TE OGH 1991/9/18 2Ob526/91 (2Ob1513/91)

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als Richter in der Verlassenschaftssache des am 19. November 1989 verstorbenen Adolf Heinrich P*****, infolge Revisionsrekurses der Hildegard M*****, vertreten durch Dr. Klaus Dieter Strobach und Dr. Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 7. Dezember 1990, GZ R 776, 777/90-56, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 18. Juni 1990, GZ A 253/89-39, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem ordentlichen Revisionsrekurs der Hildegard M***** wird nicht Folge gegeben.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Susanna O***** wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Adolf Heinrich P***** verstarb am 19.11.1989. Er hinterließ weder eine Ehegattin noch einen Nachkommen; seine nächsten lebenden Blutsverwandten sind seine Schwester Hildegard M***** und sein Neffe Peter K*****. Im Verlassenschaftsverfahren nach dem Verstorbenen wurden folgende letztwillige Verfügungen kundgemacht:

Eine notariell errichtete Vermächtnisanordnung vom 1.10.1985, in der der Erblasser die Liegenschaft EZ 443 KG G***** der Römisch-Katholischen Pfarrkiche G***** hinterließ;

ein notariell errichtetes Testament vom 4.12.1985, in welchem Susanna O***** als Alleinerbin eingesetzt und die Vermächtnisanordnungen zugunsten der Römisch-Katholischen Pfarrkirche vom 1.10.1985 und zugunsten der Monika H***** vom 23.7.1985 ausdrücklich aufrecht erhalten und schließlich Hildegard M***** letztwillig ein Gebrauchsrecht an den ihr noch nicht zur Benützung zustehenden Teilen der Liegenschaft EZ 135 KG G***** eingeräumt wurde;

eine von einem Rechtsanwalt verfaßte Vermächtnisanordnung vom 22.12.1987, in der neuerlich die Liegenschaft EZ 443 KG G***** der Römisch-Katholischen Pfarrkirche sowie die Liegenschaft EZ 135 KG G***** Susanna O***** hinterlassen wurde und das einen ausdrücklichen Widerruf des früher zugunsten von Susanna O***** errichteten Testamentes und aller etwa sonst vom Erblasser errichteten letztwilligen Anordnungen enthält. Die Susanna O***** hinterlassene Liegenschaft EZ 135 KG G***** war mit einem unentgeltlichen und ausschließlichen Wohnungsrecht zugunsten von Hildegard M***** belastet;

ein vom Erblasser mit Schreibmaschine geschriebenes, eigenhändig unterschriebenes und von drei Zeugen mitunterfertigten Testament vom 5.9.1988/5.12.1988, in welchem Hildegard M***** als Alleinerbin eingesetzt, die Vermächtnisanordnungen zugunsten von Monika H***** und der Römisch-Katholischen Pfarrkirche G***** ausdrücklich aufrecht erhalten werden und das am 4.12.1985 errichtete Testament nochmals ausdrücklich widerrufen wurde.

Die Vermächtnisanordnung zugunsten von Monika H***** wurde durch Übergabe der Liegenschaft EZ 308 KG M***** bereits zu Lebzeiten des Erblassers erfüllt; die Vermächtnisnehmerin Monika H***** stellt keine Ansprüche an den Nachlaß.

Nach der Aktenlage gab nur Hildegard M***** auf Grund des Testamentes vom 5.9./15.12.1988 eine (unbedingte) Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab, wobei sie erklärte, das zugunsten der Römisch-Katholischen Pfarrkirche G***** ausgesetzte Vermächtnis als gültig anzuerkennen, das zugunsten der Susanna O***** ausgesetzte Vermächtnis jedoch zu bestreiten. Susanna O***** erklärte in der Verlassenschaftsabhandlung am 26.2.1990, das ihr in der Vermächtnisanordnung vom 22.12.1987 ausgesetzte Vermächtnis anzunehmen, jedoch keine Erbserklärung abzugeben, und brachte Bedenken gegen das formgültige Zustandekommen des Testamentes vom 5.9./15.12.1988 und gegen die Testierfähigkeit des Erblassers, für den am 1.8.1989 ein Sachwalter für Vermögensangelegenheiten, Vertragsabschlüsse und Umgang mit Ämtern und Behörden bestellt worden war, vor.

