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61/01 Familienlastenausgleich;Norm
FamLAG 1967 §42 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der Stadtgemeinde E, vertreten durch Leitner + Leitner GmbH & Co KEG Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, 4040 Linz, Ottensheimer Straße 30, 32 und 36, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 5. August 2004, RV/1713-L/02, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 1997 bis 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Stadtgemeinde. Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten, den Zeitraum 1997 bis 2000 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer die Feststellung, die Beschwerdeführerin habe für die Bezüge der Bediensteten ihres Bauhofes Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe (§ 41ff FLAG, im Folgenden Dienstgeberbeitrag) nicht abgeführt. Nach Ansicht des Prüfers unterlägen die Bezüge der Bediensteten des Bauhofes zum Teil dem Dienstgeberbeitrag. Grundlage für die Aufteilung seien die "Bauhofverrechnungen". Soweit der Bauhof für den Hoheitsbereich der Gemeinde tätig sei, falle kein Dienstgeberbeitrag an. Soweit der Bauhof aber für den Unternehmens-, Betriebs- und Anstaltenbereich der Gemeinde tätig sei, seien die Bezüge in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen. Es sei ein Verhältnis für diese beiden Tätigkeitsbereiche des Bauhofs ermittelt und für die Aufteilung der Bezüge der im Bauhof beschäftigten Mitarbeiter herangezogen worden. Demnach seien folgende Prozentsätze der Bruttobezüge der Bauhofbeschäftigten dem Dienstgeberbeitrag zu unterziehen: 1997: 53,12 %; 1998: 52,51 %; 1999: 53,73 %; 2000: 41,08 %. Es errechne sich sohin ein nachzufordernder Dienstgeberbeitrag von S 817.653,--. Davon seien die durch die Gemeinde in den Jahren 1997 bis 1999 an die Bauhofbeschäftigten ausgezahlten Familienbeihilfen (1997: S 127.800,--; 1998: S 129.300,--; 1999: S 158.625,--) in Abzug zu bringen, nicht jedoch die für das Jahr 2000 ausgezahlten Familienbeihilfen, weil der Bauhof in diesem Jahr überwiegend für den hoheitlichen Bereich der Gemeinde tätig geworden sei.
Den Prüfungsfeststellungen folgend schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin Dienstgeberbeitrag vor.
In der Berufung gegen diesen Bescheid führte die Beschwerdeführerin aus, das Finanzamt habe die Arbeitslöhne der im Bauhof eingesetzten Gemeindebediensteten zum Teil in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einbezogen. Die Einbeziehung sei in jenem Ausmaß erfolgt, in welchem laut Bauhofverrechnung dessen Tätigkeit auf den nicht hoheitlichen (privatwirtschaftlichen) Bereich der Gemeinde entfielen. Gemäß § 42 Abs. 1 lit. a FLAG seien Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von mehr als 2000 vom Dienstgeberbeitrag befreit. Diese Befreiung gelte allerdings nicht für die von der Gemeinde verwalteten Betriebe, Unternehmen, Anstalten, Stiftungen und Fonds. Es komme daher im Beschwerdefall darauf an, ob der Bauhof einen von der Gemeinde verwalteten Betrieb, eine Unternehmung, eine Anstalt, eine Stiftung oder einen Fonds darstelle. Im gegenständlichen Fall komme nur in Betracht, dass der Bauhof einen Betrieb bzw. eine Unternehmung darstelle. Ein Betrieb bzw. eine Unternehmung lägen aber nicht vor, weil der Bauhof nicht der Erzielung von Einnahmen diene. Der Bauhof entfalte keine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsleben, zu seinen Aufgaben gehöre nicht die Erzielung von Einnahmen. Eine Aufteilung der Bauhofmitarbeiter auf den Unternehmens-, Betriebs- und Anstaltenbereich einerseits und den Hoheitsbereich andererseits verbiete sich schon auf Grund der Tatsache, dass der Bauhof eine für Zwecke der Entrichtung des Dienstgeberbeitrages eigenständige organisatorische Einheit darstelle, welcher die betreffenden Mitarbeiter zuzurechnen seien.