Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 27. August 1990 verstorbenen Pensionisten Georg S*****, zuletzt wohnhaft in ***** W*****, Q*****gasse 12, infolge Revisionsrekurses des Horst K*****, Bankdirektor, ***** T*****, R*****straße 64, vertreten durch Dr. Hans Jörg Platzer, öffentlicher Notar in Wels, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 23. Jänner 1991, GZ R 1234, 1235/90-24, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Wels vom 29. Oktober 1990, GZ 2 A 326/90-13, und vom 21. November 1990, GZ 2 A 326/90-16, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Zur Verlassenschaft des am 27.8.1990 verstorbenen Georg S***** haben zwei Personen unbedingte Erbserklärungen abgegeben: Alfred S***** (ein Neffe des Erblassers) auf Grund des Gesetzes, Horst K***** (ein Neffe der vorverstorbenen Ehegattin des Erblassers Pauline S*****) auf Grund einer vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen letztwilligen Anordnung mit folgendem Wortlaut:
"Ich Gefertigter Georg S*****, W*****, Q*****gasse 12, geb. *****, bestätige mit meiner eigenhändigen Unterschrift, daß dieses Testament auch für meinen Nachlaß gilt.
W*****, am 9.5.1973 Georg S*****.
Das Schriftstück wurde auf ein eigenhändiges Testament der Pauline S***** vom selben Tag geklebt. Diese hatte Horst K***** zu ihrem Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod der Pauline S***** am 21.12.1984 wurde allerdings ihr Nachlaß in Unkenntnis des Testamentes vom 9.5.1973 ihrem Ehegatten Georg S*****, eingeantwortet (A 1065/84 des Bezirksgerichtes Wels).
Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 29.10.1990 die Erbserklärung des Horst K***** zurück und räumte Alfred S***** (dessen Erbserklärung unbekämpft angenommen wurde) mit Beschluß vom 21.11.1990 die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses ein. Beide Beschlüsse wurden vom Rekursgericht mit der Begründung bestätigt, daß der von Horst K***** in Anspruch genommene Erbrechtstitel wegen Verletzung zwingender Formvorschriften ungültig sei:
Ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten Pauline und Georg S***** iS der §§ 583, 1248 ABGB hätte eigenhändig nur in der Form errichtet werden können, daß jeder den ganzen Text schreibt und unterschreibt (NZ 1933, 158; SZ 10/327). Bezogen auf Georg S***** sei daher die letztwillige Verfügung der Pauline S***** ein fremdhändiges Testament, das neben seiner Unterschrift auch noch die Unterschrift von drei Zeugen benötigt hätte, um auch als sein Testament gültig zu sein. Der eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen letztwilligen Anordnung des Georg S***** fehle wiederum die Einsetzung eines Erben, um als Testament gültig zu sein. Die Verweisung auf die Erbeinsetzung im Testament der Pauline S***** wäre gemäß § 582 ABGB nur dann wirksam, wenn diese andere Urkunde allen Erfordernissen einer (eigenen) letzten Willenserklärung entspräche, also eigenhändig verfaßt oder von drei Zeugen unterschrieben worden wäre (vgl Klingstedt, Das testamentum mysticum und dessen Formgebundenheit, NZ 1955, 177). Damit stehe in Ermangelung eines gültigen Testaments von vorne herein fest, daß Horst K***** das beanspruchte Erbrecht nicht zusteht; die Annahme seiner Erbserklärung würde die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung nur unnötig verzögern. Die auf § 145 Abs 1 AußStrG gegründete Entscheidung, Alfred S***** die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses einzuräumen, sei nur eine Konsequenz aus dieser Rechtslage.
