TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/21 2005/08/0009

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Veröffentlicht am 21.12.2005
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §123 Abs8;
B-VG Art139 Abs6;
B-VG Art140 Abs7;
GSVG 1978 §83 Abs8;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/08/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerden des W in W, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22- 24/4/9, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. November 2004, I. Zl. GS8-SV-314/002- 2004, betreffend Gleichstellung gemäß § 83 Abs. 8 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), (protokolliert zu hg. 2005/08/0009), und II. Zl. GS8-SV-314/001-2004, betreffend Gleichstellung gemäß § 123 Abs. 8 ASVG (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14-16), (protokolliert zu hg. 2005/08/0010), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist als Dienstnehmer in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversichert und beantragte im Juli 2004 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse die Anerkennung der Anspruchsberechtigung seines Lebensgefährten als Angehörigen im Sinne des § 123 Abs. 8 lit. b ASVG. Gleiches beantragte er unter Berufung auf § 83 Abs. 8 GSVG bei der mitbeteiligten Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft im Hinblick auf die Pflichtversicherung als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH.

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden des Landeshauptmannes von Niederösterreich wurde seinen Einsprüchen gegen die abweisenden Bescheide der Sozialversicherungsträger keine Folge gegeben. Nach der Begründung sähen die bezogenen Vorschriften nur die Anspruchsberechtigung andersgeschlechtlicher Personen vor.

Gegen die genannten Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat Kopien der Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen, während die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse ein Gegenschrift erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden erwogen:

Nach § 123 ASVG besteht unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung auch für bestimmte Angehörige.

Gemäß Abs. 8 leg. cit. kann nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers durch die Satzung bestimmt werden, dass

"a) auch andere als die in den Abs. 2 und 4 bis 7 bezeichneten Verwandten und die Wahl- und Stiefeltern des (der) Versicherten als Angehörige gelten, wenn sie mit dem (der) Versicherten in Hausgemeinschaft leben und von ihm (ihr) ganz oder überwiegend erhalten werden;

b) mit dem (der) Versicherten nicht verwandte andersgeschlechtliche Personen den im Abs. 7 genannten Angehörigen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen gleichgestellt sind."

§ 83 GSVG trifft eine gleichartige Regelung und enthält ebenfalls die Ermächtigung (Abs. 8), in der Satzung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers vorzusehen, dass

"eine mit dem (der) Versicherten nicht verwandte bzw. nicht verschwägerte andersgeschlechtliche Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm (ihr) in Hausgemeinschaft lebt und ihm (ihr) seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, den im Abs. 2 genannten Angehörigen gleichgestellt wird, wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebender arbeitsfähiger Ehegatte nicht vorhanden ist. Angehöriger aus diesem Grund kann nur eine einzige Person sein."

Von dieser Möglichkeit haben die hier in Betracht kommenden Satzungen 2003 der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse (im § 22) und der mitbeteiligten Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (im § 12) Gebrauch gemacht.

Gegen die in den vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheide hat der Beschwerdeführer auch Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Aus Anlass dieser Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art. 139 Abs. 1 und Art. 140 Abs. 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des § 22 der Satzung 2003 der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, Verlautbarung Nr. 5/2003, sowie des § 12 der Satzung 2003 der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Verlautbarung Nr. 61/2003 und der Verfassungsmäßigkeit des § 123 Abs. 8 lit. b ASVG in der Fassung BGBl. Nr. 282/1981, sowie des § 83 Abs. 8 GSVG in der Fassung BGBl. Nr. 643/1989 ein. Mit Erkenntnis vom 10. Oktober 2005, G 87-88/05, V 65-66/05, hob er die Bestimmungen als gesetz- bzw. verfassungswidrig auf. Die beiden Beschwerden wies der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, B 47-, 48/05, ab.

Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG bzw. 140 Abs. 7 B-VG ist eine vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung bzw. ein als verfassungswidrig aufgehobenes Gesetz im Anlassfall nicht anzuwenden. Da es sich bei den vorliegenden Beschwerdefällen um Anlassfälle handelt, waren diese anhand der bereinigten Rechtslage nach Wegfall der genannten Bestimmungen zu prüfen.

Mit dem Wegfall der aufgehobenen Bestimmungen ist die Grundlage der Mitversicherung nicht verwandter Personen weggefallen. Der Beschwerdeführer ist daher durch diese Bestimmungen in den von ihm geltend gemachten Rechten nicht verletzt. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Dezember 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005080009.X00

Im RIS seit

21.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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