TE OGH 1991/9/17 10ObS202/91

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer (Arbeitgeber) und Univ.Prof. Dr. Walter Schrammel (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Michael S*****, Student, ***** vertreten durch DDr. Peter Stern, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER ANGESTELLTEN, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Waisenpension und Rückforderung eines Überbezuges, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. März 1991, GZ 33 Rs 215/90-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. Juni 1990, GZ 23 Cgs 507/90-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie - einschließlich des rechtskräftig gewordenen stattgebenden Teiles - insgesamt lauten:

1. Es wird festgestellt, daß der Kläger nicht verpflichtet ist, der beklagten Partei den für die Monate November 1989 und Jänner 1990 geltend gemachten Überbezug an Waisenpension von zusammen S 14.135,10 rückzuersetzen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die Waisenpension über den 31. 10. 1989 hinaus zu gewähren, und es werde festgestellt, daß der Kläger nicht verpflichtet sei, der beklagten Partei auch den für Dezember 1989 geltend gemachten Überbezug an Waisenpension von S 7.024,20 rückzuersetzen, wird abgewiesen.

3. Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei den Betrag von

S 7.024,20 in 19 monatlichen Teilbeträgen von S 350,- und einem letzten Teilbetrag von S 374,20 ab dem dem Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung folgenden Monatsersten bei Exekution zu zahlen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit

S 3.624,96 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 604,16 Umsatzsteuer) und die mit S 2.175,36 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 362,56 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 6. 3. 1966 geborene Kläger bezog von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bis einschließlich Jänner 1990 eine Waisenpension in der Höhe von zuletzt S 7.234,90 monatlich. Mit Bescheid vom 10. 1. 1990 wurde diese Waisenpension mit Ablauf des Monats Oktober 1989 mit der Begründung entzogen, es liege keine Schul- oder Berufsausbildung mehr vor, die die Arbeitskraft des Klägers überwiegend beanspruche. Weiters wurde in dem Bescheid ausgesprochen, daß der Kläger verpflichtet sei, die in den Monaten November 1989 bis einschließlich Jänner 1990 zu Unrecht bezogene Waisenpension samt Familienbeihilfe in der Gesamthöhe von S 25.609,30 zurückzuzahlen.

Der Kläger begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Weitergewährung der Waisenpenison auch über das Entziehungsdatum hinaus, also ab 1. 11. 1989 bis auf weiteres und die Feststellung, daß das Rückforderungsrecht hinsichtlich des Überbezuges gegenüber dem Kläger nicht bestehe. Er habe auch im fraglichen Zeitraum überwiegend in einer Schulausbildung gestanden; die gleichzeitig ausgeübte Tätigkeit habe einen reinen Zusatzverdienst bedeutet, weshalb auch die Rückforderung nicht gerechtfertigt sei. Mit Anfang Jänner 1990 sei er zum Grundwehrdienst eingezogen worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und die Auferlegung der Verpflichtung an den Kläger, die zu Unrecht bezogene Leistung rückzuersetzen. Der Kläger sei vom 23. 10. bis 23. 12. 1989 im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei der Post- und Telegraphendirektion mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden und einem monatlichen Bruttogehalt von ca. S 11.500,- beschäftigt gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis habe die Arbeitskraft des Klägers zur Gänze beansprucht. Für die Dauer des Präsenzdienstes bestehe ebenfalls kein Anspruch auf Waisenpension. Der Kläger habe die Aufnahme des Dienstverhältnisses nicht gemeldet und damit die Meldeverpflichtung des § 40 ASVG verletzt.

