Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Prof.Walther K. St*****, vertreten durch Dr.Thomas Wallentin, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 505.000 S), Urteilsveröffentlichung (Streitwert 51.000 S), Rechnungslegung (Streitwert 51.000 S), Zahlung eines angemessenen Entgelts und Schadenersatz, in eventu Zahlung eines angemessenen Entgelts (Streitwert 51.000 S), und Beseitigung (Streitwert 51.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 20.August 1990, GZ 1 R 54/90-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2.Februar 1990, GZ 18 Cg 1/90-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung wird unter Aufrechterhaltung des Verbotes der Vervielfältigung mit der Maßgabe bestätigt, daß die Verbreitung von Filmwerken, die vom Kläger hergestellt wurden und an denen ihm Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte, insbesondere die Rechte des Filmherstellers nach den §§ 38 und 74 UrhG zustehen, der beklagten Partei nur insofern untersagt wird, als dies über den nichtkommerziellen Bereich der Schule, Jugend- und Erwachsenenbildung hinausgeht.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens, soweit es das Sicherungsverfahren betrifft, selbst zu tragen; soweit diese Kosten die Zurückweisung der Klage betreffen, sind sie weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger, der über die zur Herstellung von zur öffentlichen Aufführung bestimmten Filmen erforderliche Gewerbeberechtigung verfügt, drehte folgende Filme, wobei er im Nachspann jeweils als Hersteller angeführt ist;
a) 1985 und 1988 im Auftrag der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft die Filme "Mikroelektronik im Alltag", "Mikroelektronik im Beruf" und "Kuststofftechnologie";
b) 1987 im Auftrag des (damaligen) Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport (im folgenden BMfUKuSp), SHB-Medienzentrum (SHB = Staatliche Hauptstelle für den Bildungsfilm, auch Bundesstaatliche Hauptstelle für Lichtbild und Bildungsfilm), einer Dienststelle des BMfUKuSp mit der Aufgabe der Beschaffung und Bereirstellung von autio-visuellen Medien für Schulen sowie für die Jugend- und Erwachsenenbildung, den Film "Computer - die zweite industrielle Revolution".
In Ansehung der im Auftrag der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hergestellten Filme übertrug der Kläger seiner Auftraggeberin die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Werknutzungsrechte der Vorführung, Verbreitung und Sendung, nicht jedoch die Vervielfältigungsrechte, welche vereinbarungsgemäß beim Kläger verblieben. In Ansehung des im Auftrag des BMfUKuSp hergestellten Films übertrug der Kläger dem Auftraggeber die ausschließlichen, zeitlich und räumlich unbeschränkten Werknutzungsrechte der Vorführung (Aufführung) und Sendung, inhaltlich beschränkt auf die nicht kommerzielle Auswertung im Bereich der Schule, Jugend- und Erwachsenenbildung. Das Recht der darüber hinausgehenden Verbreitung sowie der Vervielfältigung verblieb beim Kläger.
Vom SHB-Medienzentrum werden im Rahmen seines Auftrages auch Schulfunksendungen aufgezeichnet. Die vom SHB-Medienzentrum angebotenen Filme werden auf Bestellung für den nichtkommerziellen Bildungsbereich wie Schulen und Bildungseinrichtungen abgegeben. Sie werden sowohl zu Preisen, die die Selbstkosten decken, verkauft, als auch verliehen. Nach den im Verkaufs- und Verleihkatalog - in dem auch die klagsgegenständlichen Filme angeboten werden - abgedruckten Bestellmodalitäten müssen die Bestellungen schriftlich erfolgen und mit dem Stempel einer Schule oder sonstigen Bildungsinstitution versehen sein. Die "SHB-Verleihbedingungen" statuieren ua: Der Medienverleih des SHB...umfaßt vor allem 16 mm-Filme, Videokassetten...und Tonbildschauen, die für Schule, Jugend- und Erwachsenenbildung für den nichtkommerziellen Einsatz zu nachstehenden Bedingungen entlehnt werden können:
1. Die Entlehnung ist für Bundesschulen kostenlos, alle übrigen Schulen und Institutionen haben die vorgeschriebene Leihgebühr zu entrichten, sofern keine vertragliche Sonderregelung getroffen wurde. ....
4. Anforderungen sind grundsätzlich schriftlich vorzunehmen und mit dem Stempel (Dienstsiegel) einer Schule oder Bildungsinstitution sowie mit der Unterschrift des Bestellers zu versehen. ....