Das Erstgericht nahm - soweit dies hier relevant ist - a) den Erbteils- und Vermächtnisausweis zur Kenntnis, sah den letzten Willen des Erblassers als erfüllt an, erklärte die Verlassenschaft für beendet und antwortete den Nachlaß des Verstorbenen der Erbin Hildegard M***** ein; b) den Antrag von Susanna O***** auf Ausstellung einer Amtsbestätigung zur Eintragung in das Grundbuch gemäß § 178 AußStrG hinsichtlich der Liegenschaft EZ 135 KG G***** wies es ab.

Das Rekursgericht hob den Beschluß, wie er oben unter lit. a) dargestellt wurde, auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und die neuerliche Entscheidung unter Berücksichtigung der Erbserklärung der Susanna O***** auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Den erstgerichtlichen Beschluß lit. b) bestätigte es, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes auch diesfalls S 50.000 übersteigt, ließ aber den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es begründete lit. a) seiner Entscheidung wie folgt:

Susanna O***** habe in ihrem Rekurs vorgebracht, eine bedingte Erbserklärung abgegeben zu haben. Das Erstgericht habe dazu entsprechende Erhebungen gepflogen, auf deren

Grundlage - zusammengefaßt dargestellt - festgestellt werde:

Mit dem Schreiben vom 9.1.1990 erklärte Susanna O***** gegenüber dem Gerichtskommissär die Annahme des Vermächtnisses und gab gleichzeitig unter Berufung auf das Testament vom 4.12.1985 eine bedingte Erbserklärung ab. Der Gerichtskommissär gab ihr den Rat, sich bei der Verlassenschaftsabhandlung, die für den 26.2.1990 anberaumt war, rechtsfreundlich vertreten zu lassen. Am 14.2.1990 richtete Susanna O***** ein mit 14.2.1990 datiertes Schreiben an den Gerichtskommissär, in welchem sie erklärte, in erster Linie auf Grund des Testamentes vom 4.12.1985 eine bedingte Erbserklärung abzugeben; sollte sich ergeben, daß dieses Testament rechtsunwirksam sei, nehme sie das mit letztwilliger Anordnung vom 22.12.1987 ausgesetzte Vermächtnis an.

Bei der Verlassenschaftsabhandlung am 26.2.1990 wurden die Testamente und deren Inhalt nochmals ausführlich besprochen und die sich daraus ergebenden Probleme erörtert. Es wurde auch darüber gesprochen, ob Susanna O***** eine Erbserklärung abgeben sollte, was letztlich unterblieb. Dr. R***** erklärte namens seiner Mandantin, das in der Vermächtnisanordnung vom 22.12.1987 ausgesetzte Vermächtnis anzunehmen, jedoch keine Erbserklärung abzugeben. Gleichzeitig äußerte Dr. R***** Bedenken gegen das formgültige Zustandekommen des Testamentes vom 5.9./15.12.1988 und gegen die Testierfähigkeit des Erblassers.

Die Schreiben der Susanna O***** vom 9.1.1990 und vom 14.2.1990, die eine bedingte Erbserklärung enthielten, wurden nicht zum Verlassenschaftsakt genommen.