Das Erstgericht wies mit rechtskräftig gewordenem Beschluß die Klage insoweit wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück, als sie einen Anspruch auf Rückersatz der dem Kläger ausbezahlten Familienbeihilfe von insgesamt S 4.450,- betrifft. Im übrigen gab das Erstgericht dem Klagebegehren teilweise Folge. Es stellte fest, daß der erhobene Anspruch auf Rückersatz der an den Kläger für die Zeit vom 1. 1. bis 31. 1. 1990 geleisteten Waisenpension von S 7.110,90 (netto) nicht zu Recht besteht. Die weiteren Begehren auf Gewährung der Waisenpension ab 1. 11. 1989 und auf Feststellung, daß der Rückersatzanspruch für die vom 1. 11. bis 31. 12. 1989 (im Ersturteil offenbar irrig 1990) in der Höhe von S 14.048,40 nicht zu Recht bestehe, wies das Erstgericht ab. Schließlich erkannte es den Kläger schuldig, der beklagten Partei S 14.048,40 in 39 monatlichen Teilbeträgen von S 350,- und einen letzten Teilbetrag von S 398,40 rückzuersetzen. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Nach Absolvierung der Matura im Oktober 1986 inskribierte der Kläger im Wintersemester 1986/87 und im Sommersemester 1987 an der Universität in Klagenfurt, ohne jedoch eine Prüfung abzulegen, da er wegen des schlechten Gesundheitszustandes seines inzwischen verstorbenen Vaters familiär stark beansprucht war. Im Schuljahr 1987/88 bis 1988/89 besuchte er ein Kolleg für Maschinenbau an der HTL in Graz. Die Abschlußprüfung war für Oktober 1989 vorgesehen, wurde jedoch vom Kläger erst bei einem Wiederholungstermin am 31. 5. 1990 bestanden. Für diese Abschlußprüfung bereitete sich der Kläger ab Oktober 1989 durchschnittlich drei Stunden täglich vor. Vom 16. 7. bis 25. 8. 1989 arbeitete der Kläger als Ferialpraktikant bei der Post- und Telegraphendirektion. Im Wintersemester 1989/90 inskribierte er neuerlich Betriebswirtschaft an der Universität in Klagenfurt, konnte jedoch mit dem Studium deshalb nicht beginnen, da er seine Abschlußprüfungen noch nicht hatte. Er beabsichtigte, dieses Studium im September 1990 nach Ableistung seines Präsenzdienstes zu beginnen. Vom 23. 10. bis 23. 12. 1989 war der Kläger bei der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Vertragsbediensteter mit einem monatlichen Durchschnittsgehalt von ca. S 11.000,- brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Der Kläger hatte die beklagte Partei von seiner Beschäftigung im Sommer vorerst nicht verständigt, weil er meinte, daß es sich um eine Ferialtätigkeit handle und ihm ein Angestellter der beklagten Partei mitgeteilt hatte, daß es bei der Ferialtätigkeit keine Probleme gebe, so lange das daraus erzielte Entgelt S 40.000,- bis S 50.000,- im Jahr nicht übersteige. Während der im Sommer ausgeübten Ferialtätigkeit war es auch zu keinen Abzügen von der Waisenpension gekommen. Die Belehrung über die Meldepflichten im Gewährungsbescheid hatte der Kläger nicht gelesen. Die beklagte Partei wurde erst am 20. 11. 1989 vom Hauptverband verständigt, daß der Kläger erneut eine Beschäftigung aufgenommen habe. Daraufhin richtete sie an die Post- und Telegraphendirektion eine Anfrage über die Dauer des Dienstverhältnisses und die Höhe des erzielten Entgeltes. Die Antwort langte bei der beklagten Partei am 6. 12. 1989 ein. Die Waisenpension für Jänner 1990 wurde dem Kläger noch ausbezahlt. Seit 2. 1. 1990 leistet er den ordentlichen Präsenzdienst, wovon er die beklagte Partei mit Schreiben vom 27. 12. 1989 verständigte.