TE OGH 1991/9/17 10ObS192/91

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Dr. Dietmar Strimitzer (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franziska G*****, Auszugsbäuerin, ***** vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner und Dr. Walter Müller, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei SOZIALVERSICHERUNGSANSTALT DER BAUERN, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. April 1991, GZ 12 Rs 14/91-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 8. November 1990, GZ 14 Cgs 83/90-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Johann G*****, der am 7. 6. 1990 verstorbene Ehegatte der Klägerin, bezog seit dem 1. 11. 1971 eine Alterspension von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern. Am 12. 10. 1971 übergaben die Klägerin und ihr Ehegatte die landwirtschaftliche Liegenschaft Grundbuch M***** EZ 4 ***** in G***** ihrem gemeinsamen Sohn Burghart G*****. Dabei wurde für die Klägerin und ihren Ehegatten ein Wohnungs- und Naturalausgedinge ausbedungen.

Die beklagte Partei sprach mit Bescheid vom 11. 5. 1990 aus, daß Johann G***** zu seiner Alterspension ab 1. 1. 1990 keinen Anspruch auf eine Ausgleichszulage habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Klage mit dem Begehren auf Gewährung einer Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß für die Zeit vom 1. 1. bis 7. 6. 1990 (Todestag) ohne Anrechnung eines pauschalierten Ausgedinges. Die Voraussetzungen für die Anwendung der durch die 14. BSVG-Novelle eingeführten sogenannten Härteklausel lägen vor. Der an den Sohn übergebene landwirtschaftliche Betrieb, aus dem Ausgedingsleistungen erbracht werden sollten, sei derart verschuldet gewesen, daß es zu einer Zwangsversteigerung gekommen sei. Diese Zwangsverwertung sei nur nach einem Verzicht auf die Ausgedingsleistungen möglich gewesen. Ein pauschaliertes Ausgedinge sei daher nicht anzurechnen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der Ehegatte der Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, die Reallast des Ausgedinges auch anläßlich der Zwangsversteigerung durchzusetzen.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin als Fortsetzungsberechtigte nach ihrem verstorbenen Ehegatten vom 1. 1. bis 7. 6. 1990 eine Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß ohne Anrechnung eines pauschalierten Ausgedinges zu zahlen. Über die ziffernmäßige Höhe dieser Ausgleichszulage wurde nicht entschieden. Das Erstgericht stellte fest, daß die Liegenschaft zum Zeitpunkt der Übergabe an den Sohn schuldenfrei gewesen sei. Auf Grund erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten habe der Sohn ab dem Jahr 1985 die Ausgedingsleistungen an seine Eltern nicht mehr erbringen können. Diese schwerwiegende Verschuldung des Sohnes habe zur Zwangsversteigerung der Liegenschaft am 29. 9. 1988 (?) geführt. Im Zuge dieser Versteigerung hätten die Eltern eine Verzichtserklärung betreffend die Ausgedingsleistungen abgegeben. Diese Löschungserklärung sei am 22. 2. 1988 unmittelbar vor der Versteigerungstagsatzung auf Drängen der Gläubiger erfolgt, die befürchteten, daß eine Zwangsverwertung ohne einen solchen Verzicht auf das Ausgedinge nicht möglich sei.

