TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/21 2004/08/0246

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Veröffentlicht am 21.12.2005
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AMSG 1994 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. Silke Beetz, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Tuchlauben 8, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. September 2004, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2004-4097, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 in Verbindung mit § 38 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht seit 1995 im Bezug von Geldleistungen nach dem AlVG, seit März 1996 im Bezug von Notstandshilfe und studiert während dieser Zeit an der Universität Wien, wobei der Leistungsbezug auf einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 12 Abs. 4 AlVG (i.d.F. vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) beruht.

In den Zeiträumen vom 11. Juni bis 3. August 2001, 26. September bis 23. Dezember 2001, 30. Juli bis 30. September 2002, 24. März bis 4. April 2003 und 14. April bis 4. Juli 2003 wurden ihm auf Grund von Anträgen gemäß §§ 34 f AMSG Beihilfen für den Besuch von Maßnahmen bewilligt, darunter auch - laut der im betreffenden Formular eingetragenen Bezeichnung der Maßnahme - "Individualcoaching" bzw. "Einzelcoaching".

Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer auf Grund eines Antrages vom 5. März 2004 "Einzelcoaching" vom 5. März bis 7. Mai 2004 beim Berufsförderungsinstitut bewilligt.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 6. September 2004 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer für die Zeit vom 27. März 2004 bis 7. Mai 2004 seinen Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe, weil er den Erfolg einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit seinem vorzeitigen Kursaustritt vereitelt habe und Nachsichtsgründe nicht vorlägen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, er verfüge über alle Qualifikationen, die ihm in diesem Einzelcoaching hätten vermittelt werden sollen. Das Verlangen nach einem seine Position auf dem Arbeitsmarkt verstärkenden Kurs sei vom Coach abgelehnt worden. In der "Diskussion beim Einzelcoaching" sei sein Coach (eine Dame) sehr aggressiv gewesen, worauf er den Wunsch geäußert habe, mit einem anderen Coach zusammenzuarbeiten. Dies sei "laut Koordinatorin" nicht möglich gewesen. Daraufhin sei er wieder zum Arbeitsmarktservice geschickt worden. Es sei richtig, dass er dem Coach vorgeworfen habe, sich "wie die Polizei" zu benehmen, er habe aber keine Beschimpfungen verwendet.

Die Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Es sei mit dem Beschwerdeführer am 6. November 2003 eine Betreuungsvereinbarung erstellt worden, um seine seit längerer Zeit bestehende Arbeitslosigkeit zu beenden. Es seien mit dem Beschwerdeführer zur Ermöglichung seiner Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Eigenaktivitäten, intensive Jobsuche mittels Zeitungsinseraten und Blindbewerbungen festgelegt worden, verbunden mit dem Hinweis, dass diese Vereinbarung bis längstens April 2004 gelte. Für den Fall des Nichtzustandekommens eines Dienstverhältnisses sollte eine Kursmaßnahme vereinbart werden, wobei der Beschwerdeführer auf die Rechtsfolgen des § 10 AlVG aufmerksam gemacht worden sei.

Am 30. Jänner 2004 sei dem Beschwerdeführer der "Auftrag erteilt worden", an der Maßnahme "Einzelcoaching" beim Berufsförderungsinstitut Wien zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit Beginn 5. März 2004 teilzunehmen. Die Maßnahme sei vom Beschwerdeführer nicht beendet worden, weil es auf Grund von Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und den Trainern zum Abbruch der Maßnahme gekommen sei. Dabei handle es sich um ein Einzelcoaching, in dem Bewerbungsstrategien vorgeschlagen worden seien, die jedoch vom Beschwerdeführer mit der Begründung abgelehnt worden seien, dass man Bewerbungsunterlagen nicht zu schreiben brauche und die Trainer kein Recht darauf hätten, den Inhalt des Lebenslaufes zu erfahren. Ein Ziel habe mit dem Beschwerdeführer nicht erarbeitet werden können, da er mit dem jeweiligen Trainer nicht habe zusammenarbeiten wollen, obwohl man ihm die Möglichkeit gegeben habe, innerhalb der Maßnahme Einzelcoaching auch einen Trainerwechsel vorzunehmen. Er sei zu allen Kursstunden zu spät gekommen, habe an einem Tag die Trainerin angeschrieen und sie mit derben Schimpfworten bedacht und die Meinung vertreten, dass sich die Trainer "wie die Polizei benehmen". Im Anschluss daran sei bei einem gemeinsamen Gespräch mit dem Beschwerdeführer unter Anwesenheit der zuständigen Koordinatorin des Einzelcoachings der Kursabbruch vereinbart worden.

Es sei für die Berufungsbehörde nachvollziehbar, dass das Verhalten des Beschwerdeführers während der Kurse geeignet gewesen sei, die Trainer des Einzelcoachings von einer weiteren Zusammenarbeit abzuhalten. Es sei kein Grund ersichtlich, deren Ausführungen keinen Glauben zu schenken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vorliegende Fall gleicht in der Rechtsfrage jenem des Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2004/08/0208, in dem der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung ausgesprochen hat, dass eine gemäß den §§ 34 f AMSG im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung bewilligte Maßnahme nicht unter der Sanktion des § 10 Abs. 1 AlVG stehe. Die (auf die Niederschrift vom 29. März 2004 gestützte) Begründung des angefochtenen Bescheides, dem Beschwerdeführer sei am 30. Jänner 2004 der "Auftrag erteilt worden", an dieser Maßnahme teilzunehmen, ist im Hinblick auf das aktenkundige Antragsformular gemäß § 34 f AMSG vom 5. März 2004 und auf das Fehlen eines solchen Auftrages vom 30. Jänner 2004 im vorgelegten Verwaltungsakt (einschliesslich der EDV-Ausdrucke aus dem Zeitraum seit 25. März 2004) aktenwidrig (auch in der Berufung des Beschwerdeführers ist nur von einer "Einladung" die Rede). Auf die nähere Begründung des oben erwähnten Erkenntnisses wird im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Aus den in jenem Erkenntnis genannten Gründen erwies sich auch der vorliegende Bescheid als inhaltlich rechtswidrig; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Dezember 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004080246.X00

Im RIS seit

21.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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