TE OGH 1991/8/27 5Ob15/91

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Veröffentlicht am 27.08.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Schinko als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Gabriela G*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Thomas Prader, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Ing. Franz K*****, Baumeister, ***** vertreten durch Mag.DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30. Oktober 1990, GZ 48 R 124/90-10, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. Dezember 1989, GZ 42 Msch 29/89-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden, soweit sie sich auf die Feststellung der Ausstattungskategorie "B" statt "A" der Wohnung der Antragstellerin und die Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes für diese Wohnung um monatlich S 551,-- von Jänner 1989 bis einschließlich April 1989 beziehen, aufgehoben.

Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrt nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle

a) die Feststellung, daß die im Kopf dieser Entscheidung genannte Wohnung der Antragstellerin der Kategorie "D" zuzuordnen sei;

b) die Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses um monatlich S 732,-- zuzüglich 10 % USt vom 1.5.1986 bis 30.4.1989;

c) die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zurückzahlung von

S 80.748,-- zuviel vorgeschriebenen Hauptmietzinses.

Die Antragstellerin stützt ihr Begehren darauf, daß die Elektroinstallationen in der mit Mietvertrag vom 28.April 1986 ab 1. Mai 1986 gemieteten Wohnung erst im September 1986 in brauchbaren Zustand versetzt worden seien (ON 3); eine Gasetagenheizung statt der zunächst vorhandenen, nicht alle Räume umfassenden und teilweise funktionsuntüchtigen Elektronachtspeicherheizung sei erst ab Anfang September 1986 auf Kosten der Antragstellerin eingebaut worden (Schriftsätze der Antragstellerin im Schli-Akt).

In dem die Rückforderung einer verbotenen Ablöse von S 100.000 betreffenden erstgerichtlichen Verfahren 42 C 314/89w, dessen Akten in diesem außerstreitigen Verfahren verlesen und auch dadurch Prozeßstoff in dem außerstreitigen Verfahren geworden sind, daß unmittelbare Beweisaufnahmen (vom selben Richter) zum Teil nur im Streitverfahren erfolgten (s. ON 21), erstattete die Antragstellerin (= dort klagende Partei) das Vorbringen, der Antragsgegner habe ab September 1986 eine Gasetagenheizung einbauen und die Elektroinstallationen erneuern lassen. Der Einbau der Gasetagenheizung sei der Antragstellerin bei Abschluß des Mietvertrages zugesagt worden, doch habe sie die zurückgeforderte Ablöse von S 100.000 als "Pauschalkostenersatz" zahlen müssen (ON 4 des Streitaktes). Diesem Rückforderungsbegehren wurde vom Erstgericht (durch dieselbe Richterin) mit der Begründung stattgegeben, es handle sich um eine nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG unzulässige Vereinbarung, weil der Zahlung von S 100.000 keine gleichwertige Gegenleistung des Vermieters gegenüberstehe. Bei der Installation der Gasetagenheizung handle es sich um den vereinbarten Hauptmietzins nach Kategorie A erst rechtfertigende Arbeiten, die der Mieter durch entsprechende Zinszahlung abgelte. Dieses Urteil blieb unangefochten.

Der Antragsgegner wendete ein, die 120 m2 große Wohnung der Antragstellerin habe zum Zeitpunkt der Anmietung über alle für eine Wohnung der Kategorie A erforderlichen Ausstattungsmerkmale verfügt. Über Wunsch der Antragstellerin sei die ausreichende Elektronachtspeicherheizung durch eine Gasetagenheizung ersetzt worden, wofür die Klägerin die im Streitverfahren zurückgeforderten S 100.000 als Pauschalabgeltung zu bezahlen gehabt habe (ON 3 des Streitaktes).

Das Erstgericht stellte fest, daß die Wohnung der Antragstellerin der Kategorie B zuzuordnen sei sowie daß der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin von Jänner 1989 bis einschließlich April 1989 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um S 551,-- pro Monat überschritten habe, und wies das Mehrbegehren ab.

Bei der Wiedergabe des Parteienvorbringens ging das Erstgericht davon aus, daß die Antragstellerin die Mängelbehebung an den elektrischen Leitungen erst mit November 1986 behauptet habe und daß die Durchführung dieser Reparaturarbeiten per November 1988 unbestritten sei. Es stellte aber fest, daß diese Reparaturen erst Ende November 1989 durchgeführt wurden und daß die im Zeitpunkt der Anmietung nicht funktionsfähige Elektrospeicherheizung erst im November 1989 durch eine Gasetagenheizung ersetzt wurde, und zwar auf Kosten der Antragstellerin über Veranlassung des Antragsgegners.

Die im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nicht mit einer Etagenheizung (oder gleichwertigen Heizgelegenheit) ausgestattete Wohnung der Antragstellerin, in die erst im Laufe des Bestandverhältnisses und überdies vorläufig von der Antragstellerin finanziert eine Gasetagenheizung eingebaut worden sei, falle daher unter die Mietzinskategorie B.