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Wenn ein Dienstnehmer teilweise in der Hoheitsverwaltung und teilweise in einem Betrieb, einer Unternehmung oder Anstalt einer Gebietskörperschaft beschäftigt sei, so sei nur der Teil der Bezüge dem Dienstgeberbeitrag zu unterwerfen, welcher auf die Beschäftigung im Betrieb bzw. in der Unternehmung oder Anstalt entfalle. Im gegenständlichen Fall sei festgestellt worden, dass die Bediensteten des Bauhofes Leistungen für unterschiedliche andere Dienststellen, wie z.B. Müllabfuhr, Freibad, Kinderspielplätze, Schülerhort, Volks- und Hauptschule, Friedhof, Wasserwerk etc. erbracht hätten.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie brachte im Weiteren vor, dass die rechnerische Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag (Aufteilung der Bruttobezüge) unstrittig sei. Entscheidend sei, dass ein Bauhof als eigenständig zu betrachtende organisatorische Einheit anzusehen sei. Ein Bauhof sei keine Anstalt, keine Stiftung und kein Fonds. Eine Unternehmung bzw. ein Betrieb sei eine in einer bestimmten Organisationsform in Erscheinung tretende wirtschaftliche Tätigkeit, die sich auf Vermögenswerte stütze und mit Einnahmen und Ausgaben verbunden sei. Die im Rahmen des Bauhofs ausgeübten Tätigkeiten seien im Interesse der Förderung der Gemeindeverwaltung gelegen, ohne dass eine Leistungsbeziehung zu bestimmten Personen bestünde. Bauhöfe bewirkten als Selbstversorgungseinrichtungen einer Gemeinde keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Eine Aufteilung der Bauhofmitarbeiter auf den Unternehmungs-, Betriebs- und Anstaltenbereich einerseits und dem übrigen Hoheitsbereich andererseits verbiete sich schon auf Grund der Tatsache, dass der Bauhof eine eigenständige organisatorische Einheit darstelle, welcher die betreffenden Baumitarbeiter zuzurechnen seien. Eine mittelbare Förderung der Unternehmungen, Betriebe und Anstalten durch das Tätigwerden für diese sei nicht ausreichend, um eine Dienstgeberbeitragspflicht der an die Bauhofmitarbeiter bezahlten Löhne dem Grunde nach zu begründen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Es sei unbestritten, dass jene Personen, deren Löhne das Finanzamt zum Teil für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages herangezogen habe, im Bauhof der Beschwerdeführerin eingesetzt gewesen seien. Der Bauhof einer Gemeinde stelle keine Anstalt im Sinn des § 42 FLAG dar. Entscheidend sei aber, dass die Bediensteten des Bauhofes auch für Tätigkeiten in anderen "Verwaltungseinheiten", welche teilweise auch Betriebe, Unternehmungen und Anstalten seien, herangezogen worden seien. Es könne jener Teil der Summe der Arbeitslöhne der Dienstnehmer der Beschwerdeführerin in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages einbezogen werden, der auf die Tätigkeiten dieser Dienstnehmer entfalle, welche in Anstalten, Betrieben bzw. Unternehmungen - also nicht im Bauhof - verrichtet worden seien. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass eine Aufteilung der Bezüge der Bauhofmitarbeiter generell nicht zulässig sei, sei unrichtig. Der Abgabenbehörde sei es nur verwehrt gewesen, den Gesamtbetrag der Einkünfte dieser Bediensteten in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages einzubeziehen, zumal diese Dienstnehmer auch im Rahmen der Hoheitsverwaltung Verwendung fänden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Unter einer Unternehmung oder einem Betrieb im Sinn des § 42 Abs. 1 lit. a FLAG ist eine in einer bestimmten Organisationsform in Erscheinung tretende wirtschaftliche Tätigkeit zu verstehen, die sich auf Vermögenswerte stützt und mit Einnahmen und Ausgaben verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1987, 87/14/0103).
Einem Bauamt einer Gemeinde kommt nicht die Eigenschaft eines Betriebes oder einer Unternehmung zu, wenn zu seinen Aufgaben nicht die Erzielung von Einnahmen gehört (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1971, 337/70).