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß die Schul- und Berufsausbildung des Klägers in den Monaten Oktober bis Dezember 1989 seine Arbeitskraft jedenfalls nicht überwiegend in Anspruch genommen habe, weil er als Vertragsbediensteter mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt gewesen sei und sich nur drei Stunden der Prüfungsvorbereitung gewidmet habe. Ab Jänner 1990 befinde er sich im Präsendienst, der das Vorliegen der Kindeseigenschaft im Sinn des § 252 Abs.2 ASVG ausschließe. Ob der Kläger danach wirklich ein Studium beginnen oder fortsetzen wolle, könne derzeit nicht festgestellt werden. Gemäß § 99 Abs.1 ASVG sei die Waisenpension daher zu entziehen gewesen, so daß das Leistungsbegehren nicht zu Recht bestehe. Gemäß § 107 Abs.1 ASVG habe der Versicherungsträger unter anderem dann zu Unrecht erbrachte Geldleistungen zurückzufordern, wenn der Zahlungsempfänger den Bezug durch Verletzung der Meldevorschriften (§ 40) herbeigeführt habe; dabei reiche schon leichte Fahrlässigkeit aus. Daß zumindest fahrlässiges Verhalten des Klägers vorliege, könne im Hinblick darauf, daß er weder die Belehrung über die Meldevorschriften gelesen habe, noch ihm bewußt geworden sei, daß er ja auch bei der Ferialtätigkeit im Sommer eine Meldung an die beklagte Partei hätte erstatten müssen, unzweifelhaft angenommen werden. Insofern bestehe also der Rückforderungsanspruch grundsätzlich zu Recht. § 107 Abs.2 lit.a ASVG schränke dieses Rückforderungsrecht dann ein, wenn der Versicherungsträger die für die bescheidmäßige Feststellung erforderlichen Maßnahmen nicht innerhalb angemessener Frist gesetzt habe. Dies betreffe die Leistung für Jänner 1990, so daß insoweit dem Klagebegehren stattzugeben sei. Die Auferlegung des Rückersatzes für die Monate November und Dezember 1989 in 40 Monatsraten sei angemessen. Für die Feststellung der Unrechtmäßigkeit der Auferlegung eines Rückersatzes der Familienbeihilfe sei der Rechtsweg unzulässig.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung Folge und änderte das Urteil dahin ab, daß es unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen abeweisenden (richtig des stattgebenden) Teiles des Ersturteils die beklagte Partei schuldig erkannte, dem Kläger die Waisenpension über den 31. 10. 1989 hinaus zu gewähren, und feststellte, daß der beklagten Partei ein Rückersatzanspruch hinsichtlich der vom 1. 11. 1989 bis 31. 1. 1990 geleisteten Waisenpension nicht zustehe. Der Kläger sei zwar im Jahr 1989 vom 16. 7. bis 25. 8. und vom 23. 10. bis 23. 12. bei der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland als Vertragsbediensteter beschäftigt gewesen, dennoch bestehe gemäß § 252 Abs.2 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung die Kindeseigenschaft weiter, weil sich der Kläger im Kalenderjahr 1989 überwiegend in einer Schul- oder Berufsausbildung befunden habe. Die etwas mehr als dreimonatige Tätigkeit sei es als Ferialpraktikant oder lediglich zum Zweck der Überbrückung der Zeit zwischen nicht bestandener Abschlußprüfung und Antritt des Präsenzdienstes falle gegenüber der restlichen Ausbildungszeit während des Jahres 1989 nicht derart ins Gewicht, daß gesagt werden könnte, der Kläger wäre nicht überwiegend durch die Ausbildung beansprucht worden. Die Frage der überwiegenden Inanspruchnahme sei auf das gesamte Studienjahr umzulegen. Der Anspruch auf Leistung der Waisenpension sei daher über den Entziehungszeitraum hinaus nicht erloschen. Dabei sei nicht zu berücksichtigen, daß dieser Anspruch für die Dauer des ordentlichen Präsenzdienstes ruhe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Der Kläger beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Gemäß § 252 Abs.2 Z 1 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung vor der 44. ASVG-Novelle (Art. VI Abs.13 SozRÄG 1988, BGBl. 1987/609) besteht auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres die Kindeseigenschaft weiter, wenn und solange das Kind sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres; zur Schul- oder Berufsausbildung zählt auch ein angemessener Zeitraum für die Vorbereitung auf die Ablegung der entsprechenden Abschlußprüfungen und auf die Erwerbung eines akademischen Grades. