Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Schinko als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Volksbank M*****, registrierte Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Sieglinde Lindmayr, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagte Partei Dr.Helmut F*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Anschlußkonkurs der Johann G*****, Gesellschaft mbH, ***** wegen Feststellung (S 150.000) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 28.November 1990, GZ 2 R 225/90-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 20.August 1990, GZ 2 h Cg 72/89-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.471,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.245,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der beklagte Masseverwalter im Konkurs der Johann G***** GmbH behauptet, daß die den Gegenstand dieses Rechtsstreites bildenden Einrichtungsgegenstände, eine Kaffeehauseinrichtung, im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehen.
Die klagende Volksbank begehrte jedoch die Feststellung, daß Johann G***** persönlich Eigentümer der Gegenstände sei. Außerdem stellte sie die Eventualbegehren, wonach festgestellt werde, daß die Gegenstände nicht im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihr die Gegenstände herauszugeben oder daß er schuldig sei, ihr S 150.000 sA zu bezahlen.
Der Beklagte wendete insbesondere ein, daß der klagenden Partei das rechtliche Interesse an den begehrten Feststellungen mangle. Außerdem sei keine wirksame Sicherungsübereignung der Gegenstände erfolgt.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt, stellte also fest, daß Johann G***** persönlich das Eigentum an den bezeichneten Gegenständen zustehe. Es traf - zusammengefaßt
dargestellt - folgende Feststellungen:
Zwischen Emil D***** und Johann G***** wurde am 20.8.1986 eine schriftliche Kaufvereinbarung über die im Lokal vorhandenen Gegenstände abgeschlossen. Diese wurden am selben Tag an Johann G***** übergeben.
Obwohl zwischen der Johann G***** Gesellschaft mbH und Emil D***** keine vertragliche Beziehung bestand, wurde dieser zu steuerlichen Zwecken ersucht, eine zweite Rechnung bezüglich der Gegenstände auf die Gesellschaft mbH auszustellen.
Am 11.9.1986 schlossen Johann G***** als Sicherungsgeber und die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei als Sicherungsnehmerin und Kreditgeberin einen schriftlichen Sicherungsübereignungsvertrag ab, wonach die Gegenstände dieser ins Sicherungseigentum zur Sicherstellung aller Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aus dem Johann G***** gewährten Kredit bis zum Höchstbetrag von S 500.000 übertragen wurden. Im Punkt 4. des Vertrages wurde festgehalten, daß es dem Sicherungsgeber nicht gestattet sei, das Sicherungsgut oder Teile desselben ohne Zustimmung des Kreditgebers zu veräußern, zu verpfänden oder sonst einem Dritten zu überlassen; er dürfe keine Verfügungen treffen, durch welche das Sicherungseigentum verletzt oder damit übernommenen Verpflichtungen zuwidergehandelt werde. Entsprechend dem Punkt 5. des Vertrages erfolgte die Übergabe des Sicherungsgutes durch Anbringung von Schildern mit der Aufschrift "Sicherungseigentum der Volksbank M*****". Gleichzeitig mit der Unterfertigung des Sicherungsübereignungsvertrages wurde ein Inventarverzeichnis angefertigt, welches einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bildete und in welchem die in der Klage angeführten Gegenstände vollzählig aufscheinen. Diese Inventarliste wurde von Johann G***** persönlich und einem Vertreter der klagenden Partei unterfertigt.
Am 12.9.1986 wurde im Beisein des Vertreters der klagenden Partei und Johann G***** ein Protokoll "zur Begründung des Sicherungseigentums" verfertigt. Es wurde das Vorhandensein der in der Inventarliste zum Sicherungsübereignungsvertrag aufscheinenden Gegenstände überprüft und festgestellt. Auf den Gegenständen wurden 10 cm lange und 3 cm hohe Plaketten mit der Aufschrift "Sicherungseigentum der Volksbank" angebracht. Der Vertreter des Sicherungsnehmers und Johann G***** unterfertigten ein bereits vorgefertigtes Protokoll. Das Sicherungsgut verblieb in der freien Verfügung des Sicherungsgebers.