Dieser Beschluß enthält (nunmehr) den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Als eine iS des § 14 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage wurde dabei erkannt, ob die doch eingehendere rechtliche Überprüfung des Erbrechtstitels bereits im Abhandlungsverfahren vorzunehmen war. Außerdem könne sich die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes nur auf ältere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes stützen.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes hat Horst K***** fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, sie so abzuändern, daß seine Erbserklärung angenommen, der Antrag des Alfred S***** auf Einräumung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses abgewiesen und letzerem die Klägerrolle im Erbrechtsstreit unter Setzung einer angemessenen Frist für die Einbringung der Klage zugewiesen wird; in eventu solle der angefochtene Beschluß aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückverwiesen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 122 AußStrG grundsätzlich jede in der vorgeschriebenen Form ausgestellte Erbserklärung vom Gericht anzunehmen ist. Diese Gesetzesstelle wird jedoch in ständiger Judikatur einschränkend so ausgelegt, daß eine Erbserklärung zurückzuweisen ist, wenn von vorne herein feststeht, daß der in Anspruch genommene Erbrechtstitel nie zu einer Einantwortung des Nachlasses an den Erbserklärten führen kann (RZ 1963, 133; NZ 1985, 106; NZ 1987, 68; RPflSlgA 7732; RZ 1990, 259 uva). Schon das Verlassenschaftsgericht hat daher zu prüfen, ob eine letztwillige Verfügung des Erblassers, auf die sich ein Erbansprecher zur Dartuung seines Erbrechts beruft, überhaupt als Testament angesehen werden kann. Dazu muß sie den inneren und äußeren Formvorschriften entsprechen, also eine Erbseinsetzung enthalten (§ 533 ABGB; vgl. auch § 564 ABGB) und in einer vom Gesetz anerkannten Testamentsform errichtet sein (§§ 577 ff ABGB). Die Grenzen einer solchen Beurteilung liegen dort, wo es der Abklärung strittiger Tatumstände (vgl NZ 1985, 106) oder der Auslegung des erblasserischen Willens bedarf, um ein der inneren und äußeren Form nach wirksames Testament ausschließen zu können (vgl 6 Ob 360, 361/64; 6 Ob 502/80; RPflSlgA 7905). Läßt sich jedoch von Anfang an mit Bestimmtheit sagen, daß die als Berufungsgrund herangezogene letztwillige Erklärung des Erblassers keine Erbeinsetzung enthält oder die gesetzlich vorgeschriebene äußere Form nicht erfüllt, ist die Verlassenschaft ohne Rücksicht auf eine darauf gestützte Erbserklärung abzuhandeln (vgl 6 Ob 246/68; RPflSlgA 6082; RPflSlgA 7732; SZ 61/227 ua).
Im gegenständlichen Fall gesteht der Rechtsmittelwerber selbst zu, daß er sein Erbrecht keinesfalls auf ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten Georg und Pauline S***** stützen kann; er hält jedoch die von Georg S***** zu seinen Gunsten getroffene letztwillige Anordnung für ein eigenständiges, den formellen und inhaltlichen Anforderungen genügendes Testament, weil es vom Erblasser eigenhändig geschrieben wurde, seine Unterschrift trägt und letztlich auch eine Erbeinsetzung enthält, zwar nicht durch namentliche Benennung des Erben, aber doch durch den jeden Zweifel ausschließenden Hinweis auf das Testament seiner Gattin. Da die Judikatur nur die Bestimmbarkeit des Erben verlange (JBl 1986, 379), sei es auch hier eine Frage der (nicht dem Verlassenschaftsgericht zustehenden) Auslegung, ob ein rechtswirksames Testament vorliege. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die im Testament der Pauline S***** enthaltene Erbeinsetzung nur dann beachtet werden könnte, wenn sie den Formerfordernissen einer letztwilligen Anordnung des Georg S***** entspräche, stehe in Widerspruch zu jener Judikatur, wonach immer der wahre Wille des Erblassers zu erforschen sei und selbst formungültige letztwillige Erklärungen, auf die er Bezug nimmt, zur Auslegung herangezogen werden müssen.
Mit dieser Argumentation setzt sich der Revisionsrekurswrber über den klaren Wortlaut des § 582 ABGB hinweg. Ein der formgültigen Erklärung des letzten Willens angeschlossenes Schriftstück kann zwar zur näheren Erläuterung der Anordnung des Erblassers dienen; um Bestandteil der letztwilligen Verfügung zu sein, muß es aber - abgesehen von der Bezugnahme hierauf - selbst die Form letztwilliger Verfügungen aufweisen (Eccher in Schwimann, Rz 1 zu § 582 ABGB). Als eine den gesetzlichen Formerfordernissen, konkret dem § 578 ABGB, genügende letztwillige Anordnung des Georg S***** kann daher nur gelten, daß über seinen Nachlaß nach Maßgabe des Testamentes seiner Gattin verfügt werden soll. Diese Urkunde enthält im Gegensatz zu jenen Fällen, in denen die Judikatur eine immerhin mögliche Auslegung als Testament anerkannte, weil über den Nachlaß zugunsten einer wenigstens bestimmbaren Person verfügt wurde (6 Ob 502/80; JBl 1986, 379), keine Erbeinsetzung. Wenn § 582 ABGB für den Zettel oder Aufsatz, den der Erblasser mittelbar zu Verfügungen über seinen Nachlaß verwendet, gewisse Formen, nämlich die einer letztwilligen Erklärung, vorschreibt, so kann die Möglichkeit, den Erben, statt ihn namentlich zu bezeichnen, nur erkennbar zu machen, nicht dazu benützt werden, um den Willen des Erblassers hinsichtlich der Persönlichkeit des Erben in anderer Weise als in der gesetzlichen Testamentsform zu äußern. Darin wäre eine unzulässige Umgehung der Formvorschrift zu erblicken, durch die deren Zweck vereitelt würde (Weiß in Klang III2, 320).
