TE OGH 1991/9/12 8Ob582/91 (8Ob583/91)

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Veröffentlicht am 12.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl-Friedrich S*****, vertreten durch Dr. Franz Kreibich, Dr. Alois Bixner, Dr. Edwin Demoser und Dr. Heinrich Schellhorn, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Gerhard H*****, vertreten durch Dr. Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 814.671,06 sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 26. März 1991, GZ 4 R 78,79/91-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 14. Dezember 1990, GZ 6 Cg 130/90-4, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 13. Februar 1991, GZ 6 Cg 130/90-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.933,20 (einschließlich S 3.322,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Eigentümer des Hauses G***** 17 in S*****. Am

7. und 11. März 1978 schloß er mit Peter D***** über die im Erdgeschoß und im ersten und zweiten Obergeschoß dieses Hauses gelegenen Räume einen Mietvertrag, der unter Punkt VII (Weitergabe von Mietrechten) bestimmt, daß dem Mieter die Unterbestandgabe sowie die gänzliche oder teilweise Überlassung von Mietrechten an Dritte, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, gestattet sei; die Übertragung von Mietrechten an eine vom Mieter gegründete Gesellschaft bedürfe jedoch der Zustimmung durch den Vermieter. Mit dem Gesellschaftsvertrag vom 31. Dezember 1982 beteiligte sich der Beklagte seit 1. Jänner 1982 als stiller Gesellschafter an dem von Peter D***** in S*****, G***** 17, betriebenen Gastgewerbeunternehmen und Peter D***** räumte ihm das Vormiet- bzw. Vorpachtrecht im Sinne der §§ 1072 ff ABGB ein.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 814.671,06 samt Zinsen. Zur Begründung brachte er vor: Im Jahr 1986 habe er Peter D*****, der (ausschließlich) deutscher Staatsbürger sei, zweimal schriftlich aufgefordert, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des zwischen ihm und D***** abgeschlossenen Mietvertrages einzuholen; D***** habe diesen Aufforderungen aber nicht Folge geleistet, sondern am 30. Oktober 1988 dem Beklagten die Bestandrechte im gegenständlichen Objekt übertragen. Er, der Kläger, sei davon am 7. November 1986 verständigt worden und habe am 14. November 1986 den Beklagten aufgefordert, die von ihm benützten Räume des Hauses G***** 17 binnen 14 Tagen zu räumen. Da es Peter D***** unterlassen habe, den Mietvertrag von der zuständigen Grundverkehrsbehörde genehmigen zu lassen, sei der mit ihm abgeschlossene Mietvertrag unwirksam geblieben. Am 10. Februar 1987 sei gegen den Beklagten die Räumungsklage wegen titelloser Benützung eingebracht worden. Mit Schreiben vom 25. März bzw. 29. März 1988 habe er, der Kläger, gegenüber Peter D***** den Rücktritt vom Mietvertrag erklärt.

Am 12. Mai 1989 habe Peter D***** schließlich doch den Antrag gestellt, dem Mietvertrag vom 7. bzw. 11. März 1988 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erteilen, doch sei diese von der Grundverkehrs-Landeskommission S***** mit Bescheid vom 29. Jänner 1990 versagt worden. Der mit Peter D***** geschlossene Mietvertrag sei damit spätestens zu diesem Zeitpunkt rückwirkend beseitigt worden. Der Beklagte habe deshalb die an Peter D***** vermieteten Räume titellos benützt, sodaß er ein Benützungsentgelt für den Zeitraum vom Dezember 1986 bis November 1987 in der Höhe von S 792.000,- zu bezahlen und Betriebskosten von S 22.671,06 zu ersetzen habe.

Die Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichtes S***** begründete der Kläger mit der Höhe des Streitwertes und der titellosen Benützung des Objekts durch den Beklagten; es handle sich nicht um eine Streitigkeit aus einem "Bestandverhältnis".

Der Beklagte erhob die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit mit der Begründung, es liege eine Streitigkeit aus einem Bestandvertrag vor, so daß gemäß §§ 49 Abs. 2, Z 5, 83 JN die Rechtssache ohne Rücksicht auf den Streitwert vor das Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Sache liege, gehöre.

Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 14. Dezember 1990 die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil auch die Klage auf Zahlung eines Benützungsentgeltes nach Auflösung des Bestandvertrages unter die im § 49 Abs.2 Z 5 JN genannten Bestandstreitigkeiten falle, so daß das Bezirksgericht sachlich zuständig sei.

