Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Gemeinde K*****, vertreten durch Dr. Herwig Grosch, Dr. Günter Harasser und Dr. Simon Brüggl, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1.) Johann M*****, und 2.) Helmtrud O*****, beide vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 7.6.1991, GZ 1 R 108/91-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. Februar 1991, GZ 12 Cg 71/91-2, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei die mit S 20.976,12 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 3.496,02 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Begründung:
Mit dem Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, "alle Maßnahmen zu unterlassen, die eine Beeinträchtigung der Wasserbenützungsrechte der Klägerin hinsichtlich der Quellen 3, 6 und 7 im Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 7.10.1971 herbeiführen", verband die klagende Partei den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, "zur Sicherung des Unterlassungsanspruches der klagenden und gefährdeten Partei wider die Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei wird den Beklagten und Gegnern der gefährdeten Partei bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Rechtsstreites aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, Felsabtragungen mittels Sprengungen" auf näher bezeichneten Grundstücken in der KG Kirchdorf durchzuführen.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung, ohne die Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge kurz Beklagte) vorher zu hören.
Rechtliche Beurteilung
Das Gericht zweiter Instanz wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte - soweit die Wiedergabe seiner Ausführungen für die Erledigung des Revisionsrekurses erforderlich ist - aus, eine einstweilige Verfügung könne stets nur zur Sicherung des konkret geltend gemachten Klagsanspruchs angeordnet werden. Das Klagebegehren müsse derart bestimmt sein, daß das Urteil einen hinreichend bestimmten Exekutionstitel und damit eine zuverlässige Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung der zuerkannten Leistung (Duldung oder Unterlassung) bilde. Bei Leistungsklagen müsse das Urteil zweifelsfrei und nach objektiven, allgemein feststellbaren Merkmalen erkennen lassen, was bzw. wieviel geleistet oder unterlassen werden solle. In der vorliegenden Fassung entspreche das Klagebegehren diesen Anforderungen deshalb nicht, weil dort allgemein "Maßnahmen", die eine Beeinträchtigung der Wasserbenützungsrechte der klagenden Partei hebeiführen, zum Anspruchsgegenstand gemacht würden. Was das sein solle, werde nicht zum Ausdruck gebracht, obwohl das zu unterlassende Verhalten nach dem Klagsvorbringen durchaus beschrieben hätte werden können. Ob eine Handlung zu unterlassen sei, müsse mit Bestimmtheit aus dem Exekutionstitel hervorgehen, selbst wenn bei Exekutionstiteln, mit welchen jemand verhalten wird, Eingriffe zu unterlassen, die Art der untersagten Handlung nicht abschließend bezeichnet sein müsse. Der Titel sei genügend bestimmt, wenn bloß die Art der verbotenen Eingriffe angegeben sei. Trotz dieser Einschränkungen im Erfordernis der Bestimmtheit sei das Unterlassungsbegehren nicht ausreichend konkretisiert. Sei das Unterlassungsbegehren zur Durchsetzung des Klagsanspruches somit nicht geeignet, könne es auch nicht zur Sicherung eines solchen Anspruches herangezogen werden, weil das Sicherungsverfahren der Sicherung der künftigen Exekution zu dienen habe. Auch der denkbare Einwand, der Sicherungsantrag beinhalte eine Konkretisierung der zu unterlassenden Maßnahmen, es werde deshalb im Verhältnis zum Hauptverfahren ein Minus begehrt, sei nicht geeignet, die grundsätzlichen Ausführungen zum Verhältnis zwischen Urteils- und Sicherungsantrag zu entkräften.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei (im folgenden kurz klagende Partei) ist nicht berechtigt.
