sei nach § 35 Abs 2 Z 18 lit f NÖ GdO aber dem Gemeinderat vorbehalten. Der Vertrag mit dem Kläger falle darunter. Die Vorschrift des § 35 Z 16 (Aufnahme ständiger Bediensteter sowie Auflösung des Dienstverhältnisses solcher Bediensteter) habe damit nichts zu tun. Nach § 36 Z 4 NÖ GdO seien dem Gemeindevorstand nur Angelegenheiten vorbehalten, wenn bei der Vergabe von Lieferungen und Arbeiten 1 v.H. der Gesamteinnahmen des ordentlichen Voranschlages des jeweiligen Haushaltsjahres betragsmäßig nicht überschritten werden. Die Entscheidung über Herstellungen, Anschaffungen oder zu vergebende Lieferungen in einem den Betrag von 1 v.H. der Gesamtjahreseinnahmen der Gemeinde übersteigenden Ausmaß sei dem Gemeinderat vorbehalten. Da der Voranschlag für das Jahr 1986 Einnahmen von knapp über S 11,000.000,- vorsah, übersteige das vereinbarte Honorar des Klägers diese Wertgrenze von S 110.000,-. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 867 ABGB seien die in Organisationsvorschriften juristischer Personen öffentlichen Rechts enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe auch im Außenverhältnis wirksam. Die Schranken dienten ja dem Schutz der Interessen der juristischen Personen. Die nach der Gemeindeordnung vorgesehene Beschlußfassung sei Wirksamkeitsvoraussetzung für mündlich abgeschlossene Verträge. Berücksichtige man die der Abstimmung in der Gemeinderatssitzung am 14. Jänner 1986 vorangegangene Diskussion der Mandatare, der als klar umrissener Programmpunkt für den Theatersommer 1986 nur die Vereinbarung mit dem Kläger über dessen Regieführung und Mitwirkung an der Aufführung des Stücks "Der Ritter vom Mirakel" zugrunde lag, während andere Vorhaben noch nicht konkretisiert waren, decke der "Grundsatzbeschluß" auch die mit dem Kläger geschlossenen Vereinbarungen. Damit seien diese Vereinbarungen vom Gemeinderat genehmigt worden. Die Verträge sollten auch den zuständigen Gremien nur mehr bekannt gegeben werden, also nicht zur Genehmigung durch den Gemeinderat vorgelegt werden. Der Text des dem Kläger übersandten Telegramms ergebe, daß den Gemeindevertretern bewußt war, die nötige Willensbildung im Gemeinderat habe schon stattgefunden und die Genehmigung des Geschäftes durch das zuständige Organ sei erfolgt. Damit sei auch die Zusage einer Bevorschussung des Honorars für die schon geleisteten Vorarbeiten mit S 100.000,- vom Gemeinderat genehmigt. Das vollmachtslose Handeln des Bürgermeisters sei durch die ihm nur durch die Budgetobergrenze beschränkt erteilte Vollmacht vom Gemeinderat genehmigt worden. Es komme auf das Verständnis an, das ein redlicher Empfänger von der Erklärung gewinnen durfte. Dies gelte auch für Gebietskörperschaften. Das vom Kläger angebotene Werk sei der Kern des vom Gemeinderat beschlossenen Kultursommers 1986 gewesen, der Aufführungsort, der Tag der Premiere und die weiteren Spieltage seien schon bestimmt gewesen. Alle Gemeindepolitiker hätten dies aus den örtlichen Medien gewußt. Dem Wort "grundsätzlich" komme bei der Beschlußfassung kein Sperrwert zu. Der Vorbehalt einer Genehmigung des bisher vollmachtslos erfolgten Handelns des Bürgermeisters durch einen erst über den Vertrag zu fassenden künftigen Beschluß hätte vom Gemeinderat klar ausgedrückt werden müssen.