In rechtlicher Hinsicht hielt das Erstgericht eine Pauschalanrechnung des Ausgedinges im Sinne des § 140 Abs.8 BSVG für unzulässig. Der von den Eltern geleistete Verzicht sei zur Ermöglichung der Zwangsversteigerung erzwungen gewesen. Die Erbringung der Ausgedingsleistungen sei durch einen solchen Umstand unmöglich geworden, der der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen gewesen sei.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil im Sinne einer Abweisung der Klage ab. Ein Verzicht auf die Geltendmachung zustehender Einkünfte sei für den Anspruch auf Ausgleichszulage nur dann unbeachtlich, wenn er in der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erfüllung der Leistung durch den Verpflichteten begründet sei. Dies sei etwa dann der Fall, wenn eine exekutive Verwertung der belasteten Liegenschaft ohne ein Erlöschen des Ausgedinges nicht möglich wäre. Diese Unverwertbarkeit der Liegenschaft ohne Erlöschen des Ausgedinges stehe hier aber entgegen der vom Erstgericht vertretenen Ansicht nicht fest. Es habe lediglich der subjektiven Einschätzung der Gläubiger entsprochen, daß eine Zwangsversteigerung ohne Verzicht der Ausgedingsberechtigten nicht zum Erfolg führen werde. Objektive Anhaltspunkte für diese Annahme fehlten, weshalb die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis, daß für den Verzicht ein zwingender Grund vorgelegen sei, nicht erbracht habe. Der von Johann G***** zu Lasten der Sozialversicherung geleistete Verzicht auf ihm zustehende realisierbare Einkünfte seien unbeachtlich und der ohne Berücksichtigung dieser Einkünfte zuerkannte Ausgleichszulagenanspruch nicht gerechtfertigt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne ihres Eventualantrages berechtigt. Die Ausgleichszulage zu einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung stellt sich ihrem Wesen nach als eine Leistung der Sozialhilfe dar, so daß die erforderlichen öffentlichen Mittel für derartige Leistungen nur subsidiär herangezogen werden dürfen. Daher sind bei Feststellung des Ausgleichszulagenanspruches neben der Pension in der Regel auch alle sonstigen Einkünfte zu berücksichtigen. Für land(forst)wirtschaftliche Betriebe gilt die Regelung, daß die aus der Aufgabe (Übergabe) eines solchen Betriebes üblicherweise gewährten Leistungen an den Übergeber nicht in jedem Einzelfall betragsmäßig bewertet, sondern pauschal berücksichtigt werden. Diese Art der Berücksichtigung von Zuwendungen aus der Übergabe eines Betriebes beruhte einerseits auf der Überlegung, daß dem Eigentümer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes zugemutet werden könne, seinen Betrieb so zu verwerten, daß er einen Teil seines Lebensunterhaltes auch nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten in der Lage ist. Andererseits ist aber eine genaue ziffernmäßige Ermittlung der in Güterform aus dem übergebenen Betrieb tatsächlich empfangenen bzw. erzielbaren Naturalleistungen im Hinblick auf die große Zahl der Ausgleichszulagenbezieher praktisch ausgeschlossen. Zu dem kommt noch, daß die pauschale Berücksichtigung dieser Sachleistungen auf die Höhe des Einheitswertes des übergebenen Betriebes Bedacht nimmt, so daß letztlich die Ertragsfähigkeit des übergebenen Betriebes ausschlaggebend ist. Wenngleich die Regelung über die pauschale Berücksichtigung des Ausgedinges auf den Einheitswert des Betriebs und damit auf die Ertragsfähigkeit Bedacht nimmt, so wurden die Auswirkungen dieser Rechtslage allgemein mit Unzufriedenheit aufgenommen. Ein Grund hiefür war unter anderem, daß die pauschale Berücksichtigung eines Sachverhaltes dem jeweiligen Einzelfall nicht gerecht werden kann; dies trifft insbesondere auf jene Fälle zu, in denen aus Gründen, die der Einflußsphäre des Betriebsinhabers entzogen sind, die Leistung eines Ausgedinges nicht erbracht werden kann und demnach der faktischen Anrechnung des Ausgedinges keine tatsächlich empfangenen Naturalleistungen gegenüberstehen. Diesem Umstand wollte die 14. BSVG-Novelle BGBl. 1989/644 (ebenso die 48. ASVGNov u. die 16. GSVGNov) abhelfen. § 140 Abs.8 BSVG erhielt folgende Fassung:

"Ist die Gewährung von Gegenleistungen (Ausgedingsleistungen) aus einem übergebenen (aufgegebenen) land(forst)wirtschaftlichen Betrieb in Geld- oder Güterform (landwirtschaftliche Produkte, unentgeltlich beigestellte Unterkunft) aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, am Stichtag zur Gänze ausgeschlossen oder später unmöglich geworden, so hat eine Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (Verpächters) zu unterbleiben, und zwar so lange, wie diese Voraussetzungen zutreffen und die Unterlassung der Erbringung von Ausgedingsleistungen dem Ausgleichszulagenwerber nicht zugerechnet werden kann".

