TE OGH 1991/8/22 15Os89/91

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Veröffentlicht am 22.08.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.August 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Markel und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jan O***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2.Mai 1991, GZ 3 c Vr 693/91-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Jan O***** (1) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und (2) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 8.März 1990 in Wien

(zu 1) Ingrid K***** mit Gewalt, indem er ein Messer an ihrer linken Hüfte ansetzte und indem er sie würgte, zur Duldung des Beischlafes genötigt und

(zu 2) eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Pullover der Ingrid K***** in nicht mehr feststellbarem Wert, durch Zerschneiden unbrauchbar gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z 5 a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag der Beschwerdeführer keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen darzutun.

Der Hinweis auf die in der Polizeianzeige angeführten (angeblichen) Äußerungen der Zeugin K***** über das Ansetzen des Messers (auch) an ihrem Hals ist nicht geeignet, derartige Bedenken in bezug auf die Glaubwürdigkeit der genannten Zeugin, auf deren Bekundungen das Gericht seine Feststellungen gründete, zu erwecken; denn die Zeugin klärte den (im übrigen keineswegs gravierenden) Widerspruch zu ihren späteren Angaben dahin auf, daß diese - nicht in Form einer Niederschrift, sondern bloß "sinngemäß" festgehaltene - Wiedergabe ihrer Äußerungen (S 15) insoweit auf einem Mißverständnis beruhen müsse, worin ihr auch das Schöffengericht folgte (US 5).

Desgleichen vermag der Umstand, daß der Zeugin bei der Polizei nur ein Foto gezeigt worden war, keine Bedenken der in Rede stehenden Art zu erwecken. Das Schöffengericht konnte sich auch hier auf die einen Irrtum in der Person ausschließende Aussage der Zeugin K***** in der Hauptverhandlung stützen (US 5), in der sie ihre Bekundung anläßlich einer Gegenüberstellung im Vorverfahren (S 83) wiederholte; überdies konnte es in diesem Zusammenhang auch auf spezifische Körpermerkmale des Angeklagten hinweisen (US 5).

Soweit der Beschwerdeführer letztlich unter Berufung auf die von ihm als glaubwürdig behauptete - vom Schöffengericht jedoch als zur Widerlegung der Aussage der Zeugin K***** untauglich angesehene (US 6) - Aussage des Zeugen V***** meint, das Erstgericht hätte Nachforschungen nach einer Gaststätte anzustellen gehabt, in der der Angeklagte mit V***** zur Tatzeit eingekehrt gewesen sein soll, übergeht er, daß der Zeuge V***** trotz ausdrücklichen Befragens nach einem solchen Umstand (S 171) lediglich zu berichten vermochte, daß bei der von ihm zeitlich nicht näher festgelegten gemeinsamen Fahrt mit dem Angeklagten ein Halt bei einer Tankstelle im 12.Bezirk zum Zweck der Nachschau im Motorraum des Fahrzeuges eingelegt worden sei, jedoch nichts von einem Besuch einer Gaststätte, der nur in einer der im Verfahren wechselnden Varianten der vom Schöffengericht als unglaubwürdig erachteten Verantwortung des Beschwerdeführers behauptet wird. Von einem schwerwiegenden, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommenen Mangel in der Sachverhaltsermittlung

(vgl NRsp 1988/204) kann somit - entgegen dem Beschwerdevorbringen - keine Rede sein.

Sollte aber der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen eine Verfahrensrüge (Z 4) im Auge haben, fehlt es ihm mangels einer darauf abzielenden Antragstellung im Verfahren erster Instanz an der Beschwerdelegitimation.

In der Strafzumessungsrüge (Z 11) reklamiert der Beschwerdeführer den Umstand für sich, daß die Zeugin K***** als Prostituierte durch die Tat keineswegs auch nur durchschnittliche deliktstypische psychische und physische Belastungen erlitten habe, wofür die "Reaktionsschnelle und Geistesgegenwart" der Zeugin nach der Tat (gemeint: das Einprägen des Kraftfahrzeugkennzeichens und die sofortige Anzeigeerstattung) Anhaltspunkte lieferten; außerdem vermindere der Umstand, daß die Zeugin K***** einen Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten abgelehnt habe, weil er Ausländer sei, die "Verwerfbarkeit des äußeren Tatbildes erheblich"; all dies hätte bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müssen.

Damit wird entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht ein unvertretbarer Verstoß des Erstgerichtes gegen Bestimmungen über die Strafbemessung dargetan.

Auch eine Prostituierte hat selbstverständlich Dispositionsfreiheit darüber, mit wem sie sich in geschlechtliche Beziehungen einläßt. Die Zeugin K***** hat vorliegend dem Angeklagten ihre Ablehnung sofort unmißverständlich zu verstehen gegeben. Darin kann ein Milderungsgrund für eine nachfolgende Vergewaltigung nicht erblickt werden.

Bei der Bewertung der Auswirkungen der Tat hinwieder, nämlich der Versagung der Beurteilung der Folgen als verhältnismäßig unbedeutend (§ 32 Abs. 3 StPO), wofür das Schöffengericht eine Grundlage in der Aussage der Zeugin hatte, daß sie während des vom Angeklagten unternommenen Würgens glaubte, es sei (mit ihrem Leben) aus (S 148), unterlief dem Schöffengericht gleichfalls kein unvertretbarer Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung. Der reklamierte Umstand ist vielmehr lediglich als Berufungsvorbringen anzusehen.

Aus den angeführten Gründen war somit die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E26411

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00089.91.0822.000

Dokumentnummer

JJT_19910822_OGH0002_0150OS00089_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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