Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Helmut K*****, vertreten durch Dr.Helmut Klement und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S*****Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Karl Preslmayr und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 4.April 1991, GZ R 202/91-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Judenburg vom 30. November 1990, GZ 2 C 2881/89k-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.623,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 603,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Begründung:
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen sein bestätigendes Urteil liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hier nicht vor:
Nach den Feststellungen hat die Beklagte das in Rede stehende Geschäftslokal mit Mietvertrag vom 14.12.1971 "zum Zwecke der Führung einer Verkaufsstelle bzw eines Reparaturdienstes der Firma S*****", also ihrer eigenen Produkte (Haushaltsgeräte, vor allem Haushaltsnähmaschinen), in Bestand genommen. Nach Punkt 10 Abs 1 des Mietvertrages bedarf zwar die Untervermietung des Geschäftslokals der schriftlichen Zustimmung des Vermieters, doch kann nach dessen Abs 2 "der Vertrieb bzw der Reparaturdienst durch die eigene Organisation der Mieterin nicht als Verletzung von Absatz 1 betrachtet werden. Dasselbe gilt für Vertreter, die im Dienst der Mieterin stehen." Die Räumlichkeit dieser "S*****-Filiale" stellte die Beklagte mit Vertrag vom 10.10.1984 "über den Vertrieb von Haushaltsmaschinen" dem Armin M***** für die Dauer dieses Vertrages zur Verfügung. Seinem Inhalt nach liegt hier ein Vertragshändlervertrag mit Elementen eines Franchisevertrages vor, welche beide dadurch gekennzeichnet sind, daß der Eigenhändler bzw Franchisenehmer (letzterer stärker) in die Vertriebsorganisation des Herstellers oder Lieferanten von Markenwaren eingegliedert ist (SZ 60/218; EvBl 1990/96; EvBl 1991/76, jeweils mwN).
Bei dieser Sachlage hängt die Entscheidung nicht mehr von der Frage ab, ob eine den geltend gemachten Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG ausschließende Verpachtung des Filialunternehmens der Beklagten vorliegt oder eine bloße Geschäftsraum(unter)miete, gehört doch Armin M***** als Vertragshändler bzw Franchisenehmer der Beklagten jedenfalls zu deren eigenen Vertriebsorganisation im Sinne des Punktes 10 Abs 2 des Mietvertrages. Abgesehen davon hat die Rechtsprechung für die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht zwar eine Reihe von Grundsätzen erarbeitet, aber zugleich doch betont, daß es sich hiebei nicht um feste, allgemein anwendbare Regeln handelt, sondern stets die Gesamtheit aller erheblichen Umstände des Einzelfalles maßgebend sind (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 23 zu § 1 mwH auf die Rechtsprechung; zuletzt etwa JBl 1989, 310 und 312). Ob die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise im Einzelfall für eine Weitergabe des in gemieteten Geschäftsräumlichkeiten betriebenen Unternehmens auf Zeit oder für eine selbständige Verwertung des Bestandrechtes spricht, ist daher in aller Regel eine Frage der Abwägung im Anlaßfall, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt und die zur Wahrung der Rechtssicherheit nur dann aufgegriffen werden könnte, wenn eine auffallende Fehlbeurteilung bei der Gewichtung der Einzelkriterien im Rahmen der erforderlichen Zusammenschau erkennbar wäre. Eine solche Fehlbeurteilung und damit eine wesentliche Verkennung der Rechtslage liegt aber hier nicht vor, zumal auch schon vergleichbare "Stationärverträge" von Mineralölgesellschaften, die ihrerseits die Tankstelle aufgrund eines Bestandvertrages mit dem Grundeigentümer betreiben, mit Dritten als Unternehmenspacht qualifiziert worden sind (MietSlg 38.138/26).
Die somit insgesamt wegen Fehlens einer erheblichen Rechtfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässige Revision war daher zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung der Beklagten, in welcher auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen wurde, gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E26239European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00595.91.0912.000Dokumentnummer
JJT_19910912_OGH0002_0060OB00595_9100000_000