Die Regierungsvorlage führt dazu aus, daß in jenen Fällen, in denen aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, die Erbringung von Ausgedingsleistungen unmöglich (geworden) ist, eine Pauschalanrechnung überhaupt unterbleiben soll. Nach den Vorstellungen der RV sind diese Voraussetzungen dann gegeben, wenn der land(forst)wirtschaftliche Betrieb (die Betriebsführung) dem Betriebsinhaber gegen dessen Willen entzogen worden (Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung), wenn der Betrieb durch höhere Gewalt (Feuer bzw. sonstige Elementarereignisse) zerstört worden ist oder wenn örtliche Verhältnisse (Grenzlandgebiet) bzw. sonstige Gegebenenheiten (ungünstige Produktionsverhältnisse) zur Betriebseinstellung gezwungen haben, ohne daß die Fortsetzung der Betriebsführung durch andere Personen als zumutbar gewertet werden kann. Im Vordergrund hat daher immer die Tatsache zu stehen, daß eine Ermittlung des Einkommens (Anrechnung) zur Feststellung des Ausgleichszulagenanspruches nur in jenen Fällen zu unterbleiben hätte, in denen das Fehlen jeglicher Naturalversorgung aus dem Betrieb dem ehemaligen Betriebsinhaber nicht zugerechnet werden kann. Nach den weiteren Vorstellungen der RV wird etwa eine Betriebsauflösung durch freihändige Veräußerung ohne zwingende Gründe die genannten Voraussetzungen ebensowenig erfüllen können, wie eine Betriebseinstellung trotz möglicher Bewerber für eine Fortführung; auch ein Verzicht des Ausgleichszulagenwerbers auf Ausgedingsleistungen kann die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen. Die Begünstigung soll daher, um den notwendigen Mehraufwand in vertretbaren Grenzen zu halten, ausschließlich jenen Pensionsbeziehern zuteil werden, die aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, vom Bezug jeglicher Naturalleistungen ausgeschlossen sind, und zwar so lange, wie diese Voraussetzungen zutreffen (1102 BlgNR 17.GP, 7 und 8). Die Übergangsbestimmung des Art. II Abs.3 der 14. Novelle stellt sicher, daß § 140 Abs.8 BSVG in der neuen Fassung auch für Versicherungsfälle gilt, in denen der Stichtag der Pension, zu der die Ausgleichszulage gewährt werden soll, vor dem 1. Jänner 1990 liegt. Die Ausgleichszulage bzw. der Mehrbetrag an Ausgleichszulage gebührt ab 1. Jänner 1990, wenn der Antrag bis 31. Dezember 1990 beim Versicherungsträger gestellt wird, sonst aber dem der Antragstellung folgenden Monatsersten.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Klägerin und ihr Ehegatte, letzterer noch zu Lebzeiten, offenbar unentgeltlich, auf das ihnen gebührende Ausgedinge verzichtet haben. Nach den zitierten Gesetzesmaterialien könnte ein solcher Verzicht die Voraussetzungen für eine Anwendung der Härteklausel des § 140 Abs.8 BSVG nicht erfüllen. Diese Aussage bedarf jedoch einer Einschränkung. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (SSV-NF 1/60, 3/131, 3/149, 4/47, 4/139 ua), verbietet der subsidiäre fürsorge(sozialhilfe)ähnliche Charakter der Ausgleichszulage zwar im allgemeinen die Berücksichtigung der Tatsache, daß der Berechtigte von sich aus auf derartige Ansprüche verzichtet; ein solcher Verzicht auf die Geltendmachung zustehender Einkünfte ist im Ausgleichszulagenrecht (grundsätzlich) aber dann beachtlich, wenn er in der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Leistung durch den dazu Verpflichteten begründet ist. Dabei ist davon auszugehen, daß ein zur Erbringung der Leistung Verpflichteter, der nur über ein Einkommen verfügt, das die Höhe des Richtsatzes nicht übersteigt, nicht in der Lage sein wird, eine vertragliche Verpflichtung zur Erbringung einer geldwerten Leistung zu erfüllen (SSV-NF 1/60). Der Oberste Gerichtshof hat auch darauf verwiesen, daß Schulden des Verpflichteten grundsätzlich nicht dazu führen können, die Realisierung einer Leibrente als unzumutbar anzusehen, weil damit die Gemeinschaft der Versicherten im Wege der Ausgleichszulagengewährung zur erleichterten Rückzahlung der Schulden des Verpflichteten beitragen müßte, was dem Wesen und der Funktion der Ausgleichszulage widerspräche (SSV-NF 3/149).

