Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Kodek, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Hannes G*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Walter Hofbauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei T***** Flughafen Betriebsgesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Ekkehard Erlacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Zulassung zur Benützung (Streitwert 150.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 18.Juni 1991, AZ 1 R 43/91 (ON 13), womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12.Dezember 1990, GZ 15 Cg 226/90-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 7.471,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 1.245,30 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte betreibt als Zivilflugplatzhalter einen inländischen Flughafen. Nach ihren luftfahrtbehördlich genehmigten Zivilflugplatz-Benützungsbedingungen dauert die reguläre Betriebszeit ganzjährig von 6.30 Uhr Ortszeit bis 20.00 Uhr Ortszeit. Außer bei Notwendigkeit aus unvorhergesehenen Gründen im Sinne des § 5 Abs 1 ZFBO kann nach den behördlich genehmigten Benützungsbedingungen der Beklagten die Betriebszeit verlängert werden, wenn es sich um Flüge handelt, die im öffentlichen Interesse gelegen sind, wie die planmäßigen Flüge mit Flugzeugen der Type DASH-7 oder sonstige Flüge im öffentlichen Interesse, wie Rettungs- und Katastropheneinsatzflüge und dgl.
Diese Festlegung der Betriebszeiten in den behördlich genehmigten Benützungsbedingungen der Beklagten entspricht inhaltlich der mit luftfahrtbehördlichem Bescheid (vom 25.Februar 1982, Zl 33603/86-I/6-1982 = Beilage 2) erteilten Auflage, "zum Schutz der Flughafenanrainer vor unzumutbarem Fluglärm" den Flugbetrieb auf die Zeit von 6.30 Uhr bis 20.00 Uhr zu beschränken, wobei Ausnahmen nur für die im öffentlichen Interesse gelegenen Flüge, wie Rettungs- und Katastropheneinsätze sowie hinsichtlich von linienmäßigen Flügen mit besonders lärmarmen Luftfahrzeugen als zulässig erklärt wurden.
Der Kläger ist als Luftfahrzeughalter, der sein Flugzeug auf dem Gelände des von der Beklagten gehaltenen Flughafens abstellt, regelmäßiger Flugplatzbenützer.
Er begehrte die urteilsmäßige Verpflichtung der Beklagten dazu, ihm - und zwar auch außerhalb der regelmäßigen Betriebszeiten - "das Starten und Landen auf dem Flughafen ... zu jenen Zeiten zu gestatten, an denen sie anderen Flughafenbenützern, wie etwa der ..." (Fluggesellschaft) "... gewährt".
Dazu brachte der Kläger vor, die Beklagte gestatte einer Fluggesellschaft flugplangemäße Bewegungen im Linienverkehr bis
22.30 Uhr, aber auch Charterflüge außerhalb der regulären Betriebszeiten. Ihm müßte die Beklagte im Sinne des § 63 LFG die Flugplatzbenützung im selben zeitlichen Ausmaß gestatten. Überdies habe die Beklagte auch einem anderen privaten Flugzeughalter schon mehrfach außerhalb der regulären Betriebszeiten Starts und Landungen auf dem Flugplatz gestattet.
Die Beklagte berief sich auf die mit luftfahrtbehördlichem Bescheid festgelegten Beschränkungen der Betriebszeit mit den - auf den Kläger nicht anwendbaren - Ausnahmen.
Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Dazu sprach es aus, daß der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteigt; ferner sprach es aus, daß die (ordentliche) Revision zulässig sei.
Das Prozeßgericht erster Instanz legte seiner rechtlichen Beurteilung die Ansicht zugrunde, daß zwar die Beklagte als Halterin eines öffentlichen Flugplatzes im Sinne des § 74 Abs 2 LFG ein Kontrahierungszwang in dem Sinn träfe, daß die Flugplatzbenützung allen Teilnehmern am Luftverkehr unter angemessenen und für alle gleichen Bedingungen zu gewähren sei, dabei aber bescheidmäßig ausgesprochene Beschränkungen der Betriebszeiten zu beachten seien. Die bescheidmäßig zugelassenen Ausnahmen von der Beschränkung auf die gewöhnlichen Betriebszeiten seien nicht gesetzwidrig. Soweit die Beklagte (wie der Kläger behauptet) einzelnen Teilnehmern am Luftverkehr die Flugplatzbenützung in einer durch die behördlich formulierten Ausnahmen gedeckten Weise zuließe, übe die Beklagte ihre Monopolstellung keinesfalls sittenwidrig aus. Soweit die Beklagte allerdings in Einzelfällen zugunsten bestimmter Teilnehmer am Luftverkehr sich über die ihr bescheidmäßig auferlegten Bindungen an Betriebszeiten in verwaltungsrechtswidriger Weise hinweggesetzt haben sollte, erwüchse dem Kläger daraus keinesfalls ein Anspruch auf ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten auch zu seinen Gunsten.
