Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Renate Csörgits als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** H*****, Kraftfahrer, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei ***** L***** GmbH, ***** vertreten durch ***** Referent *****, dieser vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S 200.000,-- brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.Mai 1991, GZ 31 Ra 23/91-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. Dezember 1990, GZ 7 Cga 45/90-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.836,20 (darin S 1.472,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger wegen Verweigerung der Leistung weiterer Überstunden gerechtfertigt entlassen wurde, zutreffend gelöst. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin, der Kläger wäre schon nach dem Arbeitsvertrag grundsätzlich zur Leistung weiterer Überstunden verpflichtet gewesen, entgegenzuhalten, daß sie mit diesem Einwand nur zum Teil von den Feststellungen der Vorinstanzen ausgeht. Nach diesen für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen war der Kläger mit der Leistung von Überstunden zwar "grundsätzlich" einverstanden, er lehnte eine solche Leistung seit Anfang des Jahres 1990 aber in Einzelfällen unter Hinweis auf die schon erbrachte volle Arbeitszeit ab. Dies wurde von der Beklagten akzeptiert. Das "grundsätzliche" Einverständnis des Klägers kann sohin nichts daran ändern, daß die jeweilige Überstundenleistung einer konkreten Vereinbarung bedurfte, die für den Entlassungstag nicht vorlag. Am 22.Mai 1990 hatte der Kläger, als er um etwa 16.45 Uhr in den Betrieb zurückkam, bereits 1,25 Überstunden geleistet. Er war der Meinung, daß damit seine Arbeit erledigt sei und wollte anschließend mit seinem Sohn zum Arzt gehen. Soweit er in dieser Situation den Auftrag des Disponenten der Beklagten, noch eine Fuhre durchzuführen, ablehnte, kann sich die Beklagte nicht auf einen Vertragsbruch berufen.
Nach Lehre und Rechtsprechung besteht aber eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden mangels entsprechender und zulässiger Vereinbarung aufgrund der Treuepflicht nur ausnahmsweise, wie etwa im Fall eines Betriebsnotstandes im Sinne des § 20 AZG, nicht aber schon bei jeder betrieblichen Notwendigkeit, weil der Arbeitgeber etwa sonst die von ihm übernommenen Aufträge nicht rechtzeitig erfüllen könnte (vgl. Grillberger, Arbeitszeitgesetz § 6 Erl 5; Cerny, Arbeitszeitrecht 73 f; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 135 ff;
Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 313;
O. Martinek-M. Schwarz-W. Schwarz, AngG7 325 f; Arb 10.563, 10.449, 10.427, 6490 uva). Ein Betriebsnotstand lag aber ebensowenig vor wie eine für weitere Überstundenleistungen erforderliche Vereinbarung.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E26643European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00177.91.0911.000Dokumentnummer
JJT_19910911_OGH0002_009OBA00177_9100000_000