Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24.September 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loub als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Aydin Z***** und andere wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen, räuberischen und bandenmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, 1. und 2. Fall, 131, 1. Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Aydin Z***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 12.April 1991, GZ 38 Vr 1.892/90-105, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Wasserbauer, des Dolmetschers Dr. Günter Rußegger, des Angeklagten Aydin Z***** und des Verteidigers Dr. Johannes Honsig-Erlenburg zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch A./1 und ./2 des Urteilssatzes und demzufolge in der rechtlichen Unterstellung des aufrecht bleibenden Schuldspruchs A./3 in Ansehung des Angeklagten Aydin Z***** (auch) unter die §§ 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 131, 1. Fall, StGB sowie demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird Aydin Z***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche der am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten Mitangeklagten Sahit Z***** und Adem V*****, sowie einen Sahit Z***** betreffenden Freispruch enthält, wurde der am 30.März 1953 geborene jugoslawische Staatsangehörige Aydin Z***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren (gemeint: des schweren, gewerbsmäßigen), räuberischen und bandenmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, 1. und 2. Fall, 131, 1. Fall, StGB (A./1-3/), sowie des Vergehens des Gebrauches fremder Ausweise nach dem § 231 Abs. 1 StGB (B./1/) schuldig erkannt.
Gegen den Schuldspruch zu Punkt A./1-3/ dieses Urteils richtet sich seine auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde:
Insoweit liegt ihm zur Last, gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen weggenommen zu haben, und zwar
1./ am 30.Juni 1990 in Maishofen im gemeinsamen Zusammenwirken mit drei unbekannten Tätern als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung der Bandenmitglieder durch Einbruch der Gottfriede H***** einen Bargeldbetrag von ca. 290.000 bis 300.000 S, wobei die Täter bei ihrer Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen die Bestohlene anwendeten, um sich das weggenommene Geld zu erhalten, indem zwei der unbekannt gebliebenen Mittäter die Gottfriede H***** mit einem Bilderrahmen niederschlugen und aus nächster Nähe aus einer Pistole einen Schuß auf sie abgaben;
2./ am 30.Juni 1990 in Zell am See dem Peter M***** eine Videokamera im Wert von 12.000 S;
3./ am 31.August 1990 in Zell am See gemeinsam mit Sahit Z***** und Adem V***** als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung der Bandenmitglieder dem Peter M***** einen Videoredorder im Wert von
8.450 S.
Das Schöffengericht hat die in allen drei Fällen eine Täterschaft bestreitende Verantwortung des Angeklagten Aydin Z***** durch bestimmte, auch ihn belastende Indizien als widerlegt erachtet.
Rechtliche Beurteilung
In seiner Mängelrüge (Z 5) wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht eine Unvollständigkeit in der Urteilsbegründung vor, weil es in dem vom Schuldspruch erfaßten Faktum A./1 die ihn entlastenden Angaben der Gottfriede H***** und des Peter V***** unerörtert gelassen habe. Diese Zeugen hätten weder bei einer Wahlkonfrontation (AS 137/I) noch bei einer Gegenüberstellung (AS 301, 432 und 433/I; 55/II) den Angeklagten trotz seines markanten Aussehens (vgl. AS 85/II) als einen jener (tatverdächtigen) Männer zu erkennen vermocht, die sich am Vorfallstag im Tatortbereich aufgehalten haben.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.
Bei Feststellung der Täterschaft des Angeklagten hat das Schöffengericht die angeführten, seine leugnende Verantwortung stützenden Beweisergebnisse tatsächlich mit Stillschweigen übergangen. Da die bekämpfte Urteilsannahme einer Mittäterschaft des Beschwerdeführers bloß auf einer aus belastenden Indizien gezogenen Schlußfolgerung beruht, kann nicht ausgeschlossen werden, daß das Erstgericht bei Berücksichtigung dieser unerörtert gebliebenen Umstände zu anderen, für den Angeklagten günstigeren Feststellungen gelangt wäre.
Schon wegen dieser Unvollständigkeit des Ausspruches über eine entscheidende Tatsache erweist sich die Aufhebung des Schuldspruches zu Punkt A./1 (und demgemäß auch des Strafausspruches) als unumgänglich. Der in den Entscheidungsgründen (AS 86/II) angeführte enge beweismäßige Zusammenhang zwischen dieser Straftat und dem weiteren, dem Beschwerdeführer angelasteten Diebstahl einer Videokamera an diesem Tage (30.Juni 1990) nötigt deshalb auch zur Kassation des angefochtenen Urteils im Schuldspruch zu Punkt A./2, sodaß sich eine Erörterung des darauf bezogenen Beschwerdevorbringens erübrigt.