Der Kläger habe zwar sein Anbot am 4. Jänner 1986 vor der Beschlußfassung im Gemeinderat zurückziehen wollen, er habe aber das Anbot der Gemeinde angenommen. Die Gemeinde habe weder den Vorschuß geleistet noch auf den Protest des Klägers gegen die Weigerung der Vertragszuhaltung reagiert. Da die beklagte Gemeinde in ihrem Vertragsentwurf von den mündlich getroffenen Abreden abging und zum Ausdruck brachte, daß sie dazu nicht mehr stehe, habe der Kläger ohne Nachfristsetzung vom Vertrag zurücktreten können. Die beklagte Partei habe dem Kläger das Honorar nach Werkvertragsregeln zu bezahlen. Eine Anrechnung des Verdienstes bei der Fernsehproduktion finde nicht statt, weil der Kläger Vorsorge getroffen hatte, daß er beiden Verpflichtungen ohne Schmälerung seiner Einkünfte nachkommen konnte. Es fehle an der Voraussetzung für eine Anrechnung, daß sich der Kläger infolge des Unterbleibens seiner Leistung etwas erspart oder daß er anderweitig etwas erworben hätte. Er hätte die Drehtage neben den Aufführungstagen auf sich genommen und ein gleiches Einkommen gehabt. Daß dann nach der Absage eine Verschiebung der Drehtage möglich war, verschaffte dem Kläger keinen Vorteil. Wohl aber habe er sich die produktionsbedingten Barauslagen erspart und daher keinen Anspruch auf den vereinbarten Spesenersatz. Mit seinen Vorarbeiten seien Barauslagen nicht verbunden gewesen.
Die von der beklagten Partei erhobene außerordentliche Revision ist nach der hier noch anzuwendenden Fassung des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO idF vor WGN 1989, weil das Datum der Entscheidung des Berufungsgerichtes vor dem 1. Jänner 1990 liegt, wegen der zu lösenden Rechtsfrage zulässig.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, daß im Zusammenhang mit dem zuletzt gescheiterten Versuch der Belebung des Theatersommers in der beklagten Gemeinde und den zur Vorbereitung getroffenen Abreden mit Mitwirkenden der Oberste Gerichtshof schon befaßt wurde:
Walter S***** und Heidi H***** hatten beim Arbeitsgericht St.Pölten gegen die Gemeinde die Klagen auf Zahlung der vereinbarten Gage von je S 48.000,- erhoben und obsiegten in dem Rechtsstreit. Das Urteil des Arbeitsgerichtes St.Pölten vom 10. Dezember 1986, GZ Cr 139/86-5, wurde mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 24. April 1987, GZ 31 Ra 41/87-10, bestätigt. Der Oberste Gerichtshof gab am 2. September 1987 zu 9 Ob A 78, 79/87 der Revision der beklagten Gemeinde nicht Folge. Die (Bühnendienst-)Verträge seien wirksam zustande gekommen. Die Gemeinde habe in dem Schreiben vom 6. Feber 1986 ihren Abschlußwillen erklärt. Daran ändere die Tatsache nichts, daß die Schauspieler in einem früheren Stadium der Verhandlungen durch den Regisseur - den Kläger im nun zu entscheidenden Rechtsstreit - darauf hingewiesen wurden, ihr Engagement sei vom Zustandekommen der Aufführungen und seiner Bestellung zum künstlerischen Leiter abhängig. Der Gemeinderat habe in der Zwischenzeit einen positiven Beschluß über die Abhaltung des Theatersommers 1986 gefaßt. Zu einem Rücktritt vom Vertrag sei die Gemeinde nicht berechtigt, weil die Zerwürfnisse zwischen dem Regisseur und ihr als Theaterunternehmerin, die das Scheitern der geplanten Aufführungen zur Folge hatten, in der Sphäre der beklagten Unternehmerin lagen. - Das Erfordernis einer Entscheidung des Gemeinderates über das Engagement der beiden Schauspieler wurde in dieser Entscheidung nicht erörtert.