Mit Beschluß vom 14. Dezember 1990 ergänzte das Erstgericht den Zurückweisungsbeschluß, in dem es den Kläger zur Zahlung der Kosten des Zuständigkeitsstreites an den Beklagten verpflichtete.

Das Rekursgericht verwarf die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger die Kosten des Zuständigkeitsstreites zu ersetzen; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs - mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung - zulässig sei.

Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, der Kläger habe sein Begehren ausdrücklich auf einen bestimmten Rechtsgrund (titellose Benützung) gestützt und an diesen sei das Gericht gebunden. Es liege daher keine Bestandstreitigkeit im Sinne des § 49 Abs. 2 Z 5 JN vor, sodaß das angerufene Landesgericht Salzburg örtlich und sachlich zuständig sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil zur Auslegung des durch die ZP-Novelle 1983 geänderten

§ 49 Abs. 2 Z 5 JN noch keine hinreichend gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Der Beklagte meint, der zwischen dem Kläger und Peter D***** abgeschlossene Vertrag sei während des Schwebezustandes bis zum Versagen der Genehmigung durch die Grundverkehrs-Landeskommission rechtswirksam gewesen und habe die Parteien auch gebunden. Gemäß § 49 Abs. 2 Z 5 JN gehörten vor die Bezirksgerichte alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen und über "die Nachwirkungen hieraus". Derartige "Nachwirkungen" seien auch solche, welche aus einem zunächst wirksamen, unter einer Rechtsbedingung stehenden Bestandvertrag abgeleitet werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Seit der ZP-Novelle 1983 fallen unter die gemäß § 49 Abs.2 Z 5 JN vor die Bezirksgerichte gehörenden Streitigkeiten nicht nur alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen über unbewegliche oder für unbeweglich erklärte Sachen, sondern auch Streitigkeiten über das Eingehen, das Bestehen und die Aufhebung solcher Verträge und die Nachwirkungen hieraus. Die vorher bestandene Ausnahme - sofern die Streitigkeiten weder das Bestehen eines solchen Vertrages noch die Bezahlung des Zinses betreffen - wurde fallengelassen. Dadurch sollte der nicht wünschenswerten Kompetenzzersplitterung entgegengewirkt werden, um im Ergebnis fruchtlose Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden; die WGN 1989 zeigt dieselbe Neigung (WoBl 1991, 67 mit weiteren Nachweisen aus RV und JA). Der Kläger brachte hier ausdrücklich vor, der mit Peter D***** abgeschlossene Mietvertrag sei mangels grundverkehrsbehördlicher Genehmigung nicht rechtswirksam; der Beklagte habe mangels eines gültigen Titels Peter D***** ein Benützungsentgelt zu zahlen. Auch der Beklagte beruft sich auf den zwischen dem Kläger und Peter D***** geschlossenen Mietvertrag und macht unter anderem geltend, daß dieser nach wie vor aufrecht sei. Auf Grund einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Kläger und Peter D***** sei er nicht passiv legitimiert. Peter D***** habe die gesamten Mietrechte in Ansehung des Geschäftslokales G***** 17 auf Grund des Mietvertrages mit dem Kläger vom 7./11. März 1978 an den Beklagten abgetreten. Der Beklagte habe auch die Miete bezahlt, sie sei vom Kläger aber nicht angenommen worden. Schließlich sei der Kläger auch seinen Verpflichtungen aus dem mit Peter D***** geschlossenen Mietvertrag nicht nachgekommen.

Nach den für die Zuständigkeitsprüfung allein maßgeblichen Behauptungen des Klägers gründet sich sein Klagebegehren auf die Unwirksamkeit des mit Peter D***** geschlossenen Bestandvertrages mangels grundverkehrsbehördlicher Genehmigung dieses Vertrages, woraus sich auch die Unwirksamkeit der Bestandrechtsübertragung durch Peter D***** an den Beklagten ergebe, sodaß dieser das Objekt titellos benütze.

Damit ist aber auch offenkundig, daß es sich hier um eine Streitigkeit handelt, die vom Kläger auf die Unwirksamkeit eines Bestandvertrages gegründet wird und damit als Bestandstreitigkeit im Sinne des § 49 Abs 2 Z 5 JN zu qualifizieren ist, die in die bezirksgerichtliche Zuständigkeit fällt. Demgemäß war in Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Rekursgerichtes der erstinstanzliche Beschluß wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26118

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00582.91.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19910912_OGH0002_0080OB00582_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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