Gegen diese klare gesetzliche Regelung läßt sich auch nicht einwenden, daß der wahre Wille des Erblassers vollzogen werden soll und zur Feststellung dieses Willens insbesondere die in § 582 ABGB erwähnten Schriftstücke heranzuziehen sind (vgl Welser in Rummel I2, Rz 1 zu § 582 ABGB und Rz 8 zu §§ 552, 553 ABGB; RPflSlgA 6457 ua). Die Formvorschriften für letztwillige Verfügungen sollen nämlich nicht nur Streitigkeiten über die Anordnungen des Erblassers verhindern, sondern auch dem Testator die Bedeutung seiner Erklärung bewußt machen, damit er sie mit Überlegung trifft (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II8, 325). Darum ist die Einhaltung der gesetzlichen Form für die Erklärung des letzten Willens zwingend und unverzichtbar (§ 601 ABGB); selbst bei klar und eindeutig erweisbarem Willen des Erblassers ist die nicht formgerechte Verfügung ungültig (NZ 1931, 155; JBl 1965, 264; RPflSlgA 7620; Koziol-Welser aaO). Auch die Auslegung einer letztwilligen Verfügung findet ihre Grenze im Wortlaut der formgültigen Erklärung, weil sonst die Formvorschriften umgangen würden (JBl 1965, 264; SZ 47/18; Koziol-Welser aaO, 319 f). Maßgebend ist also nicht der Wille des Testators schlechthin, sondern nur sein gültig erklärter Wille (3 Ob 546/84).
Demnach mag es der Wille des verstorbenen Georg S***** gewesen sein, den nunmehrigen Revisionsrekurswerber zu seinem Alleinerben einzusetzen, als er am 9.5.1973 in gesetzlich einwandfreier äußerer Form erklärte, daß das Testament seiner Gattin auch als das seine gelten solle; seine Erklärung ist jedoch kein Testament, weil sie im eigenhändig geschriebenen Text keine Erbeinsetzung enthält und die eigentliche Benennung des Erben im Testament der Ehegattin den Formvorschriften für eine eigene letztwillige Verfügung nicht genügt. Das gegenteilige, auf die Formgültigkeit des Testaments der Pauline S***** hinweisende Argument des Revisionsrekurswerbers läßt den Umstand außer Betracht, daß die Warnfunktion der gesetzlichen Formvorschrift auch die formgültige Benennung des Erben durch Georg S***** verlangt hätte. Da die Formvorschrift den Testator vor unüberlegten letztwilligen Verfügungen schützen soll (s. oben), ist sie auch von ihm zu erfüllen. Die Unwirksamkeit des in Anspruch genommenen Erbrechtstitels ist also von keinen Tat- oder Auslegungsfragen abhängig, sondern ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz. Zu Recht hat daher schon das Verlassenschaftsgericht die Erbserklärung des Revisionsrekurswerbers zurückgewiesen.
Die Einräumung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an den gesetzlichen Erben war - wie schon vom Rekursgericht ausgeführt - eine Konsequenz dieser Entscheidung. Wenn der Revisionsrekurswerber neben seinem ungültigen Erbrechtstitel auch noch seine Ansprüche an die Verlassenschaft nach Pauline S***** ins Treffen führt, um die Nachlaßverwaltung durch Alfred S***** zu verhindern, ist ihm entgegenzuhalten, daß im Verlassenschaftsverfahren nach Georg S***** nicht auch die Erbfolge nach Pauline S***** zu klären ist. Die Verlassenschaft der Pauline S***** war dem nunmehrigen Erblasser rechtskräftig eingeantwortet; der Anspruch auf Abtretung wäre mit einer Erbschaftsklage gemäß § 823 ABGB geltend zu machen und allein nach den Vorschriften der §§ 381 ff EO zu sichern. Die gemäß § 145 AußStrG für die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses notwendige Voraussetzung eines hinreichenden Erbrechtsausweises hat Alfred S***** erfüllt, da nur er einen gültigen Erbrechtstitel vorweisen kann.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Anmerkung
E26604European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00531.91.0917.000Dokumentnummer
JJT_19910917_OGH0002_0050OB00531_9100000_000