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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/20/0518Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, 1. über den Antrag der E in W, geboren 1986, vertreten durch MMag. Michael Strenitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, dieser vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5/10, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 28. Jänner 2005, Zl. 255.414/0-XI/34/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG, und 2. in dieser Beschwerdesache (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Jänner 2005 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. November 2004, mit dem der Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG abgewiesen, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria festgestellt und gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ihre Ausweisung verfügt worden war, abgewiesen.
Am 11. Mai 2005 gab die Beschwerdeführerin einen vom Verwaltungsgerichtshof in der Folge bewilligten Verfahrenshilfeantrag zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid zur Post, wobei als "Zustelldatum" der "2.5.2005" angegeben wurde. Am 22. Juni 2005 wurde die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, in der zu ihrer Rechtzeitigkeit (nur) auf die Zustellung des Bescheides des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer über die Bestellung des einschreitenden Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer am 2. Juni 2005 verwiesen wurde.
Nach Einleitung des Vorverfahrens legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor, aus denen sich hinsichtlich der Zustellung des in Beschwerde gezogenen Bescheides - entgegen den Behauptungen zum Zustellungszeitpunkt im Verfahrenshilfeantrag - Folgendes ergibt:
Der angefochtene Berufungsbescheid wurde der Beschwerdeführerin an der damals aktenkundigen Adresse 1100 Wien, B-gasse 22, und an der - nach dem Inhalt einer Meldeauskunft vom 2. Februar 2005 damals, nämlich seit 9. Dezember 2004, aktuellen - Adresse in 1020 Wien, E-straße 229/265, erfolglos zuzustellen versucht. Die Sendungen sind jeweils mit dem Vermerk "unbekannt" bzw. "Empfänger unbekannt" an die belangte Behörde rückgemittelt worden.
Nach Einholung einer weiteren Meldeauskunft am 9. Februar 2005 (mit gleichem Ergebnis) wurde der Bescheid bei der belangten Behörde am 14. Februar 2005 gemäß § 23 iVm § 8 Abs. 2 ZustG hinterlegt. Eine Kopie dieses Bescheides wurde der an diesem Tag bei der belangten Behörde erschienenen Beschwerdeführerin am 4. Mai 2005 ausgefolgt.
Auf einen Verspätungsvorhalt des Verwaltungsgerichtshofes reagierte die Beschwerdeführerin mit einer Stellungnahme zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde und mit einem (an die Asylbehörden gerichteten) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde bzw. zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages, der mit der am 20. September 2005 eingelangten Äußerung der belangten Behörde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde.
1. Über den zur hg. Zl. 2005/20/0518 protokollierten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - dessen Rechtzeitigkeit im Hinblick auf den fristwahrenden, auch die Beifügung "Wiedereinsetzung" enthaltenden, insoweit aber wegen des angegebenen Zustelldatums nicht erledigten Verfahrenshilfeantrag vom 11. Mai 2005 unterstellt wird - hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Maßgeblich für die zur Fristversäumung führende Unkenntnis von der Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung bei der Behörde war die Unterlassung der rechtzeitigen Bekanntgabe der Änderung der Abgabestelle, wozu die Beschwerdeführerin nach § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet gewesen wäre und worüber sie nach der Aktenlage auch zweimal belehrt worden war. Es ist im Regelfall aber auch für einen ausländischen Asylwerber zumindest bei entsprechender Belehrung über die Pflicht zur Bekanntgabe von "Änderungen" unmittelbar einsichtig, dass er der Behörde eine neue Adresse ehebaldigst mitzuteilen habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 2002, Zl. 2001/01/0559).
Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang im Wiedereinsetzungsantrag geltend, sie sei am 27. Jänner 2005 (nach einer von der Vermieterin veranlassten "Polizeiintervention") aus der Wohnung in 1020 Wien, E-straße 229/265, "entfernt" worden und zu einer Freundin nach Wien 10, Herndlgasse 22/25, gezogen. Dort habe sie sich aber erst am 26. April 2005 "polizeilich" melden können. Sie habe erst am 4. Mai 2005 "von der Caritas" Kenntnis erlangt, dass ihr Asylverfahren angeblich abgeschlossen sei. Sie habe noch an diesem Tag bei der belangten Behörde die Ausfolgung einer Bescheidkopie erwirkt und sodann am 11. Mai 2005 einen Verfahrenshilfeantrag gestellt.
Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, welche Umstände die Beschwerdeführerin an der Mitteilung ihres geänderten Aufenthaltsortes und des damit verbundenen Wechsels der Abgabestelle gehindert hätten und weshalb sie an der diesbezüglichen Unterlassung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe (vgl. demgegenüber etwa den dem erwähnten Erkenntnis vom 18. April 2002, Zl. 2001/01/0559, zugrundeliegenden Fall). Diesbezüglich obliegt es aber dem Wiedereinsetzungswerber trotz des im Verwaltungsverfahren herrschenden Grundsatzes der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist (vgl. zu § 46 VwGG etwa den hg. Beschluss vom 26. Juli 2001, Zlen. 2001/20/0377, 378, mwN). Das führt im vorliegenden Fall aber mangels entsprechender Tatsachenbehauptungen, aus denen sich in rechtlicher Hinsicht ableiten ließe, die zur Fristversäumung führende Untätigkeit der Beschwerdeführerin hätte bloß auf einem minderen Grad des Versehens beruht, zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/01/0558).
2. Über die zur hg. Zl. 2005/20/0367 protokollierte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach der oben wiedergegebenen Aktenlage wurde der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin bereits am 14. Februar 2005 durch Hinterlegung bei der Behörde zugestellt. In ihrer Stellungnahme bezweifelt die Beschwerdeführerin nicht, dass die belangte Behörde angesichts der erfolglosen Zustellversuche an der aktenkundigen und der durch eine Meldeauskunft ermittelten Adresse zu dieser Vorgangsweise nach § 23 iVm § 8 Abs. 2 ZustG berechtigt war, zumal auch durch eine neuerlich eingeholte Meldeauskunft eine Abgabestelle der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden konnte. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die Wirksamkeit dieser Zustellung vor dem Hintergrund der dargestellten Aktenlage keine Bedenken. Daraus folgt, dass der Verfahrenshilfeantrag nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist (§ 26 Abs. 1 VwGG) eingebracht wurde und ihm keine fristwahrende Wirkung im Sinne des § 26 Abs. 3 erster Satz VwGG zukam.
Angesichts der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages war somit die verspätet erhobene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. Dezember 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005200367.X00Im RIS seit
01.03.2006