7. Der Entlehner ist nicht berechtigt, von der SHB entliehene Medien an Dritte weiterzugeben. ...
Die Filme "Mikroelektronik im Alltag", "Mikroelektronik im Beruf" und "Kunststofftechnologie" wurden von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft dem Österr.Rundfunk (ORF) zur Sendung im Rahmen des Schulfernsehens zur Verfügung gestellt und vom ORF in diesem Rahmen gesendet. Die für den Verkauf und Verleih durch das SHB-Medienzentrum bestimmten Kopien dieser drei Filme stellte das SHB-Medienzentrum selbst durch Aufzeichnung der betreffenden ORF-Sendungen her. Das (damalige) BMfKUuSp vereinbarte mit dem ORF am 9.Dezember 1985:
1. Vertragsgegenstand. Der Vertragspartner (BMfKUuSp) stellt dem ORF...zur Herstellung von Schulfernsehsendungen im Jahr 1986 einen Betrag von...zur Verfügung. ... Der ORF sichert seinerseits dem Vertragspartner für das Schulfernsehen im Jahr 1986 uneingeschränkte Sendezeiten zu....
4. Vorführung in Schulen und sonstigen Bildunsinstitutionen.
4.1. Der ORF räumt dem Vertragspartner unentgeltlich die nichtkommerziellen Vorführrechte für die vertragsgegenständlichen Schulfernsehsendungen in Schulen und sonstigen Bildungsinstitutionen des Vertragspartners ein. Der allenfalls notwendige zusätzlich Erwerb von dafür notwendigen Werknutzungsbewilligungen der Urheber- und Leistungsschutzberechtigten vom jeweiligen Rechtsinhaber (zB Verwertungsgesellschaften) ist Sache des Vertragspartners bzw der jeweiligen Schulerhalter....
4.3. Der ORF wird dem Vertragspartner auf Wunsch von jeder Schulfernsehsendung ein 16 mm-Farbfilmnegativ bzw ein Video-Mutterband zur Herstellung von Kopien leihweise zur Verfügung stellen, von welchem der Vertragspartner auf eigene Kosten beliebig viele Kopien herstellen bzw herstellen lassen kann. Diese Kopien dürfen ausschließlich für die nichtkommerzielle Vorführung in Schulen und sonstigen Bildungsinstitutionen des Vertragspartners verwendet werden. ...
In Ansehung des Films "Computer - die zweite industrielle Revolution" ersuchte das (damalige) BMfKUuSp den Kläger am 20. Juni 1989 um Übertragung der Vervielfältigungsrechte gegen Zahlung eines Pauschales; da der Kläger einen höheren Preis forderte, kam es zu keiner Einigung. Das SHB-Medienzentrum ließ benötigte Kopien dieses Films in der Regel vom Kläger herstellen und verfertigte auch selbst Kopien für die Verwendung im eigenen Haus zur Ansicht für Interessenten. Drei dieser Kopien wurden jedoch entgegen ihrer Bestimmung verkauft: an eine Bildungsinstitution in Luxemburg, an die Lehrerinformationsstelle in Linz und im November 1989 an Ing.Wolfgang S*****, der angab, sein Sohn benötige den Film dringend für das Studium. Die Filme "Mikroelektronik im Alltag" und "Mikroelektronik im Beruf" wurden im November 1989 im Medienladen des SHB-Medienzentrums an Peter S***** verkauft, der hiebei im Namen seiner Tochter auftrat und erklärte, diese brauche die Filme für die Arbeit an ihrer Dissertation. Zwar werden beim SHB-Medienzentrum Interessenten in der Regel befragt, ob sie von einer Schule kommen und auf die Notwendigkeit einer schriftlichen Bestellung hingewiesen, jedoch kommt es vor, daß in dringenden Fällen auf eine derartige Bestellung verzichtet wird. Weder von Peter S***** noch von Ing.Wolfgang S***** wurde eine schriftliche Bestellung einer Schule oder sonstigen Bildungsinstitution verlangt.