Hingegen läßt die eine Unvollständigkeit und Aktenwidrigkeit der Entscheidungsgründe zum Schuldspruchfaktum A./3 behauptende Beschwerde die den Angeklagten Aydin Z***** der Mitwirkung an dieser Straftat eindeutig belastenden Angaben des Mitangeklagten Adem V***** vor der Gendarmerie (AS 49/I) und dem Untersuchungsrichter (AS 64/I) außer acht. Den Anforderungen einer mängelfreien Urteilsbegründung (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) entsprach das Gericht zu diesem Faktum nämlich, indem es ausdrücklich auf die Widersprüchlichkeit der Darstellung des Mitangeklagten Adem V***** über die Tatbeteiligung des Beschwerdeführers hinwies (AS 83/II) und den ihn entlastenden Angaben in der Hauptverhandlung vom 1.März 1991 (AS 412 ff/I) die Glaubwürdigkeit versagte.
Erweist sich die Mängelrüge (Z 5) insoweit als unbegründet, so ist die Rechtsrüge (Z 9 lit. a), in der der Beschwerdeführer meint, seine (bloße) Kenntnis von der Wegnahme der Videokamera rechtfertige noch keinen Schuldspruch wegen Diebstahls, nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie nicht am Urteilssachverhalt festhält, demzufolge der Angeklagte Aydin Z***** (gemeinsam mit seinem Bruder Sahit Z*****) den Mitangeklagten Adem V***** zur Begehung des Diebstahls aufgefordert und sich am Abtransport der Beute selbst beteiligt hat (AS 80, 83/II).
In Ausführung der Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO wendet sich der Beschwerdeführer schließlich gegen das vom Erstgericht bejahte Vorliegen der Voraussetzungen gewerbs- und bandenmäßiger Tatbegehung (§ 130 StGB), indem er meint, das Urteil sei insoweit einerseits mangelhaft begründet und erheblich bedenklich, andererseits aber auch rechtlich verfehlt. Diese Beschwerdeeinwände versagen.
Das Erstgericht hat die bekämpfte Feststellung, daß der Beschwerdeführer den zu Punkt A./3/ des Urteilssatzes angelasteten Diebstahl gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung anderer Bandenmitglieder beging, ua auf die Art seiner bisherigen kriminellen Betätigung (vgl. auch I/S 103), das international einschlägig belastete Vorleben und das Fehlen eines geregelten Einkommens des Beschwerdeführers (AS 87/II), hinsichtlich der bandenmäßigen Begehung auch auf die Einlassungen des Adem V***** im Vorverfahren gestützt. Die von den Tatrichtern aus den angeführten Umständen gezogene Schlußfolgerung entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und den Denkgesetzen. Der Beschwerdeführer vermag deshalb mit seinen Einwänden weder einen Begründungsmangel (Z 5) darzutun, noch erhebliche Bedenken gegen die hier entscheidenden Tatsachenfeststellungen (Z 5 a) zu wecken.
Das Erstgericht hat aus all diesen Prämissen auch in rechtlicher Beziehung zutreffend im Schuldspruchfaktum A./3 sowohl gewerbsmäßige Tatbegehung als auch die Qualifikation als Bandendiebstahl im Sinn des § 130 StGB abgeleitet. Der in der Subsumtionsrüge (Z 10) dagegen erhobene Einwand einer untergeordneten Tatbeteiligung des Beschwerdeführers erweist sich als verfehlt. Abgesehen davon, daß auch ein am Tatort nicht anwesender, aber die Tatausführung unterstützender (§ 12, 3. Fall, StGB) Tatbeteiligter, ohne bei der Sachwegnahme selbst mitzuwirken, als Täter nach dem § 130, 2. Fall, StGB haftet (ÖJZ-LSK 1977/162), setzen die hier in Rede stehenden Deliktsqualifikationen des § 130 StGB voraus, daß das Ziel der Verbindung in der fortgesetzten Begehung mehrerer, an sich selbständiger Straftaten besteht (§ 278 Abs. 1 StGB) und die Täter die - auch bei einmaliger Tatverübung bereits in Betracht kommende - Absicht verfolgen, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Ein derartiges Ziel und eine solche Absicht des Beschwerdeführers konnte das Erstgericht aber auf Grund aktenkundiger Tatumstände seinen Feststellungen (zum Teil sinngemäß) zugrunde legen.
Aus all diesen Erwägungen war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden, wobei die Berufung des Angeklagten auf Grund der (auch den Strafausspruch erfassenden) kassatorischen Entscheidung gegenstandlos wurde.
Anmerkung
E26699European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00095.91.0924.000Dokumentnummer
JJT_19910924_OGH0002_0110OS00095_9100000_000