Nach Ansicht der Klägerin und des Erstgerichtes war der Verzicht auf die Ausgedingsleistungen deshalb erforderlich, weil sonst eine Zwangsversteigerung der betreffenden Liegenschaft nicht möglich gewesen wäre. Dieser Ansicht ist ebenso wie den allgemeinen oben zitierten Ausführungen der Gesetzesmaterialien entgegenzuhalten, daß durch die Zwangsversteigerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes nicht in allen Fällen die Erbringung der Ausgedingsleistungen unmöglich gemacht wird. Wie sich aus § 150 Abs.1 EO ergibt, müssen in der Regel Dienstbarkeiten, Ausgedinge und andere Reallasten, denen der Vorrang vor dem Befriedigungsrechte oder vor dem Pfandrechte des betreibenden Gläubigers zukommt, vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot, die den betreibenden Gläubigern nachfolgenden derlei Lasten (aber nur) insofern übernommen werden, als sie nach der ihnen zukommenden Rangordnung in der Verteilungsmasse Deckung finden (vgl. Heller-Berger-Stix, Kommentar zur EO4 1186, 1446, 1559 ff). Dabei geht das Gesetz von dem Grundsatz aus, daß die Ausgedinge in natura zu leisten sind (§§ 226, 227 Abs.1 EO) und ein möglichst langer Bezug der Leistungen und die Aufrechterhaltung des Wohn- und sonstigen Benützungsrechtes erreicht werden soll (Heller-Berger-Stix aaO 1560). Es ist zwar denkbar, daß das Erfordernis der Übernahme eines Ausgedinges ohne Anrechnung auf das Meistbot die Erzielung des geringsten Gebotes überhaupt verhindern oder doch die eines hohen Meistbotes erschweren wird, ergibt sich doch daraus eine unter Umständen beträchtliche Ertragsminderung. Jedenfalls ist aber eine Zwangsversteigerung grundsätzlich auch ohne Verzicht auf Ausgedingsleistungen möglich, wie andererseits die Gläubiger - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - kein Recht haben, eine Zustimmung zur Löschung der Reallast zur Bedingung zu machen.

Der Verzicht auf das gesamte Ausgedinge (also auch auf das Wohnrecht und alle Naturalleistungen) wäre nur dann für die Ausgleichszulage unschädlich, wenn das Ausgedinge in keinem Fall, also weder vor noch nach der Zwangsversteigerung, hätte realisiert werden können. Die bloße Absicht, den Verpflichteten zu entschulden, kann grundsätzlich selbst dann kein triftiger Grund für einen Verzicht auf das Ausgedinge sein, wenn er ein leibliches Kind des Ausgleichszulagenwerbers ist. Selbst eine hohe Verschuldung des Verpflichteten beeinträchtigt auch in der Regel nicht die Erbringung aller Ausgedingsleistungen, sondern vornehmlich nur die allfälliger Geldleistungen, während gewisse Naturalleistungen und vor allem das bloße Wohnrecht kaum betroffen sein werden. Eine Zwangsversteigerung der belasteten Liegenschaft liegt schließlich nur dann im Interesse der Auszügler, wenn die Übernahme der Last durch den Ersteher in Frage kommt oder sonst ein wirtschaftlicher Vorteil für sie bestehen bleibt. Ob der exekutive Verkauf der Liegenschaft ohne Verzicht auf das Ausgedinge möglich gewesen wäre, kann nicht entscheidend sein, weil Auszügler normalerweise aus der Sicht des Ausgleichszulagenrechtes kein schützenswertes Interesse an einer Verwertung der Liegenschaft nach (unentgeltlichem) Verzicht auf ihre Rechte haben können.

Bei Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze reichen die erstgerichtlichen Feststellungen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Gewährung der Ausgedingsleistungen im Sinne des § 140 Abs.8 BSVG ohne ausdrücklichen Verzicht auf den Anspruch aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen waren, unmöglich geworden ist. Dazu bedarf es insbesondere ausführlicher Feststellungen über Art und Umfang des Ausgedinges (Wohnrecht, Natural- und Geldleistungen) und seinen bücherlichen Rang, weiters über die Einkommens- und Vermögenslage des Verpflichteten, schließlich auch über alle näheren Umstände der Zwangsversteigerung (Schätzwert, Lasten, Versteigerungsbedingungen udgl.). Diesbezüglich werden die aufgezeigten Umstände mit den Parteien zu erörtern und allenfalls durch geeignete Beweisaufnahme die erforderlichen Feststellungen zu treffen sein. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war auch das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben und die Sozialrechtssache an dieses zurückzuverweisen.

Nur am Rande sei erwähnt, daß gegen die Aktivlegitimation der Klägerin ungeachtet des Umstandes, daß ihr Ehegatte bereits vor Klagseinbringung verstorben war (vgl. § 73 BSVG, § 408 ASVG), kein Einwand erhoben wurde, so daß dazu nichts weiter ausgeführt werden muß.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.

Anmerkung

E27645

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00192.91.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19910917_OGH0002_010OBS00192_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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