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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §49 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch die Hasch & Partner Anwaltsgesellschaft mbH in 4020 Linz, Landstraße 47, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. Mai 2004, Zl. MA 15-II-2-4028/2004, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die beschwerdeführende Gesellschaft als Dienstgeberin ihren dem Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs unterliegenden Beschäftigten neben einem fixen Gehalt regelmäßig einen bestimmten Prozentsatz vom jeweiligen Umsatz als Prämie ausbezahlt hat. Bei der Berechnung der Höhe der Sonderzahlungen hat die beschwerdeführende Gesellschaft diese Prämie nicht berücksichtigt und nur den Basislohn zu Grunde gelegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Instanzenzug festgestellt, dass die beschwerdeführende Gesellschaft als Dienstgeberin verpflichtet sei, für das Jahr 2000 für näher genannte Angestellte Sonderbeiträge in der Höhe von insgesamt EUR 8.257,75 zu entrichten.
In der Begründung kommt die belangte Behörde nach der Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der teilweisen Wiedergabe des genannten Kollektivvertrages unter Bezug auf die im hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0439, entwickelten Rechtssätze zusammengefasst zu dem Schluss, dass die Prämien bei der Berechnung der Höhe der Sonderzahlungen (Weihnachtsremuneration und Urlaubsbeihilfe) einzubeziehen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Erkenntnis vom 16. Juni 2004, Zl. 2002/08/0095, hatte der Verwaltungsgerichtshof die Frage zu beantworten, ob von der dort beschwerdeführenden Gesellschaft ihren dem Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs unterliegenden Beschäftigten neben dem fixen Gehalt regelmäßig bezahlte Umsatzprämien und Umsatzprovisionen bei der Berechnung der Weihnachtsremuneration und der Urlaubsbeihilfe einzubeziehen seien. In Auseinandersetzung mit den einschlägigen Bestimmungen des genannten - und auch im vorliegenden Fall maßgebenden - Kollektivvertrages ist der Verwaltungsgerichtshof zu folgendem Ergebnis gelangt:
"Wenn aber Provisionen in jenen Fällen, in denen sie berufstypisch sind, nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages nicht in die Bemessung der Sonderzahlungen einbezogen werden, dann gilt dies - wenn nicht Gegenteiliges angeordnet ist - im Zweifel analog auch für jene Fälle, in denen der Dienstgeber mit Angestellten, die nach dem Entlohnungsbild des Kollektivvertrages typischerweise mit Fixbezügen (allenfalls zuzüglich diverser Zulagen) entlohnt werden, in bestimmten Fällen - unternehmensbezogen - zusätzlich zu diesen Fixbezügen auch Provisionsansprüche vereinbart hat. Mangels einer ausdrücklichen gegenteiligen Regelung im Arbeitsvertrag ist daher auch in solchen Fällen davon auszugehen, dass nur das 'Fixum', d.h. der regelmäßige Monatsbezug (allenfalls einschließlich bestimmter Zulagen) für die Berechnung der Sonderzahlungen heranzuziehen ist ....
Eine Einbeziehung der Provisionen in den Bruttomonatslohn oder das 'Novembergehalt' als Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen ist daher nur insoweit vorzunehmen, als dies entweder in (insoweit gegenüber dem Kollektivvertrag günstigeren) Einzelarbeitsverträgen vorgesehen ist, oder ein solcher Anspruch allenfalls auf Grund der Gleichbehandlungspflicht des Arbeitgebers auch anderen Arbeitnehmern zusteht....
Da die belangte Behörde jedoch davon ausgegangen ist, dass die Provisionen in jedem Fall in die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen nach dem Kollektivvertrag der Handelsangestellten einzubeziehen ist, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit."
Ausdrücklich abgelehnt hat der Verwaltungsgerichtshof in dem eben genannten Erkenntnis, auf dessen weitere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die von der dort belangten Behörde für ihre Ansicht ins Treffen geführte Anlehnung an die im Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0439, angestellten Überlegungen, weil dort die Rechtslage nach dem Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs, die sich von der vorliegenden unterscheide, zu beurteilen gewesen sei (vgl. auch das Erkenntnis vom 29. Juni 2005, Zl. 2003/08/0037).
Auch im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde unter Heranziehung der Grundsätze, die im eben genannten Erkenntnis vom 22. Dezember 1999 zum Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs entwickelt wurden, davon ausgegangen, dass die Provisionen in jedem Fall in die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen nach dem Kollektivvertrag der Handelsangestellten in Österreich einzubeziehen seien. Aus den oben angeführten Gründen hat sie durch diese Rechtsansicht den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Ein Ersatz der Eingabegebühr findet wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG nicht statt.
Wien, am 21. Dezember 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004080137.X00Im RIS seit
13.02.2006