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Unterlassung der Verbreitung und Vervielfältigung von Werken der Filmkunst (Laufbilder), die von ihm hergestellt wurden und an denen ihm Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte, insbesondere die Rechte des Filmherstellers nach §§ 38 und 74 UrhG zustehen; diese Unterlassungsverpflichtung erstrecke sich insbesondere auf die Filme mit den Titeln "Mikroelektronik im Alltag" und "Mikroelektronik im Beruf", "Kunststofftechnologie" sowie "Computer - die zweite industrielle Revolution" (auch unter dem Titel "Industrielle Revolution durch Datenverarbeitung"). Außerdem stellt der Kläger noch Begehren auf Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung, ein noch unbeziffertes Zahlungsbegehren auf angemessenes Entgelt und Schadenersatz (in eventu: als angemessenes Entgelt), auf Herausgabe aller im Eigentum des Klägers stehenden und zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke iS des Unterlassungsbegehrens zur Vernichtung (in eventu: nachweislich zu vernichten) sowie einen dem Unterlassungsbegehren entsprechenden Sicherungsantrag. Dazu trägt der Kläger im wesentlichen vor, die beklagte Partei vervielfältige im SHB-Medienzentrum ohne seine Zustimmung von ihm stammende Filme. Überdies erfolge der Verkauf und Verleih von Filmkopien nicht immer nur eingeschränkt auf die nicht kommerziellen Bereiche der Schule sowie der Jugend- und Erwachsenenbildung; in Ansehung sämtlicher über den genannten Zweck hinausgehender Verbreitungshandlungen bedürfe die beklagte Partei seiner Genehmigung. Mag.Barbara S***** und Ing.Wolfgang S***** hätten vom Kläger hergestellte Filme im SHB-Medienzentrum erworben. Dadurch habe die beklagte Partei in die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte des Klägers nach §§ 15 und 16 UrhG eingegriffen.
Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung der Klage und des Sicherungsantrages wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges. Alle Organverhaltensweisen, die mit der Erteilung des Unterrichts an Schulen, auf die das SchUG zur Anwendung komme, zusammenhängen, seien der Hoheitsverwaltung zuzurechnen. Die mit der Klage inkriminierten Tätigkeiten der beklagten Partei seien zur Erreichung hoheitlicher Zielsetzungen erfolgt, und wiesen einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben auf. Auch die in der Herstellung von Videokassetten gelegene Vervielfältigung stelle einen Akt der Hoheitsverwaltung dar, weil die Vervielfältigung lediglich zum Zwecke der Verbreitung erfolge, um die hoheitlichen Aufgaben des BMfKUuSp zu erfüllen. Das Unterlassungsbegehren sei unzulässig, weil der beklagten Partei die Ausführung von Hoheitsakten untersagt werden solle. In Ansehung der im Auftrag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft vom Kläger hergestellten Filme sei das Klagsvorbringen unschlüssig. Diese Filme seien vom ORF, der über die entsprechenden Rechte verfügt haben müsse, im Rahmen des Schulfernsehens ausgestrahlt worden. Das SHB-Medienzentrum habe die in Rede stehenden Filme auf Grund des mit dem ORF abgeschlossenen Vertrages vervielfältigt und verbreitet. Dem Klagsvorbringen könne nicht entnommen werden, daß der ORF nicht berechtigt gewesen wäre, mit der beklagten Partei diesen Vertrag abzuschließen. In Ansehung des im Auftrag des (damaligen) BMfKUuSp hergestellten Films stünden der beklagten Partei das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht nicht zu; solche Rechte habe die beklagte Partei aber auch nicht in Anspruch genommen, sondern lediglich drei Belegkopien für den eigenen Gebrauch - zur Verwendung als Werbemittel für den Film - hergestellt. Diese Kassetten seien nicht verkauft worden. Das Überlassen von Filmen an Mag.Barbara S***** und Ing.Wolfgang S***** sei keine in Rechte des Klägers eingreifende Verbreitungshandlung gewesen, weil beide Kunden im Auftrag des Klägers tätig geworden seien und unter Vorgabe einer unrichtigen Behauptung dem berechtigten Personenkreis angehörten. Diese Handlungen der vom Kläger Beauftragten sei dem Kläger zuzurechnen. Es stelle keine Urheberrechtsverletzung dar, wenn der Inhaber des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechtes ein Vervielfältigungsstück fordere und auch erhalte. Das Unterlassungsbegehren sei auch zu weit gefaßt, weil der Kläger nach der Klagserzählung nur jene Handlungen inkriminiere, die über den nichtkommerziellen Bereich der Schule sowie der Jugend- und Erwachsenenbildung hinausgehen.