Das Rekursgericht gab dem nur vom Antragsgegner und nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

§ 16 Abs 3 MRG könne über seinen Wortlaut hinaus nicht so weit ausgelegt werden, daß es auch genüge, daß der Vermieter die von ihm zugesagten, kategorienbestimmenden Merkmale erst nach Übergabe der Wohnung herstellt - hier erst drei Jahre nach Mietvertragsabschluß und Übergabe der Wohnung. Zwar stelle nach der Rechtsprechung die in § 16 Abs 3 MRG vorgenommene Verknüpfung der Zustandsbeurteilung mit dem Vertragsabschluß nur den Regelfall dar und es müsse der nach dem Inhalt des Vertrages vom Vermieter herzustellende und tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung sein, doch müsse auch in diesen Fällen auf den Zustand der Wohnung bei Übergabe derselben an den Mieter abgestellt werden. Es bedürfe daher keiner Feststellungen über die zwischen den Parteien bei Abschluß des Mietvertrages getroffenen Vereinbarungen über die Installation einer Gasetagenheizung.

Da eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der zuletzt genannten Rechtsfrage nicht vorliege, sei der ordentliche Revisionsrekurs zulässig.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, sie dahin abzuändern, daß die Zuordnung der Wohnung der Antragstellerin zur Kategorie A festgestellt werde; die Feststellung von Überschreitungen des gesetzlich zulässigen Mietzinses habe ersatzlos zu entfallen. Hilfsweise stellte der Antragsgegner einen Aufhebungsantrag.

Die Antragstellerin beantragte, den Revisionsrekurs zurückzuwisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.

Zutreffend wies das Rekursgericht darauf hin, daß die im Gesetz vorgenommene Verknüpfung der Zustandsbeurteilung der Wohnung zwecks Einordnung in eine der in § 16 Abs 2 MRG vorgesehenen Ausstattungskategorien mit dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bloß dem Regelfall entspricht. Entscheidend ist der nach dem Inhalt des Vertrages vom Vermieter herzustellende und tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung (MietSlg. 36.334 uva). Dabei schadet es auch nicht, wie der Oberste Gerichtshof bereits aussprach (MietSlg. 38.354), daß der Mieter selbst den Einbau kategorienbestimmender Merkmale und die Ausführung anderer vorgesehener Arbeiten wegen seines besonderen Interesses am ehestbaldigen Bezug der Wohnung selbst übernimmt, sofern nur die Kosten hiefür vom Vermieter getragen werden. Der Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe der Wohnung ist also - im Gegensatz zu der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht - keineswegs der letzte Zeitpunkt, bis zu dem der nach dem Mietvertrag herzustellende Ausstattungszustand auch tatsächlich ausgeführt sein muß. Es genügt vielmehr, daß in einem entsprechend den durchzuführenden Arbeiten angemessenen Zeitraum Mietvertragsabschluß (und damit meist im unmittelbaren Zusammenhang die Übergabe der Wohnung) einerseits und die Ausführung der die Kategorienmerkmale herstellenden Arbeiten andererseits fallen. Dadurch wird sowohl der Absicht des Gesetzgebers entsprochen, daß der wohnungssuchende Mieter bei Abschluß des Vertrages keinen höheren Mietzins rechtswirksam zu vereinbaren gezwungen werden kann als den, der der betreffenden auf Kosten des Vermieters hergestellten Ausstattungskategorie entspricht, andererseits aber doch bei der praktischen Durchführung der Begründung des Mietverhältnisses ein den faktischen Gegebenheiten entsprechender Spielraum besteht:

Sowohl die Bindung der Vertragsteile an den abgeschlossenen Vertrag als auch die tatsächliche Herstellung der dem vereinbarten Mietzins entsprechenden Ausstattungskategorie innerhalb angemessener Frist soll gewährleistet werden.

Wendet man diese Grundsätze auf die hier zur Entscheidung stehende Rechtssache an, so würde zwar die Herstellung des der Ausstattungskategorie A entsprechenden Zustandes erst 3 Jahre nach Abschluß des Mietvertrages nicht mehr der oben dargestellten, über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Auslegung entsprechen.

Die vom Obersten Gerichtshof geäußerte, von der Rechtsmeinung der Vorinstanzen abweichende Rechtsansicht erfordert - abgesehen von dem Mangel einer ausreichenden Sachverhaltsgrundlage nach dem bisherigen Verfahren (vgl. die oben dargestellten Widersprüche betreffend das Parteienvorbringen laut Schriftsätzen und Protokollen bzw. dessen Darstellung im erstgerichtlichen Sachbeschluß; erstgerichtliche Feststellungen als weitere Variante) - eine Erörterung mit den Parteien, welcher Ausstattungszustand der Wohnung bei Abschluß des Mietvertrages konkret vereinbart wurde und wann die hiefür erforderlichen Arbeiten durchgeführt wurden, allenfalls, worauf gegebenenenfalls Verzögerungen zurückzuführen waren. Bloß im Falle widersprüchlichen Parteienvorbringens sind sodann die entsprechenden Beweise aufzunehmen, die erforderlichen Feststellungen zu treffen und auf Grundlage dieser sowie des allenfalls übereinstimmenden Parteienvorbringens

(s. Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 Rz 29) entsprechend der oben dargelegten Rechtsansicht ein neuer Sachbeschluß im Umfang der Aufhebung zu fällen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

E26603

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00015.91.0827.000

Dokumentnummer

JJT_19910827_OGH0002_0050OB00015_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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