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Frage der überwiegenden Inanspruchnahme der Arbeitskraft durch die Schul- oder Berufsausbildung an der Tätigkeit während des gesamten Kalenderjahres oder auch des Studienjahres zu messen sei, ist verfehlt. Diese Auffassung wurde auch in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 2/35) nicht vertreten. Wenn sich jemand einer die Arbeitskraft überwiegend beanspruchenden Schul- oder Berufsausbildung unterzieht, dann ist seine Arbeitskraft so in Anspruch genommen, daß eine die Selbsterhaltung garantierende Berufstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Ob die Arbeitskraft durch eine Schul- oder Berufsausbildung überwiegend im Sinne des § 252 Abs.2 Z 1 ASVG beansprucht wird, ist durch Vergleich der konkreten Auslastung der Arbeitskraft zu dem von der geltenden Arbeits- und Sozialordnung, etwa im Arbeitszeitgesetz oder in den Kollektivverträgen, für vertretbar gehaltenen Gesamtbelastung zu ermitteln, wobei für die letztbezeichnete Größe die im AZG bzw. einzelnen Kollektivverträgen festgelegten und entsprechend den unterschiedlichen beruflichen Anforderungen differenzierenden Höchstarbeitszeiten eine wertvolle Leitlinie bilden (SSV-NF 2/35 = SZ 61/85 = ZAS 1989, 63 unter Hinweis auf Binder ZAS 1979, 234; ebenso SSV-NF 4/9). Der erkennende Senat hat ausgesprochen, daß die Kindeseigenschaft selbst durch ein Hochstudium, welches neben der Tätigkeit als Rechtspraktikant betrieben wird, nicht verlängert wird: Da für Rechtspraktikanten eine 40-Stunden-Woche normiert ist, kann ein daneben weiter betriebenes Studium die Arbeitskraft im Sinne der obigen Ausführungen jedenfalls nicht überwiegend in Anspruch nehmen (SSV-NF 4/9). Wie die Revisionswerberin treffend darlegt, kann die Frage der "überwiegenden" Inanspruchnahme nicht auf einen längeren Zeitraum, wie auf ein Kalenderjahr oder ein Studienjahr, bezogen werden, da ansonsten der Wortfolge "und so lange" im § 252 Abs.2 ASVG sowie dem § 99 Abs.3 Z 4 ASVG, wonach die Entziehung einer Leistung mit dem Ende des Kalendermonates wirksam wird, in dem der Entziehungsgrund eingetreten ist, der Anwendungsbereich entzogen würde. Da der Kläger seit 23. 10. 1989 ein Arbeitsverhältnis als Vertragsbediensteter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einem monatlichen Bruttoentgelt von rund S 11.000,- eingegangen ist, bestand mit Ablauf des Monats Oktober 1989 kein Anspruch mehr auf Gewährung der Waisenpension. Welchen Einfluß eine Ferialarbeit auf den Bezug einer Waisenpension hat, braucht hier nicht erörtert zu werden, weil eine Beschäftigung in den Monaten Oktober bis Dezember nicht als Ferialarbeit gewertet werden kann und die vom Kläger im Sommer 1989 ausgeübte Tätigkeit nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Gemäß § 19 Abs.1 AHStG beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September; es besteht aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und den Ferien. Das Wintersemester beginnt am 1. Oktober, das Sommersemester am 1. März. Nimmt man demgemäß den Beginn des Studienjahres und auch des Wintersemesters mit 1. Oktober an, dann kann eine in den Monaten Oktober und folgende ausgeübte Beschäftigung nicht als "Ferialarbeit" angesehen werden. Im Fall des Klägers handelt es sich vielmehr um eine die Arbeitskraft überwiegend beanspruchende Erwerbstätigkeit außerhalb der Ferien. Die relativ kurze Zeit dieser Beschäftigung ist, wie oben ausgeführt, nicht entscheidend. Daß die Schulausbildung nicht überwog, ergibt sich schon daraus, daß der Kläger, wie er auch in seiner Revisionsbeantwortung einräumt, seiner Ausbildung im Durchschnitt nur drei Stunden täglich nachging. Dem Umstand, daß er seine Diensteinteilung bei der Post relativ frei gestalten konnte, kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu.