Das Erstgericht wies die Klage und den Sicherungsantrag wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Bei der dem SHB-Medienzentrum obliegenden Tätigkeit, insbesondere der Vervielfältigung und Verbreitung für den Unterricht an Schulen und anderen Bildungsinstitutionen bestimmter Filme handle es sich um Akte der Hoheitsverwaltung, weil diese Tätigkeiten ausschließlich dazu dienten, hoheitliche Aufgaben des BMfKUuSp zu erfüllen. Werde jemand durch rechtswidrige Hoheitsakte geschädigt, könne er lediglich Ansprüche nach dem AHG geltend machen.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß in Ansehung der Zurückweisung der Klage ersatzlos auf, trug dem Erstgericht die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf und änderte in Ansehung der Zurückweisung des Sicherungsantrages den erstgerichtlichen Beschluß durch Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung ab. Es sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand jeweils 50.000 S übersteige, und ließ den Revisionsrekurs zu.
Die zweite Instanz übernahm die erstgerichtlichen Bescheinigungsergebnisse als unangefochten und nahm noch weiter als bescheinigt an, daß der Kläger außer den im Verfahren unstrittigen Werknutzungsbewilligungen niemandem sonst und zwar weder den Auftraggebern noch sonstigen Dritten Rechte an dem von ihm hergestellten Film eingeräumt habe. In rechtlicher Hinsicht erachtete das Rekursgericht die Klage und den Sicherungsantrag als schlüssig, weil der beklagten Partei nur die Vervielfältigung und/oder Verbreitung solcher Filmwerke untersagt werden solle, an denen dem Kläger Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte zustehen. Die Verbreitung der Filme für den nichtkommerziellen Bereich der Schule sowie Jugend- und Erwachsenenbildung wolle der Kläger nicht untersagt haben. Zwar handle der Lehrer, der im Rahmen seiner Tätigkeit geschützte Werke verbreite, hoheitlich, jedoch mangle es bei der Vervielfältigung als einem Realakt an einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Lehrtätigkeit. Der Realakt der Vervielfältigung werde erst durch das Unterlassen des Abschlusses eines entsprechenden Werknutzungsvertrages zu einem solchen; der Realakt selbst könne aber nicht anders beurteilt werden als das korrespondierende rechtmäßige Handeln. Der Abschluß eines Vertrages zwischen den Streitteilen über die Übertragung der Vervielfältigungsrechte wäre aber zweifellos der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen. Die Verbreitung der Filme sei nicht durch Weitergabe an Schulen, sondern an Privatpersonen und daher nicht hoheitlich erfolgt. Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft habe keine Vervielfältigungsrechte an den ORF übertragen können, weil ihr selbst solche nicht eingeräumt worden seien. Daß der ORF der beklagten Partei die beliebige Herstellung von Kopien bewilligt habe, berechtigte diese gegenüber dem Kläger nicht zur Vervielfältigung seiner Werke. Dieser Tatsache habe auch der ORF dadurch Rechnung getragen, daß er in Punkt 4.1. des Vertrages auf den allenfalls notwendigen zusätzlichen Erwerb von Werknutzungsbewilligung verwiesen habe; die beklagte Partei sei daher zur Vervielfältigung dieser drei Filme nicht berechtigt. In Ansehung des im Auftrag des (damaligen) BMfUKuSP hergestellten Films bestreite dies die beklagte Partei gar nicht. Ebenso sei unbestritten, daß die Verbreitung nur im Rahmen der nichtkommerziellen Auswertung im Bereich der Schule, Jugend- und Erwachsenenbildung zulässig sei. Der Einsatz von Testkäufern sei nicht generell unzulässig; daß die gekaufte Ware letztlich dem Kläger und somit dem Hersteller zugekommen sei, könne die beklagte Partei nicht entlasten.
Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
a) Zur Zurückweisung des Klagebegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges:
Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges sind in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) maßgebend. Entscheidend ist die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruches, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Es kommt nur darauf an, ob ein privatrechtlicher Anspruch iS des § 1 JN nach dem Inhalt der Klage geltend gemacht wird, über den die Zivilgerichte im streitigen Verfahren zu entscheiden haben (MuR 1991, 66 mit Anm von M.Walter; JBl 1988, 594; SZ 58/156 ua; Fasching I 62 f und Lehrbuch2, Rz 101). Dies ist hier der Fall. Nach dem maßgeblichen Inhalt der Klage erhebt der Kläger einen auf das Urheberrecht gestützten privatrechtlichen Anspruch wegen behaupteter unzulässiger Vervielfältigung und Verbreitung geschützter Werke der Filmkunst. Er hat seinen Anspruch weder auf das AHG gestützt, noch die Klage als Amtshaftungsklage bezeichnet und schließlch in keiner Weise zu erkennen gegeben, daß er seinen Anspruch im Amtshaftungsverfahren geprüft wissen will, somit inhaltlich keinen Amtshaftungsanspruch erhoben. Selbst wenn Organe der beklagten Partei in Vollziehung der Gesetze (§ 1 AHG) gehandelt haben, würde es dem nicht auf das AHG gegründeten Klagebegehren diesbezüglich an einer sachlichen Berechtigung fehlen, was zur Klagsabweisung führen müßte (MuR 1991, 66 mwN; ecolex 1990, 607 mit Anm von Kletecka; RZ 1981/50 ua; Schragel AHG2, Rz 254). Schon deshalb ist die ersatzlose Behebung des erstgerichtlichen Beschlusses, mit dem die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen wurde, durch die zweite Instanz nicht zu beanstanden.
b) Zur Zurückweisung des Sicherungsbegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges:
Hier ist auf den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges sachlich einzugehen, weil die zweite Instanz eine Sachentscheidung durch Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung getroffen hat. Das Sicherungs-Unterlassungsbegehren des Klägers gegenüber der beklagten Partei ist darauf gerichtet, vom Kläger hergestellte Werke der Filmkunst (Laufbilder), an denen ihm Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte, insbesondere die Rechte des Filmherstellers nach §§ 38 und 74 UrhG zustehen, zu vervielfältigen und zu verbreiten, insbesondere in Ansehung von vier im einzelnen bezeichneten Filmen. Filmhersteller der vier klagsgegenständlichen Filme ist unbestritten der Kläger. Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hat das SHB-Medienzentrum als eine Dienststelle des (damaligen) BMfKUuSp
a) im Auftrag der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und des (damaligen) BMfKUuSp hergestellte Filme ungeachtet der Tatsache, daß das Vervielfältigungsrecht beim Kläger verblieben war, diese vervielfältigt und damit in das Recht des Klägers auf ausschießliche Vervielfältigung (§ 74 Abs 7, § 15 Abs 1 UrhG) eingetriffen und b) durch Verkauf eines im Auftrag des (damaligen) BMfKUuSp hergestellten Films an private Interessenten insoweit in das Recht des Klägers auf ausschließliche Verbreitung (§ 16 UrhG) eingegriffen. Vom Rechtsmittel wird nur mehr die von der zweiten Instanz vorgenommene Zuordnung dieser Handlungen zur Privatwirtschaftsverwaltung bekämpft.
Die Amtshaftung ist nicht auf jene Bereiche beschränkt, in denen ein Organ in der besonderen Handlungsform des öffentlichen Rechts tätig wird. Amtshaftungsrecht ist vielmehr auch dort anzuwenden, wo die Verwaltungstätigkeit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, in einen Tätigkeitsbereich fällt, der an sich mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet ist (SZ 60/156, SZ 57/195, SZ 55/173 ua). Die Erteilung des Unterrichtes an öffentlichen Schulen gilt als hoheitliche Tätigkeit; Lehrer sind bei Vollziehung des SchUG daher Organe iS des § 1 Abs 2 AHG (SZ 60/236; SZ 57/17 = JBl 1985, 111; SZ 51/2 = EvBl 1978/101; 1 Ob 14/90 ua; Schragel aaO, Rz 336 mwN; Vrba-Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 127); auch Organverhaltensweisen, die mit der Erteilung des Unterrichts an Schulen, auf die das SchUG zur Anwendung kommt (§ 1 SchUG) zusammenhängen, sind der Hoheitsverwaltung zuzurechnen. Ganz allgemein gehört dagegen zur Privatwirtschaftsverwaltung die bloße Schaffung der materiellen