Das Gericht zweiter Instanz hat zutreffend erkannt, daß das Klagebegehren der gebotenen Bestimmtheit entbehrt. Wird lediglich die Verurteilung der Beklagten begehrt, alle Maßnahmen, die die Beeinträchtigung näher bezeichneter Wasserbenützungsrechte der klagenden Partei herbeiführen, zu unterlassen, so kann einem solchen Verlangen nicht entnommen werden, welcherart die Maßnahmen sind, durch die die Beklagten die Wasserbenützungsrechte der klagenden Partei beeinträchtigen und die sie deshalb zu unterlassen hätten. Wenn auch die Fassung des Unterlassungsbegehrens nicht allzu engherzig beurteilt werden darf, weil der Beklagte sonst durch ein ähnliches, nur nicht dem Titelwortlaut gleiches Zuwiderhandeln das Unterlassungsgebot leicht umgehen könnte (vgl. ÖBl.1989, 167 uva; Jelinek, Zwangsvollstreckung 63 ff), so muß ein solches Begehren doch die Verhaltensweisen des Beklagten bestimmt und genau bezeichnen, deren Unterlassung ihm aufgetragen werden soll (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1071). Würde dem Unterlassungsbegehren der klagenden Partei stattgegeben werden, müßte nach Bewilligung der Exekution eines solchen Urteils stets erst in einem Impugnationsstreit geprüft werden, ob das zum Anlaß der Exekutionsführung genommene Verhalten der Beklagten überhaupt eine die Wasserbenützungsrechte der klagenden Partei beeinträchtigende Maßnahme ist (vgl. etwa ÖBl.1989, 167). Schon deshalb dürfte ein diesem Begehren stattgebendes Urteil gar nicht Grundlage einer Exekutionsführung sein. Dies bestreitet die klagende Partei letztlich auch nicht.
Schon deshalb hat das Gericht zweiter Instanz zu Recht den Sicherungsantrag abgewiesen, auch wenn dieser für sich dem Gebot der Bestimmtheit gerecht wird. Eine einstweilige Verfügung kann nur zur Sicherung des konkret geltend gemachten (Haupt-)Anspruchs angeordnet werden (SZ 58/81; SZ 47/109 ua; Heller-Berger-Stix 2696); sie hat sich demnach stets in dessen Rahmen zu halten (JBl.1987, 728 ua). Ihr Zweck ist die Sicherung der künftigen Exekution gegen die auf deren Erschwerung oder gar Vereitelung gerichteten Handlungen des Schuldners (SZ 27/329 uva; Walker, Österreichisches Exekutionsrecht4 369; Heller-Berger-Stix 2692). Ist daher der klageweise geltend gemachte Anspruch, dessen Durchsetzung durch die einstweilige Verfügung gesichert werden soll, nach Grund und Inhalt nicht genügend präzise bezeichnet, ist der Sicherungsantrag abzuweisen (Heller-Berger-Stix 2829). Kann somit - wie im vorliegenden Fall - der mit der Klage geltend gemachte Anspruch mangels bestimmter Bezeichnung nicht die Grundlage eines Urteils und damit eines Exekutionstitels werden, kann auch zu seiner Sicherung keine einstweilige Verfügung erlassen werden, weil diese ihren Zweck - die Sicherung der später zu führenden Exekution - verfehlen müßte. Aufgrund eines im Sinne des § 226 ZPO unbestimmten Unterlassungsbegehrens kann daher eine einstweilige Verfügung nicht erwirkt werden (so auch schon 7 Ob 633/80).
Soweit die klagende Partei geltend macht, das Rekursgericht hätte seiner Meinung zufolge, daß das Hauptbegehren unbestimmt sei, ein Verbesserungsverfahren einleiten müssen, genügt es darauf hinzuweisen, daß ein solches das Klagebegehren betreffende Verbesserungsverfahren nicht im Zuge des Rechtsmittelverfahrens über den Sicherungsantrag eingeleitet werden kann.
Da dem Revisionsrekurs schon aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen ist, muß auf die weiteren Ausführungen im Rechtsmittel nicht eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78 und 402 Abs.1 EO sowie den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E27329European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00027.91.0918.000Dokumentnummer
JJT_19910918_OGH0002_0010OB00027_9100000_000