Rechtlich führte das Rekursgericht aus, daß die einmal abgegebene Erbserklärung - auch wenn sie noch nicht vom Gericht angenommen wurde - gemäß § 806 ABGB weder widerrufen noch auf sie nachträglich verzichtet werden könne. Durch die Erklärung, keine Erbserklärung abgeben zu wollen und mit der Nichtberücksichtigung der bisher abgegebenen schriftlichen Erbserklärungen einverstanden zu sein, sei allenfalls eine stillschweigende Ausschlagung der Erbschaft erfolgt; ob eine solche aber wirksam erklärt wurde, sei im streitigen Verfahren vor der Einantwortung zu entscheiden. Daher sei im Abhandlungsverfahren eine trotz Ausschlagung abgegebene positive Erbserklärung anzunehmen, auch wenn es wenig wahrscheinlich sei, daß eine Anfechtung des Testamentes Erfolg haben könnte. Es sei dann das Verfahren über widersprechende Erbserklärungen gemäß den §§ 125, 126 AußStrG einzuleiten. Selbst wenn man jedoch die Abgabe einer Erbserklärung verneint und eine Erbsentschlagung unterstellt, sei jedenfalls die im Rekurs abgegebene Erbserklärung als rechtzeitig anzusehen, weil sie noch vor Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses abgegeben wurde. Deshalb seien der Endbeschluß und die Einantwortungsurkunde insoweit aufzuheben und dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens unter Berücksichtigung dieser Erbserklärung nach §§ 125 ff AußStrG aufzutragen gewesen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich der ordentliche Revisionsrekurs der Hildegard M***** und der außerordentliche Revisionsrekurs der Susanna O*****. Erstere stellt in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen, daß die Erbserklärungen von Susanna O***** - sollte man von ihrer Gültigkeit ausgehen - dem Gericht jedenfalls nicht zur Kenntnis gekommen und daher widerruflich gewesen seien. Demgegenüber handle es sich bei der Erklärung anläßlich der Verlassenschaftsabhandlung um eine unwiderrufliche Erbsentschlagung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Für die Lösung dieses Rechtsfalles ist entscheidend, daß Erbserklärungen bis zur Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses abgegeben werden können (SZ 43/179; EvBl. 1974/268; NZ 1981, 108) und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Erklärende sich bisher am Verfahren beteiligt hat (Welser in Rummel2, ABGB, Rz 3 zu §§ 799, 800; SZ 44/72 ua). Die Erklärung kann auch noch gleichzeitig mit dem Rekurs gegen den Einantwortungsbeschluß abgegeben werden (SZ 13/98 ua). Dem Abhandlungsgericht ist der Gerichtskommissär insoweit gleichgestellt (EvBl. 1981/229; SZ 54/98 ua). Dem Rekursgericht ist daher zuzustimmen, daß die von Susanna O***** abgegebenen Erbserklärungen (gleichgültig, ob auf die vor dem Gerichtskommissär abgegebenen oder auf die erst im Rekurs erklärte Bedacht genommen wird) jedenfalls wirksam und rechtzeitig waren. Diese können keinesfalls übergangen werden, denn gemäß § 122 AußStrG ist jede in der vorgeschriebenen Form ausgestellte Erbserklärung von dem Gericht anzunehmen. Sie ist nach der Rechtsprechung nur dann zurückzuweisen, wenn feststeht, daß der Erbrechtstitel, auf den die Erbserklärung gegründet wird, nie zu einer Einantwortung des Nachlasses führen kann (EvBl. 1970/225; RZ 1968, 139; SZ 44/72; 4 Ob 541, 542/82 ua). Daher wurde von einem Teil der Lehre und der Rechtsprechung der Standpunkt vertreten, daß auch im Falle einer Erbsentschlagung eine dennoch abgegebene Erbserklärung, sofern sie auf einen tauglichen Titel gestützt wird, zu Gericht anzunehmen ist und sodann über die widerstreitenden Erbserklärungen das Verfahren nach den §§ 125 ff AußStrG einzuleiten sei (Schuster, Kommentar zum Verfahren außer Streitsachen 200 f; Feil, Verfahren außer Streitsachen, Handkommentar 358; NZ 1927, 35; NZ 1958, 43; SZ 44/72; 1 Ob 237/72; 5 Ob 218/69; vgl auch JBl 1954, 174 und EvBl 1951/149). Der erkennende Senat schließt sich dieser insbesondere in 4 Ob 541, 542/82 dargelegten Auffassung an, denn es wäre nicht zweckmäßig, denjenigen, der Willensmängel bei seiner Erbsentschlagung behauptet, auf die Möglichkeiten der Erbschaftsklage zu verweisen, obgleich das Verlassenschaftsverfahren noch anhängig ist (vgl. wiederum 4 Ob 541, 542/82).

Dem ordentlichen Revisionsrekurs von Hildegard M***** war daher der Erfolg zu versagen. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Susanna O***** war mangels der Voraussetzungen nach § 14 Abs.1 AußStrG als unzulässig zurückzuweisen. Gemäß § 16 Abs.3 AußStrG iVm § 508 a Abs.2 und § 510 ZPO entfällt hiezu die Ausführung einer Begründung.

Anmerkung

E27351

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00526.91.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19910918_OGH0002_0020OB00526_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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