Der Beamte Peter M***** hatte von der beklagten Gemeinde mit Klage beim Landesgericht St.Pölten das ihm für die künstlerische Leitung des Kultursommers 1986 zugesagte Entgelt von S 50.000,-
zuzüglich S 10.000,- Umsatzsteuer und S 2.000,- Barauslagenersatz gefordert. Er habe einen Gutteil der ihm übertragenen Arbeiten erbracht, sei aber von der Gemeinde an der Fertigstellung des übernommenen Werkes gehindert worden. Dort stützte sich die Gemeinde darauf, daß ein Vertrag nicht zustande gekommen sei. "Nach § 36 Z 4 NÖ GdO" sei dazu ein Beschluß des "Gemeinderates" erforderlich gewesen. Das Landesgericht St.Pölten gab dem Klagebegehren mit dem Urteil vom 31. März 1989, GZ 1 Cg 494/87-6, statt und verhielt die Gemeinde zur Zahlung der S 62.000,- sA. Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hob über die Berufung der beklagten Gemeinde das erstgerichtliche Urteil unter Setzung des Rechtskraftvorbehaltes mit dem Beschluß vom 7. Dezember 1989, GZ 15 R 171/89-10, auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück, das das Verfahren zu ergänzen und neu zu entscheiden haben werde. Die Feststellungen über den "positiven Gemeinderatsbeschluß" seien nicht nachvollziehbar. Es fehle eine Auseinandersetzung mit § 36 Z 4 NÖ GdO, der die Vergabe von Arbeiten unter bestimmten, nach den Gesamteinnahmen der Gemeinde ausgerichteten Voraussetzungen dem Gemeindevorstand zuweise. Dies bedeute eine Einschränkung der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen. Für einen Außenstehenden sei es aber nicht möglich, während des laufenden Finanzjahres die genauen Budgetansätze einzusehen. Es werde ihm damit das Erschließen des jeweils für seine Zwecke zuständigen Ansprechpartners unmöglich gemacht. Bei der Bindung des Bürgermeisters handle es sich also doch um eine bloße Organisationsvorschrift. Ob die beklagte Partei ihren Willen zum Vertragsabschluß konkludent erklärte, müsse festgestellt werden. - Der Oberste Gerichtshof stellte über die Rekurse beider Parteien das Urteil des Erstgerichtes mit der Entscheidung vom 13. September 1990 zu 8 Ob 573/90 wieder her. Unter Anerkennung der nunmehr ständigen Rechtsprechung, daß die in der Gemeindeordnung selbst aufgenommenen Vorschriften Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen mit sich bringen, so daß die durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluß nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnis die Gemeinde nicht bindet (SZ 54/111), meinte der Oberste Gerichtshof, die für eine solche Willensbildung ausschlaggebenden Persönlichkeiten (Bürgermeister, Finanzreferent, Kulturreferent) hätten dem mit der künstlerischen Leitung des Theatersommers 1986 Betrauten unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er auf die Einhaltung aller Zusagen, demnach den äußeren Schein ihrer Berechtigung zum Abschluß nach den Umständen des Falles vertrauen dürfe. Daß nicht alle, sondern nur die für das besondere Arrangement maßgeblichen Mitglieder der Gemeindevertretung den äußeren Tatbestand vorhandener Abschlußbefugnis setzten, spiele keine Rolle, weil sonst die Vollmachtsvermutung des § 1029 ABGB unterlaufen und illusorisch wäre. Sie bezwecke die Wahrung der schutzwürdigen Interessen desjenigen, der über die internen Willensbildungsvorgänge des agspartners nicht oder nicht in ausreichendem Maße informiert sein kann. Die Berechtigung der Überzeugung des Dritten von der Vertretungsmacht des Verhandlungspartners, die Voraussetzung und Anlaß für die Erbringung der eigenen im Vertrauen auf den äußeren Schein bewirkten Leistung sei, dürfe nicht darauf hinauslaufen, daß der Verhandlungspartner der Gebietskörperschaft sämtliche Grundsätze für die Willensbildung öffentlicher Körperschaften zu überprüfen und sein Verhalten danach einzurichten hätte.
Der Kritik des an diesem Verfahren beteiligt gewesenen Rechtsanwaltes in AnwBl 1991, 200 hat Wilhelm in ecolex 1991, 373 seine Ansicht entgegengesetzt, daß von der Rechtsprechung zur organisationsrechtlichen Vertretungsregelung der Gemeinden abgerückt werden sollte (vgl auch Wilhelm, Vertretung der Gebietskörperschaften im Privatrecht, 34 ff und 129 ff; Wilhelm zu JBl 1982, 197).