Im Erkenntnis vom 29. September 1987, 87/14/0103, hat der Verwaltungsgerichtshof die Tätigkeit des Fremdenverkehrsamtes einer Gemeinde aufgeteilt: Soweit es nicht auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sei (etwa Gästeinformation, Organisation von Veranstaltungen, Instandhaltung und Markierung von Spazierwegen und Wanderwegen, Maßnahmen der Ortsverschönerung) stelle es eine Unternehmung oder einen Betrieb nicht dar. Soweit das Fremdenverkehrsamt hingegen entgeltlich auftrete (z.B. Zimmervermietung, Verkauf von Wanderkarten) handle es sich um einen Betrieb, zumal diese Tätigkeit auf die unmittelbare Erzielung von Einnahmen gerichtet sei. Wenn sich im Einzelfall keine Anhaltspunkte dafür böten, dass beide Tätigkeitsbereiche in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Einheit darstellten, so seien sie hinsichtlich der Dienstgeberbeitragspflicht nach dem FLAG gesondert zu behandeln. In einem solchen Fall dürfe nur jener Teil der Arbeitslöhne der in diesem Bereich eingesetzten Dienstnehmer zur Berechnung des Dienstgeberbeitrages herangezogen werden, der auf die Tätigkeit der Dienstnehmer entfalle, welche als betrieblich (unternehmerisch) anzusehen sei.
Diesem Erkenntnis liegt folgende Überlegung zugrunde: Wenn eine organisatorische Einrichtung einer Gebietskörperschaft keinen Betrieb oder keine Unternehmung darstellt, unterliegen die Arbeitslöhne der ausschließlich in einer solchen Einrichtung tätigen Dienstnehmer nicht dem Dienstgeberbeitrag. Stellt hingegen eine organisatorische Einrichtung einen Betrieb, eine Unternehmung, eine Anstalt, eine Stiftung oder einen Fonds dar, unterliegen die Arbeitslöhne der ausschließlich in einer solchen Einrichtung tätigen Dienstnehmer dem Dienstgeberbeitrag. Sind Dienstnehmer der Gebietskörperschaften allerdings teilweise in organisatorischen Einrichtungen tätig, die Betriebe bzw. Unternehmungen darstellen, werden ihre Arbeitslöhne mit dem entsprechenden Anteil in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einbezogen.
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass der Bauhof der Beschwerdeführerin eine organisatorische Einrichtung, mit welcher sie gemäß § 42 Abs. 1a FLAG von der Befreiung vom Dienstgeberbeitrag ausgenommen ist, nicht darstellt. Daraus folgt aber, dass die Löhne jener Dienstnehmer, die ausschließlich im Bauhof tätig gewesen sind, nicht in die Beitragsgrundlage einzubeziehen ist.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass die Dienstnehmer, deren Arbeitslöhne das Finanzamt teilweise in die Beitragsgrundlage einbezogen hat, nicht ausschließlich im Bauhof tätig gewesen seien. Diese Dienstnehmer seien - so die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Bescheid - auch für Tätigkeiten in anderen "Verwaltungseinheiten", die ihrerseits zum Teil Betriebe, Unternehmungen und Anstalten im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. a FLAG seien, tätig gewesen.
Die Beschwerdeführerin zeigt zutreffend auf, dass diese Sachverhaltsfeststellung des angefochtenen Bescheides unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen worden ist. Im angefochtenen Bescheid wird diese Sachverhaltsfeststellung darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin ein entsprechendes Vorbringen erstattet habe. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in ihren Eingaben die betreffenden Mitarbeiter stets ausschließlich dem Bauhof zugeordnet und stets von einer bloß mittelbaren Förderung der Betriebe und Unternehmungen der Beschwerdeführerin durch das Tätigwerden der Bauhofmitarbeiter gesprochen hat. Mit diesem Vorbringen in ihren Eingaben wollte die Beschwerdeführerin unzweifelhaft zum Ausdruck bringen, dass der Bauhof mit seinen personellen und sachlichen Mitteln Leistungen an andere Bereiche erbracht hat, die betreffenden Mitarbeiter also lediglich in ihrer Eigenschaft als Bauhofmitarbeiter tätig gewesen sind. Da sich die belangte Behröde aber auch nicht auf andere Ermittlungsergebnisse stützen konnte, aus denen sich ergeben würde, dass die betreffenden Dienstnehmer nur teilweise im Bauhof eingesetzt gewesen seien, vermag ihre Beweiswürdigung der Schlüssigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichtshofes nicht Stand zu halten.
Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am 21. Dezember 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004140107.X00Im RIS seit
01.02.2006Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013