Das Klagebegehren auf Gewährung der Waisenpension für den Zeitraum 1. 10. 1989 bis 31. 1. 1990 wurde schon deshalb zutreffend abgewiesen, weil die beklagte Partei während dieses Zeitraumes die Waisenpension auf Grund eines rechtskräftigen Bescheides an den Kläger auszahlte und ihm für eine neuerliche Auferlegung einer Zahlungsverpflichtung jedes schutzwürdige Interesse fehlen würde. Die rückwirkende Entziehung dieser Waisenpension bildet für den von der Rückforderung betroffenen Zeitraum nur eine Vorfrage des Rückforderungsanspruchs (vgl. SSV-NF 3/12 und 4/37). Im Februar 1990 und in den folgenden Monaten kam der Kläger noch seiner Wehrpflicht nach, wobei es keiner näheren Erörterung bedarf, daß die Erfüllung der Wehrpflicht ein die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nehmendes Studium ausschließt. Ob und in welchem Ausmaß der Kläger nach Beendigung des Präsenzdienstes einer Schul- oder Berufsausbildung nachgehen werde, konnte das Erstgericht bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (25. 6. 1990) nicht feststellen. Insgesamt ergibt sich daher, daß das Leistungsbegehren zur Gänze unberechtigt ist.

Dem Erstgericht ist aber auch darin zu folgen, daß der Kläger zumindest fahrlässig seine Meldepflicht verletzt hat. Hätte er die Aufnahme der Tätigkeit als Postbediensteter am 23. 10. 1989 rechtzeitig gemeldet, wofür ihm gemäß § 40 ASVG eine Frist von zwei Wochen (also bis zum 6. 11.1989) offengestanden wäre, dann wäre die Auszahlung der Waisenpension im Dezember 1989 unterblieben. Keinen Einfluß hätte dagegen auch eine im Sinne des § 40 ASVG noch rechtzeitige Meldung (etwa am letzten Tag der Frist) auf die Auszahlung der Waisenpension im November 1989 haben müssen, weil gemäß § 104 Abs.2 ASVG ua Waisenpensionen monatlich im vorhinein ausgezahlt werden. Gemäß § 107 Abs.1 ASVG besteht der Rückforderungsanspruch im vorliegenden Fall nur insoweit zu Recht, als der Kläger den Bezug durch eine Verletzung der Meldevorschriften herbeigeführt hat. Auf etwaige Auskünfte, die der Kläger von der beklagten Partei über den Einfluß einer Ferialpraxis auf den Pensionsbezug erhalten habe, kommt es nicht an, weil es sich, wie schon ausgeführt, bei der hier entscheidenden Tätigkeit nicht um eine Ferialpraxis handelte. Auch sonst kommt der Tatsachenrüge des Klägers in seiner Berufung, die vom Berufungsgericht nicht erledigt wurde, aus rechtlichen Gründen keine Relevanz zu.

In teilweiser Stattgebung der Revision der beklagte Partei war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden. Die monatlichen Raten (§ 89 Abs.4 ASGG) waren in der vom Erstgericht festgelegten Höhe zu belassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Der Kläger obsiegte gegenüber dem Ersturteil mit einem weiteren Teil seines Feststellungsbegehrens, dem ein nicht rückforderbarer weiterer Betrag von S 7.024,20 entspricht. Auf dieser Basis gebühren dem Kläger die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Anmerkung

E27639

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00202.91.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19910917_OGH0002_010OBS00202_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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