Der nun zur Entscheidung berufene Senat hat erwogen:
Die Vertretung der Gemeinde ist durch die Regelung in der NÖ GdO bestimmt. Danach wird zwar die Gemeinde nach außen durch den Bürgermeister vertreten, seine Vollmacht ist jedoch nicht unbeschränkt. Dem Gemeindevorstand (Stadtrat) sind unter anderem die Vergebung und Lieferung von Arbeiten vorbehalten, wenn deren Betrag in der Gesamtabrechnung 10 v.H. des hiefür vorgesehenen Voranschlagsatzes, jedoch 1 v.H. der Gesamteinnahmen des ordentlichen Voranschlages des jeweiligen Haushaltsjahres nicht übersteigt (§ 36 Z 4 NÖ GdO). Die Entscheidung über Herstellungen, Anschaffungen oder zu vergebende Lieferungen in einem diese Wertgrenze (1 % der Jahreseinnahmen der Gemeinde) übersteigenden Ausmaß ist hingegen dem Gemeinderat vorbehalten, dem alle im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt wird, obliegen (§ 35 Abs 1 und § 35 Abs 2 Z 18 lit f NÖ GdO). Daß in dieser Bestimmung zwar Herstellungen, Anschaffungen oder zu vergebende Lieferungen, nicht aber die Vergebung von Arbeiten genannt ist, ändert nichts daran, daß die Kompetenz des Gemeindevorstandes nach § 36 Z 4 NÖ GdO nur für die "Vergebung von Arbeiten" reicht, wenn deren Betrag 1 v.H. der Gesamteinnahmen des ordentlichen Voranschlages des jeweiligen Haushaltsjahres nicht übersteigt. Obwohl die beklagte Gemeinde zunächst bindende Vereinbarungen mit dem Kläger nur mit dem Mangel einer Willensübereinstimmung bestritten hatte, berief sie sich doch auch schon auf die Notwendigkeit der Beschlußfassung im Gemeinderat und ließ den Kläger darüber nicht im Unklaren, wurde er doch schon bei der ersten Besprechung des Kulturvorhabens und der Vorstellung seiner Pläne darauf aufmerksam gemacht, daß keine bindende Zusage möglich sei, weil dafür "ein Gemeinderatsbeschluß" erforderlich sei. Ob dabei auch der Bürgermeister und seine Mitarbeiter irrig davon ausgingen, es genüge ein Gemeinderatsbeschluß, daß überhaupt im Jahr 1986 wieder ein Theatersommer durch die Gemeinde veranstaltet werde, blieb offen.
Der Kläger mußte jedenfalls wissen, daß die Gemeinde vor der Beschlußfassung im Gemeinderat nicht gebunden war und daß die Wirksamkeit der Vereinbarung erst nach Fassung des Gemeinderatsbeschlusses eintreten konnte. Diesen erhoffte er sich zwar schon für den Folgemonat Oktober, er nahm jedoch eine Verzögerung wegen der Nachrichten hin, die ihm über den Kontaktmann Peter M***** zugingen und wonach - zumindest bei der Besprechung der Mitglieder des Gemeindevorstandes Anfang November 1985 - Übereinkunft erzielt worden war, daß der Kläger im Rahmen des Theatersommers 1986 für die Gemeinde - wohl zu den vorgeschlagenen und mit dem Vorbehalt der Beschlußfassung im Gemeinderat auch angenommenen Vertragsbedingungen des Klägers - tätig werde.
Am 14. Jänner 1986 kam im Gemeinderat dieser angekündigte Beschluß zustande, allerdings nur mit dem Inhalt, daß der Durchführung des Kultursommers 1986 die "grundsätzliche" Zustimmung erteilt wird und Verträge und andere Details den zuständigen Gremien laufend "bekanntgegeben" werden.
Der Kläger erhielt durch den Bürgermeister oder über dessen Auftrag telegrafisch Nachricht vom Gemeinderatsbeschluß mit den Worten: "Endlich geschafft ...".
Die Entscheidung über den Abschluß mit dem Kläger oblag dem Gemeinderat, der sie selbst zu treffen hat und nicht delegieren darf (§ 35 Abs 2 NÖ GdO). Es lag aber aus folgenden Erwägungen eine ausreichende Vollmacht kraft "äußeren Tatbestandes" vor (§ 1029 ABGB):
Mit der Vertretungsmacht des Bürgermeisters einer Gemeinde nach der NÖ GdO hat sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung
vom 15. Juli 1981 zu 1 Ob 625/81 = SZ 54/111 = EvBl 1981/209 =
JBl 1982, 197 = NZ 1982, 184 ausführlich und in breiter
Auseinandersetzung mit dem Schrifttum befaßt. Er kam grundsätzlich zur Auffassung, dem Bürgermeister komme für die Gemeinde Vertretungsmacht zu, wenn er - für den Bereich der laufenden Verwaltung - selbst geschäftsführungskompetent sei oder wenn - sofern die Sache in die Geschäftsführungskompetenz des Gemeinderates fällt - dieser ordnungsgemäß Beschluß gefaßt hat. Im gleichen Sinn ergingen später noch zur Satzung einer Tiroler