Voraussetzungen, die Amtsorganen die Besorgung ihrer Amtsgeschäfte ermöglichen wie Amts- und Kanzleierfordernisse etc (Schragel aaO, Rz 113 mwN). Auch die Verpflichtung des Schulerhalters zur Beistellung und Erhaltung von Sacherfordernissen ist grundsätzlich mit den Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung zu erfüllen (SZ 61/62 = JBl 1988, 521; SZ 51/2; JBl 1965, 157; EvBl 1965/256; Schragel aaO, Rz 336). Zu diesen Sacherfordernissen gehören auch die geeigneten Unterrichtsmitteln iS des § 14 f SchUG (SZ 61/62). Der Erwerb der audio-visuellen Unterrichtsmittel einschließlich der erforderlichen Werknutzungsrechte oder -bewilligungen durch das BMfUKuSp erfolgt durch Rechtsgeschäft, somit mit den gleichen Mitteln, die die Rechtsordnung jedermann, also auch Privaten, zur Verfügung stellt (SZ 60/156, SZ 57/195, SZ 55/173 ua), somit nicht durch Hoheitsakt. Im Bereich des Schulwesens sind grundsätzlich Schäden, die im Zusammenhang mit der Sachmittelverwaltung auftreten, nicht nach dem AHG zu ersetzen, doch gilt dies nicht, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem konkret gesetzten Hoheitsakt erfolgten (Schragel aaO, Rz 113). Davon kann auf dem Boden der Bescheinigungsergebnisse weder in Ansehung der Vervielfältigung von Filmen noch bei der Art der hier inkriminierten Verbreitung derselben die Rede sein. In Ansehung der Vervielfältigung von Filmen durch Realakt fehlt schon der erforderliche hinreichend enge, innere und äußere, also unmittelbare Zusammenhang mit einer Unterrichtstätigkeit an einer dem SchUG unterworfenen Schule, weil drei, vom SHB-Medienzentrum im eigenen Haus angefertigte Filmkopien an eine Bildungsinstitution in Luxemburg, die Lehrerinformationsstelle in Linz und an eine Privatperson verkauft wurden. In Ansehung der Verbreitung der Filme bedient sich das SHB-Medienzentrum des (damaligen) BMfUKuSp jedenfalls auch der privatrechtlichen Vereinbarung (Verkauf, Leihe), somit zur Erreichung seiner Ziele der gleichen Mittel, die die Rechtsordnung jedermann, also auch Privaten, zur Verfügung stellt (SZ 60/156, SZ 57/195; SZ 55/173 ua). Die Filme werden auch Schulen, die nicht dem SchUG unterliegen, und Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt. Die Förderung der Erwachsenenbildung fällt jedenfalls in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung (Walter-Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2 125; EB zur RV des Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln 607 BlgNR XIII.GP, 5). Gegenstand des Verfahrens ist weder die Verbreitung von Filmwerken durch Lehrer im Unterricht noch die Weitergabe an dem SchUG unterliegenden Schulen zur Vorbereitung des Unterrichts, somit einen die Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten vorbereitende oder sonst hoheitlichen Zielsetzungen dienende und damit in einem hinreichend engen Zusammenhang stehende Handlung (ecolex 1990, 607; SZ 60/156, SZ 59/112; 1 Ob 11/91 ua), sondern die Weitergabe durch eine selbst keinen Unterricht erteiltende Bundesdienststelle an interessierte Privatpersonen, die nur erklärten, sie benötigten die Filme für ihre studierenden Kinder. Diese Weitergabe von Filmen mittels Rechtsgeschäft an Privatpersonen, unter Nichteinhaltung der von der beklagten Partei selbst aufgestellten Bedingungen (schriftliche Anforderung mit dem Stempel einer Schule oder Bildungsinstitution) ist nicht hoheitlicher Natur. In diesem Umfang wird daher der beklagte Partei durch die bekämpfte einstweilige Verfügung kein hoheitliches Handeln untersagt (vgl JBl 1988, 594). Der Kläger begehrt inhaltlich aber neben der Unterlassung der Vervielfältigung nur die Unterlassung der Verbreitung von Filmkopien durch die beklagte Partei, als diese nicht für die nichtkommerziellen Bereiche der Schule sowie der Jugend- und Erwachsenenbildung erfolgt; im Wege einer Maßgabebestätigung war dem durch eine entsprechende Einschränkung beim Verbreitungs-Unterlassungsbegehren Rechnung zu tragen. Demgemäß ist spruchgemäß zu entscheiden.
Nach §§ 78, 402 EO iVm §§ 40, 50 ZPO hat der Kläger die auf das Provisorialverfahren entfallenden anteiligen Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen. Für das Hauptverfahren beruht der Kostenvorbehalt auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E27316European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00034.9.0918.000Dokumentnummer
JJT_19910918_OGH0002_0010OB00034_9000000_000