Am 10.8.1988 wurde über die Johann G***** Gesellschaft mbH das Ausgleichsverfahren, am 12.1.1989 der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Masseverwalter bestritt den von der klagenden Partei geltend gemachten Aussonderungsanspruch. Am 15.3.1990 verkaufte er das Unternehmen samt Geschäftseinrichtung an die H***** GmbH. Der Verkäufer verpflichtete sich dabei, die Käufer schad- und klaglos zu halten, wenn dritte Personen auf das verkaufte Inventar, aus welchem Rechtsgrund auch immer, Ansprüche erheben würden.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß durch die strittige Eigentumsfrage die Rechtssphäre der klagenden Partei unmittelbar - ihr Feststellungsinteresse im Sinn des § 228 ZPO rechtfertigend - berührt werde. Ihr Recht, das im Zusammenhang mit der Kreditgewährung erworben Pfandrecht durchzusetzen, werde vom Beklagten gefährdet. Er habe nicht nur Eigentum der Gemeinschuldnerin behauptet, sondern durch den Kaufvertrag mit der Firma H***** GmbH auch Verfügungen über die Gegenstände getroffen, obwohl diese eindeutig von Johann G***** und nicht von der Gemeinschuldnerin gekauft worden seien. Die zweite Rechnung sei nur zu steuerlichen Zwecken ausgestellt und verwendet worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es treffe zwar zu, daß die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei durch die bloße Bezettelung der für eine körperliche Übergabe durchaus geeigneten Einrichtungsgegenstände dem Prinzip der Publizität der Sicherungsübereignung nicht voll entsprochen habe. Deshalb hätte die klagende Partei vom Beklagten die Herausgabe der Gegenstände bzw des Erlöses für dieselben auch tatsächlich nicht begehren können. Dessenungeachtet habe sie jedoch ein rechtliches Interesse daran, daß das Eigentumsrecht ihres Vertragspartners Johann G***** an den vom Sicherungsübereignungsvertrag betroffenen Gegenständen festgestellt werde; schließe doch eine derartige Feststellung damit das Eigentum der Gemeinschuldnerin aus. Die Behauptung des Beklagten, Johann G***** habe die Kaffeehauseinrichtung nicht im eigenen Namen, sondern in Vertretung der Gemeinschuldnerin (für diese) gekauft und letztere habe dadurch selbst Eigentum daran erworben, sei durch die Verfahrensergebnisse eindeutig widerlegt worden. Die nach Streitanhängigkeit erfolgte Veräußerung der Gegenstände habe gemäß § 234 ZPO auf den Ausgang des Rechtsstreites keinen Einfluß. Ihretwegen habe das Feststellungsbegehren jedoch "eine besondere Facette erlangt", weshalb die Revision zuzulassen sei.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel des Beklagten releviert lediglich die Frage des Feststellungsinteresses der klagenden Partei. Das Berufungsgericht hat dieses mit Recht bejaht. Durch Feststellungsklage kann nicht nur ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien selbst, sondern auch ein solches zwischen einer Partei und einem Dritten oder nur zwischen Dritten festgestellt werden, wenn das Rechtsverhältnis die Rechtssphäre der klagenden Partei unmittelbar berührt, also auf diese rechtliche Wirkungen äußert (SZ 36/46; JBl 1970, 34; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1092). Dies ist im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft, weil mit der begehrten Feststellung dem Beklagten die Legitimation genommen wird, über die strittigen Gegenstände entgegen deren tatsächlicher Eigentumszugehörigkeit zum Nachteil der klagenden Partei zu verfügen. Davon abgesehen blieb die Verpflichtung Johann G*****s als Vertragspartner des Sicherungsübereignungsvertrages ungeachtet der vom Berufungsgericht angenommenen Unwirksamkeit des Vertrages gegenüber Dritten (siehe hiezu Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 427; SZ 57/100; 7 Ob 621/88) der klagenden Partei gegenüber nach wie vor voll aufrecht, sodaß ihr auch aus diesem Gesichtspunkt heraus das rechtliche Interesse an der Feststellung des vom Beklagten bestrittenen Rechtsverhältnisses nicht abgesprochen werden kann.
Gemäß § 234 ZPO hat die Veräußerung der im Streit verfangenen Sachen auf den vorliegenden Prozeß keinen Einfluß. § 234 ZPO ist nach Lehre und Rechtsprechung eine Schutzvorschrift, die verhindern soll, daß sich eine Partei durch Veräußerung des Streitgegenstandes ihrer Sachlegitimation entledigt und dadurch einen Anspruch des Gegners zum Scheitern bringt (JBl 1988, 787; RZ 1977/164; SZ 46/27; 1 Ob 754/82; Fasching aaO Rz 1199). Der Schutz des § 234 ZPO besteht auch bei Feststellungsprozessen (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1197). Der Anspruch der klagenden Partei erwies sich durch die im Verfahren der Vorinstanzen getroffenen Feststellungen als berechtigt; die Behauptung des Beklagten, die Gemeinschuldnerin habe die Gegenstände gekauft, wurde klar widerlegt. Daß der Beklagte in der Zwischenzeit die Gegenstände "als jene der Gemeinschuldnerin" veräußerte, konnte dem berechtigten Feststellungsbegehren der klagenden Partei keinen Abbruch tun.
All dies hat das Berufungsgericht richtig erkannt. Die gegenteiligen, nur § 228 ZPO relevierenden Ausführungen der Revision sind nicht stichhältig. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E27357European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00549.91.0918.000Dokumentnummer
JJT_19910918_OGH0002_0020OB00549_9100000_000