Agrargemeinschaft die Entscheidung 1 Ob 715/84 = JBl 1986, 375
sowie zur Stmk GdO die Entscheidung zu 7 Ob 609/89 = JBl 1990, 36, denen eine vergleichbare organisationsrechtliche Lage zu Grunde lag, während die Entscheidung zu 7 Ob 688/88 (SZ 61/241 = JBl 1989, 444) die nicht vergleichbare Sbg GdO betraf. Der erste Senat ging davon aus, daß zur Vertretung der Gemeinde bei der Vornahme des damals zu beurteilenden mündlichen Geschäfts der Bürgermeister zwar nach § 37 NÖ GdO zuständig gewesen sei, weil danach der "Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertritt", daß damit aber nur dem Grunde nach Vertretungsmacht erteilt worden sei. Welchen Umfang sie habe; ob sie davon abhänge, daß die verbandsinterne Willensbildung ordnungsgemäß erfolgte; oder ob sie davon unabhängig (abstrakt) sei, könne durch Auslegung dieser insofern ganz unbestimmten Norm allein nicht ermittelt werden. Folgerichtig bezog der erste Senat die weiteren Normen über die Willensbildung und die - zur Rechtswirksamkeit
erforderliche - Kollektivzeichnung bei schriftlichen Geschäften in seine Überlegungen zur Lösung des Auslegungsproblems ein. Sei danach die Willensbildung dem Gemeinderat vorbehalten, so könne nicht angenommen werden, daß die Gemeindeordnung gerade durch die Normierung einer umfänglich überhaupt nicht bestimmten Vertretungsmacht dem Bürgermeister eine Legitimation zu Geschäften erteilen wollte, denen der Gemeinderat nicht zugestimmt hat und deren Vornahme daher sogar unerlaubt sei. Es sei ein dem Gesetz nicht zusinnbarer Wertungswiderspruch, wenn mündliche Verträge ohne Beschluß des Gemeinderates vom Bürgermeister allein getätigt werden könnten, Geschäftsurkunden zu ihrer Wirksamkeit aber sogar gemeinschaftlich gefertigt werden müssen, wenn ihnen ein Beschluß zugrunde liegt. In der Auslegung der organisationsrechtlich begründeten, auf den Tatbeständen der NÖ GdO beruhenden Vertretungskompetenz ist dieser Ansicht beizupflichten (so in diesem Punkt auch Wilhelm zu JBl 1982, 197).
Dies schließt aber nicht aus, daß allgemein-privatrechtliche Tatbestände zur Anwendung gelangen, aus denen sich zum Schutz des Verkehrs und des berechtigten Vertrauens Dritter eine umfassendere Vollmacht ergibt. Auch § 867 ABGB steht dieser Überlegung nicht entgegen, weil sich diese Vorschrift in einem bloßen Verweis auf die Regelung in den Gemeindeordnungen erschöpft und nur bekräftigt, daß privatrechtliche Gültigkeitsvoraussetzung das ist, was schon dort zur Zurechnungsvoraussetzung erklärt ist (Wilhelm, Vertretung 40 ff; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 867). Soweit die Gemeindeordnung eine erweiterte Zurechnung auf Grund anderer Tatbestände gerade nicht ausschließt, wird eine solche Zurechnung durch § 867 ABGB nicht behindert. Dies entspricht grundsätzlich auch der in SZ 54/111 vertretenen Auffassung. Der Oberste Gerichtshof hat keinen Zweifel daran gelassen, daß trotz der Beschränkung der statutarischen Vertretungsmacht des Bürgermeisters eine von dieser Beschränkung freie Vertretungsmacht kraft "äußeren Tatbestandes" entstehen kann und daß dies weder durch die NÖ GdO noch durch § 867 ABGB ausgeschlossen wird. Voraussetzung dieser Vollmacht ist allerdings, daß der Gemeinderat den äußeren Anschein gesetzt hat, daß er den erforderlichen Geschäftsführungsbeschluß gefaßt habe. Im allgemeinen muß das zur Bewilligung der Vereinbarung berufene Organ der Gemeinde den Willen durch schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB äußern (SZ 44/146; SZ 49/142; SZ 52/165), und es muß auch der äußere Tatbestand von den vertretungsbefugten Organen der juristischen Person herbeigeführt oder geduldet worden sein (SZ 47/59; EvBl 1976/272; MietSlg 33.121/25; 9 Ob A 251/89). Diese Voraussetzung wurde in SZ 54/111 nicht als gegeben angesehen.