Das Berufungsgericht billigte die erstrichterliche Beurteilung mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß es dem Gericht verwehrt wäre, über die bescheidmäßig genehmigten Zivilflugplatz-Benützungsbedingungen (hinsichtlich ihrer behaupteten Gesetz- und Verfassungsgemäßheit) zu urteilen.
Der Kläger ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Z 2 und 4 ZPO mit einem auf Klagsstattgebung zielenden Abänderungsantrag an.
Die Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar mangels Vorliegens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Beklagte ist als Halterin eines öffentlichen Flugplatzes gesetzlich verbunden, Benützungsbedingungen aufzustellen, die zu gewährleisten haben, daß der Flugplatz von allen Teilnehmern am Luftverkehr benützt werden könne. Der Flugplatzhalter ist dabei an den Inhalt der verwaltungsbehördlichen Bewilligung (gemäß § 68 LFG) gebunden. Diese Bewilligung ist als konstitutive Grundlage für den Flugplatzbetrieb anzusehen. Soweit dabei die Ausübung des Betriebes zeitlich, örtlich oder der Art nach eingeschränkt wird, liegen verwaltungsbehördliche Verbote vor, deren Übertretung jedenfalls Verwaltungsunrecht bedeutete. Soweit in einem behördlichen Benützungsbewilligungsbescheid gesetzlich aufgestellte oder individuell auferlegte Sicherheitsvorschriften zur Abwendung von Gefahren als einzuhalten und ausreichend erklärt werden, bestünde dagegen grundsätzlich kein Verbot von weiterreichenden Sicherungsmaßnahmen, die aus bürgerlich-rechtlich begründeten Sorgfaltspflichten geboten sein mögen (dieser sachliche Unterschied ist bei vergleichsweiser Bedachtnahme auf die Entscheidung JBl 1971, 249 samt Bemerkung von Franz Bydlinski zu beachten). Abänderungen des zulässigen (zeitlichen) Betriebsumfanges in der Form einer Auflage aus Anlaß einer beantragten Erweiterung der Flugplatzgrenzen und der Sicherheitszone für den Instrumentenflugbetrieb sind einer Änderung der Zivilflugplatz-Bewilligung gleichzusetzen.
Die Beklagte brauchte als Flugplatzhalter und Partei des Verwaltungsverfahrens die bescheidmäßig zugelassenen Ausnahmen von den festgelegten Betriebszeiten nicht als sachlich ungerechtfertigten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz anzusehen und war dem Kläger als potentiellem Vertragspartner gegenüber nicht (vor-)vertraglich verpflichtet, in seinem Interesse Rechtsbehelfe gegen die bescheidmäßige Festlegung der Betriebszeiten und den dazu bestimmten Ausnahmen zu ergreifen, ganz abgesehen davon, daß im Fall der vom Kläger behaupteten Gleichheitswidrigkeit nicht die festgelegten Betriebszeiten, sondern die dazu bestimmten Ausnahmen gleichheitswidrig wären.
Die vom Kläger behaupteten bescheidwidrigen Verstöße gegen die Einhaltung der regulären Betriebszeiten rechtfertigten, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, keinesfalls ein Begehren auf verwaltungsrechtswidriges Verhalten der Beklagten auch gegenüber dem Kläger. Ein Anspruch auf rechtswidrige "Meistbegünstigung" besteht nicht.
Aus diesen Erwägungen ist die Rechtsrüge des Klägers nicht stichhältig. Die unter dem Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gerügten Feststellungsmängel liegen nicht vor.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E27512European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00596.91.0905.000Dokumentnummer
JJT_19910905_OGH0002_0060OB00596_9100000_000