Der Oberste Gerichtshof hat den vollmachtsbegründenden Anschein eines Gemeinderatsbeschlusses in JBl 1990, 534 angenommen, weil das beschlußlose Geschäft den Gemeinderatsmitgliedern nicht verborgen geblieben sein konnte und sie doch nicht reagierten, und ebenso in 8 Ob 573/90, weil die mit dem Dritten verhandelnden Gemeinderatsmitglieder behauptet hatten, es liege ein Beschluß vor. Die Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht wurden in beiden Fällen großzügig gehandhabt. In dieser neueren Rechtsprechung kommt zum Ausdruck, daß das Bedürfnis nach einem verstärkten Vertrauensschutz besteht.
Eine abschließende Erörterung der auf SZ 54/111 aufbauenden Rechtsprechung zur Vertretungsmacht des Bürgermeisters einer Gemeinde und der doch kritisch geäußerten Einwände in neuerer Lehre ist indes hier entbehrlich. Im vorliegenden Fall kommt dem Kläger zugute, daß ihm die Notwendigkeit der Beschlußfassung im Gemeinderat als Voraussetzung endgültiger Bindung angekündigt worden war und sodann im Gemeinderat einem Beschlußantrag die Zustimmung gegeben wurde, der in seiner Fassung keineswegs unzweideutig ist: Selbst wenn der dem "Grundsatzbeschluß", daß überhaupt nach der Pause wieder ein "Kultursommer" durchgeführt werde, angefügte und ebenso Inhalt des Mehrheitsbeschlusses bildende weitere Satz nicht als Erteilung der allgemeinen Verwaltungsvollmacht an den Bürgermeister angesehen würde, läßt er jedenfalls offen, ob die "Bekanntgabe der Verträge" und anderen Details an die "zuständigen Gremien" nur mehr zur Unterrichtung der damit befaßten Stellen bestimmt war oder ob eine weitere Genehmigung erst ausstand.
Damit hat aber der Gemeinderat selbst - und nicht etwa nur der Bürgermeister oder ein anderer "maßgeblicher" Gemeindefunktionär - einen äußeren Tatbestand gesetzt, in den ein Vertrauen bei redlicher Verkehrsauffassung berechtigt war. Jedes Mitglied des Gemeinderats hätte die Klarstellung erwirken können, durch einen Abänderungsantrag den Anschein einer Verwaltungsvollmachtserteilung auszuschalten und dem Beschluß die Fassung zu geben, daß die Verträge "dem Gemeinderat zur Genehmigung vorzulegen sind".
Damit stammt aber der äußere Schein nicht von vollmachtslosen Vertretern, sondern vom zuständigen Organ (in 8 Ob 573/90 war überdies nur das Erfordernis nach § 36 Z 4 NÖ GdO eingewendet, also die Zuständigkeit des Gemeindevorstandes).
Daß dem Kläger der Wortlaut der Beschlußfassung nicht mitgeteilt worden war und er auch nicht von dem Recht Gebrauch machte, in das Sitzungsprotokoll der öffentlichen Gemeinderatssitzung Einsicht zu nehmen oder Abschriften herzustellen
(§ 53 Abs 6 NÖ GdO), ändert daran nichts. Es kommt auf den objektiv feststellbaren Schein an und nicht darauf, welche Kenntnis über den Beschlußinhalt der Kläger hatte.
Der Dritte darf sich auf den vom Gemeinderat durch die Fassung seines Beschlusses gesetzten äußeren Anschein verlassen, wenn dieser objektiv das Vertrauen in die Erteilung der entsprechenden Vollmacht rechtfertigt. Dem Dritten schadet nur, wenn er den Vollmachtsmißbrauch kennt oder ihm dieser nach den Umständen offenbar hätte auffallen müssen (Grillberger-Probst-Strasser, Privatrechtsgeschäfte der Gemeinde, 72 ff; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 867). Rummel betont, man könne den Vertragspartner einer juristischen Person öffentlichen Rechts nicht zur Durchforschung des gesamten Organisationsrechtes verpflichten.
Im Ergebnis ist daher den Vorinstanzen beizupflichten, daß die beklagte Gemeinde vertraglich gebunden war und die mit dem Kläger getroffenen Vereinbarungen einzuhalten hatte.
In den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen ist dem Berufungsgericht beizutreten. Die Revisionswerberin kommt auf ihre anderen Einwände in der Revision auch nicht mehr zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E26469European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00551.91.0710.000Dokumentnummer
JJT_19910710_OGH0002_0030OB00551_9100000_000